Entscheidungsdatum
27.06.2018Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
W164 2125050-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 29.03.2016, Zl. VA-VR 18280653/16-Mag.Nov, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 29.5.2018 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit einem von ihr an das Gasthaus XXXX adressierten Schreiben vom 06.10.2014 sprach die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF) am 05.12.2014 bei der Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgende WGKK) vor und gab an, sie habe am 25.08.2014 als Schankhilfe für das Unternehmen Gasthaus XXXX von 11:00 bis 14:00 Uhr gearbeitet. Leider habe sie sich, aufgrund von Problemen in ihrem Wohnhaus (die BF verwies diesbezüglich auf Dach- und Schornsteinschäden, durchgerostete Fernwärme-Rohre und Abfluss-Rohre sowie einen schlecht ziehenden Luftschacht) verspätet und habe aus diesem Grund von 11.35 bis 14.45 Uhr gearbeitet. Sie sei vollversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Da die Dienstgeberin, XXXX , (im Folgenden Mitbeteiligte=MB), sie nicht zur Sozialversicherung angemeldet habe, ersuche sie die WGKK um Veranlassung einer entsprechenden Sozialversicherungsmeldung. Die WGKK übergab der BF nach Rücksprache mit dem Steuerberater der MB eine Sozialversicherungsmeldung betreffend eine von der BF am 25.08.2014 zu einem Bruttolohn von € 32,05 bei der Dienstgeberin
XXXX ausgeübte Beschäftigung, die storniert wurde.
2. Am 18.02.2015 nahm WGKK mit der MB eine Niederschrift auf. Die MB gab zu Protokoll, dass die BF ab dem 25.08.2014 als Schankhilfe bei ihr arbeiten hätte sollen. Sie hätte um 10.30 Uhr im Lokal erscheinen sollen um bis zum Mittagsgeschäft eingearbeitet zu werden. Die BF sei jedoch erst um 11.45 Uhr erschienen, weshalb die MB ihr mitgeteilt habe, dass sie sie nicht mehr benötige. Die BF sei dennoch im Lokal anwesend geblieben. Die BF habe im gesamten Zeitraum weder Anweisungen von der MB erhalten, noch sei sie entlohnt worden. Die ursprünglich veranlasste Anmeldung zur Sozialversicherung habe der Steuerberater der MB storniert.
3. Die WGKK informierte die BF mit Schreiben vom 05.05.2015 über die mit der MB aufgenommenen Niederschrift und teilte ihr mit, dass anhand der Sachlage keine Tätigkeit habe festgestellt werden können, die eine Anmeldung zur Sozialversicherung rechtfertigen würde, sodass keine Nachmeldung seitens der Kasse erfolge.
4. Mit Schreiben vom 24.05.2015 widersprach die BF in Beantwortung des Schreibens vom 05.05.2015 und brachte vor, sie habe am 25.08.2015 von 11.35 bis 14.45 Uhr ohne Pause als Thekenkraft gearbeitet. Sie habe Getränke zubereitet, abgewaschen, Geschirr abgeräumt, Bestellungen für Speisen und Getränke aufgenommen und sämtliche von Thekenkräften bzw. Servicepersonal zu verrichtende Tätigkeiten, nach Anordnung der Geschäftsleitung des Gasthauses, gemacht. Die MB sei verpflichtet, ihre Vollversicherungspflicht zu melden.
5. Mit Schreiben vom 22.06.2015 setzte die WGKK die BF nochmals darüber in Kenntnis, dass die Glaubwürdigkeit der MB mangels Vorliegens erkennbarer Gründe nicht in Zweifel gezogen werde. Es könne keine Tätigkeit festgestellt werden, die eine Anmeldung zur Sozialversicherung rechtfertigen würde.
