TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/18 VGW-172/V/008/14520/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2018
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Entscheidungsdatum

18.05.2018

Index

36 Wirtschaftstreuhänder
E3L E05100000
E3L E06100000
E3L E06205000

Norm

WTBG 2017 §239 Abs8
WTBG §3
WTBG §232
32005L0036 Anerkennungs-RL Berufsqualifikationen

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Burda über die Beschwerde des Herrn Mag. R. Y. vom 02.10.2017 gegen den Bescheid der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 04.09.2017, Zl. ..., mit welchem sein Antrag vom 27.10.2016 auf öffentliche Bestellung zum Steuerberater gemäß § 232 WTBG, BGBl. I Nr. 58/1999 idF BGBl. I Nr. 50/2016, abgewiesen wurde,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Herr Mag. R. Y. hat mit Antrag vom 27.10.2016, bei der belangten Behörde am 28.10.2016 eingelangt, einen Antrag auf öffentliche Bestellung zum Steuerberater gemäß § 232 WTBG gestellt.

Am 8. Juni 2017 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde ein, welche die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht Wien zwar vorlegte, in der Folge diesem aber am 31. Juli 2017 mitteilte, dass die Vorlage irrtümlich erfolgt sei. Keineswegs habe sich die Behörde durch die irrtümlich erfolgte Aktvorlage des Rechts auf Nachholung der Entscheidung innerhalb der ihr dafür zur Verfügung stehenden dreimonatigen Frist begeben wollen; vielmehr wolle sie von diesem Recht Gebrauch machen, zumal es ja schon ein Bescheidkonzept gegeben habe.

Im Hinblick auf das Ersuchen um Rückmittlung des Aktes wurde dieser vom Verwaltungsgericht Wien der belangten Behörde am 31. Juli 2017 wieder retourniert, welche in der Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer am 7.9.2017 zustellte.

Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass die Tätigkeit des Antragstellers als Steuerberater in Polen nicht mit der Tätigkeit eines solchen in Österreich vergleichbar sei, weil aufgrund der Rechtslage in den für einen Steuerberater relevanten Rechtsgebieten (wie zB Abgabenrecht, Arbeits- und Sozialrecht, Unternehmensrecht) in Polen und Österreich eine inhaltliche Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation nicht gegeben sei.

Auch begründe der Umstand, dass der Antragsteller vom 1.4.2000 bis 31.12.2016 in einer Wiener Steuerberatungskanzlei, nämlich der X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG, unbeschränkt haftender Gesellschafter gewesen sei, keine Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation, weil er den Wirtschaftstreuhandberuf (wie in § 3 WTBG angeführt) in Österreich nicht selbständig ausgeführt habe (laut den der belangten Behörde vorliegenden Informationen sei der Antragsteller zwar unbeschränkt haftender Gesellschafter gewesen, habe allerdings über keine Vertretungsbefugnis verfügt).

Aufgrund der Gesamtbeurteilung der Nachweise für die Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation des Antragstellers sei daher insgesamt festzustellen gewesen, dass dem Antrag auf öffentliche Bestellung zum Steuerberater gemäß § 232 WTBG nicht stattgegeben werden könne.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher vorgebracht wird, die Kammer der Wirtschaftstreuhänder habe zu Unrecht das Vorliegen von gleichwertigen Berufsqualifikationen als Bestellungskriterium im Sinne des § 232 Abs. 4 WTBG verneint. Die belangte Behörde habe den Begriff „Berufsqualifikation" nicht im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG verstanden, wonach Qualifikationen durch Ausbildungsnachweise und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden müssten.

