TE Bvwg Beschluss 2018/6/15 W142 2132641-2

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Veröffentlicht am 15.06.2018
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Entscheidungsdatum

15.06.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W142 2132641-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2018, Zl. 1071485302-180492862, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA.

Afghanistan, folgenden Beschluss gefasst:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller stellte am 30.05.2015 einen - ersten - Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 29.07.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Dem Antragsteller wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise auf 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Die fristgerecht dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.03.2017, Zl. W127 2132641-1/10E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52 Abs.2 Z 2 und Abs.9 FPG als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28.09.2017, E 1011/2017-17, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Das Erstverfahren wurde mit 15.03.2017 rechtskräftig abgeschlossen.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Antragsteller die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

2. Am 25.05.2018 stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 26.05.2018 gab der Antragsteller zu Protokoll, dass er im ersten, bereits entschiedenen Asylverfahren nicht die Wahrheit gesagt habe. Er habe das gesagt, was ihm sein Onkel väterlicherseits geraten habe. Sein richtiger Name sei XXXX. Seine Eltern seien verstorben. Er sei bei seinem Onkel aufgewachsen und habe mit ihm, als er sehr klein gewesen sei, Afghanistan verlassen. Sein Onkel habe versucht für ihn Dokumente im Iran zu bekommen, damit er sich im Iran frei bewegen könne, doch es sei ihm nicht gelungen. Er habe weder Dokumente aus Afghanistan noch aus dem Iran. Sein Onkel habe ihn losgeschickt, damit er in einem Land Dokumente erhalte. Bei einer Rückkehr in seine Heimat würde er keine Dokumente bekommen, weil er keine Dokumente seines Vaters habe. Außerdem sei die Lage in Afghanistan unsicher.

Mit Verfahrensanordnung vom 29.05.2018 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache iSd § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Am 07.06.2018 wurde der Antragsteller in Gegenwart einer Rechtsberaterin einer Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterzogen. Dabei gab er an, dass er im Erstverfahren falsche Angaben gemacht habe. Im gegenständlichen Verfahren habe er die Wahrheit gesagt. Als kleines Kind sei er mit seinem Onkel in den Iran gereist, wo er bis zu seiner Ausreise aufhältig gewesen sei. Sein Vater habe für den afghanischen Geheimdienst gearbeitet und sei getötet worden. Er habe keine Dokumente. Wenn er Dokumente ausstellen lassen wolle, würden sie Dokumente von seinem Vater verlangen. Wenn er Dokumente von seinem Vater vorlege, würden sie ihn wie seinen Vater töten. Sein Onkel habe gesagt, dass er falsche Angaben machen solle. Er habe Angst und habe niemanden in Afghanistan.

Von der Möglichkeit, sich über die aktuellen Länderfeststellungen zu seiner Heimat zu informieren, machte der Antragsteller keinen Gebrauch.

3. Mit gegenständlichem, gemäß §§ 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 sowie § 62 Abs. 2 AVG mündlich verkündeten Bescheid vom 07.06.2018 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 auf.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte begründend fest, dass der Antragsteller im gegenständlichen Verfahren angegeben habe, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren nicht der Wahrheit entsprochen hätten. Die ergänzenden Fluchtgründe hätten bereits bei der Erstantragstellung bestanden. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich daher seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Gegenständlich liege ein Folgeantrag vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück-oder Abschiebung nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Er habe keine Familienangehörige in Österreich. Es könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland in Verbindung mit dem Vorbringen des Antragstellers könne somit davon ausgegangen werden, dass keine Verletzung - wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 beschrieben - drohe.

Nach Rückübersetzung bestätigte der Antragsteller die schriftliche Ausfertigung des Einvernahmeprotokolls samt Beurkundung des mündlich verkündeten Bescheides.

4. Die Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langten am 13.06.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung W142 des Bundesverwaltungsgerichtes ein, worüber die belangte Behörde gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung in Kenntnis gesetzt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Afghanistans.

Das Erstverfahren wurde mit 15.03.2017 rechtskräftig abgeschlossen. Die Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung ist aufrecht, zumal der Antragsteller das Bundesgebiet zwischenzeitig nicht verlassen hat.

