Entscheidungsdatum
27.06.2018Norm
BBG §40Spruch
W216 2163874-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 23.05.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF stattgegeben.
Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt sechzig (60) vom Hundert (v.H.).
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses ab Antragstellung liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin hat am 24.01.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 16.03.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 40 vH bewertet wurde.
2. Ohne der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis zu bringen, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 40 vH vorliege. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
In der rechtlichen Beurteilung zitiert die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten übermittelt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin - unter Vorlage von medizinischen Beweismitteln - fristgerecht Beschwerde erhoben.
4. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am 10.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt, in welchem auf Basis der am 28.11.2017 durchgeführten persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin ein Grad der Behinderung von 60 vH objektiviert worden ist.
4.2. Mit Schreiben vom 24.05.2017 wurde der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen 2 Wochen zu äußern.
Seitens der belangten Behörde wurde kein Vorbringen erstattet.
4.3. Mit Schreiben vom 08.06.2018 wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst mitgeteilt, dass sie aufgrund des sich verschlechternden Gesundheitszustandes am 21.07.2017 einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines behinderten Passes gestellt habe, welchem mit Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 vH Rechnung getragen worden sei. In weiterer Folge sei ihr am 04.06.2018 ein vom 01.12.2017 bis 31.05.2020 befristete Behindertenpass ausgestellt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest und wird dieser der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses ab Antragstellung (24.01.2017).
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 vH.
Eine Nachuntersuchung hat im Mai 2020 zu erfolgen.
1. Beweiswürdigung:
2.1. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ausführlichen, schlüssigen und widerspruchsfreien Sachverständigengutachten vom 15.04.2018 (nach persönlicher Begutachtung der Beschwerdeführerin am 28.11.2017) aus den Fachbereich Allgemeinmedizin, dem weder von Seiten der Behörde noch von Seiten der Beschwerdeführerin in ihrem Parteiengehör widersprochen wurde. Das eingeholte Gutachten setzt sich umfassend und nachvollziehbar mit den sowohl im Rahmen der verwaltungsbehördlichen als auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Befunden, den von der belangten Behörde eingeholten Vorgutachten, den erstatteten Einwendungen sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander.
Die belangte Behörde hatte die Feststellung des Grades der Behinderung mit 40 v.H. auf ein Vorgutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 22.05.2017 gestützt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte aufgrund des Beschwerdevorbringens den Auftrag zur Erstellung eines neuen Sachverständigengutachtens - basierend auf persönlicher Untersuchung - erteilt.
Der vom Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren herangezogene Arzt für Allgemeinmedizin führt in seinem Sachverständigengutachten nachvollziehbar und schlüssig aus, dass im Vergleich zum Vorgutachten die nunmehr vorliegenden Befunde mit Nachweis wiederholter epileptischer Anfälle ohne Nachweis epilepsietypischer Potenziale im EEG eine Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden Nr. 1 "Strukturelle Epilepsie bei organischem Psychosyndrom und Depressio nach Hirnblutung 11/2013 mit Operation, Embolisation sowie Gamma-Knife-Therapie" bewirken würden. Zudem erfolge unter Berücksichtigung der augenärztlichen Befunde eine Neuaufnahme von Leiden Nr. 2. "Homonyme Hemianopsie nach links nach Hirnblutung". Hinsichtlich der übrigen Leiden ergebe sich keine Änderung im Vergleich zum Gutachten vom 22.05.2017. Die Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden Nr. 1 sowie die Neuaufnahme von Leiden Nr. 2 bewirkten eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten.
Dies erscheint aus Sicht des erkennenden Senats plausibel und nachvollziehbar und steht auch im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen. Die belangte Behörde trat den getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht entgegen, weshalb das Gericht die in den Gutachten getroffenen Feststellungen ohne weitere Ermittlungen als Sachverhalt feststellt.
Das Gericht hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat das Gericht nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen. Im vorliegenden Fall wird das vom Bundesverwaltungsgericht beauftragte Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin als schlüssig und vollständig betrachtet. Es ist nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Der Grad der Behinderung ist ab Antragstellung anzunehmen, weshalb der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass bereits ab diesem Zeitpunkt auszustellen ist.
Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme anregt, Zusatzeintragungen in den Behindertenpass aufzunehmen, ist sie darauf hinzuweisen, dass die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für Zusatzeintragungen in den Behindertenpass nicht den Gegenstand des aktuellen Verfahrens bildet. Hinsichtlich näherer Ausführungen hierzu wird auf die rechtliche Beurteilung im Folgenden verwiesen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Da kein rechtskräftiger Bescheid iSd § 55 Abs. 4 letzter Satz BBG vorliegt, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung das von den Verfahrensparteien unbeeinsprucht gebliebene und vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertete Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.04.2018 zugrunde gelegt, in welchem der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin - entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage - mit 60 v.H. eingeschätzt wurde, womit nunmehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses ab Antragstellung erfüllt sind.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin mit 60 v.H. festzusetzen.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat der Beschwerdeführerin einen Behindertenpass mit Gültigkeit ab Antragstellung auszustellen, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 v.H. auszuweisen ist.
Zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu den Zusatzeintragungen Folgendes festzuhalten:
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.05.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und stellte einen Grad der Behinderung von 40 v. H. fest. Ein Abspruch über etwaige Zusatzeintragungen erfolgte in diesem Bescheid schon aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin nicht Inhaberin eines Behindertenpasses war, nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" des Berufungs- bzw. (nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. dazu etwa VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049; VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; VwGH 22.01.2015, Ra 2014/06/0055; VwGH 26.03.2015, Ra 2014/07/0077; VwGH 27.04.2015, Ra 2015/11/0022).
Aufgrund dieser Beschränkung der Sache des Beschwerdeverfahrens ist das Verwaltungsgericht nicht befugt, über von der Behörde nicht behandelte Anträge abzusprechen. Ebenso wenig darf das Verwaltungsgericht ein zusätzliches Begehren zum Gegenstand seiner Entscheidung machen, das über den bei der belangten Behörde gestellten und entschiedenen Antrag hinausginge.
Verfahrensgegenstand im vorliegenden Verfahren ist somit nicht die in der Beschwerde begehrten Zusatzeintragungen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.
Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht beantragt und wurde das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen des Parteiengehörs nicht bestritten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W216.2163874.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.07.2018