Unter Hinweis auf einschlägige EuGH-Judikatur führte der Beschwerdeführer aus, dass bei der Festlegung von Ausgleichsmaßnahmen zur Beseitigung wesentlicher Unterschiede zwischen der Ausbildung eines Antragstellers und der im Aufnahmemitgliedstaat erforderlichen Ausbildung jede praktische Erfahrung zu berücksichtigen sei, die diese Unterschiede ganz oder teilweise ausgleichen könne. Demnach seien bei der Prüfung, ob durch einen EWR-Bürger in einem reglementierten Beruf die nationalen Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt werden, nicht nur auf die vom EWR-Bürger vorgelegten Ausbildungsnachweise, sondern auch die vom Betroffenen bislang erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu berücksichtigen. Maßgeblich sei daher im Hinblick auf eine Prüfung der Gleichwertigkeit einer erworbenen Berufsausbildung nach der Berufsanerkennungsrichtlinie nicht, ob der Betroffene alle maßgeblichen durch das nationale Recht geforderten Kenntnisse im Rahmen einer Ausbildung erworben habe, sondern ob der Betroffene über die national geforderten beruflichen Kenntnisse verfüge. Es sei nicht maßgeblich, ob diese Kenntnis im Rahmen einer Ausbildung oder aber tatsächlich im Rahmen der bisherigen beruflichen Tätigkeit im reglementierten Beruf erworben worden seien.

Demnach müsste die belangte Behörde alle seine bisher in Österreich erworbenen Praxiserfahrungen, welche für die Ausübung des Berufes des Steuerberaters nützlich seien, bei der Prüfung der Gleichwertigkeit berücksichtigen.

Darüber hinaus habe er mit seinem Antrag auf öffentliche Bestellung zum Steuerberater seinen „Studienabschlussbescheid“ der Rechtswissenschaften der Universität Wien vorgelegt. Die belangte Behörde habe es übersehen, dass für den Studienabschluss in den Rechtswissenschaften in Österreich die Diplomprüfungen aus Steuerrecht, Arbeits- und Sozialrecht sowie Unternehmensrecht als Pflichtfächer positiv zu absolvieren seien, damit man einen Studienabschlussbescheid erhalte. Der belangten Behörde sei auch von Amts wegen bekannt, dass er als Bilanzbuchhalter in Österreich bestellt sei und im Register der Bilanzbuchalter der Wirtschaftskammer Österreich aufscheine. Der Berechtigungsumfang eines Bilanzbuchalters sei in § 2 BiBuG verankert und umfasse ua. Buchhaltung, Erstellung von Bilanzen, Lohnverrechnung, Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren und Beratung in diesen Bereichen.

Demnach gehe die Feststellung, die für einen Steuerberater relevanten österreichischen Rechtsgebiete, wie zB. Abgabenrecht, Arbeits- und Sozialrecht und Unternehmensrecht, könnten ihm nicht bekannt sein, weil in Polen die Rechtslage anders sei, ins Leere.

Im Zeitraum 1.04.2000 bis 31.12.2016 sei er zwar nicht vertretungsbefugter Gesellschafter der X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG gewesen, wohl aber habe er seit Beginn an die berufliche Tätigkeit unter der Leitung eines qualifizierten Berufsangehörigen absolviert. Seit Oktober 2016 übe er die Tätigkeit des Steuerberaters in Polen und auch in Österreich selbständig aus und vertrete u.a. seine Klienten vor den österreichischen Behörden.

Hätte die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung sein Studium der Rechtswissenschaften in Wien, seine langjährige Berufspraxis in der Wiener Steuerberatungskanzlei sowie seine Tätigkeit als Bilanzbuchalter in Österreich und schließlich als polnischer Steuerberater, der seine Dienstleistungen auch in Österreich anbiete, in Betracht gezogen, hätte sie zur Feststellung gelangen müssen, dass er über ausreichende Berufsqualifikationen im Sinne des § 232 Abs. 4 WTBG verfüge.

Außerdem sei die belangte Behörde gemäß § 232 Abs. 5 WTBG verpflichtet gewesen, ihm eine Eignungsprüfung vorzuschreiben.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde sowie durch Einsichtnahme in das Firmenbuch und in das bei der WKO geführte Register der Bilanzbuchhalter.

Folgender Sachverhalt wird demnach festgestellt:

Der Antragsteller besitzt sowohl die polnische als auch die österreichische Staatsbürgerschaft und ist sohin jedenfalls Staatsangehöriger eines EU- Mitgliedstaates.

