TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/26 I403 1424304-3

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Veröffentlicht am 26.06.2018
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Entscheidungsdatum

26.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I403 1424304-3/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria (alias Sudan), vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2016, Zl. 800716105/1288681 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der letzte Satz des Spruchpunktes I. zu lauten hat:

"Es wird gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz (FPG) festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 11.08.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie wurde am selben Tag einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. In weiterer Folge wurde sie am 08.10.2010 und am 13.04.2011 durch das Bundesasylamt niederschriftlich zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Bei allen Befragungen erklärte die Beschwerdeführerin, Staatsangehörige des Sudan zu sein. Sie sei als Kleinkind nach Uganda gekommen und dort in einem Waisenhaus aufgewachsen. Uganda habe sie im August 2010 verlassen. Sie habe weder im Sudan noch in Uganda Familie.

Aufgrund bestehender Zweifel an der von der Beschwerdeführerin angegebenen Herkunft veranlasste das Bundesasylamt eine Sprachanalyse durch das schwedische "Sprakab-Institut", die folgendes Ergebnis erbrachte: Zwei Gutachter, von denen einer seinen persönlichen Hintergrund in Nigeria und der andere in Uganda hat, führten aus, dass die Sprecherin Englisch auf einem grundlegenden Niveau spreche. Der sprachliche Hintergrund der Sprecherin sei mit sehr hoher Sicherheit Nigeria, vor allem Edo State oder Delta State, zuzuordnen. Laut ihrer Angabe hätten alle im Dorf Englisch gesprochen, was im heutigen Uganda sehr ungewöhnlich sei. In ihrer nachfolgenden niederschriftlichen Einvernahme am 07.12.2011 vor dem Bundesasylamt führte die Beschwerdeführerin auf Vorhalt des Ergebnisses des Sprachgutachtens aus, dass sie es nicht nachvollziehen könne. Sie sei im Sudan geboren worden und in Uganda aufgewachsen. Sie sei sicher nicht aus Nigeria.

Mit Bescheid vom 20.12.2011 wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 ab, gewährte auch gemäß § 8 Abs. 6 AsylG 2005 keinen subsidiären Schutz und sprach die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet aus. Die Identität der Beschwerdeführerin hätte nicht festgestellt werden können. Es hätte weder festgestellt werden können, dass sie im Sudan geboren worden sei noch dass sie in Uganda in einem Waisenhaus aufgewachsen sei. Ihr sprachlicher Hintergrund liege mit hoher Sicherheit in Nigeria. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Fluchtgründe bezüglich der sexuellen Übergriffe in einem Waisenhaus in Uganda seien zweifelsohne ausschließlich zum Zwecke der Asylerlangung vorgebracht worden. In den Befragungen und Einvernahmen habe sich herausgestellt, dass sie keine Landeskenntnisse zu Uganda habe. Die vom Bundesasylamt in Auftrag gegebene Sprachanalyse zur Abklärung ihrer sprachlichen Herkunft bestätige schließlich, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aus Uganda stamme und mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Nigeria komme. Der Umstand, dass sie aus den zuvor geschilderten Gründen nicht in einem Waisenhaus in Uganda aufgewachsen sein könne, lasse letztendlich auch ihre Angaben zu ihrer Geburt im Sudan nicht glaubhaft erscheinen. Da ihre Angaben hinsichtlich ihrer Geburt im Sudan bzw. ihren aus dem Sudan stammenden Eltern auch durch keinerlei Beweismittel gestützt worden wären, sei daher davon auszugehen, dass sie nicht im Sudan geboren worden sei. Zu Spruchpunkt II. argumentierte das Bundesasylamt, da der Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin nicht festgestellt worden wäre, sei der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben. Nach Wiederholung des bisherigen Vorbringens wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Das Bundesasylamt habe dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit abgesprochen und sich dabei auf einen Sprachanalysebericht gestützt, ohne hierzu der Beschwerdeführerin Parteiengehör zu gewähren. Die belangte Behörde habe den besagten Bericht nie zugänglich gemacht, sondern lediglich in der Vernehmung vom 07.12.2011 darauf hingewiesen und dessen Ergebnis zusammenfassend mitgeteilt. Somit habe die Beschwerdeführerin nie Gelegenheit gehabt, die Inhalte dieses für die behördliche Beweiswürdigung zentralen Beweismittels zu überprüfen und effektiv Stellung zu nehmen. Auch in der Bescheidbegründung habe die belangte Behörde die Inhalte dieses Dokumentes nicht offengelegt, weshalb die Beschwerdeführerin noch immer nicht inhaltlich zu diesem Thema Stellung nehme könne. Dies bewirke die Rechtswidrigkeit der Bescheidbegründung. Bereits aus diesem Grund sei die Wiederholung einer mündlichen Verhandlung notwendig. Hinsichtlich der von der belangten Behörde monierten Unkenntnis der Beschwerdeführerin zu Uganda sei anzumerken, dass in Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin eine Analphabetin sei, welche ihr gesamtes Leben in einem Waisenhaus verbracht habe, es völlig klar sei, dass sie die geographische Lage von Orten nicht näher beschreiben könne. In Uganda würde ein Dutzend verschiedener Stammessprachen gesprochen, weshalb es wohl naheliegend sei, dass der Beschwerdeführerin als sudanesischem Findelkind nicht eine davon, sondern vielmehr nur Englisch, die offizielle Amtssprache Ugandas, beigebracht worden sei.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2016, Zl. I405 1424304-1/17E wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.01.2015 die Beschwerde gemäß § 3 und § 8 Abs. 6 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Dem lag zugrunde, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige vom Sudan ist und in Uganda hauptsozialisiert wurde. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich in Uganda wegen ihrer homosexuellen Orientierung verfolgt wurde. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe wurden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin ihr Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hatte bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hätte. Die Negativ-Feststellungen zur behaupteten Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergaben sich aus der Unkenntnis der Beschwerdeführerin zu Uganda bzw. dem Umstand, dass sie ihr behauptetes langjähriges Leben in Uganda nicht glaubhaft machen konnte, der von der Verwaltungsbehörde eingeholten Sprachanalyse des schwedischen Sprakab-Instituts und der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.08.2011. Konkret wurde ausgeführt:

