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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §2a Nö AnzeigenabgabeG mit E v 04.10.97, G322,323/97.Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 18.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 16. Juni 1997 wies die NÖ Landesregierung unter Berufung auf Bestimmungen des NÖ AnzeigenabgabeG, LGBl. 3705-2, darunter dessen §2a, vier Anträge des Österreichischen Rundfunks ab, die (für die Monate Mai 1996 bis einschließlich August 1996) für die Verbreitung von Rundfunkwerbung entrichtete "Anzeigenabgabe" rück-zuerstatten. Zu dem erst in der Berufung gestellten weiteren Antrag, die Abgaben für den genannten Zeitraum bescheidmäßig (mit 0 S) festzusetzen, hielt die NÖ Landesregierung fest, daß dazu nicht sie, sondern die Abgabenbehörde erster Instanz funktionell zuständig sei.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde nach Art144 B-VG, in der die beschwerdeführende Partei insbesondere die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie eine Rechtsverletzung infolge Anwendung als verfassungswidrig kritisierter Bestimmungen des NÖ AnzeigenabgabeG geltend macht.
2. Aus Anlaß der Beschwerden B1439/96 und B4535/96 leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2a NÖ AnzeigenabgabeG, LGBl. 3705-2, ein und hob diese Gesetzesbestimmung sodann mit Erkenntnis G322,323/97 vom 4. Oktober 1997 als verfassungswidrig auf.
3. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren
(VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im erwähnten Verfahren G322,323/97 zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2a NÖ AnzeigenabgabeG begann am 4. Oktober 1997. Die vorliegende Beschwerde langte am 30. Juli 1997 beim Gerichtshof ein. Das Beschwerdeverfahren war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
II. Die Kostenentscheidung
gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 3.000 S enthalten.
III. Von der Durchführung einer
mündlichen Verhandlung wurde in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B1970.1997Dokumentnummer
JFT_10028984_97B01970_00