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41/03 PersonenstandsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallLeitsatz
Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Abweisung des Antrags auf Berichtigung des Geschlechtseintrags im Zentralen PersonenstandsregisterRechtssatz
Der VfGH hat mit E v 15.06.2018, G77/2018, ausgesprochen, dass §2 Abs2 Z3 PersonenstandsG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird, weil diese Regelung einer den Vorgaben des Art8 EMRK in seiner Ausprägung als Recht auf individuelle Geschlechtsidentität Rechnung tragenden Auslegung zugänglich ist.
Wie der VfGH in diesem Erkenntnis festgehalten hat, umfasst das Recht auf Privatleben in seiner Ausprägung als Recht auf eine selbstbestimmte Geschlechtsidentität auch, dass Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich berechtigt sind, eine alternative Geschlechtsidentität nach außen zu kommunizieren. Ausgehend davon hat der VfGH §2 Abs2 Z3 PersonenstandsG dahin ausgelegt, dass der Begriff "Geschlecht" nicht allein die traditionellen Geschlechtskategorien (männlich und weiblich) meint. Vielmehr ist der Geschlechtsbegriff dahingehend zu verstehen und auch verfassungskonform abgrenzbar, dass er - mangels anderweitiger Festlegung - diejenigen unterschiedlichen Bezeichnungsmöglichkeiten miteinschließt, die sich zur Benennung des in Rede stehenden Phänomens der Geschlechtsvariationen entwickelt haben.
Dies verkennt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, wenn es die von der beschwerdeführenden Partei begehrte Berichtigung ihres Geschlechtseintrags, obgleich sich die beantragte Geschlechtsangabe im Rahmen der zulässigen Bezeichnungen bewegt, deshalb verweigert, weil es dem PersonenstandsG entgegen dem Recht auf selbstbestimmte Geschlechtsidentität nach Art8 Abs1 EMRK einen restriktiven Geschlechtsbegriff unterstellt, der allein auf eine binäre Geschlechtskategorisierung abstellt und es Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich, die sich, wie die beschwerdeführende Partei, auch nicht dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, verwehrt, ihre (alternative) Geschlechtsidentität zum Ausdruck zu bringen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Anlassfall, Personenstandswesen, Privat- und Familienleben, Auslegung eines Gesetzes, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:E2918.2016Zuletzt aktualisiert am
30.07.2019