TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/3 99/07/0172

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Veröffentlicht am 03.02.2000
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §32;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde 1. des F R,

2. der I R, 3. der G R, 4. des J R, 5. der E P und 6. der T R, alle in X, alle vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. August 1999, Zl. 3-30.40 358-99/1, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Abwassergenossenschaft Kainach-Oswaldgraben, vertreten durch den Obmann, Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtenen Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Abwasserbeseitigungsanlage.

Die BH beraumte mit Kundmachung vom 25. Juni 1998, Zl. 3 Ka 104/98, für 13. Juli 1998 eine mündliche Verhandlung an.

Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer richteten an die BH einen mit 7. Juli 1998 datierten Schriftsatz, in welchem es einleitend heißt, mit den Kundmachungen vom 25. Juni 1998, Zl. 3 Ka 104/89, und 3 Ka 105/98, - die letztgenannte Kundmachung ist im Akt nicht enthalten - habe die BH zwei wasserrechtliche Bewilligungsverhandlungen für die Errichtung einer Abwasserreinigungsanlage durch die mitbeteiligte Partei und für die Errichtung eines Abfallzentrums durch die Gemeinde Kainach ausgeschrieben. In diesen Verfahren werde Parteistellung begehrt und es würden Einwendungen gegen beide Projekte erhoben. Im Zusammenhang mit diesen Einwendungen heißt es in diesem Schriftsatz:

"Wir als Anrainer dieser Grundstücke befürchten durch die Errichtung einer Kläranlage und eines Abfallzentrums:

-

eine enorme Lärm- und Geruchsbelästigung

-

eine Gefährdung unserer Liegenschaften durch Hochwässer auf Grund der Änderung des Bachbettes (Verbreiterung, Vertiefung) und einer Aufschüttung für die Errichtung der o.a. Projekte

-

eine Abwertung unserer Grundstücke und Wohnhäuser."

Bei der mündlichen Verhandlung am 13. Juli 1998 schloss sich auch die Sechstbeschwerdeführerin diesen Einwendungen an. Die übrigen Beschwerdeführer wiederholten im Wesentlichen ihre schon im Schriftsatz vom 7. Juli 1998 gemachten Einwendungen und ergänzten sie, wobei immer wieder Befürchtungen wegen einer Beeinträchtigung durch eine Veränderung der Hochwassersituation geäußert werden.

Bei dieser Verhandlung erklärte der Bürgermeister der Gemeinde Kainach, der gleichzeitig auch Obmann der mitbeteiligten Partei ist, er stelle hinsichtlich des Verhandlungsgegenstandes zur Kundmachung 3 Ka 105/98 klar, dass kein Abfallzentrum geplant sei, obwohl aus den Einreichunterlagen als Überschrift neben "Abflussuntersuchung Kainach" auch "Abfallzentrum" angeführt sei. Es werde zwar die wasserrechtliche Bewilligung für erforderliche Hochwasserschutzmaßnahmen entsprechend der beiliegenden Abflussuntersuchung begehrt, das Projekt sei aber hinsichtlich des Wortes "Abfallzentrum" irreführend. Die Hochwasserschutzmaßnahmen seien jedoch im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung der Abwasserreinigungsanlage auf dem Grundstück Nr. 216/1 der KG Kohlschwarz erforderlich.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige erstattete ein Gutachten betreffend die beantragten Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich der Grundstücke Nr. 216/1 der KG Kohlschwarz und 874/3 der KG Kainach.

Sodann ist in der Verhandlungsschrift vermerkt, dass die Verhandlung aus Termingründen unterbrochen wurde und dass beabsichtigt sei, das noch ausständige Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zur Abwasserbeseitigungsanlage schriftlich erstatten zu lassen.

Nachdem in der Folge dieses ausstehende Gutachten eingeholt und den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht worden war, erteilte die BH mit Bescheid vom 19. April 1999 der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 32, 98 Abs. 1, 107 und 111 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer näher beschriebenen Abwasserreinigungs- und Kanalisationsanlage.

In der Begründung wird das Verwaltungsgeschehen einschließlich der eingeholten Stellungnahmen und Gutachten wiedergegeben, darunter auch das die Abwasserbeseitigungsanlage betreffende Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 18. August 1998.

Aus diesem Gutachten sind folgende Passagen für das

vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung.

"Hochwassergefährdung

Als Standort für die gegenständliche Kläranlage ist das Grundstück Nr. 216/1, KG Kohlschwarz, vorgesehen.

Derzeit befindet sich das geplante Kläranlagengrundstück innerhalb des 30-jährlichen Hochwasserabflussbereiches.

Zum Zwecke des Hochwasserschutzes soll die Kläranlage um ca. 2,00 m gegenüber dem Urgelände angehoben werden, sodass die Oberkante der Einstiegsdeckel das Niveau der bestehenden Laufbahn erreicht.

Um die Auswirkungen der Abflussquerschnittsverengung nachzuweisen und erforderliche Kompensationsmaßnahmen zu planen, wurde von Seiten der Gemeinde Kainach Ziv.-Ing. Dipl.-Ing. R. Z. mit der Erstellung einer Abflussberechnung für den genannten Bereich beauftragt (GZ: 4397/7 vom 9. Mai 1997). Für das daraus resultierende Projekt wurde bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg um wasserrechtliche Bewilligung angesucht."

...

"Zur Einwendung bezüglich Überflutung der Anlage und der daraus resultierenden Schäden wird festgehalten, dass die Anlage durch die begleitend durchzuführenden Hochwasserschutzmaßnahmen bis zu einem hundert-jährlichen Hochwasserereignis überflutungsfrei ist. Für die Anlage besteht daher der für Siedlungsgebiete angestrebte Hochwasserschutz. Aus wasserbautechnischer Sicht erscheint dies ausreichend.

Die übrigen Einwendungen betreffend die Hochwasserschutzmaßnahmen und wurden bereits im dortigen Gutachten behandelt."

Nach der Wiedergabe des Verwaltungsgerschehens und der eingeholten Gutachten und Stellungnahmen setzte sich die BH in der Begründung ihres Bescheides mit den vorgebrachten Einwendungen auseinander. In diesem Teil der Begründung heißt es - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass jene Einwendung, welche sich auf die befürchtete Gefährdung der Liegenschaften durch Hochwasser beziehe (Verbreiterung bzw. Vertiefung des Bachbettes, Aufschüttung) im Verfahren betreffend die Hochwasserschutzmaßnahmen an der Kainach behandelt würden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin brachten vor, in Vorbereitung für die geplante Anlage seien schon seit Jahren Aufschüttungen im Uferbereich vorgenommen worden. Dabei seien die Abflusszonen zum Hochwasserschutz verletzt worden; durch den Bau werde sich die Hochwassergefährdung für die Gogersiedlung steigern.

Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer erklärten, nach dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen befinde sich das geplante Kläranlagengrundstück innerhalb des 30-jährlichen Hochwasserabflussbereiches und zum Zwecke des Hochwasserschutzes solle die Kläranlage um ca. 2 m gegenüber dem Urgelände angehoben werden. Dies bedeute eine große Gefahr für ihre Liegenschaften und Objekte.

Die Fünftbeschwerdeführerin führte aus, bei dem Projekt der Kläranlage, wo ein dammähnlicher Erdwall aufgeschüttet werden müsse, gehe der letzte passive Hochwasserschutz verloren. Dadurch werde eine ganze Siedlung gefährdet. Zu berücksichtigen seien auch noch die verstärkten und modernen Holzschlägerungen der letzten Jahre sowie der verstärkte Forstwegebau etc., die ein rasches Abfließen von Niederschlägen ermöglichten. Diese großen Wassermassen würden durch den Bau der Kläranlage in neue Bahnen gelenkt bzw. verdrängt, die nicht vorhersehbar seien. Die daraus resultierenden Kräfte stellten eine immens große Gefahr dar. Um die bestehende Hochwassergefahr in den Griff zu bekommen, sei geplant, die Kainach in einer Länge von 200 bis 300 m zu verbreitern. Dabei stelle sich die Frage, ob das Projekt auf den betreffenden Grundstück genügend Platz finde.

