Entscheidungsdatum
04.07.2018Norm
AlVG §10Spruch
W228 2198612-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter KommR Walter PLATTETER sowie Robert MAGGALE als Beisitzer in der Beschwerdesache von Herrn XXXX , SVNR: XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG in Verbindung mit § 9 VwGVG mangels Begründung abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit nicht rechtskräftigem Bescheid des Arbeitsmarktservice Laxenburger Straße vom 03.04.2018 wurde ausgesprochen, dass XXXX für den Zeitraum 05.01.2018 - 01.03.2018 den Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen werde.
Nachsicht werde nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt: "Sie haben das Zustandekommen einer vom Arbeitsmarktservice zugewiesenen, zumutbaren und nach Kollektivvertrag entlohnte Beschäftigung beim " XXXX " vereitelt. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor bzw. können nicht berücksichtigt werden."
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.04.2018, beim AMS am 18.04.2018 eingelangt, fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit nicht rechtskräftigem, verfahrensgegenständlichem Bescheid des Arbeitsmarktservice Laxenburger Straße vom 30.04.2018 wurde ausgesprochen, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen werde. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer telefonisch beworben habe. In der Niederschrift habe der Beschwerdeführer angegeben, das im Gesprächsverlauf die Art der Verwendung und die Entlohnung thematisiert wurden, er keinerlei Erfahrung und keine Ausbildung für die Stelle habe, er eine gesundheitliche Einschränkung in Form einer Diabeteserkrankung habe. Auf Nachfrage nach dem Bewerbungsgrund habe er geantwortet, es handle sich um einen Vermittlungsvorschlag des AMS und er sei zur Bewerbung gesetzlich verpflichtet. Der Dienstgeber habe daher auf das augenscheinlich mangelnde Interesse des Beschwerdeführers geschlossen. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer für ein Vorstellungsgespräch zur Verfügung stehe, habe er geantwortet, dass er einer entsprechenden Aufforderung per E-Mail nachkommen werde. Er habe ein solches nie erhalten. Aufgrund von 108 Vermittlungsvorschlägen im letzten Jahr kam es zu keiner Arbeitsaufnahme.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.05.2018, beim AMS am 23.05.2018 eingelangt, fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Begründung der Beschwerde führt aus, dass der Beschwerdeführer sich nicht telefonisch, sondern per E-Mail beworben habe, was über das e-AMS Konto zu verifizieren sei. Außerdem habe er in der Niederschrift keine Diabeteserkrankung, sondern lediglich erhöhte Blutzuckerwerte angegeben.
Der Akt langte am 19.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Im Vorlageschreiben brachte das AMS hinsichtlich der Beschwerde gegen die aufschiebende Wirkung im Wesentlichen vor: "[...] Die betreffende Mitarbeiterin des Dienstgebers wurde bereits als Zeugin befragt und gibt im Wesentlichen an, sie hätte ihn trotz mangelhafter schriftlicher Bewerbung telefonisch kontaktiert und habe der BF deutlich sein Desinteresse an der konkreten Stelle verbal kundgetan. [...]"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es fand ein Telefonat zwischen einer Mitarbeiterin des Dienstgebers XXXX und dem Beschwerdeführer statt.
Der Beschwerdeführer wies im Telefonat darauf hin, dass er noch nie im Außendienst einer Versicherung gearbeitet habe. Auf Nachfrage nach dem Bewerbungsgrund habe er geantwortet, es handle sich um einen Vermittlungsvorschlag des AMS und er sei zur Bewerbung gesetzlich verpflichtet. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer für ein Vorstellungsgespräch zur Verfügung stehe, habe er geantwortet, dass er einer entsprechenden Aufforderung/Vorankündigung per E-Mail durch den Dienstgeber nachkommen werde. Er habe ein solches nie erhalten.
Wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile konnten nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Telefonat und dessen Inhalt ergeben sich aus der Niederschrift des Beschwerdeführers. Wer bei diesem Telefonat wen angerufen hat, kann für die gegenständlichen Feststellungen dahin gestellt bleiben, die Tatsache, dass ein Telefonat geführt wurde, wurde nicht bestritten.
Mangels Behauptung des Beschwerdeführers bezüglich wirtschaftlicher, finanzieller oder rechtlicher Nachteile konnten diese auch nicht festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS Laxenburger Straße.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss (vgl. das VwGH Erkenntnis vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0159). Gegenständlich ist Sache die Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid vom 30.04.2018.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
Gemäß §13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rechtsmitteln gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH 29.09.2005, 2005/11/0123; 28.06.2001, 99/11/0243).
Die zuständige Behörde hat eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführer gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.
Im gegenständlichen Fall begründete das Arbeitsmarktservice den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung damit, dass die aufschiebende Wirkung aus generalpräventiven Gründen den im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen würde. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung.
Der Beschwerdeführer ist in seiner Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung diesem Vorhalt nicht substantiiert entgegengetreten. Er beantragte lediglich, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Begründung enthält nur einzelne Bestreitungen, die jedoch zur finanziellen Lage des Beschwerdeführers nichts preisgeben. Den Beschwerdeführer trifft hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils allerdings eine Konkretisierungspflicht (VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053). Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht nachgekommen.
Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben ab. Der Aufschiebungsantrag enthält diesbezüglich keinerlei Angaben. In der Beschwerde und dem Nachtrag wird nicht einmal ansatzweise dargelegt, worin seine - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkreten Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht liegen, die ihm in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen (VwGH 03.06.2011, AW 2011/10/0016).
Gemäß ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. zB. VwGH 11.03.1996, AW 96/17/0071; 27.06.1996, AW 96/17/0028, 10.08.2011, AW/2011/17/0028).
Vorliegend führt der Beschwerdeführer nicht näher aus, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den - laut VwGH Erkenntnis vom 11.04.2018, Zl. Ro 2017/08/0033, unstrittig bestehenden - Interessen der Öffentlichkeit am Sanktionszweck des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in der Arbeitslosenversicherung, vorgenommen hätte werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch nur über konkrete wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile, nicht aber über andere Begründungen des Beschwerdeführers zu erkennen.
Fister/Fuchs/Sachs in Rz 8 gehen aufgrund des klaren Wortlautes des § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG "ohne weiteres Verfahren" davon aus, dass keine Möglichkeit für Sachverhaltsfeststellungen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes besteht. Daher erübrigen sich Erhebungen über die durch das AMS vorgelegten Dokumente hinaus.
An diesem Ergebnis ändert auch die Grobprüfung der Erfolgschancen der Beschwerde durch den erkennenden Senat nichts, da aufgrund der getroffenen Feststellungen diese als "von vornherein aussichtslos" zu beurteilen ist.
Da das Bundesverwaltungsgericht somit keine Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Nachteil oder eine erfolgreiche Führung des Beschwerdeverfahrens für den Beschwerdeführer erkennen kann, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abzuweisen.
Angemerkt wird, dass mit der gegenständlichen Entscheidung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird und der erkennende Senat durch die gegenständliche Entscheidung und die vorgenommene Grobprüfung sich im Hauptverfahren in keine Richtung gebunden sieht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Senat konnte sich neben den zuvor genannten VwGH Entscheidungen auch auf die Entscheidung vom 07.09.2017, Zl. Ra 2017/08/0065, stützen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, KonkretisierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W228.2198612.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.07.2018