TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/25 I419 2153503-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.2018
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Entscheidungsdatum

25.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

I419 2153503-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. SUDAN, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30.03.2017, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass Spruchpunkt III wie folgt zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 31.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Erstbefragt gab er an, Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Nobawi zu sein. Er habe seinen Herkunftsstaat am 14.01.2015 legal mit einem sudanesischen Reisepass verlassen und sei nach Moskau geflogen, dann am Landweg weiter nach Österreich gereist.

Aufgrund des Bürgerkriegs gebe es im Herkunftsstaat keine Sicherheit. Er sei nie beim Militär gewesen und nicht persönlich verfolgt worden, allerdings sei es generell sehr unsicher. Er habe Angst um sein Leben, ansonsten keine Fluchtgründe.

2. Am 28.03.2017 einvernommen, erklärte er, noch nie einen Reisepass besessen und sich für die illegale Ausreise einen gefälschten gekauft zu haben. Er stamme aus einem näher genannten Ort im Süden Sudans. Im Herkunftsstaat sei er bis 2011 gewesen. Für sudanesische Verhältnisse sei es ihm gut gegangen. Er sei nie Mitglied einer politischen Organisation oder Partei gewesen oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden.

Anschließend an eine Verhaftung, nach der er habe entkommen können, sei er 2011 für sechs Monate an seinen Heimatort zurückgekehrt, der auch von der Regierung bombardiert worden sei. Dann habe 2012 er bis 2014 im Südsudan gelebt, wo im April Probleme "zwischen dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten" und überall im Ort Soldaten gewesen seien. Daher sei er in den Sudan zurückgekommen, diesmal in die Hauptstadt. Am 14.12.2014 sei dort beim gemeinsamen Einkaufen sein Freund festgenommen worden. Der Beschwerdeführer und ein weiterer Freund des Festgenommenen seien weggelaufen.

3. Die "Popular Movement Partei" sei gegen das Regime. Weil ihre Anhänger das Gebiet des Beschwerdeführers repräsentierten, würden er und andere vom Regime verfolgt. Das sei der Grund für die Festnahme 2011 gewesen, bei der eine der Personen auch einen Mitgliedsausweis bei sich hatte.

Er gehöre dem Al Nouba-Stamm an und sei immer für die PMP gewesen. Seit 2011 könne man nicht mehr in Ruhe im Herkunftsstaat leben. Die Regierung habe 2014, als er ihn verlassen habe, jeden festgenommen, der Al Nouba angehörig gewesen sei. Deshalb sei er ausgereist.

Bei einer Rückkehr fürchte er, festgenommen und umgebracht zu werden. Das gelte unabhängig vom Aufenthaltsort, weil sein Stamm mit der PMP kooperiert habe. Sein Gebiet des Nuba-Gebirges, acht Dörfer und mehr, gehörten "dem PMP", der Rest gehöre dem Regime.

4. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag hinsichtlich der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Sudan (Spruchpunkt II) ab. Zugleich erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" (Spruchpunkt III), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Sudan zulässig sei (Spruchpunkt V) und für die freiwillige Ausreise bestehe eine Frist von 14 Tagen bestehe (Spruchpunkt IV).

5. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer hätte sich der SPLM-N angeschlossen und sei vom Militär als deren Mitglied identifiziert und festgenommen worden. Nach einer Nacht im Gefängnis habe er mit anderen Mitgliedern auf dem Transport in die Hauptstadt fliehen können, da es zu einem Feuergefecht gekommen sei. Er habe Angst um sein Leben, Angst davor, umgebracht zu werden. Daher sei er aus dem Herkunftsstaat geflüchtet und habe in Österreich seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

In Kurdufan, der Herkunftsgegend des Beschwerdeführers herrsche zudem eine Dürrekatastrophe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der volljährige, traditionell verheiratete und kinderlose Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Sudan. Er ist gesund, arbeitsfähig, Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Nuba.