6. Mit Schreiben vom 06.07.2015 beantragte die BF die Erlassung eines Bescheides über die Feststellung ihrer Versicherungszeit für den 25.08.2014. Mit einem als "Beschwerde" bezeichneten Schreiben vom 08.09.2015 ersuchte die BF nochmals um Erlassung eines Bescheides hinsichtlich ihrer Tätigkeit bei der MB am 25.08.2014. In einem weiteren Schreiben vom 04.10.2015 führte die BF erneut aus, dass sie am 25.08.2014 von 11.35 Uhr bis 14.45 Uhr ohne Pause bei der MB gearbeitet habe und für ihre Arbeitsleistung 25 Euro Lohn bezahlt bekommen habe. Diese Angaben wiederholte die BF in einem Schreiben vom 21.03.2016.
7. Mit Bescheid vom 29.03.2016, Zl. VA-VR 18280653/16-Mag.Nov, hat die WGKK festgestellt, dass die BF am 25.08.2014 nicht auf Grund ihrer Tätigkeit für die MB der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. § 4 Abs. 2 AlVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.
Begründend führte die WGKK aus, aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens sei festgestellt worden, dass die BF am 25.08.2014 keinerlei Dienstleistungen für die MB verrichtet und von dieser kein Entgelt erhalten habe. Ferner sei die BF von der MB nicht mit der Verrichtung von Tätigkeiten beauftragt worden und habe sie auch keinerlei Arbeitsanweisungen von ihr erhalten. Das Vorbringen der BF werde als nicht glaubwürdig erachtet. Insbesondere sei im Hinblick auf die gegenteiligen, klar formulierten und nachvollziehbaren Aussagen der MB schon der zumindest teilweise emotional aufgeladene Schreibstil der BF in ihren diversen Anbringen nicht geeignet, die WGKK von ihrem Vorbringen zu überzeugen. Es seien auch keine Beweismittel vorgelegt worden, welche die Behauptungen der BF zu untermauern geeignet wären. Zudem handle es sich bei der BF um eine amtsbekannte Person, die nach Auskunft des Prüfdienstes der WGKK schon öfters ähnlich haltlose Vorbringen erstattet habe. Mangels Vorliegens einer entgeltlich erbrachten Dienstleistung der BF für den Geschäftsbetrieb der MB sei weder der Begriff des Dienstnehmers nach § 4 Abs. 2 ASVG noch der des Dienstgebers nach § 35 Abs. 1 ASVG erfüllt.
8. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und brachte vor, sie habe am 25.08.2014 als Thekenkraft von 11.35 bis 14.45 Uhr ohne Pause gearbeitet und sei trotz mehrmaliger Aufforderung bis heute nicht bei der WGKK gemeldet worden. Sie habe für ihre geleistete Vollzeitarbeit an diesem Tag von der Chefin des Lokals insgesamt 25,- Euro in bar erhalten. Sie habe dort nichts konsumiert. Es seien zum Mittagsgeschäft am 25.08.2014 circa 50 Leute gesessen, die sie beim Arbeiten gesehen hätten. Sie habe Getränke zubereitet und ausgegeben, Geschirr abgeräumt und gereinigt, sowie Menübestellungen aufgenommen und weitergeleitet. Während dieser Arbeitszeit habe sie ihr damaliger Freund angerufen, der ein Zeuge wäre, aber aus beruflichen Gründen nach Italien/Triest verzogen sei. Die BF habe auch mit einigen Gästen im Lokal kurz gesprochen.
9. Am 29.5.2018 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der die BF, die MB und ein Vertreter der WGKK teilnahmen.
