TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/4 99/19/0133

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Veröffentlicht am 04.02.2000
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §21;
AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §113 Abs10;
FrG 1997 §19 Abs5;
FrG 1997 §19;
FrG 1997 §20 Abs2;
FrG 1997 §20;
FrG 1997 §21 Abs3;
FrG 1997 §21 Abs4;
FrG 1997 §21 Abs5;
FrG 1997 §21;
FrG 1997 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am 15. August 1979 geborenen EK in Istanbul, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Februar 1999, Zl. 123.851/3-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 30. Jänner 1995 (eingelangt am 6. Februar 1995) die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser gemäß § 112 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertete Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Februar 1999 gemäß § 21 Abs. 1 bis 3 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der in Rede stehende Antrag sei nunmehr als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten. Gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 könne Fremden auf Antrag ein Einreise- und Aufenthaltstitel erteilt werden, sofern diese ein gültiges Reisedokument besäßen und kein Versagungsgrund wirksam werde. Bei einer derartigen Ermessensentscheidung seien die in § 8 Abs. 3 FrG 1997 angeführten Kriterien zu beachten. Gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 sei jedoch der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. Der Beschwerdeführer habe bereits das 14. Lebensjahr vollendet; er sei sogar schon volljährig. Die erst während des anhängigen Verfahrens erfolgte Geltendmachung des weiteren Aufenthaltszweckes "Schulbesuch/Studium" sei gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 unbeachtlich. Mit näherer Begründung legte die belangte Behörde schließlich dar, dass die Versagung der Bewilligung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK im öffentlichen Interesse gerechtfertigt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung am 16. Februar 1999) volljährig im Sinne des § 20 Abs. 2 FrG 1997 in Verbindung mit § 21 ABGB. Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß §§ 20, 21 Abs. 3 bis 5 FrG 1997 war daher - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - auch unter dem Gesichtspunkt des § 113 Abs. 10 FrG 1997 nicht möglich, weil auch diese Bestimmung die Minderjährigkeit des Antragstellers im Bescheiderlassungszeitpunkt voraussetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 98/19/0236).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist es nach dem FrG 1997 auch für volljährige Fremde nicht ausgeschlossen, die Anwesenheit von Familienangehörigen im Bundesgebiet als Grund für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ins Treffen zu führen. Der Beschwerdeführer hat sich daher vorliegendenfalls in - grundsätzlich tauglicher - Weise zur Begründung seines Antrages auf die Anwesenheit seines Vaters im Bundesgebiet gestützt. Die belangte Behörde hätte daher von Amts wegen die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gründe für die angestrebte Niederlassungsbewilligung - ihr Vorliegen vorausgesetzt - einem zu ihrer Verwirklichung tauglichen gesetzlichen Aufenthaltszweck zu subsumieren und den Antrag im Rahmen der für diesen Zweck vorgesehenen Niederlassungsquote zu behandeln gehabt. War aber nach dem Vorgesagten die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 schon am 1. Jänner 1998, eine Berücksichtigung des Beschwerdeführers im Rahmen der gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 festgelegten Quote hingegen seit 16. August 1998 (der Volljährigkeit des Beschwerdeführers), nicht mehr möglich, war die belangte Behörde bei Bescheiderlassung am 16. Februar 1999 gehalten, den Antrag des Beschwerdeführers im Rahmen der gemäß § 19 Abs. 5 zweiter Satz FrG 1997 festgelegten Quote für Drittstaatsangehörige, die sich ohne Erwerbsabsicht auf Dauer in Österreich niederlassen, zu behandeln (vgl. auch hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 98/19/0236). Die belangte Behörde war daher gehalten, in Anwendung der §§ 8, 19 FrG 1997 eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob dem Beschwerdeführer im Rahmen dieser Quote eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen war.

Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hätte die belangte Behörde insbesondere darauf Bedacht zu nehmen gehabt, ob dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Antragstellung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zustand, dessen Durchsetzung lediglich dadurch unterblieb, dass die belangte Behörde eine rechtskräftige Entscheidung über diesen Antrag erst zu einem Zeitpunkt erließ, zu dem eine Niederlassungsbewilligung weder gemäß §§ 20, 21 Abs. 3 bis 5, noch gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 erteilt werden konnte. Bejahendenfalls wäre dieser Umstand zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.

Indem sie diese Rechtslage verkannte, belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999190133.X00

Im RIS seit

30.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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