TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/4 98/19/0033

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Veröffentlicht am 04.02.2000
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ARB1/80 Art7;
AufG 1992 §1 Abs1 Z3;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs4;
AVG §1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art103 Abs4;
FrG 1993 §65;
FrG 1993 §7 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am 5. August 1981 geborenen HY in Höchst, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 1997, Zl. 121.527/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit darin die Zurückweisung des Feststellungsantrages als unzulässig ausgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen wurde, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vater des Beschwerdeführers als dessen gesetzlicher Vertreter beantragte für diesen mit Antrag vom 4. September 1992, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz am 8. September 1992, die Erteilung eines Sichtvermerks bzw. einer Aufenthaltserlaubnis. Am 2. Dezember 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seinem Vater. Schließlich brachte der - nun rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15. Juli 1996 vor, sein Vater sei im Besitz eines Befreiungsscheines und in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert, weshalb ihm nach Art. 7 des Abkommens des Assoziationsrates EWG-Türkei 1/80 (ARB) ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukomme. Er beantrage daher nun die Feststellung seiner Aufenthaltsberechtigung in Österreich in eventu die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 18. Oktober 1996 wurde über den als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewerteten Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerks (gemeint offenbar: der Antrag vom 4. September 1992) und über den Antrag auf Feststellung seiner Aufenthaltsberechtigung (vom 15. Juli 1996) entschieden. Der Feststellungsantrag wurde zurückgewiesen und die beantragte Aufenthaltsbewilligung abgewiesen, wobei sich die Behörde auf die §§ 1 und 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) stützte. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz entschied über diese Anträge namens des Landeshauptmannes von Vorarlberg unter Berufung auf die diesbezügliche Ermächtigung nach der Verordnung dieses Landeshauptmannes, LGBl. Nr. 32/1993.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg und beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahin, dass ihm das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht zugestanden werde, auf welchem Wege und mit welcher Rechtskonstruktion immer.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg leitete mit Schriftsatz vom 18. Februar 1997 die gegenständliche Berufung gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an die belangte Behörde zur Entscheidung weiter und setzte den Berufungswerber von der Weiterleitung in Kenntnis.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z 4 FrG als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe noch nie über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt, weshalb sein unrechtmäßiger Aufenthalt eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Die öffentlichen Interessen überwögen - auch im Hinblick auf Art. 8 MRK und unter Bedachtnahme auf die familiären Verhältnisse - gegenüber den privaten Verhältnissen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 27. November 1997, B 1110/97-3 ab und trat mit Beschluss vom 27. Jänner 1998, B 1110/97-8, die Beschwerde über Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§§ 1 Abs. 1 Z 3 und 5 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 1. ...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

1. auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, unmittelbar anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union oder anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen;

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§§ 7 Abs. 7 und 10 Abs. 4 FrG 1992 lauteten:

"§ 7. ...

(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, dass der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.

§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentlich Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichtete Assoziationsrates vom 19. September 1980 lautet:

"Art. 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarktes eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

-

haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorranges das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;

-

haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn - oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben."

Die erstinstanzliche Behörde wurde, wie sich aus der Zitierung der entsprechenden Bestimmung der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung nach dem Aufenthaltsgesetz, LGBl. Nr. 32/1993, ergibt, als Aufenthaltsbehörde (§ 6 Abs. 4 AufG) tätig. Daraus folgt, dass eine derartige der Bezirkshauptmannschaft zuzurechnende Entscheidung hinsichtlich des Instanzenzuges als erstinstanzliche Entscheidung eines Landeshauptmannes im Sinne des Art. 103 Abs. 4 B-VG anzusehen ist, weshalb in diesen Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der Instanzenzug mangels anderer bundesgesetzlicher Regelung an den zuständigen Bundesminister, im vorliegenden Fall an den Bundesminister für Inneres, geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/3389).

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg, an die der Beschwerdeführer seine Berufung richtete, war unzuständige Behörde. Diese hat daher die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht in Anwendung des § 6 AVG mit Verfügung an die zu ihrer Behandlung zuständige belangte Behörde übermittelt und den Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt. Diese Verfügung war kein Bescheid. Dies gilt - entgegen der in der Beschwerde geäußerten Auffassung des Beschwerdeführers - auch für die Verfügung vom 18. Februar 1997. Ein zurückweisender Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg ist folglich entgegen der Beschwerdebehauptungen nicht ergangen.

Der belangten Behörde kam daher als der im Instanzenzug zuständigen Berufungsbehörde jedenfalls die funktionelle Zuständigkeit zur Überprüfung der Berufung auf ihre Zulässigkeit zu.