"Bereits das Bundesasylamt hat zu Recht auf der Grundlage der von der Verwaltungsbehörde durchgeführten Einvernahmen und dem Ergebnis der Sprachanalyse festgehalten, dass die Angaben der BF zu ihrer Herkunft (bzw. Hauptsozialisierung in Uganda) nicht glaubwürdig seien, da sie keine Kenntnisse zu diesem Land habe. So war die BF weder vor dem Bundesasylamt noch vor dem Bundesverwaltungsgericht in der Lage, konkrete Angaben zu Uganda zu machen. Sie verfügt weder über geographische noch sonstige Grundkenntnisse zu Uganda, obwohl sie behauptet hat, in Uganda aufgewachsen zu sein. Ihre Kenntnisse zu Uganda erschöpfen sich in den Angaben zur Währung und zur Flagge von Uganda. Hingegen war sie weder in der Lage anzugeben, welche Sprachen außer dem Englischen in Uganda gesprochen werden, noch wie die größte Volksgruppe in Uganda oder wie der ugandische Präsident heißen. Sie vermochte jedoch auch keine näheren Angaben zu ihrem unmittelbaren Herkunftsort XXXX zu machen. Ihr war es weder möglich, Angaben zur ungefähren Lage, zur Einwohneranzahl oder zu sonstigen Besonderheiten von XXXX zu tätigen. Insoweit sie zu den Bewohnern von Kawanga angibt, dass diese auf der Farm gearbeitet hätten, stellt dies eine allgemeingültige Gegebenheit dar, die wohl für jedes Dorf in Afrika zutreffen würde. Hinsichtlich ihrer Ausführungen zu den Nachbarorten ist festzuhalten, dass die genannten Orte Nawanga und Idume zwar auf der Landkarte Ugandas zu finden sind, aber zwischen 64 und 178 km (vgl. https://maps.google.at) von Kawanga entfernt sind und somit nicht unmittelbar an Kawanga grenzen, weshalb sie nicht als Nachbardörfer betrachtet werden können, wie dies von der BF behauptet wurde. Ein solch mangelndes Grundwissen der BF erscheint lediglich unter bestimmten außergewöhnlichen Umständen vorstellbar, so etwa wenn die BF nie mit Menschen in Kontakt getreten wäre und in einer totalen Isolation gelebt hätte, was jedoch ihren Angaben widerspricht. So hat die BF selbst angegeben, im Waisenhaus mit mehreren Personen unterschiedlicher ethnischer Abstammung zusammengelebt zu haben und im Waisenhaus eine sechsjährige Volksschule besucht zu haben, weshalb die BF in der Lage sein müsste, wichtige Volksgruppen oder rudimentäre geographische Gegebenheiten Ugandas zu kennen, oder zumindest mehr über ihr Leben und über die von ihr gemachten Eindrücke zu berichten. Selbst wenn im Waisenhaus nur Englisch gesprochen worden wäre, ist es nicht nachvollziehbar, dass die BF aus dem täglichen Leben nicht zumindest einfache Kenntnisse der Sprache Luganda oder anderer in Uganda gesprochenen Sprachen erworben hätte. Dabei handelt es sich nicht, wie die Beschwerde sinngemäß vermeint, um spezielle (geographische und sprachliche) Gegebenheiten, deren Kenntnis einer Person mit dem Persönlichkeitsprofil der BF nicht zumutbar sein kann, sondern um die einfache Widergabe von unmittelbaren gewonnenen Erfahrungen und Informationen, wozu die BF aber, wie in der Verfahrenserzählung ersichtlich, nicht in der Lage war. In diesem Zusammenhang weist das Bundesasylamt zu Recht darauf hin, dass es gänzlich unplausibel sei, dass die BF nicht imstande gewesen sei, einen einzigen Namen eines Erziehers oder einer Erzieherin zu nennen, auch wenn diese ständig gewechselt hätten. Aus all dem folgt für die erkennende Richterin (und wird dies verstärkt durch die Unglaubwürdigkeit der BF hinsichtlich des Fluchtvortrages), dass die BF offenbar nicht bereit war und ist, ihre Lebensgeschichte und ihren wahren Herkunftsstaat bekanntzugeben.

