TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/21 W215 2121931-2

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Veröffentlicht am 21.06.2018
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Entscheidungsdatum

21.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55 Abs1a

Spruch

W215 2121932-2/5E

W215 2121933-2/5E

W215 2121931-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von XXXX XXXX , XXXX , XXXX ,

XXXX , XXXX , alle Staatsangehörigkeit Republik Kasachstan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2018, Zahlen

1) 1032412101-180159276, 2) 1032412210-180159250 und 3) 1032412003-180159217, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. werden wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt II. und III. werden gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 Abs. 1a FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes II. wie folgt lautet:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß

§ 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt."

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Ihre Identitäten konnten in den Asylverfahren nicht festgestellt werden. Die Erstbis Drittbeschwerdeführer reisten zusammen mit dem damals minderjährigen älteren Sohn der Zweitbeschwerdeführerin unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und stellten am 04.10.2014 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz.

Mit Bescheiden des Bundesasylamts wurden die Anträge der Erst- bis Drittbeschwerdeführer und des damals minderjährigen älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 04.10.2014 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß §§ 55 und 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hielt das angeblich fluchtauslösende Vorbringen für nicht glaubhaft. Dagegen brachten alle Vier fristgerecht Beschwerden ein.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.2017, Zahlen

1) W211 2121932-1/20E, 2) W211 2121933-1/22E und 3) W211 2121931-1/14E (sowie W211 2121929-1/17E im Verfahren des damals minderjährigen älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin) wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.03.2017 die Beschwerden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Teil des Spruchpunktes III. zu lauten hat: "Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt." Eine Revision war gemäß

Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Erst- bis Drittbeschwerdeführer und der ältere Sohn der Zweitbeschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen haben oder sie nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätten. Eine systemische Verfolgung von Christen und Christinnen bzw. von Konvertiten in Kasachstan wurde nicht festgestellt. Es wurde nicht festgestellt, dass die Familie der Zweitbeschwerdeführerin, so insbesondere ihr Onkel, Einfluss geltend machte, um den Erstbeschwerdeführer oftmals, wiederholt, regelmäßig durch die Polizei schwer misshandeln und schikanieren zu lassen. Es konnte nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Nicht festgestellt wurde, dass eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche private und familiäre Integration der Beschwerdeführer in Österreich vorliegt. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer konnten ein Zerwürfnis mit ihren Familien in Kasachstan nicht glaubhaft machen, weshalb das Fehlen jeglichen Kontakts nicht festgestellt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht ging nicht davon aus, dass die Beschwerdeführer in Kasachstan von staatlicher oder privater Seite wegen ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer (damals) gemischt religiösen Eheschließung verfolgt wurden. Ebensowenig ging es davon aus, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr wegen ihrer Religion verfolgt werden würden. Die Beschwerdeführer hatten keine für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe glaubhaft vorgebracht, und es konnte daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführern in Kasachstan eine konkret und gezielt gegen ihre Personen gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht. Dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre konnte nicht angenommen werden, wobei dies auch nicht vorgebracht wurde. Die Beschwerdeführer konnten sich in Kasachstan bereits vor ihrer Ausreise ein ausreichendes Auskommen durch die Arbeit des Erstbeschwerdeführers als XXXX und über Einnahmen aus dem Kindschaftsgeld sowie über das Einkommen der Zweitbeschwerdeführerin zwischen XXXX sichern. Nach dem Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hatten sie bereits seit ihrer Eheschließung im Jahr XXXX bis zu ihrer Ausreise Ende September 2014 keine Unterstützung durch ihre Familien erhalten und trotzdem einen ausreichenden Lebensunterhalt erwirtschaften können. Gesundheitliche Gründe standen einer Arbeitsaufnahme in Kasachstan insbesondere durch der Erstbeschwerdeführer nicht entgegen. Es ergaben sich damit aus den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, in Zusammenschau mit den relevanten Länderberichten, keine Hinweise darauf, dass sie im Falle einer Rückkehr nicht in der Lage sein würden, zumindest einen notdürftigen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch

Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, lag jedenfalls nicht vor. Bezüglich der Rückkehrentscheidung überwogen in einer Gesamtbetrachtung die starken Wurzeln der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, sowie des älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin in der Heimat, der demgegenüber nicht ausgesprochen entwickelten sozialen und wirtschaftlichen Verwurzelung der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Österreich sowie des anpassungsfähigen Alters des Drittbeschwerdeführers die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens, die privaten Interessen der Beschwerdeführern am Verbleib im Bundesgebiet. Die Erkenntnisse wurden den Beschwerdeführern nachweislich am 06.07.2017 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.

2. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten für sich und den Drittbeschwerdeführer am 14.02.2018 gegenständliche zweite Anträge auf internationalen Schutz. Der mittlerweile volljährige ältere Sohn der Zweitbeschwerdeführerin brachte seinen eigenen Antrag auf internationalen Schutz ein. Noch am selben Tag erfolgten die niederschriftlichen Erstbefragungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in den zweiten Asylverfahren. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer beriefen sich auf die bereits in den ersten Asylverfahren vorgebrachten angeblichen Ausreisegründe und die Zweitbeschwerdeführerin behauptete neu: "...Ich leide an Krebs und habe Herzbeschwerden...". Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer gaben an mittlerweile illegal nach Italien gereist zu sein. Von Italien reisten die Beschwerdeführer neuerlich illegal nach Österreich, wo sie die zweiten Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden am 05.03.2018 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt und beriefen sich wieder auf ihre Ausreisegründe in den ersten Asylverfahren. Mittlerweile werde der Erstbeschwerdeführer deswegen vom KNB gesucht und es sei, zusätzlich zu den vier in den ersten Asylverfahren vorgelegten Vorladungen des Beschwerdeführers zur Polizei als Geschädigter, im Jänner 2018 eine fünfte derartige Vorladung gekommen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2018, Zahlen

1) 1032412101-180159276, 2) 1032412210-180159250 und 3) 1032412003-180159217, wurden in Spruchpunkt I. die zweiten Anträge auf internationalen Schutz vom 14.02.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden Aufenthaltstitel gemäß § 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist. In Spruchpunkt III. wurde gemäß

§ 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Im Verfahren des mittlerweile volljährigen älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin wurde zeit- und inhaltsgleich entschieden.

Gegen diese Bescheide, zugestellt am 09.05.2018, wurden fristgerecht am 01.06.2018 gegenständliche Beschwerden eingebracht.

3. Die Beschwerdevorlagen vom 12.06.2018 langten am 14.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein, wovon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch am selben Tag schriftlich verständigt wurde. Alle vier Beschwerdeverfahren wurden der Gerichtsabteilung W233 zur Erledigung zugewiesen.

Nach Unzuständigkeitseinreden dieser Gerichtsabteilung wurden die Beschwerdeverfahren der Erst- bis Drittbeschwerdeführer am 15.06.2018 der nunmehr zur Erledigung berufenen Gerichtsabteilung zugewiesen; das Beschwerdeverfahren des älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin 2121929-2 blieb in der Gerichtsabteilung W233 anhängig und wird mit Erkenntnis vom heutigen Tag zeit- und inhaltsgleich entschieden.

Am 18.06.2018 langten zwei Empfehlungsschreiben bezüglich der Integration der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern des Drittbeschwerdeführers. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Kasachstan. Die Identitäten der Beschwerdeführer konnten nicht festgestellt werden.

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer reisten zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten für sich und den Drittbeschwerdeführer am 04.10.2014 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Mit Bescheiden des Bundesasylamts wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz der Erst- bis Drittbeschwerdeführer vom 04.10.2014 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß

§§ 55 und 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hielt das angeblich fluchtauslösende Vorbringen für nicht glaubhaft. Im Verfahren des damals noch minderjährigen älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin wurde zeit- und inhaltsgleich entschieden. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.

Mit seit 06.07.2017 rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.2017, Zahlen 1) W211 2121932-1/20E, 2) W211 2121933-1/22E und 3) W211 2121931-1/14E (sowie W211 2121929-1/17E im Verfahren des damals minderjährigen älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin) wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.03.2017 die Beschwerden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Teil des Spruchpunkts III. zu lauten hat: "Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt." Eine Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Im Oktober 2017 reisten die Beschwerdeführer illegal in die Italienische Republik.

