TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/14 W182 1409766-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §56 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W182 1409766-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2017, Zl. 13-790468308/152041806, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - III. und V. des

angefochtenen Bescheides wird gemäß § 56 Abs. 1 und 10 Abs. 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 3, 52 Abs. 9, 46, 55 Abs. 1 -3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides ersatzlos behoben wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China, reiste im April 2009 ins Bundesgebiet ein und stellte hier unter der an zweiter Stelle im Spruch genannten Alias-Identität am 20.04.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.03.2013 (zugestellt am 12.03.2013), Zl. C3 409.766-1/2009/11E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung rechtskräftig abgeschlossen, wobei die Beschwerde des BF sowohl hinsichtlich des Antrages auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet ins Herkunftsland bestätigt wurde. Begründend ging der Asylgerichtshof von der Unglaubwürdigkeit der behaupteten Fluchtgründe des BF aus. Zur Ausweisungsentscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich des BF in Österreich kein Familienleben bestehe und auch keine fortgeschrittene Integration oder Verfestigung im Bundesgebiet festzustellen sei.

Der BF verblieb trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Ausweisung im Bundesgebiet.

In weiterer Folge wurde dem BF mit Entscheidung eines Stadtmagistrates eine von 07.11.2013 bis 07.11.2014 gültige Rot-Weiß-Rot Karte Plus ausgestellt.

Am 10.11.2014 stellte der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) einen schriftlichen Antrag auf Erteilung einer "RWR+".

In einer diesbezüglichen Einvernahme am 10.12.2015 beim Bundesamt wurde der BF laut Protokoll ausführlich zu den humanitären Aufenthaltstiteln gem. §55 bis 57 AsylG 2005 manuduziert und ihm bekanntgegeben, dass für seinen Antrag auf "RWR+" die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig sei, wobei er dazu befragt wurde, ob sein Antrag an die zuständige Behörde weitergeleitet werden solle. Dies wurde vom BF dahingehend beantwortet, dass er angab: "Ich kann mich nicht entscheiden. Ich ziehe meinen Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot Karte zurück und möchte noch überlegen, ob ich beim BFA einen Antrag stelle." Zuvor hatte der BF erklärt, dass er bereits im September 2014 bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft gewesen sei, und man ihn zum Bundesamt geschickt hätte. Der BF gab in der Einvernahme auf Nachfragen neuerlich die an zweiter Stelle im Spruch genannte Identität an. Auf den Vorhalt, dass er von der chinesischen Botschaft identifiziert worden sei und dabei die an erster Stelle im Spruch genannte Identität hervorgekommen sei, gab der BF keine Antwort. Der BF wurde darüber informiert, dass gegen ihn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme eingeleitet werde. Zu seinen Verhältnissen im Inland gab der BF an, dass er keine familiären Anknüpfungspunkte an Österreich habe und hier alleine lebe. Er habe 2011 einen Deutschkurs A2 positiv abgeschlossen. In China würden seine Eltern und eine Tante leben. Er habe in China ein Handelskollege besucht und beruflich Immobilien und Maschinen geschätzt. In Österreich habe er bis 01.12.2015 gearbeitet und sei nun arbeitslos. Vom BF wurde u.a. ein entsprechendes A2-Diplom sowie ein Versicherungsdatenauszug vom 10.12.2015 vorgelegt, wonach er seit Mitte Dezember 2013 bis 30.11.2015 laufend als Arbeiter bei einem Unternehmen beschäftigt gewesen sei, sowie ein Kündigungsschreiben des gleichen Unternehmens wegen der schlechten Auftragslage.

Am 21.12.2015 langte beim Bundesamt ein schriftlicher Antrag des BF unter der an erster Stelle genannten Identität auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 12.08.2016 wurde der BF aufgefordert, u.a. ein gültiges Reisedokument nachzureichen, die persönliche Antragstellung beim Bundesamt nachzuholen sowie Nachweise für Unterhaltsmittel, eine Krankenversicherung, den Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft sowie Nachweise betreffend die Selbsterhaltungsfähigkeit binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens vorzulegen. Weiters wurde der BF darauf hingewiesen, dass der rechtswidrige Aufenthalt in Österreich gemäß § 120 FPG eine Verwaltungsübertretung darstelle, welche vom Bundesamt gem. § 31 BFA-VG zur Anzeige gebracht werden müsse.

