Entscheidungsdatum
26.06.2018Norm
AsylG 2005 §75 Abs20Spruch
W235 1417461-2/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.05.2012, Zl. 09 04.057-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2018, zu Recht erkannt:
A)
I. Das Verfahren über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.04.2009 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Bundesasylamt diesen Antrag mit Bescheid vom 16.04.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab. Unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea ausgewiesen.
1.3. In Erledigung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.04.2010 mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.02.2011, Zl. A4 417.461-1/2011/3E, behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
2. Nach Verfahrensergänzung (neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers, Einholung eines Ermittlungsberichtes im Wege einer Vorort-Recherche durch einen vom Bundesasylamt beauftragten Sachverständigen, Überprüfung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sowie Einräumung eines Parteiengehörs zum Ergebnis der Beweisaufnahme) wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 04.04.2009 mit dem angefochtenen Bescheid neuerlich gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und wurde der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea ausgewiesen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seines damaligen rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht am 13.06.2012 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
4.1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. W121 1417461-2/4E, vom 17.08.2015 wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 AsylG wegen der Unmöglichkeit, einen aktuellen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu ermitteln, eingestellt.
4.2. Aufgrund eines im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung eingebrachten Antrags "auf Betreibung des Asylverfahrens" vom 08.06.2016 wurde das eingestellte Beschwerdeverfahren mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.06.2016, Zl. W235 1417461-2/13Z, fortgesetzt, da der Beschwerdeführer nunmehr nachgewiesen hat, dass er wieder über eine Abgabestelle in Österreich im Sinne des Zustellgesetzes verfügt.
5. Am 26.04.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Französisch statt, an der der Beschwerdeführer und seine bevollmächtigte Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich mit E-Mail vom 23.02.2018 für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Im Zuge der Verhandlung brachte der Beschwerdeführer verfahrenswesentlich vor, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Er sei Staatsangehöriger von Guinea, stamme aus Conakry, gehöre der Volksgruppe der Fulla an und sei Moslem. Neben Fulla spreche der Beschwerdeführer Französisch und etwas Susu. Seit er in Österreich sei, mache er auch Deutschkurse. Jetzt könne er in Deutsch ein bisschen lesen und schreiben. Die Eltern des Beschwerdeführers seien schon seit langem verstorben und Geschwister habe er keine. Seitdem er in Österreich sei, habe er keinen Kontakt mehr zu seinem Herkunftsstaat. Weitere Verwandte wie Onkeln, Tanten, Großeltern, Cousins oder Cousinen habe der Beschwerdeführer nicht. Die Schule habe er in Guinea nicht besucht, aber er habe als Schweißer gearbeitet und so seinen Lebensunterhalt verdient. In Österreich lebe der Beschwerdeführer nicht in einer Lebensgemeinschaft und habe auch keine Freundin. Er spreche nicht perfekt Deutsch, könne jedoch Deutsch. Er könne auch in deutscher Sprache schreiben, habe jedoch keine Prüfung abgelegt. In der Folge wurde eine kurze Unterhaltung mit dem Beschwerdeführer in deutscher Sprache geführt und festgehalten, dass er sich einigermaßen in Deutsch verständigen kann (vgl. Seite 11 der Verhandlungsschrift). Der Beschwerdeführer habe keine Arbeit und sei auch nicht selbsterhaltungsfähig. Dort, wo er arbeite, arbeite er umsonst. Er habe viele Freunde, die Firmen haben würden. Sie hätten ihm gesagt, wenn er arbeiten wolle, könnten sie ihn als Arbeiter aufnehmen. Als sie erfahren hätten, dass er keine Papiere habe, hätten sie ihm gesagt, er solle sich um seine Papiere kümmern, dann würden sie ihn aufnehmen. Wenn der Beschwerdeführer in Österreich ein Aufenthaltsrecht bekäme, würde er arbeiten, Geld verdienen und damit seine Wohnung bezahlen. Auf Vorhalt, er habe von XXXX .06.2015 bis XXXX .08.2016 über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfügt, gab der Beschwerdeführer an, er sei damals in Österreich gewesen und habe nicht gewusst, dass er nicht registriert sei. Er sei der Meinung gewesen, dass er in der XXXX offiziell gemeldet sei. Auf weiteren Vorhalt, von dort sei er am XXXX .06.2015 abgemeldet worden, brachte er vor, dass er zu diesem Zeitpunkt mehrere Freundinnen gehabt habe, bei denen er gewohnt habe. Als der Beschwerdeführer in Österreich angekommen sei, habe er bei " XXXX " gewohnt. Sie habe ihn wie ihr Kind aufgenommen und er habe sie wie seine Mutter angenommen. Der Beschwerdeführer habe alle notwendigen Arbeiten dort gemacht. Er sei weder an einer Schule noch an einer Universität gewesen. An Ausbildungen habe er nur den Deutschkurs besucht. In Österreich habe er immer bei " XXXX " gearbeitet, bis er letzten September zu XXXX geschickt worden sei. Der Beschwerdeführer habe einen Freundeskreis in Österreich. Dort, wo er arbeite, seien die Österreicher sehr offen. Sie seien wie Freunde und der Beschwerdeführer könne zu allen "du" sagen, auch wenn sie schon 70 oder 75 Jahre alt seien. Das System hier in Österreich gefalle ihm.
