TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/4 98/19/0042

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Veröffentlicht am 04.02.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs4;
AVG §1;
B-VG Art103 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am 7. August 1966 geborenen B R in Dornbirn, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. April 1997, Zl. 121.698/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, beantragte am 2. Dezember 1996 mit an die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gerichtetem Schreiben seines Rechtsvertreters "auszusprechen, dass der antragstellenden Partei das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht zugestanden wird, auf welchem rechtlichen Wege und mit welcher Rechtskonstruktion immer, sei es im Wege eines Feststellungsbescheides, im Wege eines fremdenrechtlichen Sichtvermerks, im Wege eines aufenthaltsrechtlichen Sichtvermerks oder im Wege eines Assoziationsausweises". Eine bestimmte Reihenfolge in der Vorgangsweise der Bearbeitung der Anträge begehrte der Beschwerdeführer nicht.

Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn wertete die Eingabe des Beschwerdeführers als Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) und sprach mit Bescheid vom 14. Februar 1997 aus, dass gemäß § 5 Abs. 1 AufG die beantragte Bewilligung nicht erteilt werde. Begründend wurde ausgeführt, da der Antragsteller beabsichtige, einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich im Sinne des § 1 AufG zu begründen und Umstände, die eine Ausnahme im Sinne des § 1 Abs. 3 AufG erwirken, nicht festgestellt hätten werden können, unterliege er der Bewilligungspflicht. Gemäß § 6 Abs. 4 AufG in Verbindung mit der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg, LGBl. Nr. 32/1993, habe die nach dem beabsichtigten Aufenthaltsort zuständige Bezirkshauptmannschaft über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu entscheiden. Danach ergebe sich die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn. In der Sache ging die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers ein Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) vorliege, weil die Aufenthaltsbewilligung nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle und der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung "an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg in eventu an das Bundesministerium für Inneres". Beantragt werde "den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der berufungswerbenden Partei das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht zugestanden wird, auf welchem Wege und mit welcher Rechtskonstruktion immer - denn diesbezüglich schreibt das Europarecht den innerstaatlichen Behörden nichts vor".

Der Bundesminister für Inneres wies die Berufung mit Bescheid vom 22. April 1997 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 FrG ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe am 2. Dezember 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Diese Behörde habe den Antrag mit der Begründung abgewiesen, dass § 5 Abs. 1 AufG einer Aufenthaltsbewilligung entgegen stehe. Gegen diese Beurteilung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen eingewendet, dass sich seine Ehegattin, welche unter das "Assoziationsabkommen" falle, ebenfalls in Österreich aufhalte. Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer im Besitz eines deutschen Besuchervisums, ausgestellt vom deutschen Generalkonsulat in Istanbul am 13. Februar 1996, gültig vom 17. Februar 1996 bis zum 16. März 1996, gewesen sei. Hiemit sei der Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Gemäß § 1 lit. a der Verordnung des Bundesministers für Inneres BGBl. Nr. 375/1995 seien türkische Staatsangehörige von der Sichtvermerkspflicht befreit, wenn sie einen gewöhnlichen türkischen Reisepass und weiters einen aufenthaltsrechtlichen Titel ua. Deutschlands vorweisen, der zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich noch mehr als drei Monate gültig ist. Gemäß § 2 dieser Verordnung seien Personen, die gemäß § 1 in das Bundesgebiet einreisen, zu einem fünftägigen Aufenthalt berechtigt. Auf Grund des lediglich 29 Tage gültigen Sichtvermerkes des deutschen Generalkonsulates in Istanbul träfen diese Vergünstigungen auf den Beschwerdeführer nicht zu. Er unterliege "nach wie vor" der Sichtvermerkspflicht. Er sei nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage somit sichtvermerksfrei eingereist und habe seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Fest stehe, dass der Beschwerdeführer ohne Sichtvermerk "und damit illegal" in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Darüber hinaus halte er sich nach wie vor ohne Sichtvermerk "und damit illegal" im Bundesgebiet auf. Durch sein Verhalten habe er gezeigt, dass er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen, zu respektieren. Die unrechtmäßige Einreise nach Österreich sowie sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet stellten eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, zumal dieses Verhalten auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könnte. Damit sei ein Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gegeben. § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 FrG fänden durch § 5 Abs. 1 AufG "direkte Anwendung". Auf Grund der Aktenlage stehe zwar fest, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhältig sei. Im Hinblick auf den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 MRK habe der Verfassungsgerichtshof jedoch bereits mehrfach erkannt, dass § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 MRK verfassungskonform interpretiert werden könne. Dabei habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen stattzufinden. Diese Abwägung ergäbe im vorliegenden Fall, dass den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen Priorität einzuräumen gewesen sei, zumal mehrere Sichtvermerksversagungsgründe vorlägen, insbesondere der des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, bei dem nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Abwägung der privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen entbehrlich sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluss vom 27. November 1997, B 1413/97-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie mit Beschluss vom 22. Jänner 1998, B 1413/97-8, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt.

In seiner Beschwerdeergänzung erachtet sich der Beschwerdeführer in nachstehenden Rechten verletzt:

-

"Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung

-

Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde

-

Recht auf Beachtung des Verfahrensgegenstandes

-

Recht auf Feststellung seines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts

-

Recht auf Entscheidung über den ausschließlich gestellten Feststellungsantrag"

Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe zu keinem Zeitpunkt den Antrag gestellt, ihm eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu erteilen, denn die Voraussetzungen nach dem Aufenthaltsgesetz erbringe er wohl nicht. Indem die Erstbehörde dennoch ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages über einen vermeintlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung entschieden habe, habe sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet. Gegenstand des Berufungsverfahrens sei bei dem im vorliegenden Fall klar auf den Abspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz) begrenzten Abspruch der Erstbehörde nur dieser Abspruch gewesen. Die belangte Behörde sei jedenfalls von Amts wegen verpflichtet gewesen, die Unzuständigkeit der Erstbehörde zur Entscheidung über den nicht gestellten Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz aufzugreifen, den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben und der Erstbehörde aufzutragen, über den ausschließlich gestellten Feststellungsantrag zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 28. April 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 und § 14 Abs. 2 FrG lauteten:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;

...

§ 14.

...

(2) Wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, kann der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten für bestimmte Fremde durch Verordnung Ausnahmen von der Sichtvermerkspflicht gewähren. Sofern in solchen Verordnungen nicht eine kürzere Zeit bestimmt wird, sind solche Fremde berechtigt, sich nach der Einreise drei Monate im Bundesgebiet aufzuhalten."

§ 1 lit. a, § 2 und § 3 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über eine Ausnahme von der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 375/1995, lauteten (auszugsweise):

"§ 1. Türkische Staatsangehörige sind von der Sichtvermerkspflicht befreit, wenn sie

a) einen gültigen gewöhnlichen türkischen Reisepass und weiters einen aufenthaltsrechtlichen Titel Deutschlands ... vorweisen, der zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich noch mehr als drei Monate gültig ist, ...

...

§ 2. Personen, die gemäß § 1 in das Bundesgebiet einreisen, sind zu einem fünftägigen Aufenthalt berechtigt.

...

§ 3. Türkische Staatsangehörige, die im Besitz eines gültigen türkischen Spezialpasses sind, können sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich drei Monate aufhalten, ..."

Art. 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 (im Folgenden: ARB) lauten auszugsweise:

"Art. 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat

-

nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

-

nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung

-

vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

-

nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

Art. 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

-

haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemässen Wohnsitz haben;

-

haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde weder die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung versagt noch der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung verfügt. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 (oder 7) des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.

Die Behörde erster Instanz wurde, wie sich aus der Zitierung der entsprechenden Bestimmung der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung nach dem Aufenthaltsgesetz, LGBl. Nr. 32/1993, ergibt, als Aufenthaltsbehörde (§ 6 Abs. 4 AufG) tätig. Daraus folgt, dass derartige der Bezirkshauptmannschaft zuzurechnende Entscheidungen hinsichtlich des Instanzenzug als erstinstanzliche Entscheidungen des Landeshauptmannes im Sinne des Art. 103 Abs. 4 B-VG anzusehen sind, weshalb in diesen Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der Instanzenzug mangels anderer bundesgesetzlicher Regelungen an den zuständigen Bundesminister, im vorliegenden Fall an den Bundesminister für Inneres, geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/3389). Der belangten Behörde kam daher als der im Instanzenzug zuständigen Berufungsbehörde jedenfalls die funktionelle Zuständigkeit zur Überprüfung der Berufung auf ihre Zulässigkeit zu.

