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L66505 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AgrVG §9 Abs1 idF 1993/901;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde 1. des A S,
2. des R H, 3. des J S, 4. des P M und 5. der K B, alle in X, alle vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, sowie 6. des E C in X, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 11. Dezember 1998, Zl. LAS-3/3/18-1998, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Salzburger Flurverfassungslandesgesetz (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Naßfeldalpe, vertreten durch den Obmann A S),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Das Verfahren über die Beschwerde des E C wird eingestellt;
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wird als unbegründet abgewiesen.
Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer haben jeweils zu gleichen Teilen dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Agrarbehörde Salzburg (AB) vom 12. März 1998 wurde § 3 des Regulierungsplanes der Agrargemeinschaft Naßfeldalpe (mitbeteiligte Partei) vom 26. Februar 1932 auf Antrag des Vorstandes der Agrargemeinschaft vom 11. November 1997 gemäß § 87 Abs. 1 des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes 1973, LGBl. Nr. 1 (FLG 1973) um eine Bestimmung betreffend die Naßfelder Gemeinschaftshütte ergänzt.
In der Begründung heißt es, im derzeit gültigen Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Naßfeldalpe vom 26. Februar 1932 seien im § 3 "Gemeinsame Anlagen" lediglich folgende Gebäude angeführt: Galterhütte, ab 1939 das Hubertushaus, sowie Alphütten und Ställe. Im Rahmen der am 17. April 1977 abgehaltenen ordentlichen Vollversammlung der Agrargemeinschaft sei zu Tagesordnungspunkt 7 der Beschluss gefasst worden, den Regulierungsplan mit Rücksicht auf die Errichtung einer neuen Gemeinschaftshütte um die nunmehr bescheidgegenständlichen Punkte zu ergänzen. Nachdem dieser Vollversammlungsbeschluss mangels Erhebung von Einsprüchen gegen denselben vollziehbar geworden sei und gegen die nunmehr beantragte Änderung des Regulierungsplanes keine Bedenken bestünden, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Die Beschwerdeführer begehrten durch ihre damalige Rechtsvertreterin die Zustellung dieses Bescheides und erhoben dagegen Berufung. Darin beantragten sie, den Bescheid der AB dahingehend abzuändern, dass der Antrag des Vorstandes der Agrargemeinschaft vom 11. November 1997 (Antrag auf Genehmigung der Änderung des Regulierungsplanes) abgewiesen werde. Der Bescheid sei inhaltlich falsch, da die in der Vollversammlung vom 17. April 1977 beschlossene Regulierungsplanänderung nicht hätte genehmigt werden dürfen. In dieser Vollversammlung sei nämlich nicht nur eine neue "gemeinsame Anlage" zu errichten beschlossen worden, sondern durch die Festlegung von 76 Standplätzen für Melkvieh erheblich in die bisherigen Rechte der Hüttschläger eingegriffen worden. Die AB hätte daher diesen Vollversammlungsbeschluss nicht genehmigen dürfen, da die rechtlichen Voraussetzungen ungeklärt seien. In der äußerst kurzen Begründung des erstinstanzlichen Bescheides werde ausgeführt, dass gegen die "nunmehr beantragte Änderung des Regulierungsplanes keine Bedenken bestehen". Die Unrichtigkeit dieser Auffassung ergebe sich aus dem gegenständlichen Akt, in welchem die Hüttschläger durch wiederholte Eingaben zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie der Ansicht seien, durch die Errichtung der Genossenschaftshütte werde in ihre Kaserrechte erheblich eingegriffen. Zwischen der Vollversammlung vom 17. April 1977 und dem Antrag auf Genehmigung bzw. dem erstinstanzlichen Bescheid lägen mehr als 20 Jahre. Dass sich in diesem Zeitraum die Verhältnisse ändern könnten und auch geändert hätten, wäre die Durchführung eines Verfahrens notwendig gewesen, da es nicht angehe, einen Beschluss aus dem Jahr 1977 ohne Anhörung der Beteiligten im Jahr 1998 zu genehmigen. Es werde auch darauf hingewiesen, dass laut § 6 der Regulierungsurkunde diese nur mit Genehmigung des Landesagrarsenates abgeändert werden könne.
In der Folge legten die Beschwerdeführer der belangten Behörde noch einen weiteren Schriftsatz vor, welcher ihren Standpunkt untermauern sollte.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 1998 erließ die belangte Behörde den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid, mit welchem die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 1 des Agrarverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und §§ 87 und 89 FLG 1973 als unzulässig zurückgewiesen wurde.