In einer Stellungnahme des BF vom 06.10.2016 wurde u.a. in Kopie ein Mietvertrag nachgereicht. Weiters wurde ausgeführt, dass der BF am 05.09.2016 bei der Botschaft seines Herkunftslandes gewesen sei, um einen Reisepass zu beantragen, und ihm dort mündlich mitgeteilt worden sei, dass ihm kein Reisepass ausgestellt werden könne, da er über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfüge. Eine schriftliche Bestätigung darüber sei ihm nicht erteilt worden. Er könne den Besuch bei der Botschaft durch entsprechende Bahn-Tickets nachweisen. Diesbezüglich wurde ein Antrag auf Heilung des Mangels der Nichtvorlage des Reisepasses gestellt. In einer Stellungnahme des BF vom 15.09.2017 wurde u.a. ein Arbeitsvorvertrag eines China-Restaurants für den Fall der Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte Plus vorgelegt.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG 2005 abgewiesen und gegen den BF gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Der Antrag auf Heilung gemäß § 4 iVm § 8 AsylG-DV vom 06.10.2016 wurde abgewiesen (Spruchpunkt V.). Dabei wurde begründend u.a. hervorgehoben, dass feststehe, dass der BF missbräuchlich einen unbegründeten Asylantrag gestellt, sich unter Angabe falscher Identitätsangaben einen von 07.11.2013 bis 07.11.2014 gültigen Aufenthaltstitel erschlichen und seit dem 08.11.2014 sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Weiters würde gegen den BF ein im August 2016 eingeleitetes und bis zur gegenständlichen Entscheidung ruhend gestelltes Verfahren nach § 120 Abs. 1a FPG - unrechtmäßiger Aufenthalt - bestehen. Weiters stehe fest, dass der BF über keine entsprechende Krankenversicherung verfüge und sein Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Weiters stehe fest, dass der BF in China nicht völlig entwurzelt sei. Zum Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass der BF vom 08.11.2014 bis zum 30.11.2015 in Österreich einer unrechtmäßigen Beschäftigung nachgegangen sei, hinsichtlich seiner Identität gegenüber den Behörden die Unwahrheit gesagt habe, er die Mittel für seinen Lebensunterhalt nicht nachweisen habe können, und sich beharrlich geweigert habe, den gesetzeskonformen Zustand durch seine Ausreise aus Österreich herzustellen, weshalb von der Landespolizeidirektion ein Verwaltungsverfahren eingeleitet worden sei.

Dagegen erhob der BF innerhalb offener Frist Beschwerde. Darin wurde insbesondere auf die gute Integration des BF, der vor fast 8 Jahren China verlassen habe, hingewiesen. Der BF sei nach Ausstellung eines Aufenthaltstitels erwerbstätig gewesen sei und erst nach Verlust des Aufenthaltstitels nicht mehr weiterbeschäftigt worden, wobei er einen Arbeitsvorvertrag eines China-Restaurants mit einem Bruttolohn von monatlich 1.480 Euro vorlegen habe können. Außerdem habe der BF ein Deutsch A2 Diplom vorgelegt. Der BF habe auch rechtzeitig seinen Aufenthaltstitel verlängern wollen, wobei mangels Reisepass sein Antrag von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft nicht angenommen worden sei und er nicht nach § 19 Abs. 3 Z 8 NAG manuduziert, sondern direkt an das Bundesamt verwiesen worden sei, das für die Antragstellung eines weiteren NAG-Titels gemäß § 41a Abs. 9 NAG unzuständig gewesen sei, weshalb der BF aufgrund dieses rechtswidrigen Verhaltens seinen Aufenthaltstitel verloren habe. Der BF habe im Asylverfahren einen falschen Namen angegeben, dies rechtfertige jedoch nicht die Abweisung des Antrages. Der BF habe in Österreich seit 8 Jahren ein schützenswertes Privatleben geführt. Das verhängte Einreiseverbot stütze sich auf eine scheinbare Mittellosigkeit, die dem vorgelegten Arbeitsvorvertrag widerspreche, ein laufendes und nicht rechtskräftig abgeschlossenes Verwaltungsstrafverfahren sowie einem angeblich beharrlichen Verbleiben des BF im Bundesgebiet. Obwohl kein Reisedokument erlangt werden habe können und eine LPD die Rückkehr nach China aufgrund von Art. 8 EMRK dauerhaft für unzulässig erklärt habe, unterstelle die Behörde rechtswidriges illegales Verbleiben, obwohl sich der BF rechtskonform verhalten habe, nach unverschuldetem Versäumen der Verlängerung der RWR+ Karte einen humanitären Aufenthaltstitel beantragt habe und seitdem auf die Entscheidung seit über 2 Jahren gewartet habe.

