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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision der N M in L, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2017, Zl. I403 2172049- 1/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 29. Dezember 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründend gab sie im Wesentlichen an, sie habe in ihrem Herkunftsstaat für eine oppositionelle Partei gearbeitet und sei deshalb vom kongolesischen Geheimdienst verhaftet, misshandelt und vergewaltigt worden.
2 Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 18. August 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl der Asylberechtigten als auch der subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen die Revisionswerberin und stellte unter einem fest, dass ihre Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen festgesetzt.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Dagegen erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 27. Februar 2018, E 396/2018-5, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 13. März 2018, E 396/2018- 7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die vorliegende außerordentliche Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, die Revisionswerberin sei ein Opfer sexueller Gewalt, leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung und habe im Fall ihrer Abschiebung erneut Folter zu befürchten. In diesem Zusammenhang sei zu klären, ob die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es im Rahmen der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes dem Antragsteller obliege, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohe, auch auf traumatisierte Personen anwendbar sei.
9 Nach der hg. Rechtsprechung ist bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 19.6.2017, Ra 2017/19/0095, mwN). Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 22.2.2017, Ra 2016/19/0238, mwN).
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. jüngst VwGH 28.3.2018, Ra 2018/20/0094, mwN).
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass psychische Erkrankungen im Hinblick auf konstatierte Unstimmigkeiten im Aussageverhalten zu berücksichtigen sind (vgl. dazu etwa VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0204; 18.11.2015, Ra 2015/18/0157 - 0158).
12 Das BVwG hat sich unter Berücksichtigung der von der Revisionswerberin behaupteten posttraumatischen Belastungsstörung mit ihrem Vorbringen auseinander gesetzt und ist nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beweiswürdigend zu dem Schluss gekommen, dem Fluchtvorbringen keinen Glauben zu schenken. Ausgehend von der soeben dargestellten Rechtsprechung ist diese Beweiswürdigung nicht als unvertretbar zu beurteilen.
13 Damit bestehen aber auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Revisionswerberin bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat - fallbezogen auf ihr individuelles Verfolgungsvorbringen gestützte - Folter drohen würde. Der unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze erfolgten Einschätzung, wonach die Revisionswerberin durch eine Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, ist daher ebenfalls nicht entgegen zu treten.
Insofern vermag die Revision auch nicht die Relevanz der von ihr aufgezeigten Rechtsfrage darzulegen.
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 12. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200250.L00Im RIS seit
04.07.2018Zuletzt aktualisiert am
10.07.2018