Schließlich hat die im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholte Sprachanalyse diese Erwägungen in prima facie schlüssig erscheinender Art und Weise bekräftigt. Die Gutachter kommen zum einhelligen Schluss, dass die BF ihre Sozialisation offensichtlich in Nigeria erfahren hat beziehungsweise nicht aus Uganda stammt.

Vorweg ist dazu anzumerken, dass die Sprachanalyse von zwei Gutachtern erstellt wurde, von denen einer seinen Hintergrund in Nigeria und der andere in Uganda hat, an deren Qualifikationen für die Tätigkeit als Analytiker keine Zweifel aufgekommen sind. Gegenteiliges wurde von der BF bzw. ihrem rechtsfreundlichen Vertreter auch nicht geltend gemacht.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die grundsätzliche Tauglichkeit von Sprachanalysen (bei notwendiger sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls) zur (Negativ-) Feststellung des Herkunftslandes in Entscheidungen des UBAS, respektive Asylgerichtshofes anerkannt wurde. Nichtsdestotrotz geht die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass Sprachanalysegutachten im Einzelfall zu beurteilen sind. Eine völlige Ablehnung dieser Methode lässt sich aber nicht erschließen. Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass es aus Sicht der erkennenden Richterin tatsächlich schwierig sein kann, nur aufgrund einer Sprachanalyse mit ausreichender Sicherheit festzustellen, welches der wahre Herkunftsstaat eines Asylwerbers ist. Dies wird in bestimmten Fällen, insbesondere dann, wenn zusätzliche andere Indizien dafür vorliegen, möglich sein, nicht jedoch in anderen Fällen.

Im vorliegenden Verfahren sind auch nach Erstellung des Sprachanalysegutachtens keine weiteren eindeutigen Hinweise hervorgekommen, welche im Gegensatz dazu die Staatsbürgerschaft der BF zum Sudan bzw. ihre Hauptsozialisierung in Uganda begründen würden. Das Bundesverwaltungsgericht kann aber andererseits aus der Aktenlage nicht mit der hinreichenden Sicherheit feststellen, dass die BF tatsächlich Staatsbürgerin von Nigeria ist. Da die BF darauf beharrt, sudanesische Staatsbürgerin zu sein, die in Uganda aufgewachsen sei (obgleich doch eindeutig hervorgekommen ist, dass ein sprachlicher Konnex zu Uganda nicht besteht), ist von ihrer Seite diesbezüglich mangelnde Mitwirkung zu konstatieren. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch sonst keine effektive Möglichkeit und es erschiene dies auch unter dem Grundsatz der Verfahrensökonomie nicht mehr tragbar, irgendwelche weiteren undefinierten Recherchen anzustellen, mit dem Ziel, eine genauere Bestimmung des Herkunftsstaates zu erreichen.

Somit ist daher dem Bundesasylamt auf Basis der Aktenlage beizupflichten, dass aufgrund der qualifizierten Unkenntnis der BF über den behaupteten Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes, nämlich Uganda, sowie dem Umstand, dass sie nicht den für Uganda typische Sprachfärbung des Englischen spricht, dem detailarm vorgetragenen Fluchtvorbringen der BF die Grundlage entzogen ist. Zugleich musste aufgrund der Unglaubwürdigkeit der behaupteten Hauptsozialisierung in Uganda auch ihrer behaupteten Staatsangehörigkeit zum Sudan die Glaubwürdigkeit entzogen werden."

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2015 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit gegeben, zu ihrer persönlichen Situation Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung langte am 23.03.2016 beim Bundesamt ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin seit 5 Jahren in Österreich lebe und unbescholten sei. Sie könne in keinem der in Frage kommenden Staaten ein menschenwürdiges Leben führen. Der Arbeitswille und die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin seien dokumentiert. Mit Schriftsatz des Bundesamtes vom 31.03.2015 wurde die Beschwerdeführerin informiert, dass geplant sei, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und wurden ihr nochmals konkrete Fragen zu ihrer persönlichen Situation vorgelegt.

