Entscheidungsdatum
26.06.2018Norm
BBG §40Spruch
W265 2176035-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 06.10.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 26.05.2017 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. Im auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.09.2017 basierenden Gutachten vom 02.10.2017 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Wirbelsäulenprobleme, Bandscheibenvorfall L4/5 und leichte Protrusionen L5/S1 sowie L3/4
Bei Anstrengungen "fahre es ein." Sie könne nicht länger sitzen und stehen
Sie habe viele Schmerzen und nehme viele Tabletten, sie habe immer schwer heben
müssen
LWS-Schmerzen ins rechte Bein ausstrahlend; es sei alles wie blockiert
Eine Wirbelsäulenoperation habe sie bisher aber noch nicht gehabt
Sie mache täglich eine Stunde Wirbelsäulengymnastik
Ein Kuraufenthalt im November sei geplant
Den 1. Bandscheibenvorfall habe sie am 24. 11. 15 gehabt
FK: die Gebärmutter sei "verschweißt und verkocht worden." 1 Ovar sei entfernt worden und 1 Eileiter
Derzeitige Beschwerden:
s. oben
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Tramabene b. B., Infusionen, Novalgin, Sirdalud, Seractil
Sozialanamnese:
geschieden, 2 Kinder, Näherin
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
MRT der LWS v. 3. 2. 2016:
Mediodorsal und links gerichteter subligamentärer Bandscheibenvorfall bei L4/L5 mit diskretem Heranreichen an den Recessus L5 links!
Leichte Protrusion bei L3/L4 ohne raumfordernden Charakter und ebenfalls leichte Protrusion bei L5/S1 - auch hier sind die Nervenwurzeln gut abgrenzbar, die Protrusion leicht rechts gerichtet an den Rand des Recessus S1 rechts heranreichend.
Incipiente Spondylarthrosen.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
normal
Ernährungszustand:
gut
Größe: 175,00 cm Gewicht: 63,00 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput: unauffällig Collum: bland
Cor: HT rein, rhy, normfrequent Pulmo: VA
Abdomen: Hepar am Ribo, Milz n.p., keine Defence oder Druckdolenz
Obere Extremitäten: Schulter-, Ellbogen und Handgelenke frei beweglich, Faustschluss bds
möglich, Kraft erhalten; Nackengriff und Schürzengriff bds möglich
Wirbelsäule: im Lot, FBA 50 cm, LWS klopfdolent; SN und RT zu 1/3 red., Beine können von der UL gehoben werden, Lasegue bds pos. 50°, Zehen und Fersengang bds möglich, Einbeinstand bds möglich
Hüftgelenke: bds frei beweglich
Kniegelenke: bds Flexion uneingeschränkt, stabil, kein Streckdefizit
Sprunggelenke: bds in allen Ebenen frei beweglich Haut: bland
Varizen: keine
Neurologisch: grob neurologisch unauffällig Sonstiges: bland
Gesamtmobilität - Gangbild:
sicher, raumgreifend, keine Gehhilfe
Status Psychicus:
voll orientiert, Antrieb und Affizierbarkeit normal, Stimmung ausgeglichen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Abnützung der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfall und Bandscheibenvorwölbungen Unterer Rahmensatz, da keine motorischen Ausfälle
02.01.02
30
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Eierstockentfernung, Gebärmutteroperation - keine Befunde
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
x
Dauerzustand
?
Nachuntersuchung
..."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.10.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.
Mit Schreiben vom 31.10.2017 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie vor, dass sie mit dem bisherigen Ergebnis nicht einverstanden sei, weil sie bei Belastung in ihrem Bewegungsapparat sehr eingeschränkt sei und ihr Stehen, Sitzen und Gehen über einen längeren Zeitraum nicht möglich sei. Einfache Alltagstätigkeiten seien nicht durchführbar. Die starken Schmerzen würden zu Bewegungsunfähigkeit und Körpersteifheit sowie einer Sperre/Blockade im LWS/HWS Bereich führen. Auch die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln und Therapien führe zu keiner dauerhaften körperlichen Verbesserung.
Mit Schreiben vom 15.01.2018 legte die Beschwerdeführerin einen ärztlichen Entlassungsbrief vom 07.11.2017 sowie einen MRT-Befund vom 05.01.2018 vor.
Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde und der vorgelegten medizinischen Befunde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts in der Folge eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie um Erstellung eines Sachverständigengutachtens ersucht. Im auf der Aktenlage basierenden Gutachten vom 13.03.2018 führte die Sachverständige Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - aus:
"...