Im Rahmen der Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung von XXXX vom XXXX .09.2017 vor, der zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer seit September 2017 am Projekt XXXX teilnimmt und im Zuge dessen im Holz-Werkraum tätig ist sowie den Deutschunterricht besucht (vgl. Beilage ./1).
6. Mit Schreiben vom 17.06.2018 zog der Beschwerdeführer im Wege seiner bevollmächtigten Vertreterin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides zurück. Ergänzend wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aus seiner Heimat seit mehr als neunjähriger Abwesenheit entwurzelt sei. Inzwischen sei er in Wien in der Gemeinschaft des Vereins XXXX beheimatet. Der Beschwerdeführer könne sich im täglichen Leben in Deutsch verständigen. Er sei arbeitsfähig und arbeitswillig und wäre daher keine Belastung für eine Gebietskörperschaft. Es werde ersucht, eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Guinea, Zugehöriger der Volksgruppe der Fulla und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er stammt aus Conakry, der Hauptstadt Guineas. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte er am 04.04.2009 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die Eltern des ledigen und kinderlosen Beschwerdeführers sind bereits seit längerem verstorben. In Guinea hat der Beschwerdeführer keine weiteren Verwandten und besteht auch kein Kontakt mehr nach Guinea.
1.2. Infolge der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ist gegenständlich lediglich über die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. abzusprechen.
1.3. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über Familienangehörige und lebt auch mit niemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt derzeit von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer nimmt seit September 2017 am Projekt " XXXX " teil und verrichtet kleinere Arbeiten in seiner Unterkunft beim " XXXX ", sodass er jedenfalls als arbeitsfähig und durchaus auch als arbeitswillig bezeichnet werden kann. Der Beschwerdeführer kann sich im Alltag in Deutsch verständigen. Nachweise über etwaig absolvierte Deutschkurse liegen dem Bundesverwaltungsgericht nicht vor. Weitere bzw. andere Ausbildungen oder Kurse hat der Beschwerdeführer nicht gemacht. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 04.04.2009 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer zwischen XXXX .06.2015 und XXXX .08.2016 über keine aufrechte Meldung im österreichischen Bundesgebiet verfügte. In Österreich nimmt der Beschwerdeführer am sozialen Leben teil und verfügt über einen Freundes- und Bekanntenkreis.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, religiöses Bekenntnis), zu seiner Herkunft, zu seinem Familienstand, zu seinen Familienangehörigen und zum nicht mehr vorhandenen Kontakt nach Guinea ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem widerspruchsfreien und daher glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.04.2018. Betreffend diese Feststellungen ist für die zuständige Einzelrichterin auch kein Grund erkennbar, weshalb diese Angaben unwahr sein sollten. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise des Beschwerdeführers in das österreichische Bundesgebiet und zur gegenständlichen Antragstellung zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellung zur Zurückziehung der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ergibt sich aus dem diesbezüglichen Schreiben der bevollmächtigten Vertreterin des Beschwerdeführers vom 17.06.2018.
