Entscheidungsdatum
21.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
I403 2193920-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Edward W. DAIGNEAULT, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2018, Zl. IFA 506266001 - 161260647 (ATB), zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz auf 2 Jahre befristet.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsbürgerin, reiste 2009 unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 01.12.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde am 25.05.2010 mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, Zl. A5 411.056-1/2010/7E, zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen und die Beschwerdeführerin nach Nigeria ausgewiesen.
Dieser Ausreiseverpflichtung kam die Beschwerdeführerin nicht nach. Am 26.07.2016 begründete die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptwohnsitz in Wien.
Am 16.09.2016 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Aufenthaltsberechtigung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK gem § 55 Abs. 1 AsylG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein, begründet mit ihrer guten Integration sowie langen Aufenthaltsdauer in Österreich.
Am 08.11.2017 wurde die Beschwerdeführerin niederschriftlich beim BFA einvernommen.
Am 17.01.2018 wurde der Beschwerdeführerin seitens des BFA eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, in welcher mitgeteilt wurde, dass die Abweisung ihres Antrages gem § 55 Abs. 1 AsylG verbunden mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot beabsichtigt sei. Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist von 14 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt, welche auf ihren Antrag hin noch zweimal erstreckt wurde.
Am 02.03.2018 brachte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ein, in welcher sie ihr Vorbringen aus dem Antrag wiederholte.
Mit Bescheid des BFA vom 21.03.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf eine Aufenthaltsberechtigung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Der Bescheid wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Edward W. DAIGNEAULT, am 27.03.2018 zugestellt.
Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde fristgerecht am 24.04.2018 Beschwerde erhoben, welche am 24.04.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Inhaltlich wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführerin in Österreich eine "passable Integration" gelungen sei, sie bei ihren Unterkunftgebern unentgeltlich wohnen könne und verpflegt werde, und sich mit Babysitten ein Taschengeld verdiene. Somit sei die Beschwerdeführerin selbsterhaltungsfähig. Darüber hinaus wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin nunmehr schwanger sei, und der Geburtstermin für XXXX errechnet wurde. Betreffend der Vaterschaft des ungeborenen Kindes wurden keinerlei Angaben gemacht. In Nigeria sei die Beschwerdeführerin als alleinerziehende Mutter kaum überlebensfähig. Darüber hinaus verwies die Beschwerdeführerin auf eine mögliche Verletzung der in Art 3 EMRK geschützten Rechte, sollte sie nach Nigeria abgeschoben werden.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 30.04.2018 vorgelegt.
Mit Schreiben vom 09.05.2018 wurde die Beschwerdeführerin seitens des BVwG aufgefordert Stellung zu nehmen, ob in ihren Angaben in der Beschwerde ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz zu sehen sei bzw. ob sie beabsichtige einen solchen zu stellen. Darüber hinaus wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert bekanntzugeben, wer der Vater ihres zu erwartenden Kindes ist.
Mit schriftlicher Stellungnahme vom 06.05.2018 äußerte die Beschwerdeführerin gegenüber dem BVwG, dass sie beabsichtige, "schon bald einen neuen Asylantrag zu stellen", da sich aufgrund ihrer Schwangerschaft die Rückkehrbedingungen geändert hätten. Zur Vaterschaft hinsichtlich ihres erwarteten Kindes machte die Beschwerdeführerin keine Angaben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die volljährige Beschwerdeführerin ist unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und hält sich in Österreich zumindest seit dem 01.12.2009 auf. Seit 25.05.2010, das Datum mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen wurde, hält sie sich durchgehend ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet auf. Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest. Sie ist Staatsangehörige von Nigeria, gehört der Volksgruppe der Ibo an und ist römisch-katholischen Glaubens.
Die Beschwerdeführerin ist ledig und kinderlos, jedoch aktuell schwanger mit einem errechneten Geburtstermin vom XXXX. Der Vater des ungeborenen Kindes ist nicht bekannt. Die Beschwerdeführerin befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter und leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Die Beschwerdeführerin hat keinerlei familiäre Anknüpfungen in Österreich, ihre gesamte Familie lebt nach wie vor in Nigeria.