Der Beschwerdeführer verfügt seit 5. Dezember 2007 über einen Studienabschluss an der Universität Wien in Rechtswissenschaften.

Der Beschwerdeführer war in der X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG mit Sitz in Wien zwar unbeschränkt haftender Gesellschafter, jedoch zu keiner Zeit vertretungsbefugt (die Gesellschaft ist seit 30.6.2017 aufgelöst und gelöscht).

Der Antragsteller ist seit 30. September 2016 berechtigt, in Polen einen Wirtschaftstreuhandberuf auszuüben; er verfügt über die aufrechte Steuerberaterbefugnis in Polen.

Überdies ist er in Österreich als Bilanzbuchhalter registriert.

Der Beschwerdeführer ist voll handlungsfähig, besonders vertrauenswürdig, und verfügt über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen gründen sich auf die vom Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Urkunden in Verbindung mit seinen diesbezüglichen Angaben und dem Beschwerdevorbringen (soweit es sich dabei nicht um rechtliche Auslegungen handelt):

Dass der Beschwerdeführer über einen Studienabschluss der Universität Wien in Rechtswissenschaften verfügt, ergibt sich aus dem von ihm vorgelegten Bescheid über die Verleihung des akademischen Grades „Magister der Rechtswissenschaften (Mag.iur.)“ der Universität Wien vom 5. Dezember 2007.

Die Feststellungen zur X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG und zur unternehmensrechtlichen Funktion des Beschwerdeführers beruhen auf Einsichtnahme in das Firmenbuch.

Feststellungen zu einer allfälligen Tätigkeit des Beschwerdeführers für die X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG und seinen konkreten Aufgaben bei dieser konnten jedoch keine getroffen werden. Der Beschwerdeführer hat auch keine Bestätigungen darüber vorgelegt, das er tatsächlich „unter Leitung eines qualifizierten Berufsangehörigen“ eine Tätigkeit bei der X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG ausgeübt hat bzw. fehlen im Akt Nachweise darüber, worin diese Tätigkeit bestanden haben soll. Aus diesem Grunde konnten auch keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen werden.

Lediglich aus seinen eigenen Angaben ergibt sich eine sechzehnjährige Tätigkeit des Beschwerdeführers für die X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG. Er behauptete (auch in seiner Beschwerde), dort 16 Jahre ähnlich einem Berufsanwärter tätig gewesen zu sein, was jedoch schon deshalb ausgeschlossen ist, als ein Berufsanwärter über ein abgeschlossenes Studium verfügen muss und der Beschwerdeführer während seiner allfälligen tatsächlichen Tätigkeit bei der nach ihm benannten Gesellschaft zumindest sieben Jahre lang über keinen Abschluss an einer österreichischen Universität verfügt hat (andere akademische Nachweise wurden von ihm nicht vorgelegt).

Die Registrierung des Beschwerdeführers als Bilanzbuchhalter ergibt sich aus einer Nachschau des Verwaltungsgerichtes in einem bei der WKO einsehbaren Register.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit gründen sich auf die vorgelegten Kopien des österreichischen Reisepasses und österreichischen Staatsbürgerschaftsnachweises sowie der polnischen Identitätskarte.

Die Feststellungen zur Berufsausübung in Polen sind durch die beglaubigten Übersetzungen des Bescheides und des Schreibens der polnischen Steuerberaterkammer über die Eintragung in die Liste der Steuerberater belegt.

Die Feststellungen betreffend die allgemeinen Voraussetzungen sind durch die Vorlage einer Meldebescheinigung in Polen sowie die beglaubigte Übersetzung eines Gutachtens der polnischen Steuerberaterkammer vom 29.12.2016 belegt. In dem Gutachten wird bestätigt, dass nur „ eine Person, die über die volle Fähigkeit zu Rechtsgeschäften verfügt, die öffentlichen Rechte voll in Anspruch nimmt, von tadellosen Charakter ist und mit ihrer bisherigen Handlungsweise die Gewähr für die ordnungsgemäße Ausübung dieses Berufs bietet“, in die Liste der Steuerberater eingetragen wird. Weiters wird bestätigt, dass der Antragsteller „in der letzten Zeit seiner Ausübung der Geschäfte der Steuerberatung den Pflichten nachgekommen, die vom Körperschaftsteuerrecht auferlegt wurden“ und dass außerdem „gegen ihn keine disziplinäre Strafe vom Disziplinargericht der Nationalen Kammer der Steuerberater entschieden“ wurde.