Befragt wie es zu der Vereinbarung über die verfahrensgegenständliche Beschäftigung mit der MB kam, gab die BF an, ihrer Erinnerung nach habe das Lokal inseriert, sie glaube im XXXX . Da habe sie sich gemeldet. Sie habe angerufen und sei sich dann vorstellen gegangen. Sie habe das Angebot bekommen, zur Probe zu arbeiten. Das persönliche Gespräch habe sie mit der MB geführt, sie könne sich aber nicht mehr erinnern, was da besprochen wurde. Die MB habe gesagt, sie brauche jemanden. Der BF sei eine Teilzeitbeschäftigung in Aussicht gestellt worden. Es sei geplant gewesen, dass an den Tagen, an denen das Lokal geöffnet hält, beim Mittagsgeschäft arbeiten würde, also 25-30 Wochenstunden, ab 11 Uhr. Befragt, ob sie sich erinnern könne, dass sie aufgefordert wurde, am ersten Tag früher zu kommen, gab die BF an: nein, ab 11:00 Uhr sei ausgemacht gewesen. Als Stundenlohn sei eine Entlohnung nach dem damaligen Kollektivvertrag für Gastgewerbe vereinbart gewesen. Als die BF am ersten Tag zu spät kam, habe die MB gesagt, sie hätte eher mit der BF gerechnet, aber wenn diese Interesse habe, solle sich jetzt zu arbeiten beginnen. Die BF habe der MB den Zuschlag vom AMS angeboten, und gesagt, sie werde beim AMS diesbezüglich Rücksprache halten. Dann habe sie zu arbeiten begonnen. Die BF habe an der Theke gearbeitet und Geschirr gewaschen. Zwischendurch habe ihr damaliger Freund angerufen, der nach Italien verzogen sei. Im Lokal seien Gäste gesessen, das Lokal sei voll gewesen. Befragt, ob die MB etwas darüber gesagt habe, dass die BF nicht arbeiten solle, gab diese an, dies sei wahrscheinlich gesagt worden, aber das sei vier Jahre her. An jedes Wort könne sich die BF nicht mehr erinnern. Während die BF arbeitete, sei die MB im Lokal anwesend gewesen. Die BF habe von 11:00 Uhr bis 14:45 gearbeitet und sei dann entlohnt worden. Der Mann der MB sei zum Schluss noch ins Geschäft gekommen. Das Lokal sei zu dieser Zeit vielleicht noch halb voll gewesen. Dann habe die BF das mit dem Zuschlag vom Arbeitsamt gesagt. Das AMS habe damals einen Zuschlag für Langzeitarbeitslose bezahlt. Es wären die Krankenkassenkosten vom AMS bezahlt worden. Das sei eine Eingliederungshilfe gewesen. Die Frage, ob die MB etwas über die Entlohnung von Euro 25,00für diesen Tag gesagt habe, verneinte die BF, die MB habe nichts gesagt, die BF arbeite aber schließlich nicht umsonst. Befragt, ob die BF vor hatte, am nächsten Tag wieder zum Mittagsgeschäft zu kommen, gab diese an, am nächsten Tag nicht. Die BF habe ein paar Tage später einen Termin beim AMS gehabt. Dort hätte sie das mit dem Zuschlag klären sollen. Die BF habe geplant, im Lokal wieder anzurufen, sobald sie wisse, wie das mit dem Zuschlag sei. Die MB habe gesagt sie würde sich bei der BF melden aber es hätte sicher noch mehr Bewerbungen gegeben. Die BF erinnere sich, dass es ein weiteres Telefonat gegeben habe, sie glaube das da gesagt wurde, dass die MB jemand anderen habe.
