Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. G u. a., Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Oktober 1999, Zl. MA 63-A 330/99, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Oktober 1999, Zl. MA 63-A 330/99, im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Beschwerdeführerin, gestützt auf § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994, eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann u. a. aus, mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 21. Oktober 1998 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Mit Schreiben vom 13. Juli 1999 habe die Wiener Gebietskrankenkasse bekannt gegeben, dass sich die Beschwerdeführerin augenblicklich mit Beitragszahlungen nicht im Rückstand befinde. Allerdings sei aus den aktuellen Auszügen aus dem Exekutionsregister des Bezirksgerichtes Wien-Innere Stadt als Exekutionsgericht ersichtlich, dass in das Vermögen der Beschwerdeführerin Exekutionsverfahren wegen aushaftender Forderungen einer näher bezeichneten OHG, einer namentlich genannten Aktiengesellschaft und einer ebenso namentlich genannten Bank in einer Gesamthöhe von etwa S 460.000,-- bewilligt worden seien. Dieses Verfahrensergebnis sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Mit Schreiben vom 31. August 1999 habe sie auf die Stellungnahme der Wiener Gebietskrankenkasse sowie darauf verwiesen, dass sie nicht gelöscht, sondern nach wie vor nach den Bestimmungen des Firmenbuchgesetzes rechtmäßig registriert sei. Sie habe es allerdings unterlassen zu behaupten, ihre weitere Ausübung des Gewerbes liege im Interesse ihrer Gläubiger. Ebenso sei die Darlegung, die vorhandenen Schulden aus den Einkünften weiterer Gewerbeausübung begleichen und hinkünftig anfallende Verbindlichkeiten erfüllen zu können, unterblieben. Ein Ermittlungsverfahren zu der Frage, ob die Beschwerdeführerin die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der sich aus der weiteren Gewerbeausübung ergebenden Verbindlichkeiten besitze und wie es ihr möglich sein werde, aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung ihre Gläubiger zu befriedigen, sei von Amts wegen nicht geboten gewesen, weil die Feststellungen im Zusammenhang mit § 87 Abs. 2 GewO 1994 notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbot der Partei voraussetzten. Der Hinweis in der Stellungnahme vom 31. August 1999 auf nicht gegebene Beitragsrückstände gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse stelle kein entsprechendes Vorbringen dar. Es sei daher als erwiesen anzunehmen, dass die weitere Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin nicht im Sinne der Gläubiger gelegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Abstandnahme von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht sie geltend, die belangte Behörde habe übersehen, dass die Tatsache der Bewilligung einer Exekution keinen Aufschluss darüber gebe, ob tatsächlich eine Exekution in einer bestimmten Höhe betrieben werde. Ohne Beischaffung der im Exekutionsregister genannten Akten sei daher eine abschließende Beurteilung der Frage, ob tatsächlich Exekutionen in der Höhe von S 460.000,-- betrieben würden, nicht möglich. Eine solche Vorgangsweise wäre der belangten Behörde durchaus möglich und auch zumutbar gewesen. Die belangte Behörde hätte daher, um dem Gebot der materiellen Wahrheitsfindung gerecht zu werden, diesen Weg gehen müssen. Durch die Unterlassung dieser Vorgangsweise seien wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden. Es sei auch nicht Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, den Nachweis zu erbringen, dass die Ausübung des Gewerbes im Interesse ihrer Gläubiger liege. Sie habe vielmehr durch den Nachweis, dass sie hinsichtlich einer unstreitig wichtigen Gläubigerin, nämlich der Wiener Gebietskrankenkasse, keine Beitragsrückstände zu verantworten habe, urkundlich bestätigt, dass die weitere Ausübung des Gewerbes im Interesse der Gläubiger liege. Es dürfe als notorische Tatsache angesehen werden, dass gewissen Gläubigern eine besondere Stellung zukomme. Konkret sei dies unstreitig die Wiener Gebietskrankenkasse und/oder das Finanzamt. Diese beiden Gläubiger seien statistisch gesehen diejenigen, die die meisten Insolvenzverfahren einleiteten. Mit dem Hinweis, dass gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse keine Beitragsrückstände bestünden, habe die Beschwerdeführerin "ihrer Verantwortung nachweislich entsprochen, dass die Fortführung des Gewerbebetriebes und die damit verbundene Befriedigung von Forderungen betreibender Gläubiger im Interesse Letztgenannter liege". Die Beschwerdeführerin vertrete daher die Ansicht, dass die belangte Behörde eine unrichtige Rechtsansicht zu verantworten habe, wenn sie die Ansicht vertrete, dass der Nachweis der Befriedigung des Hauptgläubigers Wiener Gebietskrankenkasse noch nicht bedeute, dass die weitere Gewerbeausübung im Interesse der Gläubiger liege.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegen.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn es geht bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0165).
Die Beschwerdeführerin irrt in diesem Zusammenhang, wenn sie meint, zur Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 genüge es, dass die Forderungen jener Gläubiger, denen nach Ansicht der Beschwerdeführerin eine besondere Stellung zukomme, befriedigt seien. Denn der mit der Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 verbundene Zweck des Schutzes der Gläubiger vor zahlungsunfähigen Geschäftspartnern umfasst alle gegenwärtigen und zukünftigen Gläubiger des Gewerbetreibenden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 für das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung seien bei Vorliegen anderer offener Zahlungsverpflichtungen auch dann nicht gegeben, wenn gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse keine Schuld bestehe, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.
Mit dem eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde behauptenden Beschwerdevorbringen vermag die Beschwerdeführerin schon deshalb eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil, wie sich aus § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ergibt, nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Um dies beurteilen zu können, muss die Beschwerdeführerin, soweit dies nicht offenkundig ist, jene entscheidenden Tatsachen in der Beschwerde bekannt geben, die der Behörde wegen des behaupteten Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2 I § 45 AVG E 536 zitierte hg. Judikatur). Diesem Erfordernis ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, weil sie es offen lässt, ob die belangte Behörde bei Vermeidung des ihr vorgeworfenen Verfahrensmangels zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass gegenüber der Beschwerdeführerin keinerlei fällige Forderungen offen sind.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 2. Februar 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999040211.X00Im RIS seit
20.11.2000