Er spricht Arabisch, Deutsch auf Niveau A2 und nach eigenen Angaben Ama ("Amanda"). Im Herkunftsland leben seine Gattin und deren Schwester sowie sein Bruder, im Südsudan seine Mutter und seine Schwester.

Der Beschwerdeführer besuchte die Grund- und die Hauptschule sowie eine AHS, hat Letztere aber nicht abgeschlossen. Er war im Herkunftsstaat an verschiedenen als Bauarbeiter und in Goldminen tätig, im Südsudan hat er als Verkäufer gearbeitet.

In Österreich leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers, jedoch Freunde unterschiedlicher Herkunft, darunter Einheimische und Sudanesen. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und leistet gemeinnützige Arbeit. Der Beschwerdeführer hat unter anderem beim Hochwasserschutz, bei der Reparatur von Waldwegen, bei verschiedenen Kultur- und Jugendkultur-Aktivitäten sowie 2016 drei Monate lang für seine damalige Wohngemeinde in deren Schulen und Wirtschaftshof gearbeitet. Laut Unterkunftgeberin ist er ein "Vorzeigeasylwerber".

Er ist strafrechtlich unbescholten. In Österreich weist der Beschwerdeführer keine Vereins- noch sonstige Mitgliedschaften, keine Abhängigkeiten oder wirtschaftliche Bindungen auf. Eine Einladung vom 25.05.2018, dem Gericht weiteres Vorbringen oder Beweismittel zu seinem Privat- und Familienleben im Inland zu erstatten, ließ er ungenutzt.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Sudan mit Stand vom 20.12.2016 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Politische Lage

Der Sudan ist der Verfassung nach ein Bundesstaat, der 17 Bundesstaaten umfasst. Das Zentralstaatsprinzip ist gleichwohl stark ausgeprägt. Staatspräsident ist Feldmarschall Omar Hassan Ahmad al-Baschir. Er ist zugleich Premierminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Vorsitzender des obersten Richterrates und Befehlshaber der Polizei. Er kann die Verfassung aussetzen und den Ausnahmezustand erklären (AA 10.2013).

1983 erklärte Präsident Nimeiri den Sudan zum islamischen Staat und führte die Scharia ein. Der südsudanesische Autonomiestatus wurde aufgehoben. Als direkte Antwort formierte sich die "Sudan People's Liberation Army/Movement" (SPLA/M) unter der Führung von John Garang. Der Kampf dauerte 22 Jahre und wurde damit zum längsten Bürgerkrieg in Afrika - und zu einem der blutigsten. Mehr als zwei Millionen Menschen verloren durch den Krieg und seine direkten Folgen ihr Leben, und mehr als vier Millionen wurden, zum Teil mehrmals, vertrieben. Ausgeblutet nach Jahrzehnten des Bürgerkrieges und unter hohem internationalem Druck, verhandelten beide Seiten ein Friedensabkommen, das im Januar 2005 unterschrieben und als Comprehensive Peace Agreement (CPA) bekannt wurde. Der Süden sollte Autonomiestatus erhalten und in einem Referendum, das im fünften Jahr nach dem Frieden geplant war, über seine Unabhängigkeit abstimmen. Außerdem sollten die Regionen Südkordofan, Blue Nile und Abyei über ihren Status bzw. die Zugehörigkeit zum Norden oder Süden entscheiden können. Sowohl Zensus als auch Wahlen fanden zwar verspätet statt (2008 bzw. 2010), wurden jedoch trotz einiger Unregelmäßigkeiten weitgehend anerkannt. Die Wahlen bestätigten Omar Hassan Ahmad al-Baschir mit 68 Prozent der Stimmen im Amt des Präsidenten. Als Präsident für den Süden wurde Salva Kiir Mayardit gewählt, der damit auch Vize-Präsident für Gesamtsudan wurde. Mit der Wahl von Salva Kiir Mayardit zum Präsidenten des Südens wurde auch eine Sezession immer wahrscheinlicher. Am 9.7.2011 erklärte der Südsudan unter großer internationaler Aufmerksamkeit und friedlicher Beteiligung des Nordens seine Unabhängigkeit. Der Sudan hat diesen neuen Staat umgehend anerkannt (GIZ 11.2015b).