Die MB gab an, sie habe damals ein Inserat im XXXX geschaltet, dieses sei drei Tage online gewesen. Es hätten sich Viele beworben, dann seien aber Wenige gekommen. Das sei in der Gastronomie so üblich. Die BF sei eine der letzten BewerberInnen gewesen. Die MB könne sich an das Gespräch noch insoweit erinnern, als zur Sprache gekommen sei, dass man im Lokal über Treppen gehen und einen Schanigarten bedienen müsse. Die Thekenkraft mache das zwar grundsätzlich nicht, aber wenn viel los sei, müsse sie das Tablett der Kellnerin nach tragen. Die MB habe die BF gefragt, ob sie das könne. Diese habe darauf verwiesen dass sie bereits in der Schweiz auf Saison gearbeitet habe. Die BF habe sehr kompetent gewirkt. Die MB habe ihr angeboten am nächsten Tag arbeiten zu kommen. Befragt, ob eine unbefristete Beschäftigung vereinbart war, gab die MB an, es sei ein Probetag vereinbart gewesen. Eine Beihilfe sei nicht besprochen worden. Der Betrieb habe noch nie Beihilfen in Anspruch genommen. Es handle sich um einen kleinen Familienbetrieb dessen Arbeitskräfte überwiegend seit mehr als 25 Jahren dort beschäftigt seien. Die BF habe gesagt, sie sei beim AMS, mehr habe die MB auch nicht interessiert. Bezüglich der Arbeitszeit habe die MB gesagt, dass die BF am ersten Tag ab 10:30 Uhr dazu sein habe: Die Kaffeemaschine habe ihre Tücken, es gebe kein Geschirrwaschen an der Schank; die MB habe geplant, der BF alles zu zeigen, z.B. wo die Gläser sind und wie die Abläufe gehen. Dann sei geplant gewesen, dass die BF bis 13:30 oder 14:00 Uhr zu arbeiten habe. Um 14:00 Uhr sei jeden Tag Kellnerwechsel. Das Lokal beschäftige Montag bis Donnerstag eine Schankhilfe. Ob ein Stundenlohn vereinbart wurde, sei der MB nicht mehr erinnerlich. Normalerweise werde der Kollektivvertrag bezahlt. Bei der Vereinbarung eines Probetages spreche die MB meist nicht über das Geld. Den Steuerberater habe die MB angerufen und gesagt, dass mit der BF ein Probetag vereinbart wurde und dass sie bekannt geben werde, ob daraus eine Beschäftigung würde oder nicht. Die BF sei um 11:45 Uhr zum Probetag erschienen. Das Mittagsgeschäft beginne gegen 11:30 Uhr. Es würden Mitarbeiter des XXXX und des XXXX dort essen kommen. An diesem Tag sei warmes Wetter gewesen, die Leute seien im Schanigarten gesessen. In dem Gastraum seien nur wenige Tische besetzt gewesen. Es habe auch eine Schlange für Essen zum Mitnehmen gegeben. Die BF sei dagestanden und die MB sei zunächst der Meinung gewesen, sie hätte auf eine Kundin vergessen und habe sie deshalb angesprochen. Die BF habe dann gesagt, dass sie Frau XXXX sei und habe begonnen die Geschichte mit dem Wasserrohrbruch zu erzählen. Die MB habe entgegnet "sehen Sie nicht, was hier los ist, ich brauche sie nicht mehr." Befragt, warum sie der BF angesichts des vollen Lokals nicht Arbeit gegeben hätte entgegnete die MB, sie hätte die BF nicht sofort einsetzen können:
Sie habe umorganisiert gehabt; eine Kraft aus der Küche habe die Speisen ausgetragen und an der Theke seien die Kellnerin und die MB tätig gewesen, mehr als zwei Personen hätten in der Theke keinen Platz. Geplant wäre gewesen, dass die BF hinter der Theke arbeiten solle und die MB hätte die Getränke angesagt ebenso die Kellnerin. Nun habe die MB selbst eingeschenkt. Sie habe jetzt nicht zu erklären beginnen können. Die Gäste hätten teilweise nur eine halbe Stunde Mittagspause. Die MB könne nicht um 12:00 Uhr jemanden einschulen. Hinter der Theke seien ihr Bargeld und mit ihre persönlichen Sachen gelegen. Die MB hätte nicht mehr die Zeit gehabt abzuchecken, ob sie ihre Sachen besser wegräumen würde oder liegen lassen könne. Die BF sei dortgeblieben, sei bei der Schank gestanden, habe zugeschaut und Gläser hin und her geschoben. Die Frage, ob die MB der BF verboten habe, zu arbeiten und die Gläsern rumzuschieben, bejahte diese, sie habe ihr das öfter gesagt. Jedoch sei die MB mit ihrer Arbeit voll beschäftigt gewesen und habe im Lokal kein Aufsehen wollen. Die BF habe immer wieder mit der Wasserrohrbruchgeschichte angefangen. Befragt, ob die BF auch zu den Gästen gegangen sei, verneinte die MB. Als der Mann der MB kam, sei die BF dann wirklich gegangen. Die MB nehme an, dass ihr Mann der BF € 20 als Fahrtkostenersatz gegeben haben werde. Von ihr selbst habe die BF keinen Lohn bekommen, da sie ja nichts gearbeitet habe.
