TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/15 LVwG-2018/29/1267-5

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Veröffentlicht am 15.06.2018
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Entscheidungsdatum

15.06.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahrensgesetze

Norm

ZustG §17 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Kantner über die Beschwerde des AA, geboren xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.05.2018, *****, betreffend Zurückweisung eines Einspruches als verspätet,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der vom Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingebrachte Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.03.2017, *****, gemäß § 49 Abs 1 iVm Abs 3 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass ihm bewusst sei, dass er die Abholfrist verpasst habe, er habe aber die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb er um Klärung vor Gericht ersuche.

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

I. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.03.2018, *****, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, in der Zeit vom 27.02.2018 bis 27.03.2018 in der Adresse 1, Z, gegen das Meldegesetz verstoßen zu haben. Konkret habe er seinen Hauptwohnsitz in Z, Adresse 1 am 27.02.2018 aufgegeben und es zumindest bis zum 27.03.2018 unterlassen, sich beim Meldeamt der Marktgemeinde Z polizeilich abzumelden, obwohl, wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, sich innerhalb von drei Tagen davor oder danach abzumelden habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 22 Abs 1 Z  1 iVm § 4 Abs 1 Meldegesetz begangen und wurde über ihn gemäß § 22 Abs 1 Meldegesetz eine Geldstrafe in Höhe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 23 Stunden) verhängt.

Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 05.04.2018 (Rückschein) zugestellt, die Behebung des hinterlegten Schriftstückes erfolgte am 20.04.2018 (Übernahmebestätigung des Postamtes Z).

Mit Email vom 24.04.2018 erhob der Beschwerdeführer Einspruch gegen die Strafverfügung und führte aus, dass er keinen Verstoß nach dem Meldegesetz zu verantworten habe, zumal er seinen Hauptwohnsitz nicht aufgegeben habe. Er habe sich nur längere Zeit im Ausland befunden, um sich von der angespannten Situation mit den Nachbarn zu erholen, habe aber nie vorgehabt, die gemeinsame Wohnung zu verlassen weshalb beantragt wurde, das ordentliche Verfahren einzuleiten und in weiterer Folge das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 08.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer Möglichkeit gegeben, sich zur Verspätung des erhobenen Einspruches zu rechtfertigen, insbesondere wurde er aufgefordert mitzuteilen, ob Gründe vorlagen, welche eine Zustellung durch Hinterlegung mangelhaft machen würden.

Mit E-Mail vom 13.06.2018 teilte die Ehegattin des Beschwerdeführers für diesen mit, dass sie aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht so gut Deutsch spreche, sich um die Angelegenheit kümmere, sie habe dem Beschwerdeführe auch gesagt, dass sie das hinterlegte Schreiben beheben werde. Zumal sie unter der Woche beruflich sehr eingespannt gewesen sei – sie pendle jeden Tag nach X – sei es ihr nicht möglich gewesen, das hinterlegte Schreiben früher zu beheben. Dass der Beschwerdeführer selbst ortsabwesend gewesen wäre, wurde nicht einmal behauptet.

Vorangeführter Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten Beweismitteln und dem Behördenakt sowie dem Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

II. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 44 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal sich die Beschwerde nur gegen den verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung trotz diesbezüglichem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides nicht beantragt hat.

Gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienenden Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Kann gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz (ZustG) das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß Abs 2 leg cit ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurück zu lassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnung-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß Abs 3 leg cit ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Bezogen auf den festgestellten Sachverhalt ist festzuhalten, dass das angefochtene Straferkenntnis dem Beschwerdeführer nachweislich durch Hinterlegung am 05.04.2018 zugestellt wurde. Die 14-tägige Frist zur Erhebung des Einspruches im Sinne des § 49 VStG endete daher am 19.04.2018. Der erst am 24.04.2018 erhobene Einspruch war daher richtigerweise als verspätet zurückzuweisen.

Trotz diesbezüglichen Verspätungsvorhalt hat der Beschwerdeführer auch keinerlei Gründe glaubhaft gemacht bzw nachgewiesen, welche eine Rechtmäßigkeit der Zustellung durch Hinterlegung widerlegt hätten. Von Seiten des Beschwerdeführers wurde weder behauptet noch nachgewiesen, dass er zum Zeitpunkt der Hinterlegung ortsabwesend gewesen wäre weshalb die Hinterlegung im Sinn des § 17 Zustellgesetz ordnungs- und rechtmäßig erfolgt ist.

Auch mit dem Vorbringen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers ihm zugesagt habe, das Schriftstück zu beheben, sie aber unter der Woche untertags nach X pendle und daher das Schriftstück nicht früher beheben habe können, ist für den Beschwerdeführe nichts zu gewinnen: In § 17 Abs 1 ZustG wird die Zulässigkeit der Hinterlegung nicht von der wirklichen An- oder Abwesenheit des Empfängers abhängig gemacht, sondern davon, ob der Zusteller "Grund zur Annahme" hatte, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Dabei machen vorübergehende berufsbedingte regelmäßige Abwesenheiten von der Abgabestelle zu bestimmten Stunden oder an bestimmten Werktagen (zB im Falle von beruflichen "Pendlern") die Annahme einer Regelmäßigkeit der Anwesenheit an der Abgabestelle nicht unzulässig. Eine Zustellung gilt nach Abs 3 leg cit daher nur in jenem Falle ungeachtet einer solchen berechtigten Annahme des Zustellers dann als nicht vollzogen, wenn der Empfänger vom Zustellvorgang "nicht rechtzeitig" Kenntnis erlangen konnte (VwGH 19.04.2001, 99/06/0049).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und war spruchgemäß zu entscheiden.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Weiters ist festzuhalten, dass eine Revision durch den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs 4 VwGG ausgeschlossen ist, da in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache lediglich eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro (konkret bis Euro 726,--) und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro (konkret Euro 50,--) verhängt wurde.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Kantner

(Richterin)

Schlagworte

Pendeln ist keine Ortsabwesenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.29.1267.5

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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