Die sudanesische Innenpolitik ist maßgeblich durch die notwendigen wirtschaftlichen und politischen Anpassungen nach der Sezession des Südsudan bestimmt (AA 10.2013). Nach der Unabhängigkeit des Südsudan soll für den Sudan eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Die Neufassung ist immer wieder verschoben worden, soll aber Plänen zufolge stark islamisch geprägt sein. Der Verfassungstext ist bereits von der Regierungspartei entworfen worden. Da hier andere Parteien nicht konsultiert wurden, lehnten die Oppositionsparteien 2012 eine Mitarbeit ab. Anfang 2014 hat Staatspräsident Al-Bashir die Oppositionsparteien erneut dazu eingeladen, an der Gestaltung der neuen Verfassung teilzunehmen (GIZ 11.2015a).

Sudans Langzeitpräsident Omar Hassan Al-Bashir wurde am 2.6.2015 wiedergewählt und bleibt für weitere fünf Jahre im Amt. Der 71-Jährige hat laut Wahlkommission NEC bei den Wahlen im April 2015 94,5 Prozent der Stimmen erhalten. Sein Sieg galt als sicher, da politisch Oppositionelle systematisch unterdrückt wurden; und die großen Oppositionsparteien boykottierten die Wahl. Der Zweitplatzierte bekam nach NEC-Angaben 1,43 Prozent der Stimmen. Von den 13 Millionen Wahlberechtigten seien 46,4 Prozent an die Urnen gegangen, hieß es weiter. Beobachter halten diese Zahl für zu hoch, da in den Wahllokalen kaum Menschen waren und viele Wähler entschieden hatten, nicht an der Abstimmung teilzunehmen. Wahlbeobachter der Afrikanischen Union hatten erklärt, vermutlich seien nur 30 bis 35 Prozent der Sudanesen zu den Urnen gegangen (DS 27.4.2015; vgl. DP 27.4.2015). In seiner Antrittsrede bot Al-Bashir den Rebellengruppen in Darfur eine Amnestie an, sollten diese Friedensverhandlungen zustimmen und kündigte Maßnahmen gegen die grassierende Korruption im Land an (GIZ 11.2015a).

1.2.2 Spezifische regionale Risiken

Süden: Nach einem mehr als 21 Jahre dauernden Bürgerkrieg wurde das Land getrennt. Am 9.7.2011 ist im Süden der Südsudan entstanden. Wichtige Fragen bleiben aber noch ungeklärt, wie z.B. der genaue Grenzverlauf, die Zuteilung der Region Abyei zum Norden oder zum Süden, die Aufteilung der Erdöleinnahmen sowie Status und zukünftige Rechte der Südsudanesen, die zurzeit im Norden wohnen und umgekehrt. Die Sicherheitslage in der Grenzregion zwischen Sudan und Südsudan bleibt weiterhin instabil. Es kommt immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Betroffen sind vor allem die Provinzen Südkordofan und Blue Nile. In Abyei sind seit August 2011 UN-Friedenstruppen stationiert. In diesen Gebieten besteht auch Minengefahr (EDA 10.12.2015).