2. Die Beschwerdeführer reisten zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt ein weiteres Mal illegal nach Österreich und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten sieben Monate nach rechtskräftigem Abschluss ihrer ersten Asylverfahren, für sich und den Drittbeschwerdeführer am 14.02.2018 gegenständliche zweite Anträge auf internationalen Schutz. Der mittlerweile volljährige ältere Sohn der Zweitbeschwerdeführerin brachte zeitgleich einen eigenen Antrag auf internationalen Schutz ein. Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2018, Zahlen

1) 1032412101-180159276, 2) 1032412210-180159250 und 3) 1032412003-180159217, wurden in Spruchpunkt I. die zweiten Anträge auf internationalen Schutz gemäß

§ 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden Aufenthaltstitel gemäß § 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt,

dass die Abschiebungen gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig sind.

In Spruchpunkt II. wurde gemäß

§ 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Gegen diese Bescheide, zugestellt am 09.05.2018, wurden fristgerecht am 01.06.2018 gegenständliche Beschwerden eingebracht. Im Verfahren des älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin wurde zeit- und inhaltsgleich entschieden und ebenfalls rechtzeitig Beschwerde erhoben.

Bezüglich der Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer zu den Gründen für die Stellung der gegenständlichen zweiten Anträge auf internationalen Schutz ist festzustellen, dass die bereits im ersten Asylverfahren geltend gemachten angeblichen Fluchtgründe wiederholt und bereits in den seit 06.07.2017 rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.2017, Zahlen 1) W211 2121932-1/20E,

2) W211 2121933-1/22E und 3) W211 2121931-1/14E, - mit denen die Verfahren der Erst- bis Drittbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kasachstan abgewiesen wurden - als unglaubwürdig erachtet wurden, sodass diese Rechtskraft einer neuerlichen Beurteilung desselben Vorbringens entgegen steht. Zum auf dem unglaubwürdigen Vorbringen der ersten Asylverfahren aufbauenden neuen Vorbringen, wonach der Erstbeschwerdeführer aus den in den ersten Asylverfahren vorgebrachen Gründen vom KNB gesucht werde, ist festzustellen, dass es sich um eine unglaubwürdige Weiterentwicklung der für die ersten Asylverfahren erfundenen Geschichte handelt.

3. In den gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kasachstan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer an XXXX leidet und deswegen von Ärzten Medikamente verschrieben bekommt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Zweitbeschwerdeführerin, wie von ihr und dem Erstbeschwerdeführer am 14.02.2018 übereinstimmend behauptet "an Krebs" und/oder an einer Herzkrankheit leidet. Bei der Zweitbeschwerdeführerin findet sich XXXX Der Drittbeschwerdeführer ist gesund. Zusammengefasst wird festgestellt, dass, weder der Erst- noch der Drittbeschwerdeführer aktuell in regelmäßiger medizinischer und/oder ärztlicher und/oder medikamentöser Behandlung sind. Die Zweitbeschwerdeführerin nimmt - wie auch schon im ersten Asylverfahren - nach wie vor XXXX , die oder ähnliche in der Republik Kasachstan gegebenenfalls gegen Zuzahlung erhältlich sind.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind im arbeitsfähigen Alter. Der Erstbeschwerdeführer konnten vor der Ausreise im Herkunftsstaat den Lebensunterhalt für sich und die Familie als XXXX bestreiten und alle hatten eine Wohnmöglichkeit. Die Zweitbeschwerdeführerin hat im Herkunftsstaat einen XXXX absolviert und konnte ihren Lebensunterhalt in der Republik Kasachstan durch ihre Arbeit als XXXX erwirtschaften; nach der Eheschließung mit dem Zweitbeschwerdeführer im Jahr XXXX konnte sie es sich sogar leisten bis zur Ausreise Ende September 2014 nicht mehr zu arbeiten. Zudem lebt die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin nach wie vor in der Republik Kasachstan; sowie ein Onkel und eine Tante.

4. Obwohl die Beschwerden gegen die Rückkehrentscheidungen vom 05.07.2017, Zahlen

1) W211 2121932-1/20E, 2) W211 2121933-1/22E und 3) W211 2121931-1/14E (sowie W211 2121929-1/17E im Verfahren des damals minderjährigen älteren Sohnes der Zweitbeschwerdeführerin) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.03.2017 als unbegründet abgewiesen wurden, stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sieben Monate danach für sich und den Drittbeschwerdeführer am 14.02.2018 gegenständliche zweiten (Folge)Anträge auf internationalen Schutz. Die unbescholtenen Beschwerdeführer sind von niemandem in Österreich in irgendeiner Weise abhängig. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind nach wie vor nicht in der Lage für ihren Lebensunterhalt in Österreich kraft legaler Arbeit zu sorgen und somit auch nicht für den des Drittbeschwerdeführers. Der Erstbeschwerdeführer hat laut einer, zusammen mit der Beschwerde vorgelegten, Kopie im Jahr 2016 eine Deutschprüfung B1 bestanden, die Zweitbeschwerdeführerin hat einen Deutschkurs A1 besucht, aber keine Deutschprüfungen absolviert. Der Drittbeschwerdeführer besuchte von XXXX eine österreichische XXXX , weshalb davon auszugehen ist, dass er Deutsch spricht. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besondere Schutz" kamen nicht hervor.