Die BF entgegnete, sie habe € 25,00 bekommen für Arbeiten. Sie erinnere sich jetzt, dass die MB gesagt habe, dass sie eine Eingliederungsbeihilfe nicht brauche. Die BF gehe davon aus, dass der Mann der MB ihr in Absprache mit seiner Frau€ 25,00 gegeben habe, denn ohne Arbeiten kriege man doch nichts. Die BF bestätige, dass die Theke sehr klein war, sie habe jedoch dort gearbeitet. Die MB habe zur BF gesagt, sie solle sich anders kleiden. Die MB verneinte dies.
Die Wiener Gebietskrankenkasse gab befragt zu der im Akt befindlichen Sozialversicherungsmeldung vom 5.12.2014 der zufolge die BF sei am 5.12.2014 angemeldet wurde und am selben Tag die Meldung storniert wurde, an, es sei davon auszugehen, dass hier zunächst eine Mindestangabenmeldung getätigt wurde und diese dann nicht vervollständigt wurde. Die BF stellte klar, dass sie diese Meldung anlässlich ihrer Vorsprache bei der WGKK erhalten habe. Dort sei mit dem Steuerberater der MB telefoniert worden. Es sei eine Beitragsprüfung bei der MB geplant gewesen sei, dazu sei es dann aber nicht gekommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF bewarb sich im August 2014 aufgrund eines Zeitungsinserates bei der MB für eine Teilzeitbeschäftigung als Schankhilfe und erhielt das Angebot, am 25.08.2014 einen Probearbeitstag zu absolvieren. Geplant war, sie ab 10:30 in die Abläufe des Mittagsbetriebes einzuweisen und ab 11:30 für das Mittagsgeschäft (bis etwa 14:00) einzusetzen. Die BF verspätete sich wesentlich. Als sie ins Lokal kam, war das Mittagegeschäft bereits in vollem Gange. Die MB hatte mit dem vorhandenen Personal eine Ersatzeinteilung getroffen und arbeitete selbst im Lokal. Der BF vermittelte sie, dass sie nun nicht mehr benötigt werde und das Lokal verlassen möge. Die BF ging jedoch nicht. Die - mit dem Mittagsgeschäft ausgelastete - MB wollte vor den Gästen kein Aufsehen und beschränkte sich darauf, die BF mehrmals aufzufordern, dass sie gehen möge. Als gegen Ende des Mittagsgeschäfts der Mann der MB ins Lokal kam, sprach dieser mit der BF, die daraufhin das Lokal verließ.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie durch Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beim BVwG vom 29.5.2018.