2.3. Dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht über Familienangehörige verfügt bzw. mit niemanden in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebt, ergibt sich ebenso aus seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung und aus dem Akteninhalt. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig ist, sondern derzeit von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung lebt, gründet zum einen auf einem vom Bundesverwaltungsgericht am 22.06.2018 diesbezüglich eingeholten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer "aktiv" gemeldet ist und zum andern auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, der in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018 die Frage nach einer Erwerbstätigkeit bzw. nach seiner Selbsterhaltungsfähigkeit verneinte (vgl. Seite 11 der Verhandlungsschrift). Ebenso aus seinen Angaben und aus einer diesbezüglich vorgelegten Bestätigung vom 13.09.2017 (vgl. Beilage ./1) ergibt sich die Feststellung zur Teilnahme am Projekt " XXXX ". Da der Beschwerdeführer seinen glaubhaften Aussagen zufolge kleinere Arbeiten in seiner Unterkunft verrichtet und vorbrachte, Freunde "mit Firmen" zu haben, die ihn eventuell (bei Vorliegen einer Aufenthaltsberechtigung) "aufnehmen" würden, hat die erkennende Einzelrichterin den Eindruck gewonnen, dass der Beschwerdeführer sowohl arbeitsfähig als auch durchaus arbeitswillig ist. Von den alltagstauglichen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers konnte sich die zuständige Einzelrichterin in der Verhandlung vom 26.04.2018 persönlich überzeugen. Dass keine Nachweise über etwaig absolvierte Deutschkurse vorliegen, ergibt sich zweifellos aus dem Akteninhalt. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine weiteren bzw. andere Ausbildungen oder Kurse gemacht hat, gründet auf seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung (vgl. Seite 13 der Verhandlungsschrift). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zwischen XXXX .06.2015 und XXXX .08.2016 über keine aufrechte Meldung im österreichischen Bundesgebiet verfügte, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 09.02.2018. Dass der Beschwerdeführer über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich verfügt und am sozialen Leben teilnimmt, gründet sich auf seine eigenen Angaben und ist zudem auch aufgrund der Aufenthaltsdauer nachvollziehbar. Letztlich ergibt sich die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 25.04.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
3.2.1. Zur Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:
Mit Schreiben vom 17.06.2018 zog der Beschwerdeführer im Wege seiner bevollmächtigten Vertreterin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 24.05.2012, Zl. 09 04.057-BAW zurück. Mit der Zurückziehung der Beschwerde in diesen beiden Spruchpunkten ist das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers betreffend die Spruchpunkte I. und II. weggefallen, wodurch einer Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen wurde. Somit war das gegenständliche Beschwerdeverfahren im Ausmaß der Zurückziehung einzustellen.
Damit ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea (Spruchpunkt II.) rechtskräftig.
3.2.2. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
3.2.2.1. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 leg.cit. zu Ende zu führen.
Da die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde bis zum 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig war, ist das Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
3.2.2.2. § 75 Abs. 20 AsylG lautet:
Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz
1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,
4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,
so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
Dadurch, dass durch die Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. die negative Entscheidung des Bundesasylamtes zu Asyl und subsidiärem Schutz in Rechtskraft erwachsen ist, liegt im Ergebnis eine mit § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG vergleichbare Situation vor.
Da demnach ein "Übergangsfall" gemäß § 75 Abs. 19 AsylG vorliegt, bei dem lediglich über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu entscheiden ist, ist im vorliegenden Fall die Frage zu klären, ob die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird (§ 75 Abs. 20 erster Satz, zweiter Fall und zweiter Satz AsylG).
3.2.2.3. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von straf-baren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Ein-griff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privatund/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).
3.2.2.4. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall Folgendes auszuführen:
Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer verfügt im österreichischen Bundesgebiet weder über familiäre noch über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und lebt auch nicht in einer (eheähnlichen) Lebensgemeinschaft, sodass durch die Rückkehrentscheidung jedenfalls kein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers vorliegt.
Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zu Lasten des Beschwerdeführers aus und würde die Ausweisung derzeit keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen.
Der Beschwerdeführer ist illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist, hat sich aber seit seiner Einreise in Österreich wohlverhalten; er ist strafrechtlich unbescholten. Während seines Aufenthaltes zwischen April 2009 und Juni 2015 sowie seit August 2016 hat der Beschwerdeführer bereits positive Integrationsschritte gesetzt. Insbesondere ist hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer aktiv am Projekt " XXXX " teilnimmt, kleinere Arbeiten in seiner Unterkunft verrichtet, ein alltagstaugliches Deutsch spricht, am sozialen Leben in Österreich teilnimmt und hier über einen Freundes- und Bekanntenkreis verfügt. Demgegenüber hat er weder familiäre Bindungen noch sonstige Kontakte in seinen Herkunftsstaat.
Darüber hinaus sind aber keine Umstände erkennbar, die auf eine während seines Aufenthalts im Bundesgebiet erfolgte außergewöhnliche Integration des Beschwerdeführers schließen lassen. So hat der Beschwerdeführer bis dato keine Nachweise über erfolgte Deutschprüfungen und/oder besuchte Deutschkurse in Vorlage gebracht. Auch andere Ausbildungen oder Kurse hat der Beschwerdeführer nicht absolviert.
Der Beschwerdeführer befindet sich zwar seit April 2009 im Bundesgebiet, wobei dieser Aufenthalt lediglich durch die Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz aufgrund seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber gestattet war, wobei sich der zugrundeliegende Antrag letztlich als unbegründet erwiesen hat, sodass zu keinem Zeitpunkt ein gesicherter Aufenthaltsstatus vorlag. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer zwischen XXXX .06.2015 und XXXX .08.2016 über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfügte, sodass auch den Beschwerdeführer ein (teilweises) Verschulden an der Verfahrensdauer trifft.