Rechtlich folgt daraus:

1) Zur funktionellen Zuständigkeit der belangten Behörde, den angefochtenen Bescheid zu erlassen:

Gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Da die Behörde innerhalb von drei Monaten nach Einlangen der Säumnisbeschwerde am 9. Juni 2017 die Entscheidung nachgeholt hat, indem sie den nunmehr angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer am 7. September 2017 durch Hinterlegung zugestellt hat, hat sie von dem ihr gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG eingeräumten Recht zur Nachholung des Bescheides, dessen sie sich auch durch die bloß irrtümlich erfolgte Aktvorlage nicht begeben wollte, rechtzeitig Gebrauch gemacht.

2) Zur strittigen Frage der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation des Beschwerdeführers:

Gemäß § 239 Abs. 8 WTBG 2017 sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängige Anträge auf öffentliche Bestellung als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, nach den Bestimmungen des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes zu beurteilen.

Demnach ist auf den gegenständlichen Fall die vor Inkrafttreten des WTBG 2017 bestehende alte Rechtslage weiterhin anzuwenden.

Beim Beruf des Steuerberaters handelt es sich um einen im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG reglementierten Beruf.

Bei der Anerkennung von Qualifikationen für den Zugang zu einem solchen Beruf gilt als Voraussetzung, dass der Beruf dem gleichartig sein muss, für den die Anerkennung im Aufnahmestaat erfolgen soll. Für einen Ausgleich wesentlicher Unterschiede hat die anerkennende Stelle zunächst zu prüfen, ob die praktische Berufserfahrung, die der Antragsteller bereits in diesem Beruf gesammelt hat, ganz oder teilweise herangezogen werden kann.

Die Voraussetzungen für die Niederlassung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der EU sind im § 232 WTBG geregelt gewesen und aufgrund der zitierten Übergangsbestimmung im gegenständlichen Fall weiterhin einschlägig:

§ 232 WTBG idF vor Inkrafttreten des WTBG 2017 lautete auszugsweise wie folgt:

„Niederlassung

§ 232. (1) Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz sind nach Maßgabe des Abs. 2 berechtigt, sich auf dem Gebiet der Republik Österreich zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes niederzulassen.

(2) Voraussetzungen für die Niederlassung gemäß Abs. 1 sind:

1. die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz,

2. die aufrechte Berechtigung in ihrem Herkunflsmitgliedstaat einen Wirtschaftstreuhandberuf auszuüben,

3. das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1,

4. das Vorliegen einer gleichwertigen Berufsqualifikation und

5. die öffentliche Bestellung durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

(3) Dem Antrag auf öffentliche Bestellung sind anzuschließen:

1. ein Identitätsnachweis,

2. der Nachweis der Staatsangehörigkeit,

3. der Berufsqualifikationsnachweis, der zur Aufnahme eines Wirtschaftstreuhandberufes berechtigt, und

Bescheinigungen der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates über das Vorliegen der besonderen

4. Vertrauenswürdigkeit, der geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse und das Nichtvorliegen schwerwiegender standeswidriger Verhalten. Diese Bescheinigungen dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein.

(4) Die öffentliche Bestellung hat zu erfolgen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung vorliegen und die geltend gemachte Berufsqualifikation dem des angestrebten Wirtschaftstreuhandberufes gleichwertig ist. Die fachliche Befähigung ist nachzuweisen durch die Vorlage eines Nachweises im Sinne des Art. 11 lit. e Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABI. Nr. L 255 vom 30.09.2005 S. 22, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/100/EG zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich Freizügigkeit anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABI. Nr. L 363 vom 20.12.2006, S. 141. Diesen Ausbildungsnachweisen ist jeder Ausbildungsnachweis oder jede Gesamtheit von Berufsqualifikationsnachweisen, die von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, gleichgestellt, sofern sie eine in der Gemeinschaft erworbene Ausbildung abschließen und von diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannt werden und in Bezug auf die Aufnahme oder Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes dieselben Rechte verleihen oder auf die Ausübung dieser Berufe vorbereiten.