"Sache" des Berufungsverfahrens war vorliegendenfalls der Abspruch der Behörde erster Instanz über einen von ihr als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewerteten Antrag. Der Berufungsantrag des Beschwerdeführers, wie er oben wiedergegeben ist, bewegt sich innerhalb der "Sache" des Verfahrens erster Instanz. Die Berufung war daher auch zulässig.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen geht der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des oben geschilderten Verfahrensganges davon aus, dass der Beschwerdeführer - wie die Verwendung des Wortes "zugestanden" in seinem oben wiedergegebenen Antrag zeigt - jedenfalls auch eine Aufenthaltsbewilligung begehrte (vgl. zu einer identischen Konstellation die hg. Erkenntnisse vom 14. Jänner 2000, Zlen. 98/19/0251 bis 0268, (zur dortigen Achtzehntbeschwerdeführerin), sowie Zl. 98/19/0182). Der Behörde erster Instanz lag daher ein (unbedingter) Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor, für dessen Behandlung sie auch gemäß § 6 Abs. 4 AufG zuständig war.

Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde reiste der Beschwerdeführer auf Grund eines vom deutschen Generalkonsulat in Istanbul am 13. Februar 1996 ausgestellten, vom 17. Februar 1996 bis zum 16. März 1996 gültigen Besuchervisums in das Bundesgebiet ein. Auch die Feststellung, der Beschwerdeführer halte sich weiterhin im Bundesgebiet auf, wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Aus dem angefochtenen Bescheid geht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die belangte Behörde zum Ergebnis kam, dass dem Beschwerdeführer für seine Einreise in das Bundesgebiet der erforderliche Sichtvermerk fehlte. Eine sichtvermerksfreie Einreise wäre nach der Verordnung des Bundesministers für Inneres BGBl. Nr. 275/1995 - die Anwendung des § 1 lit. a dieser Verordnung kam im Hinblick auf die Dauer des deutschen Sichtvermerkes nicht in Betracht - nur dann zulässig gewesen, wenn der Beschwerdeführer im Besitz eines türkischen Spezialpasses gewesen wäre. Dies war nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers sowie der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage jedoch nicht der Fall. Die Möglichkeit einer zulässigen sichtvermerksfreien Einreise stand dem Beschwerdeführer somit weder im Zeitpunkt der Einreise noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides offen. Dass der Beschwerdeführer eine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet besessen oder zwischenzeitig eine solche erlangt hätte, wird von ihm sachverhaltsbezogen nicht behauptet. Auch aus der Aktenlage ergeben sich keine diesbezüglichen Hinweise.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf den behaupteten Erwerb eines Aufenthaltsrechtes aus dem Assoziationsabkommen zwischen der EWG und der Türkei und den darauf beruhenden Beschlüssen des Assoziationsrates (ARB) beruft, was allenfalls nach Art. 7 ARB möglich wäre, setzte dies voraus, dass dem Beschwerdeführer eine Genehmigung "zu ihm (hier: seiner Ehegattin) zu ziehen" erteilt worden wäre. Nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage wurde dem Beschwerdeführer aber weder jemals ein entsprechender Sichtvermerk noch eine Aufenthaltsbewilligung oder eine andere Art der Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet und damit auch keine Genehmigung, "zu ihm (seiner Ehegattin) zu ziehen", im Sinn des Art. 7 ARB erteilt. Ein aus dem ARB erfließendes Recht zum Aufenthalt kann der Beschwerdeführer daher nicht für sich in Anspruch nehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/0574). Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass durch den angefochtenen Bescheid in ein derartiges Recht auch nicht eingegriffen worden wäre (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997 mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung, dass eine unrechtmäßige Einreise und ein daran anschließender unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet die Annahme rechtfertigt, ein weiterer Aufenthalt des Fremden gefährde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0259, sowie vom 13. Juni 1997, Zlen. 96/19/0001, 0002). Im Hinblick auf die unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn sie das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und damit des Abweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 AufG als gegeben ansah.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf die Frage eingegangen werden musste, ob die belangte Behörde zu Recht auch das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG als gegeben ansah.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Februar 2000

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VG sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998190042.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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