Die Beschwerdeführerin lebt kostenfrei bei privaten Unterkunftgebern in Wien. Sie bezieht die Grundversorgung und verdient durch Gelegenheitsjobs wie "Babysitting" oder "Haare frisieren" eine geringe Summe. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich krankenversichert, jedoch nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Beschwerdeführerin hat einen Arbeitsvorvertrag mit einer Handelsfirma aus Wien, datiert vom 01.09.2016.
Die Beschwerdeführerin hat aufgrund ihres nunmehr über acht Jahre andauernden, zum größten Teil unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet diverse Freundschaften sowie Bekanntschaften in Österreich geschlossen.
Die Beschwerdeführerin spricht Deutsch auf A2-Niveau, und ist darüber hinaus Mitglied bei der "XXXX" in XXXX.
In Nigeria hat die Beschwerdeführerin 6 Jahre lang die Schule besucht, jedoch keine Lehre oder Ausbildung abgeschlossen. Auch war sie in Nigeria niemals berufstätig. Sie lebte zusammen mit ihrer Familie, den Eltern sowie dem Bruder, im Dorf Nguru. Die Familie der Beschwerdeführerin lebt nach wie vor dort. Auch sind noch weitere Angehörige in Nigeria vorhanden (Onkeln, Tanten, Cousins).
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde seitens der Beschwerdeführerin bis zum Entscheidungsdatum nicht gestellt.
1.2. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbotes:
Gegen die Beschwerdeführerin besteht seit 25.05.2010 eine rechtskräftige und durchsetzbare Ausweisung, wobei sie ihrer Ausreiseverpflichtung bis dato beharrlich nicht nachgekommen ist.
Die Beschwerdeführerin hat keine ausreichenden Mittel, um selbstständig sowie unabhängig ihren Lebensunterhalt in Österreich bestreiten zu können.
Die Beschwerdeführerin hat über Jahre hinweg wissentlich die Bestimmungen des FPG sowie NAG negiert und dadurch die öffentliche Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens gestört. Sie verstieß auch gegen die Bestimmungen des Meldegesetzes, indem sie zwischen dem 10.02.2011 und dem 26.07.2016 nicht in Österreich gemeldet war.
1.3. Zur Situation in Nigeria:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ist auf Basis des "Länderinformationsblattes der Staatendokumentation" zu Nigeria festzustellen:
Grundversorgung/Wirtschaft
Mit einem Wachstum von 6,31 Prozent gehörte Nigeria Anfang 2014 noch zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt und hatte Südafrika als größte Volkswirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent überholt (GIZ 7.2017c). Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, und konnte in den letzten Jahren auch dank verschiedener Reformen ein hohes einstelliges Wirtschaftswachstum verzeichnen. Wegen sinkender Öleinnahmen (Ölpreisverfall und Reduzierung der Ölfördermenge durch Anschläge auf Ölförderanlagen und Pipelines im Nigerdelta) befindet sich Nigeria zwischenzeitlich in einer Rezession, die sich 2017 voraussichtlich nur langsam erholen wird. Wachstum betrug 2015 noch 2,7 Prozent, für 2016 Negativwachstum von etwa -1,5 Prozent (AA 4.2017c). Ab 2004 nutzte Nigeria den Ölgewinn, um seine Schulden zu bezahlen. Im Rahmen der wirtschaftlichen Reformen der Regierung Obasanjo konnte das Land 2005 mit dem Pariser Club, also den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass um 18 Mrd. US-Dollar von insgesamt 30 Mrd. US-Dollar aushandeln. Im Gegenzug zahlte die nigerianische Regierung 12 Mrd. US-Dollar zurück. Damit ist Nigeria das erste afrikanische Land, das gegenüber dem Pariser Club schuldenfrei geworden ist (GIZ 7.2017c).