In einer undatierten, am 16.12.2015 beim BFA eingelangten Stellungnahme führte die bevollmächtigte Vertretung das Nachfolgende aus: "[...] Frau XXXX ist seit August 2010, somit fast fünfeinhalb Jahre in Österreich. Sie ist gut integriert, unbescholten und spricht die deutsche Sprache ausreichend. Den Kontakt zur Heimat hat sie verloren. In Österreich hat sie sich verschiedentlich engagiert und ist bemüht, ein selbstständiges Leben zu führen. Die bestandene Prüfung für das A2-Deutschzertifikat ist ein Schlüssel dazu. Soziale Geldaushilfen nimmt sie nicht in Anspruch, sondern lebt von Unterstützung von Freunden und Freundinnen, denen sie behilflich ist, etwa beim Frisieren und Flechten der Haare. Bereits im Jahr 2009 hat der Asylgerichtshof auf die Schwelle eines außergewöhnlich langen Aufenthalts hingewiesen, die der Fremde mit einem 5-jährigen Aufenthalt erreicht (A2 402.227-1/2008/7E vom 13.08.2009). Gestützt auf die EU-Richtlinien hat der EuGH klargestellt, dass nach einem 5-jährigen Aufenthalt ein erleichterter Zugang zu einer dauerhaften Aufenthaltsbewilligung gewährt werden muss. Im Fall von Frau XXXX stellt sich ein durchgängig legaler Aufenthalt, gestützt auf einen einzigen Asylantrag dar; die privaten Interessen am Aufenthalt in Österreich sind durch die gute Integration verstärkt. Nun noch zur Beantwortung des Fragenkatalogs im Schriftsatz vom 31.03.2015:

Die Ast ist seit August 2010 in Österreich, Familienmitglieder gibt es keine. Einen Arbeitgeber hat die Ast derzeit nicht, es existiert aber eine Vorvereinbarung (siehe Beilage); sie führt aber informell Hilfstätigkeiten wie Haareflechten etc. durch. Dadurch bekommt sie von Freunden aktuelle Unterstützung. Sie teilt sich mit einer Freundin die Unterkunft. Da ihre persönlichen Bindungen zu Österreich stark sind, möchte sie gerne hierbleiben."

Dieser Stellungnahme wurden angeschlossen: Zeugnis über die Deutschprüfung auf Niveau A2 vom 14.10.2015, ausgestellt durch ein internationales Kulturinstitut; Bestätigung über eine ehrenamtliche Tätigkeit beim Kulturverein XXXX seit 11.03.2013, ausgestellt am 04.11.2015; Arbeitsplatzzusage als Packerin in einer Tubenfabrik, ausgestellt am 09.11.2015; Empfehlungsschreiben vom Verein XXXX vom 25.09.2014; Bestätigung über die ehrenamtliche Zusammenarbeit im Rahmen eines Festivals, ausgestellt am 22.05.2015;

Empfehlungsschreiben einer Freundin der Beschwerdeführerin vom 09.09.2015; Bestätigung eines christlichen Vereins, ausgestellt am 02.11.2015.

Das BFA erteilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 01.02.2016 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 und erließ gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt I.). Im Spruchpunkt II. legte das Bundesamt zwei Wochen als Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG ab Rechtskraft des Bescheides fest.

In den Feststellungen des bekämpften Bescheides führte die belangte Behörde zur Person und der Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin aus, dass sie ca. 25 Jahre alt und Staatsangehörige des Sudan sei. Sie halte sich seit 2010 im österreichischen Gebiet auf. Sie sei ledig und habe keine Sorgepflichten, ihre Familienangehörigen lebten in Uganda. Zu Österreich bestünden keinerlei familiäre Bindungen und Beziehungen. Sie gehe in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, informell führe sie Hilfstätigkeiten wie Haarflechten etc. aus. Sie bekomme Unterstützung von ihren Freunden, sie teile mit ihrer Freundin eine Unterkunft und sei behördlich gemeldet. Im Asylverfahren sei bereits festgestellt worden, dass die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie komme aus Uganda, unglaubwürdig sei. Außerdem sei festgestellt worden, dass die behauptete Staatsangehörigkeit Sudan ebenfalls unglaubwürdig sei. Es liege somit ein Fall des § 8 Abs. 6 AsylG vor. Die vermutete Staatsangehörigkeit Nigeria habe im Asylverfahren nicht nachgewiesen werden können.

Beweiswürdigend wiederholte die belangte Behörde (wortgleich) die Feststellungen des bekämpften Bescheides, ohne weitere Erwägungen hinzuzufügen.

In der rechtlichen Beurteilung referierte die belangte Behörde im Wesentlichen, dass die Beschwerdeführerin ledig sei und keine Sorgepflichten habe und zu Österreich keinerlei familiäre Bindungen und Beziehungen unterhalte. Sie halte sich zwar seit fünfeinhalb Jahren in Österreich auf, jedoch sei ihr Aufenthalt bis 12.03.2015 als Asylwerberin geduldet gewesen. Bereits im Asylverfahren sei festgestellt worden, dass sie gelegentlich als Prostituierte arbeite, dies sei jedoch als keine starke berufliche Verfestigung einzustufen. Die behaupteten starken Bindungen zu Österreich seien nicht untermauert bzw. konkretisiert worden. Es sei zwar eine Bestätigung eines A2-Zeugnisses vorgelegt worden, dieses stamme jedoch von einem internationalen Kulturinstitut. Ein ÖSD-Zeugnis liege nicht vor. Weil der Nachweis zur vermuteten Staatsangehörigkeit nicht erbracht werden könne und die behauptete Staatsangehörigkeit Sudan bzw. das behauptete Herkunftsland Uganda unglaubwürdig seien, liege ein Fall des § 8 Abs. 6 AsylG vor.