In der Begründung heißt es, bei der Vollversammlung der Naßfelder Alpsgenossenschaft vom 17. April 1977 sei der von der AB erarbeiteten Änderung des Regulierungsplanes hinsichtlich der Gemeinschaftsanlage grundsätzlich zugestimmt worden, d.h. es sei dagegen kein genereller Einspruch erhoben worden, sondern nur hinsichtlich der Pachtdauer, und zwar mit drei Gegenstimmen, und hinsichtlich des Pachtzinses und des Betriebskostenbeitrages (eine Gegenstimme). Eine Beschwerde an die AB sei diesbezüglich nicht eingebracht worden. Damit sei aber der Beschluss schon lange wirksam. Tatsächlich sei auch die Genossenschaftsanlage errichtet und die ganzen Jahre hindurch bis heute betrieben worden. Erst durch den Bescheid des Landesagrarsenates vom 24. Oktober 1997 sei hervorgekommen, dass die am 17. April 1977 beschlossene Regulierungsplanänderung von der AB nie genehmigt worden sei, da von der Agrargemeinschaft kein diesbezüglicher Antrag gestellt worden sei. Daraufhin habe der Vorstand der Agrargemeinschaft mit Schreiben vom 11. November 1997 einen entsprechenden Antrag bei der AB zur Genehmigung der Regulierungsplanänderung entsprechend dem Beschluss der Vollversammlung vom 17. April 1977 eingebracht. Die Agrargemeinschaft sei körperschaftlich eingerichtet; sie habe einen Beschluss auf Änderung des Regulierungsplanes gefasst. Den Beschwerdeführern stehe auf Grund des § 87 Abs. 2 FLG 1973 kein Berufungsrecht gegen den erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid zu.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 27. September 1999, B 498/99-8, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof erteilte einen Mängelbehebungsauftrag. Diesem kam der Sechstbeschwerdeführer nicht nach.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) in ihrem Recht auf eine gesetzeskonforme Regulierungsplanänderung im Sinne des § 87 FLG 1973 und in ihrem Recht auf Entscheidung bzw. Überprüfung der Entscheidung durch eine unabhängige Instanz, die die Qualität eines Tribunals im Sinne des Art. 6 MRK aufweist sowie in ihrem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens verletzt. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführer bringen vor, sie seien Mitglieder der Agrargemeinschaft Naßfeldalpe und repräsentierten dort eine Minderheit. Im Jahr 1976 habe die Mehrheit versucht, eine zusätzliche Gemeinschaftshütte durchzusetzen. Diese Versuche seien gescheitert. Im Jahr 1977 sei neuerlich eine Vollversammlung einberufen worden, allerdings nicht ordnungsgemäß, da einzelne Mitglieder keine Verständigung erhalten hätten. Der in dieser Vollversammlung gefasste Beschluss auf Änderung der Regulierungsurkunde entspreche aus mehreren Gründen nicht den Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft. Der Beschluss enthalte nicht die geforderten Unterschriften. Das Protokoll der Vollversammlung sei nur vom seinerzeitigen Obmann und vom seinerzeitigen Schriftführer unterzeichnet; nach Punkt V der Verwaltungsordnung müssten Urkunden von Wichtigkeit vom Obmann, zwei Ausschussmitgliedern und schließlich von den vier beteiligten Gemeindevertretern unterzeichnet sein.
Unrichtig sei auch die Auffassung der belangten Behörde, dass eine Änderung des Regulierungsplanes auf Grund eines Antrags vorliege. Die Änderung des Regulierungsplanes sei vielmehr von der Behörde selbst erstellt worden. Text und Inhalt seien bereits von der AB mit dem Wirtschaftsausschuss festgelegt und in der Vollversammlung von 17. April 1977 vorgelegt worden. Es sei daher in der Vollversammlung der Agrargemeinschaft nur zu einem "Scheinbeschluss" gekommen. Aus dem vorgelegten Vollversammlungsprotokoll sei ersichtlich, dass kein Mitglied der Agrargemeinschaft einen Antrag auf Änderung der Regulierungspläne gestellt habe. Es liege daher eine amtswegige Abänderung des Regulierungsplanes vor, sodass gemäß § 87 Abs. 2 FLG 1973 alle Anteilsberechtigten ein Berufungsrecht hätten.
Auch der nach 21 Jahren vom Wirtschaftsausschuss eingebrachte Antrag auf Genehmigung der von der Vollversammlung beschlossenen Regulierungsplanänderung sei in mehrfacher Hinsicht verfehlt, da nach dem Text der Regulierungsurkunde nur die Vertreter der vier Gemeinden, die selbst erwerbstätige Landwirte sein müssten, tätig werden dürften. Diesem Erfordernis sei nicht Rechnung getragen, da die Vertreter von Bad Gastein und Sportgastein zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr als Landwirte tätig gewesen seien. Der Antrag sei sohin von einem unrichtig zusammengesetzten Organ gestellt worden. Durch die Zurückweisung der Berufung sei es nicht zu einer Entscheidung eines Tribunals im Sinne des Art. 6 MRK gekommen. Es seien nicht einmal die minimalsten Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens, insbesondere die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, eingehalten worden. Von einer Entscheidung auf Grund einer öffentlichen Verhandlung durch ein Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK könne keine Rede sein.