(5) Die mangelnde Gleichwertigkeit der geltend gemachten Berufsqualifikation ist durch die Absolvierung einer Eignungsprüfung auszugleichen. Unter einer Eignungsprüfung sind Prüfungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. h der Richtlinie 2005/36/EG zu verstehen.

(6) Die Eignungsprüfung für Steuerberater umfasst folgende Sachgebiete im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. h der Richtlinie 2005/36/EG:

1. die schriftliche Ausarbeitung einer Klausurarbeit gemäß § 29 Abs. 2 in Verbindung mit § 29 Abs. 4 und

2. die mündliche Beantwortung von Prüfungsfragen aus den Fachgebieten gemäß § 30 Z 1, 2 und 5.

(7) Die Eignungsprüfung für Wirtschaftsprüfer umfasst folgende Sachgebiete im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. h der Richtlinie 2005/36/EG:

1. die schriftliche Ausarbeitung von zwei Klausurarbeiten gemäß § 34 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 7 und ' § 34 Abs. 6 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 und 4 und

2. die mündliche Beantwortung von Prüfungsfragen aus den Fachgebieten gemäß § 35 Z 1, 2, 5 und 8.

(8) Für das Prüfungsverfahren betreffend die Ablegung von Eignungsprüfungen gelten die Bestimmungen der §§ 17 bis 23 und §§ 36 bis 54.

(9) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat dem Niederlassungswerber binnen eines Monats den Empfang der Unterlagen mitzuteilen und ihm gegebenenfalls einen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist verpflichtet, über den Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach Einreichung der vollständigen Unterlagen des Niederlassungswerbers zu entscheiden.

…….“

Die Voraussetzungen des § Zu § 232 Abs 2 Z 1, 2 und 3 WTBG sind im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen als vom Beschwerdeführer erfüllt zu betrachten.

Der Antragsteller hat als Berufsqualifikation, die dem Beruf des Wirtschaftstreuhandberufs vergleichbar ist eine aufrechte Berufsbefugnis als Steuerberater in Polen vorgelegt. Der Berechtigungsumfang eines österreichischen Steuerberaters war in § 3 WTBG geregelt.

§ 3 WTBG idF vor Inkrafttreten des WTBG 2017 lautete wie folgt:

„Berechtigungsumfang – Steuerberater

§ 3. (1) Den zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:

1. die Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiet des Abgabenrechts und der Rechnungslegung,

2. die Beratung auf dem Gebiet des Bilanzwesens und der Abschluss kaufmännischer Bücher,

3. die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben und in Beihilfeangelegenheiten vor den Finanzbehörden, den übrigen Gebietskörperschaften und den Verwaltungsgerichten, hierbei ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis,

4. die Durchführung von Prüfungsaufgaben, die nicht die Erteilung eines förmlichen Bestätigungsvermerkes erfordern, und eine diesbezügliche schriftliche Berichterstattung und

5. die Erstattung von Sachverständigengutachten auf den Gebieten des Buchführungs- und Bilanzwesens, des Abgabenrechts und auf jenen Gebieten, zu deren fachmännischer Beurteilung Kenntnisse des Rechnungswesens und der Betriebswirtschaftslehre erforderlich sind.