Dagegen erhob die bevollmächtigte Vertretung fristgerecht mit dem per Fax am 14.02.2016 beim BFA eingebrachten Schriftsatz Beschwerde und führte im Beschwerdeschriftsatz aus, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde. Es seien unrichtige Feststellungen getroffen worden und es liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor. Die Beschwerdeführerin stamme aus dem Sudan. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sei verweigert worden. Es sei eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt worden. Das Bundesamt habe die Feststellungen angeblich auf Basis der Aktenlage, jedoch ohne Einvernahme, ohne erkennbare Beweiswürdigung und ohne adäquate Recherchen bezüglich des konkreten Vorbringens der Beschwerdeführerin getroffen. Den unrichtigen Behauptungen des Bundesamtes bezüglich der Integration der Beschwerdeführerin in Österreich werde widersprochen. Sie lebe schon seit fast sechs Jahren in Österreich und habe während dieser Zeit umfangreiche Anstrengungen bezüglich ihrer Integration unternommen. Sie wünsche sich, auf legale Weise ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. Sie habe ein A2-Deutschzertifikat und könne sich im Alltag problemlos auf Deutsch verständigen. Sie verfüge über umfangreiche soziale Kontakte und sei unbescholten. Unverständlicherweise habe das Bundesamt auf eine Einvernahme verzichtet. Deshalb habe die Beschwerdeführerin all diese Punkte nicht vorbringen bzw. nicht genauer darlegen können. Es seien nicht alle Fragen hinsichtlich der Integration und Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin geklärt worden. Es liege Willkür vor. Die belangte Behörde habe keine konkreten Recherchen, abgestellt auf das persönliche Vorbringen der Beschwerdeführerin, vorgenommen. Konkrete Feststellungen zum Vorbringen seien nicht getroffen worden. Insbesondere habe es die belangte Behörde verabsäumt, aktuelle Länderberichte bezüglich des Heimatlandes der Beschwerdeführerin zu untersuchen bzw. auf die konkreten Rückkehrbefürchtungen einzugehen. Im Bescheid werde lediglich darauf verwiesen, dass die Staatszugehörigkeit zum Sudan bezweifelt werde, auf eine Analyse der Länderberichte sei aber verzichtet worden. Auch zu dem von der belangten Behörde behaupteten Herkunftsstaat Nigeria seien keine Untersuchungen hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Abschiebung vorgenommen worden. Dies sei jedenfalls für die Beschwerdeführerin bedeutsam, weil sie als alleinstehende Frau ohne familiären Rückhalt nach einem sehr langen Aufenthalt in Österreich als vulnerabel anzusehen sei. Bei einer Abschiebung nach Afrika sei sie akut gefährdet, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten. Die Abschiebung der Beschwerdeführerin sei unzulässig und ihr sei zumindest der Duldungsstatus zuzuerkennen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde habe die Mindestkriterien für eine überzeugende Argumentation in keiner Weise erfüllt. In Anbetracht der Integration der Beschwerdeführerin sei eine Rückkehrentscheidung unzulässig. Weil es die belangte Behörde verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen, liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, zudem sei deshalb eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem konkreten Vorbringen ebenfalls nicht möglich gewesen. Schließlich wurden die Anträge gestellt: a) einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; b) festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist; c) festzustellen, dass die Abschiebung unzulässig ist; d) eine Duldungskarte zu erteilen; e) eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.03.2016, Zl. I403 1424304-2/2E wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Grundlage der Zurückverweisung war, dass die belangte Behörde im bekämpften Bescheid in den Feststellungen zur Ansicht gelangte, die Beschwerdeführerin sei eine sudanesische Staatsangehörige, während sie diese Ansicht in der Beweiswürdigung - und auch in den rechtlichen Erwägungen - wiederum konterkarierte, indem sie einerseits keine Erwägungen anstellte, ob eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Sudan zulässig ist bzw. sie andererseits auch keine Ermittlungen betreffend die aktuelle Situation im angenommenen Heimatstaat traf und sie der Beschwerdeführerin diesbezüglich auch kein Parteiengehör gewährte, sodass sich im Lichte dieser Ausführungen auch hier weitere gravierende Ermittlungsfehler zeigen.

Das Bundesamt begegnete den Ermittlungsaufträgen zunächst nur durch den bereits vorab zweimal versandten Schriftsatz, mit welchem der Beschwerdeführerin die Gelegenheit für eine schriftliche Stellungnahme eingeräumt wurde. In einer Stellungnahme vom 13.04.2016 wurde eine mündliche Einvernahme beantragt. Diese erfolgte am 08.06.2016 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien. Festgehalten wurde, dass die Beschwerdeführerin seit 6 Jahren in Österreich sei und eine Jobzusage habe sowie kranken- und sozialversichert sei.

Am 11.11.2016 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl informiert, dass die Beschwerdeführerin am Vortag in einem Bordell als Prostituierte angetroffen worden sei.

