Entscheidungsdatum
26.06.2018Norm
BBG §40Spruch
W265 2190636-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 12.02.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs.1, § 42 Abs. 1 und 2 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses auf Grund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 50 (fünfzig) von Hundert (v.H.) liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer brachte am 18.12.2017 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein und legte diesem Antrag neben der Kopie eines Auszuges aus dem Zentralen Melderegister, aus dem sich ein Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet ergibt, ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag, in welchem nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 30.01.2018 mit Gutachten vom 09.02.2018 die festgestellte Funktionseinschränkung der Leidensposition
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Erfolgreich operiertes Aortenvitium
05.06.04
30
zugeordnet und ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 von Hundert (vH) angeführt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.02.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.
Mit E-Mail vom 28.03.2018 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, er sei mit der erfolgten Einstufung nicht einverstanden, da er ein Aneurysma der Aorta von 5,5 cm habe. Es stehe eine Operation bevor. Zur Untersuchung habe er alle aktuellen Befunde mitgebracht. Sein gesundheitlicher Zustand habe sich verschlechtert.
Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde und den mit Antragstellung vorgelegten medizinischen Befunden wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts in der Folge ein Facharzt für Innere Medizin um Erstellung eines Sachverständigengutachtens ersucht. Im Sachverständigengutachten vom 15.05.2018 wurde nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer erscheint in Begleitung seiner Ehefrau, die auch bei der Untersuchung anwesend ist.
Er wurde zuletzt am 30.01.2018 im Sozialministeriumservice untersucht, Gutachten vidiert von XXXX , darin wurde festgestellt:
1. Erfolgreich operiertes Aortenvitium 05.06.04 30 %
Unter "Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten" wurde festgestellt: Erweiterung der Aorta. geringe Zunahme des Aortenquerschnittes, jedoch ohne relevante Funktionseinbuße.
Dagegen richtet die Beschwerde, worin der Beschwerdeführer darauf verweist dass er schon einen Behinderungsgrad von 30 % wegen der Herzklappe hat. Er habe einen Antrag wegen der Aorta aszendens gemacht. Aus diesem Schreiben geht auch hervor, dass am 17.04.2018, also nach der Neuerungsbeschränkung, eine neuerliche Herzkatheter-untersuchung vorgesehen ist.
Ergänzende Anamnese mit dem Beschwerdeführer:
Im Jänner 2014 wurde wegen destruktiver Endokarditis eine Aortenklappenersatz-OP notwendig, diesbezügliche Unterlagen im Akt. Bereits damals wurde festgestellt, dass die Aorta aszendens ektatisch ist.
Aktuelle Medikation, physikalische Behandlung und andere Maßnahmen:
Marcoumar, Nonnexor, Baldrian-Tabletten
Ergänzung der Anamnese durch mitgebrachte Spitalsberichte, Röntqen- und Laborbefunde:
09.01.2018, Wilhelminenspital, III. Medizinische Abteilung, transthorakale Echokardiografie: Ektasie der Aorta aszendens bei Z. n. Wurzelpatchplastik mit bovinem Pericard am 13.012014; mit einem maximalen Diameter von 55 mm in dem vom Transthorakal einsehbaren Bereich, mechanische Prothese in Aortenposition mit einem mittleren Gradienten von 13 mm, leichte Aorteninsuffizienz, sonst keine wesentlichen Auffälligkeiten.
31.01.2018, Krankenhaus Lainz, derzeit Hietzing, Echokardiografie:
normal großer linker Ventrikel mit leicht- bis mittelgradiger Hypertrophie (des Septums) und grenzwertig normaler systolischer Funktion. keine regionalen Wandbewegungsstörungen.
Diastolische Ventrikelfunktionsstörung Grad 1, Aneurysma der Aorta aszendens im eingesehenen Bereich mit 54 mm. Aortenbogen 26 mm, sonstige Klappen unauffällig, kein Pericarderguss.
Nach der Neuerungsbeschränkung:
16. - 18.04.2018: Krankenhaus Lainz, derzeit Hietzing, IV. Medizinische Abteilung, geplante
Aufnahme zur elektiven Koronarangiografie bei progredientem Aneurysma der Aorta aszendens Diagnosen bei Entlassung: Ektasie der Aorta aszendens (zuletzt 54 mm). nicht interventionsfähige KHK laut Koronarangiografie am 17.04.2018
Medikationsangaben Marcoumar und Nomexor, weiter empfohlene Maßnehmen körperliche Schonung. kein Heben schwerer Lasten über 5 kg und keine Vollbäder für 1 Woche. Eine operative Sanierung ist ins Auge gefasst worden, eine Terminbesprechung soll am 16.05.2018 stattfinden.
Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut, 187 cm, 100 kg
Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig
Lymphknoten nicht tastbar
Augen sokor. prompte Lichtreaktion
Zunge: normal: Zähne: gering lückenhaft, gut saniert
Hals: er auffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden:
keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut
Thorax symmetrisch, mäßig elastisch, mediane Sternotomienarbe
Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch
Herz: typisches Geräusch der Ersatzklappe in Aortenposition
RR 1 10/80, Frequenz 80/Min. rhythmisch
Abdomen: adipös. Leber und Milz nicht abgrenzbar
Rektal nicht untersucht. Nierenlager frei
Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule unauffällig, Arme normal, an den Beinen altersgemäß normaler Gelenksstatus. Pulse tastbar, keine Varizen, keine Ödeme
Gangbild normal
Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2018 gestellten Fragen:
Frage 1:
Diagnosen:
1. Aortenaneurysma 05.03.03 50 %
Auswahl dieser Position, da ein Aortenaneurysma mit baldiger Operationsindikation vorliegt, unterer Rahmensatz, da keine wesentliche Symptomatik und gute Aussicht auf Sanierbarkeit.
2. Erfolgreich operiertes Aortenvitium 05 06.04 30 %
Frage 2:
Der Gesamtgrad der Behinderung betragt 50 %, da keine ungünstige wechselseitige Leidens-beeinflussung vorliegt.
Frage 3:
Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen, dieses konnte berücksichtigt werden, da es sich um ein Aortenaneurysma mit baldiger
Operationsindikation handelt Stellungnahme zu den Beweismitteln:
diese wurden erneut berücksichtigt.
Frage 4:
Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden
Beurteilung: Es ist anzunehmen, dass bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung, die Anlass für die Begutachtung vom 30.01.2018 gewesen ist, das Aortenaneurysma in der nun fest-gestellten Progredienz vorgelegen hat, zum Zeitpunkt des Vorgutachtens war dies nicht der Fall
Frage 5:
Eine ärztliche Nachuntersuchung ist in 1 Jahr ab dem heutigen Untersuchungsdatum anzusetzen, da mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die OP eine Sanierung erzielt werden kann."
Mit Begleitschreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme samt dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten zur Kenntnis gebracht und den Parteien des Verfahrens die Gelegenheit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben.
Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde erstatteten eine Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 18.12.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 50 v.H.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß und der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus der seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Anfrage aus dem Zentralen Melderegister, aus der sich ein Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet ergibt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. gründet sich auf das oben wiedergegebene, durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 15.05.2018, das dem Bundesverwaltungsgericht am 18.05.2018 übermittelt wurde. Aus diesem medizinischen Sachverständigengutachten ergibt sich nachvollziehbar eine Neuaufnahme des Leidens 1 (Aortenaneurysma) gegenüber dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten, wodurch sich der Gesamtgrad der Behinderung auf 50 v.H. erhöht.
Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 15.05.2018, dessen Ergebnis von den Parteien des Verfahrens trotz im Rahmen eines Parteiengehörs eingeräumter Stellungnahmemöglichkeit nicht bestritten wurde. Dieses Sachverständigengutachten wurde daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 155/2017, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
§ 55. ...
(4) Die Bestimmung des § 41 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 ist auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nicht anzuwenden. Diese Verfahren sind unter Zugrundelegung der bis zum 31. August 2010 geltenden Vorschriften zu Ende zu führen. Dies gilt bis 31. August 2013 auch für Verfahren nach §§ 40ff, sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein rechtskräftiger Bescheid nach §§ 40ff oder auf Grund der Bestimmungen des § 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes vorliegt.
(5) Im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 hat die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen. Im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung bleibt - bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand - der festgestellte Grad der Behinderung unberührt."
..."
Dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewerteten und von den Parteien des Verfahrens unbeeinsprucht gebliebenen Sachverständigengutachten vom 15.05.2018 zu Folge beträgt der Grund der Behinderung des Beschwerdeführers 50 v.H. Entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage, liegen die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, daher vor.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und der Grad der Behinderung mit 50 v.H. festzusetzen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung geprüft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2190636.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.07.2018