Nigeria ist der zehntgrößte Erdölproduzent der Welt und der größte Erdölproduzent Afrikas. Über 70 Prozent der Staatseinnahmen und 90 Prozent der Exporterlöse stammen aus der Erdöl- und Erdgasförderung. Neben den Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügt Nigeria über umfangreiche natürliche Ressourcen (z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine und Posphat), die gesamtwirtschaftlich gesehen jedoch von geringer Bedeutung sind (GIZ 7.2017c).
Neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Der Reichtum Nigerias ist das Öl, doch über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. In ländlichen Gegenden beträgt der Anteil über 90 Prozent (AA 4.2017c). Der Sektor erwirtschaftete 2016 etwa 26 Prozent des BIP (GIZ 6.2016c). Nigeria ist Afrikas größter Yam- und Augenbohnenproduzent und der weltweit größte Produzent von Maniok (Kassava) (AA 4.2017c).
Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt von kleinen Anbauflächen - in der Regel in Subsistenzwirtschaft - mit Größen von einem bis fünf Hektar (AA 4.2017c). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit zehn Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde - durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016).
Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) macht ca. 20 Prozent des BIP im Jahr 2016 aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Haupthindernis für die industrielle Entfaltung ist die unzureichende Infrastrukturversorgung (Energie und Transport). Von den landesweit insgesamt 200.000 Straßenkilometer sind ca. 50 Prozent instandsetzungsbedürftig. Die Eisenbahnlinie Lagos-Kano (ca. 1.300 km) wurde 2013 mit chinesischer Hilfe modernisiert (GIZ 7.2017c).
Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2016). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2016; vgl. AA 21.11.2016).
Über 20 Millionen junge Menschen sind arbeitslos. Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, diesbezüglich Programme umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2016). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 7.2017b).
Verschiedene Studien haben ergeben, dass mehr als 80 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung Nigerias arbeitslos sind und dass 60 Prozent der Arbeitslosen Abgänger der Haupt- oder Mittelschule ohne Berufsausbildung sind (IOM 8.2014). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).
Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter des öffentlichen und privaten Sektors zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).
Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Local Economic Empowerment and Development Strategy (LEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c).
Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.
Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_3F520728A4894ACD7F861F33D62DF9E8/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 4.7.2017
-
BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 4.7.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 2.8.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017c): Nigeria - Wirtschaft und Entwicklung, http://liportal.giz.de/nigeria/wirtschaft-entwicklung.html, Zugriff 2.8.2017
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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 4.7.2017
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TD - This Day (2.5.2016): PenCom DG: Monthly Pension Contribution Hits N25 Billion,
http://www.thisdaylive.com/index.php/2016/05/02/pencom-dg-monthly-pension-contribution-hits-n25-billion/, Zugriff 4.7.2017
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TE - The Economist (25.10.2014): Fewer ghosts, more savings, http://www.economist.com/news/finance-and-economics/21627721-after-unpromising-start-nigeria-beginning-encourage-local-saving-and, Zugriff 4.7.2017
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
Medizinische Versorgung
Nigeria verfügt über ein sehr kompliziertes Gesundheitssystem. Das öffentliche Gesundheitssystem wird von den drei Regierungsebenen geleitet (VN 14.9.2015) und das Hauptorgan der Regierung für das Gesundheitswesen ist das Bundesgesundheitsministerium (IOM 8.2014). Die Bundesregierung ist zuständig für die Koordination der Angelegenheiten in den medizinische Zentren des Bundes und Universitätskliniken. Die Landesregierung ist zuständig für allgemeine Spitäler, die Kommunalregierung für die Medikamentenausgabestellen (VN 14.9.2015).
Die meisten Landeshauptstädte haben öffentliche und private Krankenhäuser sowie Fachkliniken, und jede Stadt hat darüber hinaus eine Universitätsklinik, die vom Bundesgesundheitsministerium finanziert wird (IOM 8.2014).