Laut Ausreisebestätigung der International Organization for Migration (IOM) vom 18.05.2018 ist der BF am 17.05.2018 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet freiwillig nach China ausgereist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der unter I. ausgeführte Verfahrensgang, der den Feststellungen zugrunde gelegt wird, ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, der Beschwerdeschrift sowie aus dem oben zitierten Schreiben von IOM.

Zur Situation im Herkunftsland wird von den zutreffenden, aktuellen Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid ausgegangen, wonach sich ohne Hinzutreten individueller Gründe keine Anhaltspunkte ergeben, dass der BF allein aufgrund der allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsland bei einer Rückkehr dorthin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung oder ausweglosen Situation ausgesetzt wäre. Die Situation im Herkunftsland hat sich seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert, sodass ein neuerlicher Vorhalt im Beschwerdeverfahren unterbleiben konnte.

Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

2. Rechtliche Beurteilung:

1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A):

2. Zu Spruchpunkt I.:

1. Der mit "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" betitelte § 56 AsylG 2005 lautet:

"§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."

Der BF ist am 17.05.2018 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet freiwillig nach China ausgereist. Da der BF im Bundesgebiet nicht mehr aufhältig ist, lagen die Voraussetzungen nach § 56 Abs. 1 AsylG 2005 zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vor.

2.1. Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8.Hauptstück des FPG zu verbinden.

Nach § 52 Abs. 3 FPG idgF hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt (vgl. dazu VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Andererseits kann aber auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen kann. Die Annahme eines "Automatismus", wonach ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Vorliegen einer Aufenthaltsdauer von nur drei Jahren "jedenfalls" abzuweisen wäre, ist verfehlt (vgl. dazu insbesondere VwGH 30.07.2015, Zl. 014/22/0055, VwGH B 28.01.2016, Zl. Ra 2015/21/0191-6, VfGH 06.06.2014, Zl. U45/2014).

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017, VwGH 12.10.2015, Zl. Ra 2015/22/0074).

Es ist aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

2.2. Der 42-jährige BF hielt sich nach seiner Einreise im April 2009 etwa 9 Jahre und knapp ein Monat im Bundesgebiet auf, bis er am 17.05.2018 freiwillig unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe ins Herkunftsland zurückgekehrt ist. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet war seit 2015 illegal. Der BF hatte bis dahin die österreichischen Behörden über seine Identität getäuscht. Der unverheiratete und kinderlose BF hat in Österreich kein Familienleben etabliert. Es halten sich auch weder Familienangehörige noch Verwandte im Bundesgebiet auf. Der BF ging während seiner gesamten Aufenthaltszeit etwa ein Jahr lang einer legalen Erwerbstätigkeit nach, wobei er seit Ende 2015 keine Erwerbtätigkeit mehr ausübte, jedoch zuletzt einen bedingten Arbeitsvorvertrag vorlegen konnte. Er verblieb unbescholten und verfügt über Deutschkenntnisse auf A2 Niveau. Im Herkunftsland halten sich seine Eltern auf und ist er dort aufgewachsen, hat dort seine gesamte Schul- und Ausbildung absolviert und über drei Viertel seines Lebens verbracht. Seine Bindung zum Herkunftsland überwiegt jene zu Österreich deutlich. Letztere wurde durch die freiwillige Rückkehr zudem entscheidend vermindert. In Summe kann daher nicht erkannt werden, dass sich die Rückkehrentscheidung zum Entscheidungszeitpunkt im Hinblick auf Art 8 EMRK als unzulässig erweist (vgl. etwa VwGH 25.02.2010, Zl. 2008/18/0411; VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216)

3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können auch keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben.

4. Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass die vom Bundesamt vorgenommene Festlegung einer Frist von 2 Wochen für die freiwillige Ausreise im Hinblick auf § 55 Abs. 2 FPG zu Recht erfolgt ist, wobei dieser durch die freiwillige Ausreise des BF aber auch keine Entscheidungsrelevanz mehr zu kommt. Dies gilt im Übrigen auch für den Antrag gemäß § 4 iVm § 8 AsylG-DV vom 06.10.2016, der sich im Hinblick auf die Ausführungen zu Punkt II.2.2.1. als nicht geeignet erweist, ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen.

3. Zu Spruchpunkt II.:

1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder 9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

[ ]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

[ ]."

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230). Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen (VwGH 16.11.2012, Zl 2012/21/0080).

Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes iSd bisherigen Judikatur zu § 63 FPG 2005 alt (vgl VwGH 08.11.2006 2006/18/0323; 18.02.2009, 2008/21/0048) darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung prognostiziert ist; außerdem ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof wies in seiner Entscheidung vom 22.05.2013, Zl. 2011/18/0259, jedoch darauf hin, dass das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen darf, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 8 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt. Eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar.

Wie sich aus § 53 Abs. 2 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot stattzugeben. Dies aus folgenden Erwägungen:

Das Bundesamt stützte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass der BF vom 08.11.2014 bis zum 30.11.2015 in Österreich einer unrechtmäßigen Beschäftigung nachgegangen sei, hinsichtlich seiner Identität gegenüber den Behörden die Unwahrheit gesagt habe, er die Mittel für seinen Lebensunterhalt nicht nachweisen habe können, und sich beharrlich geweigert habe, den gesetzeskonformen Zustand durch seine Ausreise aus Österreich herzustellen, weshalb von der Landespolizeidirektion ein Verwaltungsverfahren eingeleitet worden sei. Dieses "bisherige Verhalten" des BF im Bundesgebiet rechtfertige die Annahme, dass sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Vorweg fällt auf, dass das vom Bundesamt aufgezeigte Gesamtverhalten des BF - mit Ausnahme der Mittellosigkeit, die angesichts der Vorlage eines Arbeitsvorvertrages und der bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit hinsichtlich der Relevanz eine Relativierung erfährt - unter keinen der im dritten Satz des § 53 Abs. 2 FPG aufgezählten Tatbestände zuordenbar ist, zumal der Aktenlage nicht zu entnehmen ist, dass der BF bei einer konkreten, gegen das AuslBG verstoßenden Erwerbstätigkeit jemals "betreten" oder wegen Übertretung des AuslBG oder wegen einer Übertretung des FPG oder des NAG "rechtskräftig bestraft" wurde (vgl. § 53 Abs. 2 Z 1, 3 und 7 FPG). Unabhängig davon ist aber grundsätzlich anzumerken, dass die Ziffern 1 bis 9 laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 einen Katalog darstellen, der lediglich "demonstrativ" Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (vgl. RV 1078 BlgNR XXIV GP, 30). In diesem Zusammenhang wird aber auch davon auszugehen sein, dass zur Verwirklichung des Tatbestandes, der die Annahme einer Gefährdung der öffentliche Ordnung oder Sicherheit rechtfertigt, die Erfüllung eines annähernd zu den Z 1 bis 9 gleichwertig zu qualifizierenden Tatbestandes vorauszusetzen sein wird (vgl. dazu etwa VwGH 18.03.2014, Zl. 2013/22/0332).

Der vom Bundesamt als Begründung herangezogene "Schwarzarbeit", sowie den Verstößen gegen die Aufenthaltsbestimmungen kommt mangels zusätzlicher Tatbestandsmerkmale (Betretung bzw. rechtskräftige Bestrafung) diesbezüglich sohin aber ohne weiteres keine gleichwertige Qualifikation zu und erscheint daher die Annahme einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne des § 52 Abs. 2 in der vorliegenden Konstellation nicht ausreichend begründet. Was die Vortäuschung einer falschen Identität des BF betrifft, so ist dessen wahre Identität bereits 2015 hervorgekommen. Hinzu kommt, dass der BF weder untergetaucht ist, noch sich sonst nachweislich jemals einer Abschiebung entzogen hat. Im Gegenteil hat er sich um die Legalisierung seines Aufenthaltstitels bemüht, wobei der Behörde in diesem Zusammenhang offenbar nicht unerhebliche Säumnisse anzulasten sein dürften. In diesem Zusammenhang erscheint sohin aber gerade auch im Hinblick auf die erfolgte freiwillige Ausreise des BF ohne Hinzutreten eines weiteren, deutlich schwerwiegenderen Fehlverhaltens die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und deren Geltungsdauer (vgl. dazu § 12a Abs. 6 AsylG 2005) in der vorliegenden Konstellation letztlich als angemessen und ausreichend.

Das Einreiseverbot war sohin gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG ersatzlos aufzuheben.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

In der Beschwerde wurde kein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt und steht der Sachverhalt unter Zugrundelegung der Aktenlage sowie des Beschwerdeinhaltes zweifelsfrei fest.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben (vgl. dazu auch VwGH 13.09.2016, Ra 2016/01/0070-9).

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Einreiseverbot aufgehoben, Gefährlichkeitsprognose, illegale
Beschäftigung, Interessenabwägung, öffentliches Interesse,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W182.1409766.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten