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70/06 SchulunterrichtNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Gleichheitswidrigkeit einer Regelung über die Anerkennung von Abschlussprüfungen an näher bestimmten Schulen als Teilprüfung "Fachbereich" der Berufsreifeprüfung; formale Anknüpfung an "im Schulorganisationsgesetz geregelte" Schulen ohne Prüfung der Gleichwertigkeit des Bildungsziels, des Unterrichtsausmaßes, der Pflichtgegenstände und der vermittelten Lehrinhalte sachlich nicht gerechtfertigtRechtssatz
Aufhebung des §2 Z5 der V des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl II 268/2000 idF BGBl II 218/2016 (in der Folge: BRP-Ersatz-V).
Grundlage für die BRP-Ersatz-V ist §3 Abs2 BerufsreifeprüfungsG (in der Folge: BRPG). Danach entfällt die im Zuge der Berufsreifeprüfung abzulegende Teilprüfung "Fachbereich" für Personen, "die eine nach Inhalt, Prüfungsform, Prüfungsdauer und Niveau gleichwertige Prüfung erfolgreich abgelegt haben". Jene Meister-, Befähigungs- und sonstigen Prüfungen, die diesen Anforderungen entsprechen, sind vom zuständigen Bundesminister durch Verordnung abschließend festzulegen. Nach diesem System scheidet eine Einzelfallprüfung aus. In Ausübung dieser Ermächtigung wird in § 2 Z 5 BRP-Ersatz-V festgelegt, dass die Teilprüfung "Fachbereich" für Personen entfällt, die eine "Abschlussprüfung von im Schulorganisationsgesetz ... geregelten vierjährigen berufsbildenden mittleren Schulen, sofern im Rahmen der Prüfung eine Abschlussarbeit absolviert wurde", erfolgreich abgelegt haben.
§3 Abs2 BRPG stellt als gesetzliche Grundlage für die BRP-Ersatz-V im Hinblick auf den Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" auf die "Gleichwertigkeit" und somit auf inhaltliche Kriterien ab. Die verordnungserlassende Behörde hat in §2 Z5 BRP-Ersatz-V den Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" auf Schulen eingeschränkt, die im SchulorganisationsG (in der Folge: SchOG) geregelt sind, und stellt damit auf ein formal-organisatorisches und nicht auf das inhaltliche Kriterium der Gleichwertigkeit ab.
Aus §3 Abs2 BRPG folgt, dass die Einbeziehung von Abschlussprüfungen, die an anderen als nach dem SchOG geregelten Schulen abgelegt werden, in §2 Z5 BRP-Ersatz-V nicht nur zulässig, sondern im Fall der Gleichwertigkeit verpflichtend ist. Dabei ergibt sich insbesondere aus dem Gleichheitssatz, dass die Auswahl der Abschlussprüfungen, die zu einem Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" führen, nach sachlichen Kriterien vorzunehmen ist.
Für den VfGH ist nicht nachvollziehbar, weshalb Abschlussprüfungen, die nicht an einer im SchOG geregelten Schule abgelegt werden, ausnahmslos - nämlich auch dann, wenn sie inhaltlich gleichwertig sind - aus dem Anwendungsbereich des §2 Z5 BRP-Ersatz-V ausgeschlossen werden. §2 Z5 BRP-Ersatz-V verstößt somit aus den dargelegten Gründen gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Schulen, Schulunterricht, BerufsreifeprüfungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:V11.2018Zuletzt aktualisiert am
30.07.2019