Öffentliche (staatliche Krankenhäuser): Diese umfassen die allgemeinen Krankenhäuser, die
Universitätskliniken und die Fachkliniken. Die Gebühren sind moderat, doch einigen Krankenhäusern fehlt es an Ausrüstung und ausreichendem Komfort. Es treten oftmals Verzögerungen auf und vielfach werden Untersuchungen aufgrund der großen Anzahl an Patienten nicht sofort durchgeführt (IOM 8.2014). Die Kosten von medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden; die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, so ferne vorhanden (ÖBA 9.2016).
Private Krankenhäuser: Hierbei handelt es sich um Standard-Krankenhäuser. Diese Krankenhäuser verfügen nur teilweise über eine ausreichende Ausstattung und müssen Patienten für Labortests und Röntgenuntersuchungen oftmals an größere Krankenhäuser überweisen. Diese Krankenhäuser sind im Allgemeinen teurer (IOM 8.2014).
Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen. Sie ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 4.7.2017). Es besteht keine umfassende Liste der Krankenhäuser und Ausstattungen, aber zahlreiche Krankenhäuser in Nigeria sind gut ausgestattet und in der Lage, zahlungsfähige Patienten medizinisch zu versorgen. Verschiedene Krankenhäuser in Nigeria haben sich auf unterschiedliche Krankheiten spezialisiert und Patienten suchen diese Krankenhäuser entsprechend ihrer Erkrankung auf. Allgemeine Krankenhäuser in Nigeria behandeln Patienten mit verschiedenen Krankheiten, verfügen jedoch üblicherweise über Fachärzte wie etwa Kinderärzte, Augenärzte, Zahnärzte, Gynäkologen zur Behandlung bestimmter Krankheiten. Zu den Fachkliniken zählen orthopädische Kliniken, psychiatrische Kliniken etc. (IOM 8.2014).
Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate von rund 90.000 Neugeborenen jährlich, die während der ersten 28 Tage nach ihrer Geburt sterben, rangiert Nigeria auf Platz 12 von 176 untersuchten Ländern und gilt auch innerhalb des südlichen Afrikas als "einer der gefährlichsten Orte" um geboren zu werden (GIZ 7.2017b). Die aktuelle Sterberate unter 5 beträgt 128 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die mütterliche Sterblichkeit liegt bei 545 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten (ÖBA 9.2016).
Laut dem Gesundheitsministerium gibt es weniger als 150 Psychiater in Nigeria (IRIN 13.7.2017). Insgesamt gibt es in Nigeria acht psychiatrische Krankenhäuser, die von der Regierung geführt und finanziert werden. Sechs weitere psychiatrische Kliniken werden von Bundesstaaten unterhalten (SFH 22.1.2014; vgl. WPA o.D.). In diesen psychiatrischen Kliniken werden unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie und Psychosen behandelt (SFH 22.1.2014). Es existiert kein mit deutschen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau, in denen Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht werden, aber nicht adäquat behandelt werden können (AA 21.11.2016; vgl. SFH 22.1.2014). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker nigerianischer Staatsangehöriger an, die abgeschoben werden sollen. Die Kosten für den Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist dort auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 21.11.2016).
Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten dagegen als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 21.11.2016). Gemäß dem Exekutivsekretär des National Health Insurance Scheme (NHIS) beträgt nach zwölf Jahren die Zahl der Nigerianern, die durch das NHIS krankenversichert sind, 1,5 Prozent (Vanguard 22.6.2017). Hilfsorganisationen, die für notleidende Patienten die Kosten übernehmen, sind nicht bekannt. Aufwändigere Behandlungsmethoden, wie Dialyse oder die Behandlung von HIV/AIDS, sind zwar möglich, können vom Großteil der Bevölkerung aber nicht finanziert werden (AA 21.11.2016). Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 7.2017b).
Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 21.11.2016). Wenn ein Heimkehrer über eine medizinische Vorgeschichte verfügt, sollte er möglichst eine Überweisung von dem letzten Krankenhaus, in dem er behandelt wurde, vorlegen (IOM 8.2014). Heimkehrer, die vorher nicht in ärztlicher Behandlung waren, müssen lediglich dem Krankenhaus eine Registrierungsgebühr zahlen und in der Lage sein, ihre Behandlungskosten selbst zu tragen (IOM 8.2014; vgl. AA 21.11.2016). Hat eine Person keine Dokumente, führt dieser Umstand nicht zur Verweigerung medizinischer Versorgung oder zum Ausschluss von anderen öffentlichen Diensten (z.B. Bildung) (USDOS 3.3.2017).