5. In Übereinstimmung mit den Feststellungen in gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wird zur Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer festgestellt:

Politische Lage

Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste - parlamentarische - Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie durch eine neue Konstitution ersetzt, die, orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (GIZ 12.2015a; Anmerkung:

Inhalt wörtlich ident mit LIP/GIZ Geschichte und Staat Juni 2018).

Die geltende Verfassung räumt dem Präsidenten weitreichende Vollmachten ein: Der Präsident ernennt und entlässt die Regierung, die allein ihm verantwortlich ist. Er ist dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich (Präsidentenanklage nur wegen Hochverrats). Bei einem Misstrauensantrag der Legislative gegen die Regierung kann er das Parlament auflösen. Er kann Rechtsverordnungen erlassen. Seine Vollmachten erstrecken sich auch auf die Judikative (u.a. Ernennung von Mitgliedern des Verfassungsrats, Vorsitz des Obersten Gerichts). Er ernennt die Verwaltungschefs (Akime) der Gebiete und der Städte Astana und Almaty. Auch nach dem Ende seiner Amtszeit genießt er umfangreiche Immunitäten und das Recht, auf die kasachische Politik Einfluss zu nehmen ('Führer der Nation' seit Mai 2010). Durch die Verfassungsänderung vom 18.05.2007 wurde die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre reduziert. Die Wiederwahl ist einmalig möglich. Präsident Nasarbajew ist als "Erster Präsident" Kasachstans von dieser Wiederwahlbeschränkung durch eine Ausnahme in der Verfassung befreit. Er ist Vorsitzender der Regierungspartei Nur Otan, die 1999 gegründet wurde und 2005 mit drei anderen Parteien fusionierte. Es gibt innerhalb der gelenkten politischen Opposition keine ernstzunehmenden Gegenkandidaten (AA 03.2016a; Anmerkung: keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen zu AA Innenpolitik März 2018).

Jegliche Art der Gewaltenteilung (checks and balances) im Sinne der Kontrolle der Exekutive ist extrem schwach. Die Exekutive beherrscht alle übrigen Bereiche der Regierung und innerhalb der Exekutive wiederum der Präsident mit seiner engsten Entourage und der Präsidialverwaltung. Während das gegenwärtige Regime relativ stabil ist, verhindert es das Entstehen neuer politischer Kräfte, verlangsamt die Entwicklung einer Mittelklasse und schafft auf lange Hinsicht Stabilitätsrisiken (BTI 2016).

Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen vom 26.04.2015 wurde Nasarbajew mit 97,75% im Amt bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 95%. Das Vorziehen der Wahl, deren regulärer Wahltermin Ende 2016 gewesen wäre, wurde damit begründet, dass der Verfassungsrat die Durchführung der Präsidentschaftswahl und der Parlamentswahl im selben Jahr (2016) für verfassungswidrig hielt (IFES 2016a).

Nach seiner Wiederwahl verkündete Nasarbajew im Mai 2015 einen Plan der 100 (Reform)Schritte in fünf Bereichen: Bildung eines effektiven Staatsapparates, Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit, Förderung von Industrialisierung und Wirtschaftswachstum, Entwicklung von nationaler Identität und Einigkeit sowie Erhöhung der Rechenschaft der Regierung. Die Bevölkerung hat bislang erstaunlich gelassen auf die Krise und ihre Folgen reagiert. Der Staat reagiert dennoch heftig auf jegliche nicht von ihm initiierte Initiative von unten (GIZ 03.2016a).