(2) Die zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:

1. alle Tätigkeiten der Bilanzbuchhaltungsberufe, ausgenommen Tätigkeiten gemäß § 32 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194,

2. sämtliche Beratungsleistungen und Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem betrieblichen Rechnungswesen und die Beratung betreffend Einrichtung und Organisation des internen Kontrollsystems,

3. die Beratung und Vertretung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten,

4. die Sanierungsberatung, insbesondere die Erstellung von Sanierungsgutachten, Organisation von Sanierungsplänen, Prüfung von Sanierungsplänen und die begleitende Kontrolle bei der Durchführung von Sanierungsplänen,

5. die Beratung in Rechtsangelegenheiten, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzufuhrenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar Zusammenhängen,

6. die Beratung und Vertretung vor gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Beitragsangelegenheiten,

7. die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar Zusammenhängen,

8. die Übernahme von Treuhandaufgaben und die Verwaltung von Vermögenschaften mit Ausnahme der Verwaltung von Gebäuden,

9. die Beratung in arbeitstechnischen Fragen und

10. die Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, wobei sie in diesem Verfahren die Beschwerde und die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch mit ihrer Unterschrift versehen dürfen.“

Dem Beschwerdeführer ist zwar darin zuzustimmen, dass der Bescheid der Universität Wien, mit welchem ihm der Titel „Mag.iur“ verliehen wurde, einen Nachweis im Sinne des Art. 11 lit. d der Richtlinie 2005/36/EG darstellt, er übersieht jedoch, dass nach dieser Bestimmung auch Nachweise über den Abschluss einer über den postsekundären Ausbildungsgang hinaus erforderlichen beruflichen Ausbildung gefordert sind.

Ein in Polen tätiger Steuerberater ist nun einmal in der Regel nicht mit österreichischem Abgabenrecht, Arbeits- und Sozialrecht und Unternehmensrecht befasst. Mag auch der Beschwerdeführer im Hinblick auf sein in Österreich abgeschlossenes Jusstudium über die entsprechenden Rechtskenntnisse aufgrund seiner universitären Ausbildung verfügen, so verfügt er aufgrund seiner seit 30.09.2016 bestehenden Berufsberechtigung in Polen dennoch nicht über eine solche in diesen Rechtsgebieten praktische Berufserfahrung, die eine inhaltliche Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation als gegeben erscheinen lässt.

Als weiteren Nachweis für die Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation hat der Beschwerdeführer die sechzehnjährige Berufspraxis in der X. Steuerberatungsgesellschaft Mag. Y. OG angeführt, wo er zwar unbeschränkt haftender Gesellschafter war, allerdings zu keiner Zeit über eine Vertretungsbefugnis verfügte. Auch hier liegt daher eine mangelnde Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation vor, da er den Wirtschaftstreuhandberuf, wie in § 3 WTBG angeführt, in Österreich gerade eben nicht selbständig ausgeführt hat (wiewohl Art und Umfang seiner Tätigkeit bei X. ohnedies von ihm unbelegt geblieben sind).

Sofern der Beschwerdeführer auf seine Tätigkeit als Bilanzbuchhalter hinweist, vermag auch diese keine Gleichwertigkeit zu begründen, da Bilanzbuchhalter beispielsweise nur die Arbeitnehmerveranlagung durchführen dürfen, hingegen sonstige Jahreserklärungen, wie die Einkommensteuererklärung und Umsatzsteuererklärung oder die Körperschaftsteuererklärung weder erfassen noch abgeben und daher auch keine Steuerbescheide prüfen dürfen und die Vertretung in gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren vom Berechtigungsumfang gemäß §§ 2, 3 und 4 BiBuG nicht gedeckt ist.

Aufgrund der Gesamtbeurteilung der Nachweise für die Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation des Antragstellers ist daher insgesamt festzustellen, dass dem Antrag auf öffentliche Bestellung zum Steuerberater gemäß § 232 WTBG von der belangten Behörde zu Recht nicht stattgegeben werden konnte.

Da Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 27 VwGVG nur die Überprüfung des bekämpften Bescheides war, ist es auch nicht Sache des Verwaltungsgerichtes Wien, dem Beschwerdeführer eine Eignungsprüfung vorzuschreiben. Diese Aufgabe kommt vielmehr der belangten Behörde zu.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen kommt der Rechtssache keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Schlagworte

Anerkennung Berufsqualifikation, Vergleichbarkeit der Berufsqualifikation, Berufsqualifikationsrichtlinie

Anmerkung

VwGH v. 16.6.2020, Ra 2018/04/0151; Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.172.V.008.14520.2017

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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