Im Beschwerdevorbringen der BF vom 25. 10. 2017, Abl. 23-24, wird eingewendet, dass die BF bei Belastung im Bewegungsapparat stark eingeschränkt sei und Stehen, Sitzen und Gehen über einen längeren Zeitraum nicht möglich sei. Einfache Alltagstätigkeiten wie zu Beispiel Socken anziehen sind ohne fremde Hilfe immer öfter nicht durchführbar. Aufgrund der starken Schmerzen habe sie Bewegungsunfähigkeit und Körpersteifheit, Sperre und Blockade im Bereich der LWS und HWS. Medikamente und Therapien führten zu keiner dauerhaften Verbesserung. Die Berufstätigkeit und das damit verbundene Einkommen seien dadurch verloren gegangen. Sie habe ständig wechselnde Schmerzorte, bei Belastung und Bewegung, Zunahme der Beschwerden, nach Vorbeugen und beim Rückwärtsneigen verschlechterten sich die Beschwerden zusätzlich, sie habe Kribbeln in den Beinen und Fingern w 3 Ameisenlaufen über Arme und Beine, Gefühlsstörungen in Beinen, Armen, Gesäß, eine Schwere in den Beinen, keine Kraft in den Muskeln. Sie habe Dauerschmerzen.
Vorgeschichte:
AE, TE, Zustand nach Zystenausschälung der Gebärmutter und Eileiterentfernung Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen Wirbelsäule, Bandscheibenvorfall L4/L5- dokumentiert 02/2016 in Abl. 9, Rückbildung des Bandscheibenvorfalles L4/L5 mit nur diskretem Rest, dokumentiert 01/2018 in Abl. 35.
Zwischenanamnese seit letzter Begutachtung am 4. 9. 2017:
Rehabilitationsaufenthalt RZ Harbach vom 7.11,-28. 11. 2017
Befunde:
Abl. 28-34, Entlassungsbericht RZ Harbach vom 7. 11. 2017
Abl. 35. MRT der LWS vom 5. 1. 2018 (Befundbesserung, Rückbildung des Bandscheibenvorfalles L4/L5 links mit nunmehr diskretem Rest, Rückbildung der Protrusion L5/S1, leichte Vorwölbung L3/L4 nach links ohne signifikante Tangierung von Nervenwurzelstrukturen)
Abl. 8, 9, MRT der LWS vom 3. 2. 2016 (subligamentärer Bandscheibenvorfall median und linksgerichtet L4/L5 mit diskretem Heranreichen an Rezessus L5 links, diskrete Protrusion L5/S1, L3/L4. incipiente Spondylarthrose)
Abl. 7, Befund Notaufnahme Landesklinikum Amstetten vom 31. 1. 2017 (Lumbalgie) Medikamente: Novalgin 4x1, Adamon long ret. 150 mg einmal 1 (Abl. 34)
STELLUNGNAHME:
ad 1) Einschätzung des Grades der Behinderung:
1) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 20%
Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei guter Beweglichkeit in allen Etagen.
ad 2) Gesamtgrad der Behinderung: 20%
ad 3) Stellungnahme zu den Einwendungen der BF im Beschwerdevorbringen Abl. 23-24:
Die angegebene Einschränkung des Bewegungsapparats beim Stehen Sitzen und Gehen über einen längeren Zeitraum ist anhand vorliegender Untersuchungsergebnisse im Rahmen der Begutachtung vom 4. 9. 2017 und im Rahmen des stationären Rehabilitationsaufenthaltes im November 2017 im Moorheilbad Harbach nicht nachvollziehbar.
Es konnte jeweils im Bereich der oberen und unteren Extremitäten ein unauffälliger Befund erhoben werden. Im Bereich der Wirbelsäule konnte zwar eine eingeschränkte Beweglichkeit in der Sagittalebene festgestellt werden, FBA 50 cm bzw. nicht durchführbar, das Gangbild ohne Gehhilfe und der neurologische Status waren jedoch unauffällig, sodass vorgebrachte maßgebliche Funktionseinschränkungen, auch im Rahmen von Alltagstätigkeiten, nicht nachvollziehbar sind.
Eine Sperre und Blockade im Bereich der HWS und LWS ist nicht dokumentiert, in Abl. 30 ist eine freie Rotation der HWS möglich, keine Verspannungen der Schulter -Nackenmuskulatur, LWS nicht klopfdolent. FBA wird jedoch nicht durchgeführt. In Abl. 16 ist im Bereich der Lendenwirbelsäule eine Einschränkung der Rotation und Seitneigen zur i 1/3 dokumentiert, Lasegue-Zeichen wurde bei 50° positiv angegeben.
Hinweise für ein motorisches Defizit finden sich nicht. Eine Sperre oder Blockade ist somit nicht dokumentiert.
Medikamente und Therapien führten zu keiner dauerhaften Verbesserung.
Dem wird entgegengehalten, dass der Rehabilitationsaufenthalt in Harbach bereits zu einer Verbesserung geführt hat, siehe Entlassungsbericht, übereinstimmend mit dem aktuell durchgeführten Magnet-Resonanz-Tomogramm der LWS, Abl. 35, dem eine Befundbesserung zu entnehmen ist.
Belastungsabhängig zunehmende Beschwerden werden in der Einstufung berücksichtigt.
Ein sensomotorisches Defizit wird im Entlassungsbericht Harbach nicht beschrieben, vielmehr ist eine unauffällige Sensomotorik ohne Schmerzausstrahlung (Abl. 32 RS, 31, 30. 30 RS) dokumentiert.
