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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
B-VG Art140 Abs7 zweiter SatzLeitsatz
Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Anwendung eines verfassungswidrigen GesetzesSpruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Beschluss wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Beschluss wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerdeführerin ist ägyptische Staatsangehörige und stellte am 18. Jänner 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 1. Juni 2017 gemäß §5 Abs1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Das Bundesamt sprach aus, dass Tschechien gemäß Art12 Abs2 Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei, ordnete die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass gemäß §61 Abs2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Tschechien zulässig sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. Juli 2017 gemäß §16 Abs1 BFA-VG als verspätet zurück.
2. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, der ein am 23. August 2017 eingelangter Verfahrenshilfeantrag vorausgegangen ist, in der – neben der Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten – insbesondere die Verletzung in Rechten wegen Anwendung des als verfassungswidrig erachteten §16 Abs1 BFA-VG behauptet wird.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. September 2017, G134/2017 ua., die Wortfolge "2, 4 und" sowie den zweiten Satz in §16 Abs1 BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 24/2016, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass diese Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht wendete bei Erlassung des angefochtenen Beschlusses die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Der Ausspruch, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, hat auch für den Verfassungsgerichtshof die Wirkung, dass er die betreffenden Bestimmungen nicht mehr anzuwenden hat (vgl. etwa VfSlg 12.954/1991, 15.401/1999; VfGH 14.12.2005, B1025/04; 29.6.2011, B308/11; 9.6.2016, E543/2016).
2.3. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Der Beschluss ist daher aufzuheben.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88a Abs1 iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.
Schlagworte
Asylrecht, VfGH / Aufhebung Wirkung, Verwaltungsverfahren, Verwaltungsgerichtsverfahren, BeschwerdefristEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:E2891.2017Zuletzt aktualisiert am
09.07.2018