Abgesehen davon sei der Antrag (auf Genehmigung der Regulierungsplanänderung) bei der falschen Behörde eingebracht worden, da gemäß § 6 des Regulierungsplanes ausdrücklich der Landesagrarsenat und nicht die AB in erster Instanz zur Genehmigung berufen sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - bezüglich der Einstellung des Verfahrens in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
I. Dem Sechstbeschwerdeführer wurde zu Handen seines (damaligen) Rechtsvertreters ebenso wie den übrigen Beschwerdeführern ein Mängelbehebungsauftrag erteilt. Die erst nach Erteilung dieses Auftrages und nach Ablauf der Mängelbehebungsfrist erfolgte Mitteilung des Rechtsvertreters, dass er den Sechstbeschwerdeführer nicht mehr vertrete, wurde erst mit ihrem Einlangen beim Verwaltungsgerichtshof wirksam. Da der Sechstbeschwerdeführer dem ihm erteilten Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen ist, war hinsichtlich seiner Beschwerde das Verfahren gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 einzustellen.
II. Nach § 87 Abs. 1 FLG 1973 können Regulierungspläne, die auf Grund dieses Gesetzes oder ein hiedurch aufgehobenen älteren Vorschrift aufgestellt worden sind, und die dazu gehörigen Wirtschaftspläne und Verwaltungssatzungen nur von der Agrarbehörde geändert werden. Die Änderung kann von Amts wegen oder auf Antrag vorgenommen werden. Der Antrag kann, wenn die Agrargemeinschaft körperschaftlich eingerichtet ist, nur vom Vorstand auf Grund eines den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschlusses der Vollversammlung, sonst von jedem Anteilsberechtigten gestellt werden. Bestehen gegen einen Antrag keine Bedenken, ist er zu genehmigen.
Wurde die Änderung von Amts wegen vorgenommen, kann gegen den Bescheid von jedem Anteilsberechtigten und, wenn die Agrargemeinschaft körperschaftlich eingerichtet ist, auch von deren Vorstand Berufung erhoben werden. Gegen eine auf Antrag vorgenommene Änderung kann nur dann, wenn die Agrargemeinschaft nicht körperschaftlich eingerichtet ist, und nur von jenen Anteilsberechtigten Berufung erhoben werden, die den Antrag nicht gestellt haben. Gegen die Ablehnung eines Antrages kann der Antragsteller Berufung erheben.
Die Agrargemeinschaft Naßfeldalpe ist körperschaftlich eingerichtet. Ein Antrag auf Änderung ihres Regulierungsplanes konnte daher nur vom Vorstand auf Grund eines den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschlusses der Vollversammlung eingebracht werden.
§ 5 des Regulierungsplanes dieser Agrargemeinschaft ("Verwaltungsordnung") sieht als Organe der Agrargemeinschaft die Vollversammlung und den Wirtschaftsausschuss (sowie dessen Obmann) vor. Dem Wirtschaftsausschuss kommen jene Zuständigkeiten zu, die üblicherweise von einem Vorstand wahrgenommen werden. Es ist daher davon auszugehen, dass der in § 87 Abs. 1 FLG 1973 angesprochene Vorstand bei der Agrargemeinschaft Naßfeldalpe der Wirtschaftsausschuss ist.
Dieser Wirtschaftsausschuss hat mit Schreiben vom 11. November 1997 unter Anschluss eines Beschlusses der Vollversammlung vom 17. April 1977 eine Änderung des Regulierungsplanes beantragt.
Unbestritten ist, dass die Vollversammlung der Agrargemeinschaft am 17. April 1977 einen entsprechenden Beschluss gefasst hat.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer liegt daher ein Fall vor, in welchem vom Vorstand der Agrargemeinschaft auf Grund eines Beschlusses der Vollversammlung ein Antrag auf Änderung des Regulierungsplanes gestellt wurde.
Ob der Entwurf für die Regulierungsplanänderung von der AB ausgearbeitet wurde, ist ohne Belang; entscheidend ist, dass die Vollversammlung diese Abänderung beschlossen und dass vom Vorstand die Genehmigung dieser Änderung beantragt wurde.
