TE Dsk BescheidBeschwerde 2018/4/17 DSB-D122.848/0004-DSB/2018

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Veröffentlicht am 17.04.2018
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Norm

DSG 2000 §1 Abs1
DSG 2000 §31 Abs2
B-VG Art87 Abs1
B-VG Art87 Abs2
B-VG Art94 Abs1
GOG §83
GOG §85

Text

GZ: DSB-D122.848/0004-DSB/2018 vom 17.4.2018

 

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde der Theresia A*** (Beschwerdeführerin) vom 29. Jänner 2018 gegen das Bezirksgericht N*** (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Anführung von Daten in einer Zustellverfügung in einem Fensterkuvert wie folgt:

-    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 1 und 31 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 83 und 85 des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896 idgF; Art. 87 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerde und in einer weiteren Eingabe im Rahmen des Parteiengehörs vom 10. April 2018 eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass ihr seitens des Beschwerdegegners ein Schriftstück in einem Fensterkuvert zugestellt worden sei und im Fenster dieses Kuverts neben ihrem Namen und der Adresse auch ihr Geburtsdatum, ihr Beruf und der Hinweis „Nicht an den Ehepartner oder Gatten abzugeben“ angeführt gewesen sei. Sie erachte sich durch die Anführung dieser zusätzlichen Daten in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt.

2. Der Beschwerdegegner führt in seinen Stellungnahmen vom 6. Februar und vom 19. März 2018 aus, dass das erwähnte Schriftstück im Rahmen eines anhängigen Gerichtsverfahrens zur GZ *3 FAM *5/18f ergangen und die Beschwerdeführerin als Partei dieses Verfahren geladen worden sei. Üblicherweise würden die Daten in der Zustellverfügung vom Aktenverwaltungssystem (VJ) vorgegeben, die Mitarbeiter in den Kanzleien könnten jedoch nach den Anweisungen des Richters Einfluss auf die Daten nehmen. Der die Zustellung verfügende Richter hätte die Möglichkeit gehabt, dass in der Zustellverfügung nur Vorname und Name bzw. Adressen aufscheinen. Die weitere Anführung des Geburtsdatums, der beruflichen Stellung bzw. des Hinweises „Nicht an den Ehegatten/Partner zustellen“ entspreche jedoch der beim Beschwerdegegner üblichen Vorgangsweise. Vor allem der Hinweis „Nicht an den Ehegatten/Partner zustellen“ sei unbedingt erforderlich, um in einem Scheidungsverfahren die Garantie einer rechtswirksamen Zustellung zu erlangen, die Anführung des Geburtsdatums sei notwendig, um die ladende Person eindeutig zu bezeichnen.

B. Beschwerdegegenstand

Vorab ist zu prüfen, ob die Datenschutzbehörde zur inhaltlichen Entscheidung über diese Beschwerde berufen ist.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Der Beschwerdeführerin wurde seitens des Beschwerdegegners eine Ladung als Partei in dem Verfahren zur GZ *3 FAM *5/18f in einem Fensterkuvert zugestellt. Die Zustellung erfolgt nicht als RSa- oder RSb-Brief.

In der Zustellverfügung waren folgende Daten angegeben:

„Nicht an den Ehegatten/Partner zustellen

Theresia Paula A***

geb. *3.*1.19**, selbstständig

***stetten 34

**87 ***markt“

Die Daten in einer Zustellverfügung werden üblicherweise vom Aktenverwaltungssystem VJ vorgegeben. Der die Zustellung verfügende Richter hat die Möglichkeit zu verfügen, dass in der Zustellverfügung lediglich Vorname, Nachname und Adresse angeführt werden.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus der der Beschwerde beifügten Kopie des Fensterkuverts samt Zustellverfügung sowie den unbestrittenen Stellungnahmen der Verfahrensparteien.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Die Datenschutzbehörde ist zur inhaltlichen Entscheidung in der gegenständlichen Sache unzuständig.

Gemäß Art. 87 Abs. 1 B-VG sind Richter in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung befindet sich ein Richter in Ausübung seines richterlichen Amtes bei der Besorgung aller ihm nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte, mit Ausnahme der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.

Wie festgestellt, kann das richterliche Organ – trotz Vorgabe durch das Aktenverwaltungssystem VJ – Einfluss auf die in der Zustellverfügung anzuführenden Daten nehmen. Wird die vorgegebene Zustellverfügung nicht geändert, kann sie als vom Richter bestätigt angesehen werden.

Erst in Folge gelangt diese Verfügung – in Form eines Kanzleiauftrags – zur Abfertigung und folglich zur Zustellung. Es kann sich gegenständlich somit um keinen Akt der (weisungsgebundenen) Justizverwaltung handeln.

Eine Abänderung der Zustellverfügung durch Kanzleibedienstete des Beschwerdegegners würde gleichzeitig einen Eingriff in die Entscheidung bewirken bzw. eine Änderung der richterlichen Verfügung sein. Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes jedoch unabhängig (vgl. dazu sinngemäß auch Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 (2015), Rz 927/13).

2. Die Datenschutzbehörde erkennt gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 über Beschwerden von Personen, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1 leg. cit.) verletzt worden zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.

Die Datenschutzbehörde ist eine Verwaltungsbehörde des Bundes, die in Beschwerdeverfahren gemäß § 31 Abs. 7 DSG 2000 Bescheide erlässt, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 und Art. 131 Abs. 2 B-VG iVm § 39 Abs. 1 DSG 2000 der Kontrolle durch das Bundesverwaltungsgericht sowie durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts unterliegen. Jede Auslegung, wonach § 31 Abs. 2 DSG 2000 die Datenschutzbehörde zur Rechtskontrolle von Akten der Gerichtsbarkeit ermächtigte, würde dieser Bestimmung daher einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen.

In Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit richtet sich der Rechtsschutz wegen einer behaupteten Verletzung in Rechten nach dem DSG 2000 nach den §§ 83 und 85 GOG.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Geheimhaltung, Gerichtsbarkeit, Unzuständigkeit der Datenschutzbehörde, Zustellverfügung, richterliche Unabhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2018:DSB.D122.848.0004.DSB.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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