Westen (Darfur): Die schwelenden Stammeskonflikte im Westen des Landes sind seit Ende 2003 zu schweren Kämpfen eskaliert (EDA 10.12.2015). Zwei Rebellengruppen (Justice and Equality Movement - JEM; Sudan Liberation Army - SLA), hervorgegangen aus schwarzafrikanischen Volksgruppen in Darfur, warfen der sudanesischen Regierung vor, die Region zu marginalisieren und die Bevölkerung zu unterdrücken. Die sudanesische Regierung reagierte, unterstützt von arabischen Milizen (den Janjaweed), auf diesen Angriff mit einem bewaffneten Feldzug. Im April 2004 wurde ein Waffenstillstand unterzeichnet, den die Friedensmission der Afrikanischen Union (AU) im Sudan, AMIS (African Union Mission in Sudan), überwacht. Im Mai 2006 wurde der Darfur-Friedensvertrag von der sudanesischen Regierung und der Fraktion der Rebellengruppe SLA-MM unter Führung von Minni Minnawi unterzeichnet. Die beiden anderen Rebellenbewegungen (SLA-AW unter Abdul Wahid und JEM unter Khalil Ibrahim) lehnten den Vertrag ab, da ihre Forderungen nicht erfüllt worden waren. Das Darfur Peace Agreement ist allerdings als gescheitert anzusehen. Minnawi hat es 2012 aufgekündigt und den bewaffneten Kampf wieder begonnen. Das Abkommen hat auch vorher nicht zu einer Verbesserung der Sicherheitslage oder zu einer umfassenden politischen Lösung des Darfur-Konflikts geführt. Die Rebellenbewegungen sind in der Folge in zahlreiche Splittergruppen zerfallen und haben die Umsetzung des Abkommens unmöglich gemacht. Der Konflikt in Darfur im Westen Sudans zählt zu den größten humanitären Krisen weltweit. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind im Zuge des Konflikts ca. 300.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl der Binnenvertriebenen in Darfur liegt nach VN-Angaben zurzeit bei 2,7 Millionen, von denen 1,9 Millionen in Lagern leben. Zudem sind seit Beginn der Kämpfe rund 290.000 Menschen in das Nachbarland Tschad geflüchtet, etwa 50.000 weitere in die Zentralafrikanische Republik. Unter Einschluss der hilfsbedürftigen ortsansässigen Bevölkerung sind derzeit fast vier Millionen der rund sieben Millionen Einwohner Darfurs von der Krise betroffen (AA 23.12.2014). Der bewaffnete Konflikt in Darfur dauert an, wenngleich mit verminderter Intensität (AA 21.7.2015). Die Sicherheitslage ist daher noch immer prekär, die Entführungsgefahr hoch (EDA 10.12.2015; vgl. AA 10.12.2015). In den Darfurprovinzen kommt es weiter zu Überfällen auf Transporte von Hilfsorganisationen und der Friedensmission UNAMID sowie zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellengruppen. Brandschatzungen von Milizen unter der Bevölkerung halten an (AA 10.12.2015). Die Rebellengruppen "Justice and Equality Movement" (JEM), Sudan Liberation Army unter Abdul Wahed Nour (SLA-AW) und unter Minni Minawi (SLA-MM) haben sich mit der in den Grenzgebieten zu Südsudan kämpfenden "Sudan People's Liberation Army - North" (SPLA/N) zur Sudan Revolutionary Force zusammengeschlossen, lehnen Verhandlungen mit der Regierung weiterhin ab und streben einen Regimewechsel in Khartum an (AA 21.7.2015).

Osten (Gedaref, Kassala, Red Sea): Im Oktober 2006 schlossen die lokalen Rebellen und die Regierung ein Friedensabkommen (EDA 10.12.2015; vgl. AA 10.12.2015). Es bestehen aber weiterhin Spannungen. Außerdem besteht die Gefahr von Landminen (EDA 10.12.2015).

Grenzgebiete zu Ägypten und Libyen: In den Grenzgebieten zu Ägypten und Libyen sind Banditen und Schmuggler aktiv (EDA 10.12.2015). Die Sicherheitslage ist dort wegen der umfangreichen Militär- und Polizeipräsenz Ägyptens und des Sudan gegenwärtig unter Kontrolle (AA 10.12.2015).