Das Bundesamt erteilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 22.11.2016, zugestellt am 25.11.2016, keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Sudan zulässig sei (Spruchpunkt I.). Im Spruchpunkt II. legte das Bundesamt 14 Tage als Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG ab Rechtskraft des Bescheides fest.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2016 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe amtswegig zur Seite gestellt.

Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde am 09.12.2016 (Datum des Poststempels) Beschwerde erhoben. Es wurde wiederholt, dass die Beschwerdeführerin aus dem Sudan stamme, wo sie sich als alleinstehende Frau nicht sicher fühle. Sie sei in Österreich gut integriert und habe die erforderlichen Sprachkenntnisse und habe auch eine Einstellungszusage vorgelegt. Es wurde beantragt, der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel zu gewähren, festzustellen, dass die Ausweisung (gemeint wohl: Rückkehrentscheidung) auf Dauer unzulässig sei, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die bekämpfte Entscheidung zu beheben und festzustellen, dass die Rechtsmittelbelehrung verfassungswidrig sei.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.12.2016 vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht bestellte mit Beschluss vom 09.01.2017, Zl. I403 1424304-3/2Z, Dr. XXXX zum länder- bzw. sprachkundigen Sachverständigen. Am 21.02.2017 fand eine Befundaufnahme mit der Beschwerdeführerin statt. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 21.02.2018 zum Schluss, dass eine Hauptsozialisierung der Beschwerdeführerin in Uganda mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Hauptsozialisierung in Nigeria anzunehmen sei. Auch Sprachkompetenzen, die auf eine Herkunft aus dem Sudan oder Südsudan würden schließen lassen, seien nicht vorhanden. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin ebenso wie aktuelle Länderfeststellungen zu Nigeria zum Parteiengehör übermittelt.

Am 21.03.2018 langte eine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass die Beschwerdeführerin bildungsfern sei und daher nur einen geringen Sprachschatz habe. Ihr Lebenslauf werde "im Grunde durch das Ergebnis der Sprachanalyse nicht bestritten". Sie spreche "Allerweltsenglisch" und es würden gerade die afrikanischen Medien vom nigerianischen Englisch dominiert. Unabhängig von der Sprachanalyse sei aber festzuhalten, dass sie in jedem Teil Afrikas Probleme hätte.

Am 28.05.2018 wurde im Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher die Beschwerdeführerin befragt wurde. Die Beschwerdeführerin blieb bei ihren Angaben, dass sie im Sudan geboren wurde, diesen jedoch als Kleinkind mit ihren Eltern verlassen habe und in Uganda aufgewachsen sei. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin nunmehr schwanger, der Vater sei ein nigerianischer Staatsbürger, welcher in Italien lebe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Identität der Beschwerdeführerin konnte nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin täuschte die österreichischen Behörden seit ihrer Ankunft in Österreich im Jahr 2010 über ihre Staatsangehörigkeit und Herkunft. Dies ist auch der Grund für die lange Verfahrensdauer in Bezug auf ihren am 11.08.2010 gestellten Antrag auf internationalen Schutz; dieses Verfahren wird mit gegenständlichem Erkenntnis beendet.

Die unbescholtene Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias. Sie ist eine gesunde Frau im arbeitsfähigen Alter.

Die Beschwerdeführerin ist schwanger, der Geburtstermin wurde mit 12.11.2018 errechnet. Der Vater lebt in Italien und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Die Beschwerdeführerin führt in Österreich kein Familienleben.

Die Beschwerdeführerin arbeitete als Prostituierte. Sie hat Deutsch gelernt, die A2-Prüfung absolviert und ist Mitglied in einer Kirchengemeinde sowie in einem Kulturverein. Sie war ehrenamtlich tätig und hat eine Arbeitsplatzzusage für eine Tätigkeit in einer Fabrik vorgelegt. Darüberhinausgehende Merkmale einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung liegen nicht vor.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Sie bezieht die Grundversorgung.

Hindernisse für eine Rückkehr nach Nigeria wurden nicht vorgebracht.

1.2. Zur Situation in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin ist auf Basis des "Länderinformationsblattes der Staatendokumentation" zu Nigeria festzustellen:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert. Muslimische Hirten (meist Fulani) aus dem Norden liefern sich im Middlebelt und südlich davon einen blutigen Konflikt mit dort traditionell ansässigen christlichen Bauern.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht, kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen. Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und wird sozial akzeptiert. Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen Die Zahl an Fällen strafrechtlicher Verfolgung von häuslicher Gewalt ist niedrig, obwohl die Gerichte diese Vergehen zunehmend ernst nehmen. Es besteht kein spezielles Unterstützungsprogramm für allein zurückkehrende Frauen und Mütter. Es gibt aber viele Frauengruppen, die die Interessen der Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten.

Für unterprivilegierte Frauen bestehen in großen Städten Beschäftigungsprogramme, u.a. bei der Straßenreinigung. Diskriminierung im Arbeitsleben ist aber für viele Frauen Alltag.

Alleinstehende Frauen begegnen dabei besonderen Schwierigkeiten: Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind sie oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes - und dort vor allem in den Städten - werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes steht die Identität der Beschwerdeführerin nicht fest.