Die Sechstbeschwerdeführerin schließlich erklärte, sie liege mit ihrer Liegenschaft im unmittelbaren Einflussbereich der zukünftigen Abwasserreinigungsanlage. Nach dem natürlichen Lauf der Dinge könnten Störfälle und Hochwasser eintreten, die empfindliche Störungen der Anrainer hervorriefen. Davon sei auszugehen, wenn einerseits die Wasseranlage innerhalb des HQ 30 liege und wenn diese Wasseranlage im unmittelbaren Anrainerbereich an eine Wohnsiedlung anschließe.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. August 1999 wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer, soweit sie Belange des Hochwasserschutzes betreffen, als unbegründet ab. Im Übrigen wurden die Berufungen als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung heißt es, die Beschwerdeführer hätten in ihren Berufungen gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, dass durch die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen eine Gefährdung ihrer Grundstücke durch Hochwasser entstünde. Teilweise seien auch Bedenken aus naturschutzrechtlicher Sicht geäußert und Befürchtungen wegen einer Belästigung durch Geruch und Lärm durch die zu errichtende Abwasserreinigungsanlage vorgebracht worden. Ein Mangel sei auch darin erblickt worden, dass das Grundstück, auf welchem die Abwasserreinigungsanlage errichtet werden solle, im Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesen sei. Auch seien ökonomische und ökologische Bedenken gegen das Projekt geäußert worden.

Von diesem Berufungsvorbringen sei nur jenes relevant, welches sich auf den Hochwasserschutz beziehe und zwar insofern, als sich dadurch eine Verschlechterung der Hochwassersituation der anrainenden Grundstücke ergeben könnte. Wie sich aus den Verfahren ergebe, befinde sich der Standort der Abwasserreinigungsanlage direkt neben dem Vorfluter Kainach und es seien für die Errichtung der Kläranlage Hochwasserschutzmaßnahmen erforderlich, da das Kläranlagenareal sich im Hochwasserabflussbereich der Kainach befinde. Ob nun die durchzuführenden Hochwasserschutzmaßnahmen tatsächlich eine Beeinträchtigung bzw. Verschlechterung der anrainenden Grundstücke der Beschwerdeführer darstellten, sei mit dem erstinstanzlichen Bescheid nicht behandelt worden. Für die erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen sei ein gesonderter Bescheid erlassen worden. In diesem Bescheid der BH vom 29. Juli 1999 sei auf die allenfalls stattfindenden Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke eingegangen worden. In diesem Bescheid der BH betreffend die Hochwasserschutzmaßnahmen an der Kainach sei vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen eindeutig begutachtet worden, dass eine Verschlechterung für Anrainer und Unterlieger durch die geplanten Maßnahmen auszuschließen sei. Hinsichtlich der zukünftigen Überflutungsräume sei