1.2.3 Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Übergangsverfassung Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, foltern und belästigen Sicherheitskräfte, Regierungsmilizen und Rebellengruppen politische Gegner weiterhin (USDOS 25.6.2015). Polizei- und Sicherheitskräfte gehen generell mit Härte vor. Konzepte wie Rechtsstaatlichkeit oder Verhältnismäßigkeit sind vielen Sicherheitskräften unbekannt oder werden bewusst außer Acht gelassen (AA 21.7.2015; vgl. FH 28.1.2015). Von rüdem polizeilichem Handeln sind in Khartum lebende afrikanischstämmige Südsudanesen und Binnenvertriebene aus Darfur und den Nubabergen besonders stark betroffen gewesen. Die meisten Südsudanesen haben das Land inzwischen verlassen (AA 21.7.2015). In Darfur und anderen Konfliktregionen kommt es durch Regierungstruppen, Rebellen und Stammesfraktionen zu außergerichtlichen Hinrichtungen (USDOS 25.6.2015). Vor allem der sudanesischen Armee werden systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung als eine zentrale Strategie der Kriegsführung vorgeworfen. So kommt es immer wieder zu Bombardierungen von Dörfern durch die sudanesische Luftwaffe. Weiter stellen sexuelle Gewalt in den Konfliktregionen durch Milizen der Regierung und der sudanesischen Armee und die Rekrutierung von Kindersoldaten, vor allem durch die verschiedenen Rebellenorganisationen, ein immenses Problem dar (GIZ 11.2015a).

1.2.4 Behandlung nach Rückkehr

Das Auswärtige Amt hat keine Kenntnis von einer etwaigen besonderen Behandlung der in den Sudan zurückgeführten sudanesischen Staatsangehörigen. Allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland hat nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes bisher nicht zu staatlichen Repressionen geführt (AA 21.7.2015). Laut anwaltlicher Auskunft haben Personen, deren Asylansuchen im Ausland abgelehnt wurde, im Allgemeinen keine Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise in den Sudan, es sei denn, sie sind bekannte Oppositionelle oder sie befürworten den bewaffneten Umsturz (ÖB 12.2013).

1.3 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Sudan Verfolgung droht, weil er als Stammesangehöriger der Nuba der Partei "Sudan People's Liberation Movement" zugerechnet würde, oder weil er deren Mitglied wäre.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinem Familienstand, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Die Feststellung der illegalen Einreise des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen Angaben, wonach er ohne ein Reisedokument eingereist ist.

Die Feststellungen über seinen Gesundheitszustand und seine Arbeitsfähigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich sind auf seine glaubhaften Ausführungen zurückzuführen, die deutschen Sprach- und Integrationsleistungen aus den vorgelegten Urkunden. Seine Unbescholtenheit erwies das Strafregister.

Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ist durch eine Einsichtnahme in das Betreuungsinformationssystem des Bundes belegt.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat, insbesondere zu Schulbildung und Verwandtschaft resultieren ebenfalls aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben aus der Einvernahme beim BFA.

2.3 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers ist - wie es auch das BFA beurteilte hat - nicht glaubwürdig. Wie das BFA nachvollziehbar darlegt (S. 37 ff des Bescheids) lassen die Aussagen des Beschwerdeführers aufgrund ihrer geringen Schlüssigkeit und ihrer Widersprüche kein nachvollziehbares, plausibles Fluchtgeschehen oder -motiv erkennen.

Dieser gab bei seiner Erstbefragung an, legal mit einem sudanesischen Reisepass ausgereist zu sein, in der Einvernahme zwei Jahre danach, er habe einen gekauften gefälschten Reisepass dazu benützt.

Im Zusammenhang mit dem Fluchtgrund schilderte er erst in der Einvernahme seine angebliche Festnahme und Inhaftierung, während er erstbefragt angegeben hatte, dass er nicht persönlich verfolgt worden sei, es aber "generell sehr unsicher" sei wegen des Bürgerkriegs.