Wie sich aus der mündlichen Verhandlung vom 29.5.2018 unstrittig ergibt, hatten MB und BF vereinbart, dass die BF am 25.8.2014 für einen Probetag vor dem Mittagegeschäft zur Arbeit erscheinen solle. Unbestritten hat sich die BF erheblich verspätet, sodass das Mittagsgeschäft bei ihrem Eintreffen bereits in vollem Gange war und die BF dieses mit dem vorhandenen Personal meistern musste. Vor diesem Hintergrund erscheint glaubhaft, dass die MB, wie sie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nicht mehr die Zeit aufbringen konnte, um der BF die Abläufe ihrer Arbeit zu erklären. Der MB war daher zu glauben, dass sie der BF tatsächlich mitteilte, sie könne sie nun nicht mehr brauchen. Auch die BF hat in der mündlichen Verhandlung vom 29.5.2018 nicht ausgeschlossen, dass die MB mit ihr in dieser Weise gesprochen habe. Was die nachfolgenden Abläufe betrifft, so liegen einander widersprechende Aussagen insoweit vor, als die BF - die sich unbestritten weiterhin im Lokalaufhielt - behauptet, die MB wäre, hernach doch damit einverstanden gewesen, dass die BF arbeite. Die BF habe tatsächlich von 11:45 bis 14:45 vereinbarungsgemäß als Schankhilfe gearbeitet. Sie habe Getränke zubereitet und ausgegeben, Geschirr abgeräumt und gereinigt, sowie Menübestellungen aufgenommen. Die MB hingegen gab an, sie habe die BF mehrmals zum Verlassen des Lokals aufgefordert; diese sei jedoch nicht gegangen. Auch diesbezüglich erscheint vor dem Hintergrund der obigen Feststellungen nachvollziehbar und lebensnahe, dass die MB, wie sie in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt hat, keinen angemessenen Handlungsspielraum hatte, um die BF zum Verlassen des Lokals bewegen zu können. Den gegenteiligen Vorbringen der BF wird im vorliegenden Gesamtzusammenhang daher nicht geglaubt.
Die obigen Ausführungen führen zu dem Schluss, dass die BF nicht wie von ihr angegeben für die MB tätig war. Ob die BF, wie sie behauptet, vom Mann der BF € 25 ,-- bar auf die Hand erhielt, muss im vorliegenden Fall nicht mehr ermittelt werden: Die BF hat in der mündlichen Verhandlung gezeigt, dass sie in der Lage ist, ihre Interessen ausgesprochen eloquent zu vertreten. Unter Einbeziehung dieser Wahrnehmung in Zusammenhalt mit den obigen Feststellungen ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die BF den Ehemann der MB, der im Auftrag seiner Frau einer für den Betrieb unangenehmen Situation ein rasches Ende setzen wollte, etwa mit dem Hinweis darauf, dass sie finanzielle und zeitliche Aufwendungen hatte - zur Zahlung von € 25,-- veranlasst haben dürfte. Dass der BF ein Entgelt für im Betrieb der MB geleistete Arbeiten bezahlt worden wäre, aber keinesfalls als erwiesen anzunehmen.
Für die Glaubwürdigkeit der BF spricht auch, dass sie der WGKK bisher, was die Erfüllung ihrer Melde- und Beitragspflichten betrifft, noch nicht negativ aufgefallen war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 grundsätzlich durch EinzelrichterInnen und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Der hier vorliegende Fall ist von dieser Bestimmung erfasst; die BF hat keinen Antrag auf Senatsentscheidung gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Gemäß § 5 Abs 1 Z 2 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung - ausgenommen: Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen).
Gemäß § 5 Abs 2 ASVG gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens € 30,35 (2014) [...] gebührt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 99/08/0008 vom 17.12.2002 festgestellt hat, ist im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes zunächst zu ermitteln, ob und in welcher Form die Parteien einschlägige Vereinbarungen getroffen haben.
Nach ständiger Judikatur des VwGH ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1152 ABGB entgeltlich erfolgt und dass im Zweifel ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.
Wie sich aus den obigen Feststellungen ergibt, haben die MB und die BF zwar mündlich vereinbart, dass die BF am 25.8.2014 für einen Probetag vor dem Mittagegeschäft zur Arbeit erscheinen solle. Die BF hat sich an diesem Arbeitstag erheblich verspätet, sodass die MB , die in der Zwischenzeit umorganisiert hatte, nicht mehr bereit war, sie wie geplant mit den Abläufen vertraut zu machen und in der Folge zu beschäftigen. Die MB hat auch in der Folge nicht geduldet, dass die BF in ihrem Betrieb Arbeiten verrichtet, sondern hat diese zum Verlassen des Lokals aufgefordert. Das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist im vorliegenden Fall nicht als erwiesen anzunehmen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Entgeltfestlegung, PflichtversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W164.2125050.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.07.2018