Medikamente sind verfügbar, können aber je nach Art teuer sein (IOM 8.2014). Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 21.11.2016). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/Aids können teils kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben (ÖBA 9.2016).
In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 21.11.2016).
Es gibt zahlreiche Apotheken in den verschiedenen Landesteilen Nigerias. Die National Agency for Food and Drug Administration and Control (NAFDAC) hat ebenfalls umfangreiche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass diese Apotheken überwacht werden und der nigerianischen Bevölkerung unverfälschte Medikamente verkaufen (IOM 8.2014). Trotzdem bliebt die Qualität der Produkte auf dem freien Markt zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte - meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25 Prozent aller verkauften Medikamente), die aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt wirken (AA 21.11.2016).
Der Glaube an die Heilungskräfte der traditionellen Medizin ist bei den Nigerianern nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher die traditionellen Heiler als die Schulmediziner nach westlichem Vorbild konsultiert (GIZ 7.2017b).
In den letzten Jahren wurden mehrere Massenimpfungen gegen Polio und Meningitis durchgeführt. Ende 2016 kam es zu einem akuten Meningitis-Ausbruch, bei dem 745 Menschen gestorben sind und mehr als 8.000 Verdachtsfälle registriert wurden (GIZ 7.2017b).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
-
AA - Auswärtiges Amt (4.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 4.7.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 2.8.2017
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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 4.7.2017
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
-
SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (22.1.2014): Nigeria:
Psychiatrische Versorgung,
http://www.ecoi.net/file_upload/1002_1391265297_document.pdf, Zugriff 4.7.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
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Vanguard (22.6.2017): Health insurance: FG calls for scrapping of HMOs,
http://www.vanguardngr.com/2017/06/health-insurance-fg-calls-scrapping-hmos/, Zugriff 4.7.2017
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VN - VisitNigeria (14.9.2015): Nigeria Healthcare System - The Good and the Bad,
http://www.visitnigeria.com.ng/nigeria-healthcare-system-the-good-and-the-bad/, Zugriff 4.7.2017
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WPA - World Psychiatric Association (o.D.): Association of Psychiatrists in Nigeria (APN), http://www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&content_id=238, Zugriff 12.6.2015
Behandlung nach Rückkehr
Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zurückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).
Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellungen zur Identität sowie Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren im Rahmen des Verfahrens vorgelegten Geburtsurkunde sowie Staatsbürgerschaftsnachweis mit Lichtbild.
Die Feststellungen der Lebensumstände, der familiären Anknüpfungen in Nigeria, des Gesundheitszustandes sowie der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin gründen sich auf den Feststellungen im Bescheid der belangten Behörde. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen aufgekommen.
Die Feststellungen der Herkunft sowie der Glaubens- und Volkszugehörigkeit der Beschwerdeführerin gründen sich auf deren diesbezüglich glaubhafte Angaben im Rahmen der Niederschrift vor der zuständigen Behörde aufgrund ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz (Protokoll vom 07.12.2009).
Dass die Beschwerdeführerin in Österreich über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, ergibt sich ebenfalls aus deren Angaben anlässlich ihrer Einvernahme durch die belangte Behörde.
Die Schwangerschaft der Beschwerdeführerin sowie der errechnete Geburtstermin vom XXXX ergeben sich aus dem vorgelegten Befund der WGKK vom 02.03.2018.
Die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin auf A2-Niveau ergeben sich aufgrund des vorgelegten ÖSD Zertifikats vom 30.08.2016.
Das Bestehen des Arbeitsvorvertrages mit einer Handelsfirma aus Wien, datiert vom 01.09.2016, ergibt sich aus einer vorgelegten Kopie desselben.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 20.06.2018.