Die laut Beschwerde fluchtauslösende Festnahme verortet er zeitlich 2011 und gibt an, man hätte den Festgenommenen die Zugehörigkeit zur "Popular Mo[u]vement Partei" vorgeworfen. Die Bezeichnung oder die Abkürzung "PMP" erwähnt er sechsmal in der Einvernahme. Wie sich aus den Länderberichten ergibt, die auch dem Beschwerdeführer zur Durchsicht vorlagen, heißt die örtlich in Frage kommende Partei aber "Sudan People's Liberation Movement" (SPLM), was dem Beschwerdeführer, der nach eigenen Angaben zwölf Jahre die Schule besucht hat (AS 141), vier davon eine AHS, und "immer für die PMP war" (AS 145) geläufig sein müsste.

Erst in der Beschwerde bringt er nun vor, er habe sich der SPLM-N angeschlossen. Dabei handelt es sich um eine Gründung der - nach der Entstehung Südsudans - im Norden, also im Sudan verbliebenen Teile der SPLM, daher "N", und entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht um den Vorgänger der SPLM.

In der Einvernahme verneinte er allerdings, dass er jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen oder von staatlicher Seite wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden sei (AS 144).

Laut Beschwerde sei er als Mitglied identifiziert und festgenommen worden, habe am nächsten Tag fliehen können, Angst um sein Leben gehabt und sei daher aus dem Sudan geflüchtet und habe in Österreich seinen Asylantrag gestellt.

Aus den Aussagen der Einvernahme ergibt sich dagegen, dass die angebliche Festnahme 2011 stattgefunden habe, der Beschwerdeführer darauf in seinen Herkunftsort zurückgekehrt und sechs Monate darauf in den Südsudan gezogen ist, nicht nach Österreich, sowie 2014 wieder zurück in den Sudan.

Er beschrieb er keinerlei persönliche Verfolgung in all der Zeit. Selbst zur Ende 2014 verorteten angeblichen Festnahme des Freundes gab er nur an, er glaube, dass auch er hätte festgenommen werden sollen, weil er 20 Minuten später von der Nummer des Freundes aus angerufen worden sei.

Aus diesem zeitlichen Ablauf lässt sich im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen keinesfalls die logische Konsequenz der Flucht wegen der Festnahme des Beschwerdeführers 2011 ableiten, und auch nicht die seiner Verfolgung wegen jener des Freundes 2014.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Die dargestellten Angaben zum Fluchtmotiv des Beschwerdeführers waren nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn gleichsam getrieben hätte, sein Heimatland zu verlassen. Sie steigerten sich im Lauf des Verfahrens, sind aber wie gezeigt teils widersprüchlich und teils unlogisch.

Wie oben unter 1.2.3 erwähnt, begegneten Binnenvertriebene aus den Nubabergen rüdem polizeilichem Handeln, jedoch findet sich kein Hinweis, dass wie vom Beschwerdeführer angeben, 2014 oder zu einem anderen Zeitpunkt seitens der Regierung jeder festgenommen wurde, der den Nuba angehört. Auch der Beschwerdeführer hat keinen solchen vorgelegt. Da er nicht vertrieben wurde, ist er auch nicht als Binnenvertriebener gefährdet.

Seine Aussagen sind auch insofern nicht glaubwürdig, als sie sich um neue Elemente steigern, deren Erwähnung zu einem früheren Zeitpunkt zu erwarten wäre, wie die Parteimitgliedschaft und die Festnahme als Anlass zur Flucht. Es ist für das Gericht schlüssig nachvollziehbar, dass das BFA das Fluchtvorbringen als unglaubwürdig einstuft.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der vom BFA vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Dieses hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Gericht verweist daher auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Gericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche glaubhaft und geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

Das Gericht kommt daher - wie auch schon das BFA - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

2.4 Zu den Länderfeststellungen:

Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann.

Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des Gerichts bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogene und aktuelle.

