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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision der C in W, vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 10/12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. April 2017, Zl. VGW- 031/016/2058/2016-39, betreffend Übertretungen der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 15. Dezember 2015 wurde die Revisionswerberin schuldig gesprochen, sie habe die von ihr verlangte Lenkerauskunft nicht erteilt (Spruchpunkt 1.), sie habe als Lenkerin eines Fahrzeuges am 25. März 2015 nach einem von ihr verursachten Verkehrsunfall die nächste Polizeidienststelle nicht verständigt (Spruchpunkt 2.) und ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten (Spruchpunkt 3.). Hiedurch habe sie § 103 Abs. 2 KFG sowie § 4 Abs. 5 und § 4 Abs. l lit. a StVO übertreten und es wurden über sie Geldstrafen über einmal EUR 150,- sowie zweimal EUR 200,- (Ersatzfreiheitsstrafen von einmal drei sowie zweimal vier Tagen) verhängt.
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht insoweit Folge, als Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. l Z 2 VStG eingestellt wurde (Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses). Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das bekämpfte Straferkenntnis bestätigt (Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses). Schließlich sprach das Landesverwaltungsgericht noch aus, dass gegen dieses Erkanntnis, insoweit über Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses abgesprochen wurde, eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z l B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig und im Übrigen eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III. des angefochtenen Erkenntnisses).
3 In der dagegen erhobenen Revision erklärt die Revisionswerberin, das Erkenntnis werde "in seinen Spruchpunkten zwei und drei angefochten"; sie erachte sich in ihrem "Recht, zu den Spruchpunkten 2 und 3 nicht bestraft zu werden, verletzt."
4 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des § 25a Abs. 4 VwGG, wenn durch eine einheitliche (vorgeworfene) Tathandlung zum gleichen Sachverhalt zwei in einem unmittelbaren Zusammenhang stehende Delikte verwirklicht würden, wovon eines über und das andere unter den in der genannten Regelung bezeichneten Grenzen angesiedelt sei.
5 Weiters liege zur Rechtsfrage, ob eine fernmündliche Verständigung der Revisionswerberin über die Erlassung eines Einstellungsbescheides nach § 45 Abs. 2 StVO die formlose Weiterführung oder Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens hindere, noch keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
6 Schließlich sei nach Auffassung der Revisionswerberin das Landesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, denn es habe "nicht geschaffene Entscheidungsgrundlagen ohne Durchführung einer Beweisaufnahme durch bloße Vermutungen ersetzt, wie dies auf Seite 30 Mitte zu der für die Revision wesentlich und (allein) entschiedenen Frage des Zeitpunktes der Verschmutzung des von mir angeblich beschädigten Fahrzeuges (vor oder erst nach der Kollision) erfolgt ist. Die Relevanz auch dieser Rechtsfrage ist gegeben, da sich das Verwaltungsgericht zu meiner Verurteilung zu den Spruchpunkten 2 und 3 des Erkenntnisses entgegen den Ergebnissen des SV-Gutachtens DI (...) ausschließlich auf diese Vermutung, die ohne ausreichende Beweisgrundlage erfolgt ist, stützt."
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Soweit das Zulässigkeitsvorbringen der Revision die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes betrifft, ist sie darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. u.a. VwGH 13.2.2018, Ra 2018/02/0044). Dass dem Verwaltungsgericht ein derartiger krasser Fehler bei der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, wird nicht aufgezeigt und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.
11 Die Einstellung des Strafverfahrens betraf die Verfolgung und anschließende Bestrafung der Revisionswerberin wegen des Verdachtes der Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses. Diesbezüglich stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein (Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses). Dieser Abspruch ist indes weder von dem mit der vorliegenden Revision ausdrücklich erklärten Umfang der Anfechtung noch vom Revisionspunkt erfasst, sodass die Revision schon aus diesem Grund nicht von der zur Einstellungsverfügung formulierten Rechtsfrage abhängt.
12 Auf die von der Revisionswerberin - zur Vermeidung des Ausschlusses der Revision gemäß § 25a Abs. 4 VwGG - gewünschte Zusammenrechnung von Strafdrohungen und -aussprüchen betreffend mehrerer angeblich durch eine Tathandlung verwirklichter Delikte kommt es schon deshalb nicht an, weil es nach den obigen Ausführungen auch an der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG mangelt.
13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020130.L00Im RIS seit
10.07.2018Zuletzt aktualisiert am
30.07.2018