festgehalten worden, dass sich für das rechte Kainachufer nach wie vor keine Änderungen ergäben. Für das linke Vorland ergebe sich auf Grund der Veränderungen eine zusätzliche Verbesserung, da das Ablaufprofil der Kainach im gegenständlichen Bereich vergrößert werde. Im gegenständlichen Abschnitt komme es daher bei projektsgemäßer Ausführung zu keinen Ausuferungen im linken Vorland. Da somit die für den Bau der Abwasserreinigungsanlage notwendigen Hochwasserschutzmaßnahmen ebenfalls keine negativen Auswirkungen auf die angrenzenden Grundstücke der Beschwerdeführer hätten, wäre das Berufungsvorbringen als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführer bringen vor, mit dem bewilligten Projekt der Abwasserreinigungsanlage sei eine Verschärfung der Hochwassergefahr für die Grundstücke der Beschwerdeführer verbunden. Die belangte Behörde hätte daher ermitteln müssen, inwieweit durch die Errichtung der Kläranlage und die Anhebung des Grundstücksniveaus am Kläranlagengrundstück eine Beeinträchtigung der Hochwassersicherheit der Grundstücke der Beschwerdeführer eintrete und wäre dabei zum Ergebnis gelangt, dass durch die projektsgemäße Errichtung der Kläranlage eine wesentliche Beeinträchtigung der Hochwassersicherheit der Grundstücke der Beschwerdeführer bewirkt werde. Es hätte daher die wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt werden dürfen. Dabei hätte das Verfahren betreffend die Hochwasserschutzmaßnahmen außer Acht gelassen werden müssen, zumal zwischen diesem und dem beschwerdegegenständlichen Verfahren kein rechtlicher Zusammenhang bestehe. In dem Bescheid, mit dem die Abwasserreinigungsanlage in erster Instanz bewilligt worden sei, sei nämlich keinerlei Vorsorge dafür getroffen, dass die Bewilligung erst dann ausgeübt werden dürfte, wenn gleichzeitig auch Hochwasserschutzmaßnahmen vorgenommen würden. Es sei daher nicht gewährleistet, dass die mitbeteiligte Partei die beschwerdegegenständliche Bewilligung nicht ausübe, ohne dass die zusätzliche Hochwassergefährdung für die Grundstücke der Beschwerdeführer ausgeschlossen werde. Es stehe nicht einmal fest, ob die im Verfahren "Hochwasserschutzmaßnahmen" geplanten Maßnahmen überhaupt bewilligt würden, da der entsprechende Bescheid der BH vom 29. Juli 1999 mit Berufung bekämpft worden sei; es sei auch nicht sichergestellt, dass die Konsenswerberin im Verfahren wegen der Hochwasserschutzmaßnahmen - es handle sich dabei nicht um die mitbeteiligte Partei, sondern nur um die Gemeinde Kainach - eine allfällige Bewilligung für die Hochwasserschutzmaßnahmen überhaupt ausübe. Eine wasserrechtliche Bewilligung gewähre nur das Recht, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, es werde damit aber keine Pflicht begründet, die Bewilligung tatsächlich in Anspruch zu nehmen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift

erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

Nach § 12 Abs. 2 leg. cit. sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei eine auf § 32 WRG 1959 gestützte Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Abwasserbeseitigungsanlage erteilt.

Die Beschwerdeführer haben im Verfahren zur Erteilung dieser Bewilligung ebenso wie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Verletzung ihres Grundeigentums durch eine Vergrößerung der Hochwassergefahr geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Abwasserreinigungsanlage gerichteten Berufungen mit dem Hinweis darauf abgewiesen, dass die BH ein gesondertes Verfahren zur Bewilligung von Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt und diese Hochwasserschutzmaßnahmen mit Bescheid vom 29. Juli 1999 bewilligt habe sowie dass über die die Verschärfung der Hochwassergefahr betreffenden Einwendungen der Beschwerdeführer in diesem Verfahren abgesprochen worden sei.

Die belangte Behörde geht, wie sich aus der Wiedergabe des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid ergibt, davon aus, dass sich die Beschwerdeführer gegen eine Verschärfung der Hochwassergefahr für ihre Grundstücke (nur) durch die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen wendeten. Dies trifft indes nicht zu.

Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war vor der Bescheiderlassung zunächst sowohl der Antrag der mitbeteiligten Partei auf wasserrechtliche Bewilligung der Abwasserreinigungsanlage als auch der Antrag der Gemeinde Kainach auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für Maßnahmen zum Schutz des Kläranlagengrundstückes vor Hochwassereinflüssen. Das in diesem Stadium erstattete Vorbringen bezüglich einer Gefährdung der Grundstücke der Beschwerdeführer durch Hochwasser differenziert nicht zwischen dem Hochwasserschutzprojekt der Gemeinde Kainach und dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei (Abwasserbeseitigungsanlage), sondern bezieht sich pauschal auf die "o.a. Projekte" (Schriftsatz vom 7. Juli 1998), also auf beide Projekte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im Rahmen der Einwendungen bestimmte Maßnahmen angesprochen werden. Weder dem erstinstanzlichen noch dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass es sich dabei ausschließlich um Maßnahmen handelt, welche im Hochwasserschutzprojekt vorgesehen sind. Vielmehr ist in der Projektsbeschreibung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei davon die Rede, dass die Kläranlage sich im Hochwasserabflussbereich befindet und dass sie daher zum Zwecke des Hochwasserschutzes um ca. 2 m gegenüber dem Urgelände angehoben werden soll. Das erweckt den Eindruck, dass zum mit dem erstinstanzlichen Bescheid bewilligten Projekt der mitbeteiligten Partei auch eine Aufschüttung gehört. Die Beschwerdeführer konnten also der Meinung sein, auch das Kläranlagenprojekt sehe eine Aufschüttung vor; auf eine Aufschüttung bezieht sich einer ihrer Einwände. Aber selbst wenn keine der von den Beschwerdeführern in ihren Einwendungen angeführten Maßnahmen zum Projekt der mitbeteiligten Partei gehörte, würde dies nichts daran ändern, dass die Einwendungen der Beschwerdeführer sich (auch) auf das Projekt der mitbeteiligten Partei bezogen, da dies aus der Formulierung der Einwände eindeutig hervorgeht. Es lägen in diesem Fall zwar von falschen Voraussetzungen ausgehende Einwendungen vor; dies würde ihnen aber nicht den Charakter von Einwendungen (auch) gegen das Projekt der Abwasserbeseitigungsanlage nehmen. Deutlich erkennbar liegt auch dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer die Auffassung zugrunde, (auch) durch die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage würde die Hochwassergefahr verschärft. Diese Einwände konnten nicht damit abgetan werden, dass in dem von der BH über das Hochwasserschutzprojekt für die Kläranlage durchgeführten Verfahren auf die Einwendungen der Beschwerdeführer eingegangen worden sei. Es wäre vielmehr eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich gewesen, ob durch die Verwirklichung des Abwasserbeseitigungsprojektes der mitbeteiligten Partei, welches Gegenstand des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides war, eine für die Beschwerdeführer nachteilige Veränderung der Hochwasserabflussverhältnisse eintreten wird. Ausgehend von der unzutreffenden Rechtsauffassung, die Einwendungen der Beschwerdeführer seien nicht als Einwendungen gegen das Projekt der mitbeteiligten Partei anzusehen, hat die belangte Behörde es unterlassen, diesbezügliche Feststellungen zu treffen.

Das bewilligte Hochwasserschutzprojekt selbst bewirkt auch nicht, dass den Einwendungen der Beschwerdeführer die Grundlage entzogen wird.

Selbst wenn es zutreffen sollte, dass bei Verwirklichung dieses Projektes das Kläranlagengrundstück nicht mehr im Hochwasserabflussbereich zu liegen kommt, stellt dies keinen Schutz für die Beschwerdeführer dar. Wie diese nämlich in ihrer Beschwerde zutreffend ausführen, enthält der Bewilligungsbescheid betreffend die Abwasserbeseitigungsanlage keine Auflage des Inhalts, dass von diesem Bescheid erst dann Gebrauch gemacht werden dürfte, wenn die Hochwasserschutzmaßnahmen verwirklicht sind. Für den Standpunkt der belangten Behörde ist daher auch aus den in der Gegenschrift angeführten Umstand nichts zu gewinnen, dass über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid, mit dem die Hochwasserschutzmaßnahmen genehmigt wurden, mittlerweile rechtskräftig von der belangten Behörde entschieden wurde. Dieser Bescheid berechtigt den Konsenswerber zur Ausführung der Hochwasserschutzmaßnahmen, verpflichtet ihn aber nicht dazu.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999070172.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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