"Sache" des Berufungsverfahrens war vorliegendenfalls der Abspruch der erstinstanzlichen Behörde über einen von ihr als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewerteten Antrag (auf Erteilung eines Sichtvermerks) und über einen Feststellungsantrag betreffend das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung bewegte sich der Berufungsantrag des Beschwerdeführers, wie er oben wiedergegeben ist, innerhalb der "Sache" des Verfahrens erster Instanz, begehrte er doch ausdrücklich, es möge ihm das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht "auf welchem Wege und mit welcher Rechtskonstruktion immer zugestanden werden". Dies schließt die Zuerkennung dieses Rechtes in Form der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht aus und bewegt sich im Rahmen der Sache des Verfahrens erster Instanz. Die Berufung des Beschwerdeführers war daher zulässig; die Berufungsbehörde zu einer Sachentscheidung über die Berufung zuständig (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 2000, Zl. 98/19/0182).

Der Beschwerdeführer tritt der Feststellung der belangten Behörde, er halte sich seit mehreren Jahren im Bundesgebiet auf, ohne dass ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden wäre, nicht entgegen. Aus den Verwaltungsakten ergeben sich keine Hinweise, dass dem Beschwerdeführer jemals ein Sichtvermerk erteilt worden wäre, oder dass er eine sonstige Berechtigung, zu seinen Angehörigen zu ziehen, erhalten hätte. Es kam ihm daher keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet auf Grund des Assoziationsabkommens zwischen der EWG und der Türkei sowie den darauf beruhenden Beschlüssen des Assoziationsrates zu, weil der in Rede stehende Assoziationsratsbeschluss nicht den Familiennachzug, sondern nur die beschäftigungsrechtliche Stellung der Familienangehörigen regelt, die auf Grund anderer Rechtsgrundlagen der Mitgliedstaaten die Genehmigung erhalten haben, zu einem türkischen Arbeitnehmer zu ziehen (Art. 7 Abs. 1 ARB). Dafür, dass dem Beschwerdeführer eine solche Genehmigung, zu denen Touristensichtvermerke nicht zählen, jemals erteilt wurde, fehlt - wie dargestellt - jeder Hinweis, weshalb ihm auch nicht auf Grundlage des ARB eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zugekommen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zlen. 98/19/0211 bis 0214).

Wie aus dem Antrag vom 4. September 1992 hervorgeht, beabsichtigte der Beschwerdeführer, seinen Hauptwohnsitz in Österreich zu begründen. Er benötigte daher ab dem 1. Juli 1993, dem Tag des Inkrafttretens des AufG, eine Aufenthaltsbewilligung. Da ihm nach unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union kein Aufenthaltsrecht zustand, fiel er auch nicht in den Kreis jener Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 AufG keine Aufenthaltsbewilligung benötigten. Davon ausgehend war der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Sichtvermerks vom 4. September 1992 nach Inkrafttreten des AufG am 1. Juli 1993 gemäß § 7 Abs. 7 FrG 1992 als solcher auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten.

Der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers vom 15. Juli 1996 wurde kumulativ zu diesem Antrag gestellt, wobei - dafür sprechen auch die Ausführungen in der Beschwerde - nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer durch diesen Feststellungsantrag den Antrag vom 4. September 1992 zurückziehen wollte.

Auch von einer mit Schriftsatz vom 15. Juli 1996 erfolgten "Rückreihung" dieses Antrages vom 4. September 1992 durch den dort gestellten Eventualantrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG ist nicht auszugehen. Dies ergibt sich daraus, dass - im Gegensatz zum Fall der Zweitbeschwerdeführerin im hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 2000, Zlen. 98/19/0251 bis 0268 - neben dem Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerks vom 4. September 1992 ausdrücklich auch ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 2. Dezember 1993 gestellt wurde und der Beschwerdeführer durch die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 15. Juli 1996 zu seiner angeblichen Aufenthaltsberechtigung nach dem ARB implizit die Zulässigkeit der Umdeutung des Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes in einen solchen auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 7 Abs. 7 FrG 1992) bestritt. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit der im Schriftsatz vom 15. Juli 1996 erfolgten Reihung (Hauptantrag auf Feststellng einer Aufenthaltsberechtigung, Eventualantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung) hinsichtlich des Eventualantrages den Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes vom 4. September 1992 im Auge hatte; vielmehr betraf die "Rückreihung" nur den ausdrücklich als solchen bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 2. Dezember 1993.

Der erstinstanzlichen Behörde lag daher - neben dem Feststellungsantrag und dem daran gekoppelten Eventualantrag (beide vom 15. Juli 1996) - ein (unbedingter) Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 4. September 1992 vor.

Die erstinstanzliche Behörde und durch Abweisung der Berufung im Instanzenzug auch die belangte Behörde haben über den Antrag vom 4. September 1992 und den Hauptantrag (auf Feststellung) vom 15. Juli 1996 gleichzeitig entschieden. Entgegen den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde hat die belangte Behörde - obwohl sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich nur den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. September 1992 erwähnte - durch die undifferenzierte Abweisung der Berufung im Spruch des angefochtenen Bescheides über beide Anträge, also auch über den Feststellungsantrag entschieden.

Die (somit auch) im Instanzenzug ergangene zurückweisende Entscheidung des Feststellungsantrages mangels Feststellungsinteresses durch die belangte Behörde erweist sich nun aber deshalb als rechtswidrig, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Entscheidung über den Antrag auf Feststellung, ein Fremder halte sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, die Fremdenpolizeibehörde, für eine solche über einen Antrag auf Feststellung, er sei zur Begründung eines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet berechtigt, aber die Aufenthaltsbehörde zuständig ist (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/3389, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers, die Fremdenpolizeibehörde zweiter Instanz sei "taugliche Behörde zur Entscheidung europarechtlicher Ansprüche im Sinne der beantragten Feststellung", erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Feststellung, er halte sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verstanden haben wollte. Über einen solchen Antrag hätte aber die Bezirkshauptmannschaft Bregenz im Namen des Landeshauptmann von Vorarlberg - somit als Aufenthaltsbehörde - nicht entscheiden dürfen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1998, Zl. 97/19/1670, sowie zuletzt das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 2000, Zlen, 98/19/0251 bis 0268).

Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, von Amts wegen den im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Verfahrensmangel hinsichtlich der Abklärung des Antragsinhaltes und damit der Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde aufzugreifen. Hätte der Beschwerdeführer nach Aufforderung durch die Berufungsbehörde zur entsprechenden Klarstellung seines Antrages ausgeführt, dieser seien dahin zu verstehen, dass er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, so wäre der erstinstanzliche Bescheid im Umfang der Zurückweisung des Feststellungsantrages ersatzlos zu beheben und über diesen Antrag neuerlich von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz als zuständiger Fremdenpolizeibehörde zu entscheiden gewesen.

Hätte der Beschwerdeführer aber erklärt, sein Antrag sei auf die Feststellung, er sei zur Begründung seines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet berechtigt, gerichtet gewesen, so hätte die belangte Behörde in Erledigung der Berufung eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Feststellungsantrages (Vorliegen eines Feststellungsinteresses) zu treffen gehabt. In Verkennung der oben dargestellten Rechtslage unterließ es die belangte Behörde, eine entsprechende Verfahrensergänzung vorzunehmen. Hiedurch verletzte sie den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung.

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der im Instanzenzug erfolgten Zurückweisung des Feststellungsantrages als unzulässig wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Zur Klarstellung sei gesagt, dass es einem Antragsteller obliegt, von vornherein einen klaren, die Zuständigkeit der angerufenen Behörde erkennen lassenden Antrag zu stellen. Wenn er dies - wie hier - zunächst unterlässt, so wird er über diesbezügliche Aufforderung der Behörde eine entsprechende Klarstellung vorzunehmen haben, bei deren Unterlassung die Behörde nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen haben wird (vgl. dazu auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 2000).

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid jedoch die erstrebte Aufenthaltsbewilligung abgewiesen wurde, erweist er sich als rechtmäßig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt nämlich ein lang dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden in Österreich grundsätzlich die Annahme, die Fortsetzung dieses Aufenthaltes auf Grund der von ihm angestrebten Bewilligung werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum einen dann vor, wenn ein Fremder nach Ablauf der Gültigkeitsdauer seines gewöhnlichen Sichtvermerks (oder seiner Aufenthaltsbewilligung) Österreich nicht verlassen, sondern die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet abgewartet hat, zum anderen dann, wenn er zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 97/19/1645 bis 1648 mwN). Eine derartige Ausnahmen liegt im Fall des Beschwerdeführers aber unbestritten nicht vor.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im Fall der Beschwerdeführer den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG als verwirklicht ansah und den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG abwies.

Die Beschwerde war daher - soweit mit ihr im Instanzenzug die Abweisung der beantragten Aufenthaltsbewilligung ausgesprochen wurde - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Februar 2000

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz) Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VG sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998190033.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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