Nach § 5 des Regulierungsplanes der Agrargemeinschaft besteht der Wirtschaftsausschuss aus je einem Vertreter der vier Gemeinden, der von den einzelnen Gemeinden zu wählen ist. Die Gewählten müssen selbsterwerbstätige Landwirte sein. Der Ausschuss wird für die Dauer der Funktionsperiode der Gemeindevertretungen gewählt.
Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Vertreter zweier Gemeinden im Wirtschaftsausschuss zum Zeitpunkt der Antragstellung betreffend die Genehmigung der Änderung des Regulierungsplanes nicht mehr Landwirte gewesen sind, würde dies nicht dazu führen, dass der Antrag von einem unzuständigen Organ gestellt wurde, da der Regulierungsplan ein Enden der Funktion eines Ausschussmitgliedes wegen des Verlustes der Eigenschaft als selbständiger Landwirt nicht vorsieht. Selbst wenn die beiden Gemeindevertreter schon zum Zeitpunkt ihrer Wahl dieses Kriterium nicht erfüllt hätten, wäre daraus für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da der Umstand, dass Wahlvorgänge bei einzelnen Mitgliedern nicht den dafür geltenden Rechtsvorschriften entsprochen haben, nicht zur fehlenden Zuständigkeit des Organs führt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 1992, 92/11/0016).
Das Erfordernis der Unterfertigung durch die Vertreter der beteiligten Gemeinden gilt nach § 5 lit. f des Regulierungsplanes nur für Urkunden über Rechtsgeschäfte, die der Zustimmung der Vollversammlung bedürfen. Der Beschluss der Vollversammlung über die Änderung des Regulierungsplanes zählt nicht zu diesen Urkunden, so dass der Einwand der Beschwerdeführer über die nicht gehörige Fertigung dieses Beschlusses unzutreffend ist.
Abgesehen davon, dass die Behauptung, die Vollversammlung vom 17. April 1977 sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden, eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung ist, würde der Umstand allein, dass einzelne Mitglieder nicht persönlich von dieser Vollversammlung verständigt wurden, nicht dem Regulierungsplan zuwiderlaufen, da dieser im § 5 eine persönliche Verständigung nur für die vier Gemeinden und die Ausschussmitglieder vorsieht.
Unzutreffend ist die Behauptung, es habe in der gegenständlichen Angelegenheit kein unabhängiges Tribunal entschieden und es sei keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt worden.
Im Beschwerdefall wurde die Entscheidung in letzter Instanz vom Landesagrarsenat getroffen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat wiederholt ausgesprochen, dass es sich bei den österreichischen Landesagrarsenaten und beim Obersten Agrarsenat um unabhängige und unparteiliche Tribunale im Sinne des Art. 6 MRK handelt (vgl. das Urteil des EGMR im Fall Stallinger und Kuso gegen Österreich vom 23. April 1997, 12/1996/631/814, 12/1996/631/815, und die dort angeführte Vorjudikatur = ÖJZ 1997, 755).
Nach § 9 Abs. 1 des Agrarverfahrensgesetzes 1950 entscheiden die Agrarsenate nach öffentlicher mündlicher Verhandlung unter Zuziehung der Parteien.
Eine solche Verhandlung hat im Beschwerdefall auch stattgefunden.
Die Bestimmung des § 6 des Regulierungsplanes, wonach eine Abänderung des Regulierungsplanes der Zustimmung des Landesagrarsenates bedarf, ist spätestens seit Inkrafttreten des FLG 1973 nicht mehr anwendbar, da dieses eine Genehmigungsbefugnis der Agrarbehörde I. Instanz vorsieht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und auch Art. 6 Abs. 1 EMRK dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinem bereits erwähnten Urteil in der Sache Stallinger und Kuso gegen Österreich (ÖJZ 1997, 755) sowie auch in der Sache Lughofer gegen Österreich (Appl. Nr. 22811/93) ausgesprochen, dass die Ablehnung des Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung des Art. 6 MRK darstellte. Grund für diese Entscheidung war, dass nach der diesen Fällen zugrunde liegenden österreichischen Rechtslage die Verhandlungen vor den Agrarsenaten nicht öffentlich waren. Diese Rechtslage wurde aber durch die Agrarverfahrensgesetz-Novelle 1993, BGBl. Nr. 901, geändert. Nach § 9 Abs. 1 des Agrarverfahrensgesetzes 1950 entscheiden die Agrarsenate nunmehr nach öffentlicher mündlicher Verhandlung unter Zuziehung der Parteien. Dem Erfordernis des Art. 6 MRK ist damit Rechnung getragen. Ein Anspruch auf öffentliche mündliche Verhandlung in allen Instanzen besteht nach der MRK nicht.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Februar 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999070168.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008