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und ihren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen. Auch nach der Beschwerdeerhebung ergaben sich keine für den Beschwerdeführer negativen Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde wegen seiner Zugehörigkeit zur SPLM-N und seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Nuba verfolgt, ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, eine Verfolgung zumindest glaubhaft zu machen. Wie ausgeführt, ist das dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

3.1.3 Im vorliegenden Fall liegt daher die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht vor. Daraus ergibt sich rechtlich gesehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine Verfolgung nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und daher der Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab-gewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

3.2.2 Selbst wenn man für den Grenzbereich zum Südsudan eine instabile Sicherheitslage weiterhin annimmt (s. oben 1.2.2), folgt daraus nicht die konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers durch eine ernsthafte Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt. Der überwiegende Teil Sudans ist zudem nicht betroffen, und der Beschwerdeführer hat zuletzt in dessen Hauptstadt unbehelligt leben können, wobei es ihm nach eigener Aussage "für sudanesische Verhältnisse gut" ging.

Eine Betroffenheit des Beschwerdeführers, der er nicht durch einen Ortswechsel entgehen könnte, sei es wieder in die Hauptstadt oder wie im Bescheid aufgezeigt (S. 50, AS 254), liegt jedenfalls nicht vor.

3.2.3 Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige, gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes nach Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Auch die 2016 stattgefundene Dürre im Herkunftsstaat kann - jedenfalls nach mehr als zwei Jahren - nicht als ein derartiges gravierendes Ereignis angesehen werden.

3.2.4 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits öfters erkannt, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers unterbleibt. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Schulbildung und seiner bisherigen Berufstätigkeit im Arbeitsmarkt integrierbar, sei es wie zuvor im Bergbau, Bau und Handel, sei es in anderen Branchen.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Ausspruch in Spruchteil II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels

Im Spruchpunkt III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war der Bescheidbegründung nach (S. 55, AS 259) offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben im Bundesgebiet. Unstrittig hat er mehrere Elemente eines zu berücksichtigenden Privatlebens, von der gemeinnützigen Arbeit bis zum Freundeskreis. Von Deutschkenntnissen über A2 hinaus oder anderen Faktoren kann mangels aktueller Angaben jedoch nicht ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung der kurzen Aufenthaltsdauer von 2,5 Jahren und der anderen Feststellungen zur Person kann von aber nicht von einem solchen Gewicht des Privatlebens ausgegangen werden, das einen Eingriff unverhältnismäßig macht.

Nach der genannten Anwesenheitsdauer kann noch nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet und im Anschluss an eine illegale Einreise gestellt worden war, weshalb sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

Es liegen auch keine anderen Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2017, Ra 2017/21/0009, wonach bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von 4 1/2 Jahren auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz auch dann nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib aus-gegangen werden muss, wenn "außerordentliche Integrationsbemühungen" vorliegen, wie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie kirchliches, soziales und berufliches Engagement. Der Beschwerdeführer befindet sich demgegenüber zwei Jahre weniger lang im Inland und verfügt nachgewiesenen Deutschkenntnisse von A2.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Sudan einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde. Zur Sicherheit gelten die unter 3.2.2 angestellten Überlegungen.

Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, im Sudan zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat etwa 27 Jahre seines Lebens (von gut 33) dort verbracht. Er spricht Ama und Arabisch und hat dort auch schon Berufserfahrung gesammelt.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Es genügt nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer würde nach seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, dass er möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsland. Somit fehlen im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht im Sudan keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Glaubhafte Gründe für die Annahme, dass im Sudan das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.

Eine der Abschiebung nach Sudan entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung des ersten Satzes abgesehen - auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

3.4 Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige Umstände wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Feststellung in Spruchpunkt IV ist daher korrekt, weshalb der Beschwerde auch in diesem Punkt der Erfolg versagt bleibt.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Parteiengehör im Mai 2018 kein Vorbringen erstattete - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz innerstaatlicher Fluchtalternativen oder zur Beweiswürdigung bei gesteigertem Vorbringen.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Ausreise, Gesamtbetrachtung, Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung,
mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, öffentliches Interesse,
persönlicher Eindruck, politische Aktivität, Reisedokument,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2153503.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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