Die Feststellungen zum fehlenden Familienleben und zum Gesundheitszustand ergeben sich daraus, dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens (ebenso wenig im vorangegangenen Asylverfahren) geltend gemacht hatte, über Verwandte in Österreich zu verfügen oder an einer Erkrankung zu leiden. Die Feststellungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit sowie zu den Mitgliedschaften in einer Kirchengemeinschaft sowie in einem Kulturverein ergeben sich durch die Vorlage entsprechender Bestätigungen.

Die Feststellung zur Schwangerschaft der Beschwerdeführerin mit einem errechneten Geburtstermin vom 12.11.2018 ergibt sich aus dem vorgelegten Mutter-Kind-Pass vom 09.04.2018, bescheinigt von Dr. XXXX, FA für Frauenheilkunde.

Die Feststellungen zur Beziehung der Beschwerdeführerin zum Kindsvater, einem in Italien lebenden nigerianischen Staatsbürger, ergeben sich aus deren eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 28.05.2018.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in Österreich als Prostituierte arbeitete, ergibt sich aus den entsprechenden polizeilichen Berichten, wonach die Beschwerdeführerin die Ausübung der Prostitution am 22.11.2010 anzeigte (AS 51) und am 26.07.2013 in Wien unter sanitätspolizeiliche Kontrolle gestellt wurde. Eine Zusage für eine Tätigkeit in einer Fabrik wurde mit Schreiben vom 09.11.2015 vorgelegt. Die Deutschkenntnisse ergeben sich aufgrund des vorgelegten A2- Zeugnisses vom 14.10.2015.

Entgegen der Aussage in der Einvernahme am 08.06.2016, in welcher erklärt wurde, dass die Beschwerdeführerin kranken- und sozialversichert sei, bezieht sie tatsächlich laut Auszug aus dem Grundversorgungssystem seit 01.01.2016 Grundversorgung.

2.3. Zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin:

Bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2016 war festgestellt worden, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um keine sudanesische Staatsbürgerin handelt, die in Uganda aufgewachsen ist.

Die nigerianische Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem vorgelegten Sachverständigengutachten des Dr. XXXX vom 21.02.2018, durch welches festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin, vom Englischen abgesehen, keine rudimentären oder zumindest passiven Sprachkompetenzen in Luganda, Suadhelio oder Arabischen vorweisen kann, und das von ihr gesprochene Englisch sich eindeutig von allen englischen Varietäten unterscheidet, welche im Sudan, in Uganda sowie generell östlich des 10. Längengrades auf afrikanischem Boden gesprochen werden (vgl. SV-Gutachten, Seite 25). Vielmehr weist das Englisch der Beschwerdeführerin eindeutig eine charakteristische Kombination phonologischer sowie lexikalischer Merkmale des nigerianischen Englisch auf (vgl. SV-Gutachten, Seite 27). Darüber hinaus lässt die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Landeskenntnisse eindeutig einen subsaharischen Erfahrungshintergrund, charakteristisch für den Süden Nigerias, erkennen (vgl. SV-Gutachten, Seite 47).

Die Beschwerdeführerin weist keine einzige Sprachkompetenz auf, die auf die von ihr behauptete Herkunft aus dem Sudan oder dem Südsudan oder auf ihre Hauptsozialisierung in Uganda oder anderorts in Ostafrika verweisen würde. Eine Hauptsozialisierung der Beschwerdeführerin in Uganda kann aufgrund des erstellten Sachverständigengutachtens ausgeschlossen werden (vgl. SV-Gutachten, Seite 55 ff). Vielmehr steht eine Hauptsozialisierung der Beschwerdeführerin in Nigeria mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest (vgl. SV-Gutachten, Seite 57).

Wenn in der Stellungnahme vom 20.03.2018 darauf verwiesen wird, dass die Beschwerdeführerin ein "Allerweltsenglisch" spreche, dass sie sich in Österreich angeeignet habe, da hier nigerianische Medien sehr stark vertreten sind, wird damit dem Gutachten von Dr. XXXX nicht substantiiert entgegengetreten, zumal auch das bereits im Jahr 2011 eingeholte Gutachten des "Sprakab-Instituts" zu den gleichen Feststellungen gekommen war, obwohl sich die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt erst einige Monate in Österreich aufgehalten hatte. Auch in diesem Gutachten wurde festgestellt, dass der sprachliche Hintergrund der Sprecherin zu Uganda einen sehr niedrigen Wahrscheinlichkeitsgrad habe. Sie verwende keine Wörter auf Luganda oder einer anderen im Land gesprochenen Sprache. Es wurde angemerkt, dass die Aussprache der Beschwerdeführerin keine phonologischen Züge der in Uganda gesprochenen Variante des Englischen aufweise. Der Sprachgebrauch der Sprecherin weise phonologische Züge der in Nigeria gesprochenen Variante von Englisch auf. Zur "Morphologie und Syntax" wurde nach angeführten Beispielen festgehalten, dass die Sprecherin Englisch nicht auf Muttersprachenniveau spreche. In lexikalischer Hinsicht wurde ausgeführt, dass die Sprecherin im Englischen alltägliche Wörter und Begriffe verwende. Sie verwende keine lexikalischen Züge, die einer spezifischen geographischen Region zugeordnet werden können. Eine Kenntniskontrolle habe ergeben, dass die Sprecherin keine Kenntnisse zu Uganda besitze.