Stellungnahme zu vorgelegten Beweismitteln, Entlassungsbericht Moorheilbad Harbach Abl. 28-34, MRT-Befund Abl. 35
Im Bericht des Moorbad Harbach ist ein ausführlicher orthopädischer Status enthalten, welcher sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Entlassung bis auf einen nicht durchgeführten FBA einen unauffälligen Status beschreibt.
Entsprechend den Richtlinien der EVO wird bei der Einschätzung des Grades der Behinderung ein feststellbares Funktionsdefizit der Beurteilung zugrunde gelegt, unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde, insbesondere der bildgebenden Diagnostik.
Dabei konnte bei der aktuellen Untersuchung des MRT vom 5. 1. 2018 eine Befundbesserung festgestellt werden, Rückbildung des Bandscheibenvorfalls L4/L5.
Somit ist eine Verbesserung dokumentiert und daher eine Neueinstufung des Leidens Nummer 1 erforderlich.
ad 4) Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis (siehe Abl. 13-17) abweichenden Beurteilung:
siehe oben, eine Besserung ist dokumentiert, somit wird eine Herabstufung von Leiden 1 und des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe vorgenommen.
ad 5) Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.
Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2018 wurde der Beschwerdeführerin sowie der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dazu Stellung zu nehmen.
Beide Parteien gaben keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 26.05.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 13.03.2018 zu Grunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 20 v. H.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus der von ihr vorgelegten Meldebestätigung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 13.03.2018, basierend auf der Aktenlage.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffene Einschätzung, basierend auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung. Die Gesundheitsschädigung wurde nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Insoweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorbringt, sie sei bei Belastung in ihrem Bewegungsapparat stark eingeschränkt und Stehen, Sitzen und Gehen über einen längeren Zeitraum sei nicht möglich, so kann dieses Vorbringen weder durch die Statuserhebung im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 4.9.2017 noch im Rahmen des stationären Rehabilitationsaufenthaltes in Harbach im November 2017 belebt werden. Es konnte jeweils im Bereich der oberen und unteren Extremitäten ein unauffälliger Befund erhoben werden. Im Bereich der Wirbelsäule konnte zwar eine eingeschränkte Beweglichkeit in der Sagittalebene festgestellt werden, demgegenüber konnte ein Gangbild ohne Gehilfe dokumentiert werden, auch der neurologische Status war unauffällig, sodass die vorgebrachten maßgeblichen Funktionseinschränkungen, auch im Rahmen von Alltagstätigkeiten, nicht nachvollziehbar sind.
Ebenso wenig ist eine Sperre und Blockade im Bereich der HWS und LWS dokumentiert. Im Entlassungsbericht des Moorheilbades Harbach sind eine freie Rotation der HWS sowie keine Verspannungen der Schulter-Nackenmuskulatur festgehalten; die LWS nicht klopfdolent. Im Rahmen der persönlichen Begutachtung ist zwar im Bereich der Lendenwirbelsäule eine Einschränkung der Rotation und Seitneigen zum 1/3 dokumentiert, das Lasègue-Zeichen wurde jedoch bei 50° positiv angegeben. Hinweise für ein motorisches Defizit finden sich ebenfalls nicht.
Insofern die Beschwerdeführerin weiters ausführt, dass Medikamente und Therapien zu keiner dauerhaften Verbesserung führen würden, ist dem entgegenzuhalten, dass bereits der Rehabilitationsaufenthalt in Harbach - wie im Entlassungsbericht festgehalten - zu einer Verbesserung geführt hat, was sich auch mit dem aktuelle durchgeführten Magnet-Resonanz-Tomogramm der LWS vom 05.01.2018 deckt, dem eine Befundbesserung zu entnehmen ist.
Hinsichtlich des Einwandes, wonach sich Dauerschmerzen/Beschwerden in der Momentaufnahme der Untersuchung nicht ausreichend feststellen lassen würden, ist anzumerken, dass belastungsabhängige zunehmende Beschwerden in der Einstufung berücksichtigt werden bzw. wurden. Im Übrigen wird im Entlassungsbericht Harbach ein sensomotorisches Defizit nicht beschrieben, vielmehr ist eine unauffällige Sensomotorik ohne Schmerzausstrahlung dokumentiert.
Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine aktuellen Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigung herbeizuführen bzw. die geeignet wären, eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und die allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten. Vielmehr konnte bei der aktuellen Untersuchung des MRT vom 05.01.2018 eine Befundbesserung des Bandscheibenvorfalls L4/L5 festgestellt werden. Auch im Entlassungsbericht zum Rehabilitationsaufenthalt in Harbach vom 07.11.2017 ist eine Verbesserung der Funktionsbeeinträchtigung dokumentiert.
Die ihr im Parteiengehör eingeräumte Gelegenheit zur Äußerung zum allgemeinmedizinischen bzw. unfallchirurgischen Sachverständigengutachten ließ die Beschwerdeführerin ungenutzt. Sie ist dem Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin sowie Fachärztin für Unfallchirurgie vom 13.03.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 13.03.2018 und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 13.03.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 20 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkung wurde im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Die Beschwerdeführerin ist diesem medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG - trotz des in der Beschwerde gestellten Antrages - nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2176035.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.07.2018