Zugunsten des Beschwerdeführers ist bei der Interessensabwägung zu werten, dass dieser aktiv am Projekt " XXXX " teilnimmt und kleinere Arbeiten in seiner Unterkunft verrichtet, womit ihm bis zu einem gewissen Grad jedenfalls Arbeitsfähig- und Arbeitswilligkeit zugeschrieben werden kann, was sich auch seinem Vorbringen betreffend seine "Freunde mit Firmen", die ihn einstellen würden, sobald er eine Aufenthaltsberechtigung habe, entnehmen lässt. In diesem Zusammenhang ist allerdings auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in der zum Ausdruck gebracht wird, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungs- oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach den Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. VwGH vom 22.02.2011, Zl. 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH vom 15.09.2010, Zl. 2007/18/0612 und vom 29.06.2010, Zl. 2010/18/0195 jeweils mwN). Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer keinesfalls selbsterhaltungsfähig ist, sondern derzeit Leistungen aus der Grundversorgung durch den österreichischen Staat bezieht. Auch wenn er in Bezug auf seine Freunde, die ihn einstellen würden, implizit zum Ausdruck bringt, dass er für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eine Aufenthaltsberechtigung benötigt, ist anzumerken, dass es durchaus - wenn auch eingeschränkt - Arbeitsmöglichkeiten für Asylwerber gibt.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer (wenn auch mit einer Unterbrechung von ca. 14 Monaten, in denen er nicht im Bundesgebiet aufrecht gemeldet war), seit April 2009 in Österreich aufhältig war, hier am sozialen Leben teilnimmt und über einen Freundes- und Bekanntenkreis verfügt. Allerdings ist das Gewicht des Aufenthaltes im Bundesgebiet dadurch gemindert, als es sich auf die Stellung eines unberechtigten Antrages auf internationalen Schutz stützt. Im Fall einer bloß auf die Stellung eines Asylantrages gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert. In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008, Nr. 21878/06, kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt - wie im vorliegenden Fall des Beschwerdeführers - und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylwerber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebt. Auch aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 18.224/2007) kann abgeleitet werden, dass die Dauer des inländischen Aufenthaltes für die Zulässigkeit einer Ausweisung nicht alleine entscheidend ist und lediglich einen von mehreren verschiedenen Aspekten darstellt, die im Rahmen einer gesamtheitlichen Betrachtungsweise der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu unterziehen sind. Selbst wenn der Beschwerdeführer in seinen - mit Unterbrechung - neun Jahren seines Aufenthaltes persönliche Interessen an einem weiteren Verbleib im österreichischen Bundesgebiet entwickelt hat - wovon im Fall des Beschwerdeführers jedenfalls auszugehen ist - sind diese Interessen in ihrem Gewicht maßgeblich dadurch gemindert, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich aufgrund des gestellten Antrages auf internationalen Schutz nicht illegal war.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (vgl. VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/18/0420). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und des wirtschaftlichen Wohl des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (vgl. VfGH vom 12.06.2010, U 613/10-10 sowie auch VwGH vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007).
3.2.2.5. Im Ergebnis kann somit zum Entscheidungszeitpunkt trotz mehrjährigen Aufenthalts, strafrechtlicher Unbescholtenheit, alltagstauglichen Deutschkenntnissen und Teilnahme am sozialen Leben in Österreich aufgrund der wirtschaftlichen bzw. finanziellen Abhängigkeit vom österreichischen Staat, der Nichtergreifung von Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahmen (auch nicht in Bezug auf die Absolvierung von Deutschkursen) sowie aufgrund eines nicht vorhandenen Familienlebens eine Rückkehrentscheidung nicht für dauerhaft unzulässig erklärt werden.
Da somit nach Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes derzeit die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung auf Dauer nicht ausgesprochen werden kann, ist das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen. Die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung sind für das Bundesamt jedoch nicht bindend.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine Person handelt, die schon seit mehreren Jahren in Österreich lebt und - wie ausgeführt - in dieser Zeit bereits einige positive Integrationsschritte gesetzt hat, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes angeregt, den Beschwerdeführer nochmals vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu laden und einzuvernehmen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass er zwischenzeitig seine Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt und/oder Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahmen ergriffen hat.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich gegenständlich bei den erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Analogie, Rückkehrentscheidung, Verfahrenseinstellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W235.1417461.2.00Zuletzt aktualisiert am
04.07.2018