Aufgrund der beiden übereinstimmenden Gutachten kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin in Nigeria hauptsozialisiert wurde. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die Beschwerdeführerin Staatsbürgerin Nigerias ist. Ihr wurde im Rahmen einer mündlichen Verhandlung die Gelegenheit gewährt, dazu Stellung zu nehmen, doch blieb sie nur bei der Aussage, dass sie aus dem Sudan stamme und in Uganda aufgewachsen sei, was offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Es wird daher festgestellt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine nigerianische Staatsbürgerin handelt.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Zu den zur Feststellung der Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführerin trat den übermittelten Länderfeststellungen zu Nigeria, nachdem ihr diese zur Stellungnahme übermittelt worden waren, auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Zum Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, zur Erlassung der Rückkehrentscheidung sowie zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iS des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des/der Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung jedenfalls begründet, insbesondere darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Hinsichtlich der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin muss festgehalten werden, dass das Kind jedenfalls kraft Verfassung der Bundesrepublik Nigeria, Kapitel III. Art. 25 Abs. 1, unabhängig vom Ort seiner Geburt nigerianischer Staatsbürger sein wird, sofern auch nur ein Elternteil ebenfalls Staatsbürger von Nigeria ist; in casu sind beide Elternteile nigerianische Staatsbürger. Kinder werden zudem erst durch die Geburt Teil der Familie, davor liegt noch kein schützenswertes Familienleben vor (VfGH 24.02.2003, B1670/01). Der Vater des Kindes lebt vorwiegend in Italien und besucht die Beschwerdeführerin nur zeitweise in Österreich. Ein bestehendes, schützenswertes Familienleben mit dem Kindsvater besteht nicht.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Die Beschwerdeführerin reiste vor knapp acht Jahren nach Österreich ein, und befindet sich seitdem im Bundesgebiet.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon ausgeht, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin, die sich seit August 2010 - sohin seit fast 8 Jahren - in Österreich aufhält, nicht mehr als "eher kürzer" zu bewerten und verstärkt daher grundsätzlich ihr Interesse am Verbleib. Von der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshofs entwickelten Judikatur, die bei einem über zehnjährigen Aufenthalt (sofern diese Dauer nicht durch gewisse Umstände relativiert wird) regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich ausgeht, ist die Länge des Aufenthalts der Beschwerdeführerin allerdings noch entfernt. Insbesondere wird die Aufenthaltsdauer aber dadurch relativiert, dass ihr diese zuzurechnen ist, da es im Verfahren notwendig war, zwei Sprachgutachten einzuholen, um die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin festzustellen.

Auch wenn es gewisse Integrationsschritte (A2-Prüfung, Mitgliedschaft in einer Kirchengemeinde sowie einem Kulturverein verbunden mit entsprechenden Bekanntschaften) seitens der Beschwerdeführerin anzuerkennen gilt, liegt letztlich doch keine umfassende Verankerung im Bundesgebiet vor. Auch ein Arbeitsvorvertrag begründet keine ausreichende Integration.

Betreffend die Schwangerschaft der Beschwerdeführerin liegen derzeit keine gesundheitlichen Einschränkungen vor und ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin gegenwärtig in der Lage wäre, nach Nigeria zurückzukehren. Der errechnete Geburtstermin ist der 12.11.2018, d.h. zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Beschwerdeführerin ein Flug noch zumutbar (vgl. dazu etwa die Information der Austrian Airlines, dass schwangere Frauen bis 4 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin transportiert werden; abrufbar unter

https://www.austrian.com/Info/Flying/MedicalInformation.aspx?sc_lang=de&cc=AT). Die belangte Behörde wird aber im Rahmen der Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin ihren Zustand zu berücksichtigen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen haben.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Besondere Erkrankungen wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht; Feststellungen zu ihrer Familie in Nigeria können aufgrund ihrer fehlenden Mitwirkung nicht getroffen werden. Der Vater ihres Kindes ist ebenfalls nigerianischer Staatsbürger; besondere Hindernisse für ein gemeinsames Familienleben in Nigeria wurden nicht vorgebracht.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in ihr Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellen.

Gem. § 52 Abs. 9 FPG hat die belangte Behörde mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gem. § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin ist Nigeria. Die Beschwerdeführerin hat keine Gründe vorgebracht, welche eine Abschiebung nach Nigeria unzulässig erscheinen lassen würden. Aus der allgemeinen Situation in Nigeria ergeben sich keine Abschiebungshindernisse.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen, wobei der letzte Satz, angesichts der festgestellten nigerianischen Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin, in "Es wird gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolzeigesetz (FPG) festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 4

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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