Der Antragsteller hat am 25.05.2018 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz mit der Begründung gestellt, dass er im Erstverfahren unwahre Angaben gemacht hat, er aber jetzt die Wahrheit sage.

Festgestellt wird, dass eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Afghanistan zwischenzeitlich nicht eingetreten ist.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht dargelegt. Sonstige erhebliche Integrationsmerkmale konnten nicht festgestellt werden.

Hinweise auf gesundheitliche Probleme liegen nicht vor und wurden vom Antragsteller auch nicht behauptet.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Der Antragsteller wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, wegen des zweifachen Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren sowie gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens rechtskräftig verurteilt. Ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe wurde im Ausmaß von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten. Dass sich die Situation in Afghanistan nicht wesentlich geändert hat, ergibt sich aus dem gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2018.

Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Antragstellers im zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz gründen auf die Erstbefragung durch Organe der Sicherheitspolizei am 26.05.2018 sowie die Einvernahmen durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 07.06.2018.

Der Antragsteller hat sich im Zuge der durchgeführten Befragungen im Verfahren über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz auf keinen Sachverhalt gestützt, welcher nach Rechtskraft seines Erstverfahrens neu entstanden ist.

Die Feststellung zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Antragstellers ergeben sich aus den Verwaltungsakten und aus dem Strafregisterauszug vom 14.06.2018.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 VwGVG trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Gemäß Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchpunkt A)

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a Abs. 2 AsylG 2005 lautet:

"(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 leg.cit. mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese Übermittlung gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2. Zu den Voraussetzungen des § 12a Asylgesetz 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

3.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Gegen den Antragsteller besteht nach der - rechtskräftigen - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.03.2017 eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

3.2.2. res iudicata:

Der Antragsteller hat im gegenständlichen zweiten Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erklärt, im ersten Asylverfahren nicht die Wahrheit gesagt zu haben, aber diese jetzt sagen zu wollen. Somit haben die im zweiten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe bereits bei der Erstantragstellung bestanden und hat sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nicht geändert.

Auch die für den Antragsteller maßgebliche Ländersituation ist seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.03.2017 im Wesentlichen gleich geblieben. Gegenteiliges wurde auch nicht behauptet.

3.2.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

3.2.3.1. Im nunmehr zweiten Asylverfahren bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte kann nicht erkannt werden, dass in Afghanistan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 mwN); in Afghanistan ist eine Zivilperson aktuell nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.

Es sind keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie etwa eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Antragstellers wurde kein entsprechendes Vorbringen hiezu getätigt.

3.2.3.2. Es liegt weiters auch keine Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK vor: Hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung ist anzuführen, dass eine solche nur dann positiv ausfallen kann, wenn ein besonders intensives Familienleben zu Personen in Österreich und/oder ein besonders intensives Privatleben vorliegen und der Asylwerber bereits herausragend integriert ist.

Der Antragsteller hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet.

In Bezug auf das Privatleben des Antragstellers ist festzuhalten, dass er sich drei Jahre in Österreich aufhält. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Aufenthaltsdauer von weniger als 5 Jahren keine maßgebende Bedeutung für die Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK zu (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055). Weiters ist hervorzuheben, dass der Großteil des Aufenthalts lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist. Das Gewicht einer allenfalls erfolgten Integration im Bundesgebiet ist dadurch somit gemindert (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN). Auch dem Akteninhalt ist keine Integrationsverfestigung des Antragstellers zu entnehmen. Vielmehr ist festzuhalten, dass der Antragsteller in Österreich rechtskräftig wegen des zweifachen Verbrechens der Vergewaltigung strafgerichtlich verurteilt wurde.

Eine Verletzung des schutzwürdigen Familien- und Privatlebens des Antragstellers im Sinne des Art. 8 EMRK liegt demgemäß im gegenständlichen Verfahren nicht vor, womit auch die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 2005 erfüllt ist.

Der am 25.05.2018 gestellte Folgeantrag wird daher zurückzuweisen sein.

3.2.4. Rechtmäßigkeit des Verfahrens:

Im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 ist durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 Asylgesetz 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2018 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W142.2132641.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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