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E000 EU- Recht allgemein;Norm
61995CJ0351 Kadiman VORAB;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der am 20. Oktober 1974 geborenen K C in Pottenbrunn, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1999, Zl. 123.182/3-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist türkische Staatsangehörige und beantragte am 14. September 1995 die Gewährung von Asyl. Mit Bescheid des Bundesminister für Inneres vom 9. November 1995 wurde dieser Antrag im Instanzenzug abgewiesen. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1997, Zl. 95/20/0793, abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin beantragte - nach den diesbezüglich nicht widersprochenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid - daraufhin am 18. August 1997 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, welche mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1998 gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 rechtskräftig abgewiesen wurde.
Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag vom 31. Juli 1998 beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung eines Aufenthaltstitels und gab an, einen Verlängerungsantrag zu stellen. Als Aufenthaltszweck nannte sie den der selbstständigen Erwerbstätigkeit sowie den der Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten. Dieser Antrag wurde vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin im postalischen Weg über die österreichische Botschaft in Pressburg am 3. August 1998 eingereicht und langte beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung am 10. August 1998 ein.
Der Landeshauptmann von Niederösterreich wies mit Bescheid vom 19. November 1998 den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "zurück" (richtig wohl: "ab") und begründete dies damit, dass sich die Antragstellerin entgegen der Vorschrift des § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe und der unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin seit 19. Juni 1997 (Ende des vorläufigen Aufenthaltsrechtes nach dem Asylgesetz) bestehe.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der die Feststellung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufgehalten, nicht bestritten wird. In der Berufung wird auf Art. 8 MRK sowie auf das EU-Assoziationsabkommen, aus welchem der Beschwerdeführerin zumindest aus dem Titel der Familienzusammenführung eine Aufenthaltsberechtigung erwachsen sei, hingewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 1999 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 FrG 1997 abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, die Beschwerdeführerin habe ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz gehabt, welches nach Beendigung auch des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in Asylangelegenheiten seine seinerzeitige Gültigkeit verloren habe. Die Beschwerdeführerin sei noch nie im Besitz eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsbewilligung gewesen, weshalb der Antrag vom 3. August 1998 als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu werten gewesen sei, der gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 vor der Einreise nach Österreich vom Ausland hätte gestellt werden müssen. Nach den auf den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin beruhenden Aktenlage habe sich diese zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Dies werde von der Beschwerdeführerin auch in keiner Weise bestritten. Die Bestimmung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 entspreche im Wesentlichen im Inhalt der des § 6 Abs. 2 AufG. In ständiger Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Bestimmung judiziert, dass die Antragstellung vor der Einreise auch für ehemalige Asylwerber - trotz eventueller Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - von wesentlicher Bedeutung sei, und eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung zur Abweisung des Antrages führe. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Da dem Gesetzgeber des FrG 1997 nicht zu unterstellen ist, dass die Beweggründe zur Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 einen anderen Hintergrund haben als die, die zur Erlassung des § 6 Abs. 2 AufG geführt haben, kann davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse, auch im Hinblick auf Art. 8 MRK, entbehrlich seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 31. Juli 1998 war das am 1. Jänner 1998 in Kraft getretene FrG 1997 anzuwenden. Da die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels offenkundig eine Niederlassung auf Dauer anstrebte, war - wie die belangte Behörde auch zutreffend erkannte - ihr Antrag als solcher auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung anzusehen. Die Bestimmungen des auch schon im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr in Geltung stehenden Aufenthaltsgesetzes fanden auf den vorliegenden Antrag daher keine Anwendung, weshalb die allein auf diese Bestimmungen gestützten Ausführungen in der Beschwerdeergänzung vom 4. Mai 1999 nicht weiter zu beachten waren.
Soweit sich die Beschwerdeführerin als Angehörige eines in den regulären inländischen Arbeitsmarkt integrierten türkischen Staatsbürgers auf den Beschluss Nr. 1/80 des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 (ARB) und auf ein ihr daraus erfließendes Aufenthaltsrecht beruft, ist sie darauf hinzuweisen, dass Art. 7 ARB nur solche Familienangehörige begünstigt, die die Genehmigung erhalten haben, zu diesem Angehörigen zu ziehen.
Diese Genehmigung wird vom Europäischen Gerichtshof als solche definiert, "zu dem Arbeitnehmer zu ziehen, um zum Zwecke der Familienzusammenführung in diesem Staat ihren Wohnsitz zu begründen" (vgl. Rz 35 und auch Rz 29 des Urteiles vom 17. April 1997 in der Rechtssache Kadiman gegen Freistaat Bayern, Rs. C-351/95), wobei dem Angehörigen im Anschluss an die Erteilung einer Genehmigung ein Aufenthaltsrecht nicht verweigert werden darf (vgl. Rz 33 dieses Urteiles). Ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem AsylG (hier: nach § 7 AsylG 1991) stellt keine derartige Genehmigung im Sinne des Art. 7 ARB dar, hat dieses doch nicht den Zweck, mit dem im Inland beschäftigten türkischen Arbeitnehmer mit dem Ziel der Familienzusammenführung einen Wohnsitz im Mitgliedstaat zu begründen. Dafür, dass der Beschwerdeführerin auf einer anderen Rechtsgrundlage eine derartige Genehmigung (z.B. eine Aufenthaltsbewilligung) erteilt wurde, wird von ihr weder vorgebracht noch haben sich dafür Hinweise in den Verwaltungsakten gefunden.
Der Beschwerdeführerin ist daher auch keine Aufenthaltsberechtigung nach dem ARB, und somit auch kein Aufenthaltstitel im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG zugekommen.
Ansonsten gleicht der vorliegende Fall in den entscheidungswesentlichen Punkten (rechtskräftige Abweisung des Asylantrages der Beschwerdeführerin; vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG während des Asylverfahrens; Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem FrG 1997 nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens und nach Ablauf dieser vorläufigen Aufenthaltsberechtigung; Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 wegen Aufenthaltes im Inland im Zeitpunkt der Antragstellung) demjenigen, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/19/0317, zu Grunde lag. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Februar 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 Genehmigung im Sinne Art7 ARB1/80European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999190056.X00Im RIS seit
08.05.2001Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011