Die Feststellungen zum gegenwärtigen Wohnsitz und dem Bezug der Grundversorgung der Beschwerdeführerin ergeben sich ebenso wie die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin zwischen dem 10.02.2011 und dem 26.07.2016 keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatte, aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 20.06.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Die Feststellung, dass seitens der Beschwerdeführerin bis zum Entscheidungsdatum kein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ergibt sich aus einer telefonischen Rücksprache mit dem zuständigen Referenten der BFA RD Wien vom 20.06.2018.
2.2. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbots:
Dass sich die Beschwerdeführerin rechtswidrig in Österreich aufhält und ihrer Ausreiseverpflichtung seit dem Jahr 2010 wissentlich nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus dem Akt und wird von der Beschwerdeführerin im Zuge ihrer Niederschrift vor der belangten Behörde auch nicht bestritten (Protokoll vom 08.11.2017).
Zu ihrem illegalen Aufenthalt in Österreich befragt gibt die Beschwerdeführerin an:
"F: Gegen Sie besteht seit 25.05.2010 eine durchsetzbare und rechtskräftige Ausreiseentscheidung und sind Sie seither zur Ausreise verpflichtet. Sie halten sich seither illegal in Österreich auf. Wissen Sie das?
A: Ja, ich weiß das.
F: Warum sind Sie bisher beharrlich illegal in Österreich geblieben und nicht ausgereist?
A: Ich weiß nicht, wohin ich soll. Ich möchte nicht zurück nach Nigeria."
Die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin ergibt sich ebenfalls aus deren eigenen Angaben im Zuge der Niederschrift vom 08.11.2017. Zu ihrer Einkommenssituation befragt gibt die Beschwerdeführerin an:
"F: Welches Einkommen steht Ihren monatlich zur Verfügung?
A: Ich habe kein Einkommen. Ich frisiere Haare, reinige in der Kirche und bin Babysitter bei privaten Leuten. Dadurch verdiene ich etwas Geld.
F: Gehen Sie in Österreich einer Arbeit nach?
A: Nein. Ich habe aber keinen Arbeitsvorvertrag.
F: Wieso sind Sie seit 14.10.2016 bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft angemeldet? Üben Sie eine selbstständige Form der Erwerbstätigkeit in Form eines eigenen Gewerbes aus?
A: Ich habe kein Gewerbe. Mein Anwalt hat das für mich gemacht.
F: Welche monatlichen Kosten haben Sie?
A: Ich zahle € 125.- im Quartal für die Krankenversicherung.
F: Haben Sie Ersparnisse?
A: Nein."
Auch wenn die erkennende Richterin davon ausgeht, dass es sich um einen Fehler in der Protokollierung handelt, wenn die Beschwerdeführerin dahingehend zitiert wird, dass sie keinen Arbeitsvorvertrag habe, und davon, dass sie tatsächlich auf die vorgelegte Einstellungszusage hinweisen wollte, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass einer Arbeitsplatzzusage mangels Aufenthaltsberechtigung und Arbeitserlaubnis keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.2.2011, 2010/18/0323).
Aus ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA ergibt sich zudem, dass sie zwischen 2010 und 2016 bei verschiedenen Leuten wohnhaft war; zum Umstand, dass sie in dieser Zeit nicht ordnungsgemäß gemeldet war, meinte sie nur, dass niemand sie habe anmelden wollen.
2.3. Zu den Länderfeststellungen:
Zu den zur Feststellung der Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Beschwerdeführerin trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zum Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK sowie zur Erlassung der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und er gemäß Ziffer 2 Modul 1 der Integrationsvereinbarung gem. § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird. Liegt nur die Voraussetzung der Ziffer 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Gemäß § 60 Abs. 1 AsylG dürfen einem Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gem. § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG oder eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR Staates oder der Schweiz besteht.
Gemäß Abs. 3 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dann dem öffentlichen Interesse, wenn dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iS des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des/der Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung jedenfalls begründet, insbesondere darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die