Senat (Oberhaus) und Mazhilis (Unterhaus) sind die beiden Häuser des Parlaments. Der Senat setzt sich seit der Verfassungsänderung vom 16.05.2007 aus 47 Senatoren zusammen: Je Verwaltungsgebiet (Oblast) werden zwei Senatoren (Amtszeit 6 Jahre) von den örtlichen Vertretungskörperschaften (Maslikhate) gewählt; 15 Senatoren werden vom Präsidenten ernannt. Bei vorgezogenen Unterhauswahlen am 20. März 2016 hat die Präsidentenpartei "Nur Otan" mit 82,15% den erwarteten Wahlsieg errungen. Oppositionsparteien boten keine ernst zu nehmende politische Alternative zur dominierenden Präsidentenpartei. Die Kommunistische Volkspartei (7,14%) und die wirtschaftsliberale Partei "Ak Zhol" (7,18%) haben neben Nur Otan die 7%-Sperrklausel überwunden. Beide Parteien waren bereits im vorherigen Parlament vertreten (AA 03.2016a; Anmerkung: Inhalt ident mit AA Innenpolitik März 2018).

Von den 98 Sitzen des Repräsentantenhauses (Unterhaus) fielen 84 auf Nur Otan, und je sieben auf die Kommunistische Volkspartei sowie auf die Demokratische Partei "Ak Zhol" (IFES 2016b).

Die OSZE konstatierte zwar einigen Fortschritt, doch hätte das Land noch Wesentliches vor sich, um die OSZE-Verpflichtungen für die Durchführung demokratischer Wahlen zu erfüllen. Der rechtliche Rahmen schränke die grundlegenden politischen und Bürgerrechte ein, was eine umfassende Reform von Nöten mache. Am Wahltag selbst kam es zu ernsten prozeduralen Fehlern und Unregelmäßigkeiten (OSCE 21.03.2016).

Ende April 2016 kam es zu zahlreichenden Demonstrationen in ganz Kasachstan, die sich gegen eine geplante Landreform richteten, welche von den Gegnern als Ausverkauf kasachischen Bodens vor allem an ausländische Investoren, die nun Landtitel statt 10 Jahre 25 Jahre pachten können, aufgefasst wurde. In mehreren Städten sollen jeweils zwischen 1.000 und 2.000 Personen teilgenommen haben (BBC 28.04.2016). Als Reaktion suspendierte die Regierung die Änderungen des Landrechts (ODF 20.05.2016), nachdem Präsident Nasarbajew am 05.05.2016 sein Veto bis zur "weiteren Klarstellung" eingelegt hatte. Am selben Tag entließ Nasarbajew den Wirtschaftsminister, dessen Stellvertreter sowie den Landwirtschaftsminister, weil sie es verabsäumt hätten, der Bevölkerung die diesbezügliche Regierungspolitik zu erklären (JF 16.05.2016).

(AA - Auswärtiges Amt (03.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 08.06.2016

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 19.06.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

BBC.news (28.04.2016): Kazakhstan's land reform protests explained, http://www.bbc.com/news/world-asia-36163103, Zugriff 16.06.2016

BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf, Zugriff 08.06.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (03.2016a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 08.06.2016

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Juni 2018, abgefragt am 19.06.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat

IFES - International Foundation for Electoral Systems (2016a):

Election Guide: Republic of Kazakhstan, Election for President, http://www.electionguide.org/elections/id/2612/, Zugriff 08.06.2016

IFES - International Foundation for Electoral Systems (2016b):

Election Guide: Republic of Kazakhstan, Election for Parliament, http://www.electionguide.org/elections/id/2904/, Zugriff 08.06.2016

JF - Jamestown Foundation (16.05.2016): Land Protests Testify to Kazakhstan's Internal Vulnerability, http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews%5Bswords%5D=8fd5893941d69d0be3f378576261ae3e&tx_ttnews%5Bany_of_the_words%5D=Kazakhstan&tx_ttnews%5Btt_news%5D=45439&tx_ttnews%5BbackPid%5D=7&cHash=bee042a2ea97e86cfe3b17a219da5347%20-%20.V1_QkE_ot9A#.V2KbiE_ot9A, Zugriff 16.06.2016

ODF - Open Dialog Foundation (20.05.2016): Mass arrests and threats on the eve of rallies of 21th May: We urge to prevent recurrence of Zhanaozen tragedy,

http://en.odfoundation.eu/a/7528,mass-arrests-and-threats-on-the-eve-of-rallies-of-21th-may-we-urge-to-prevent-recurrence-of-zhanaozen-tragedy, Zugriff 16.06.2016

OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (21.03.2016): Republic of Kazakhstan - Early Parliamentary Elections, 20 March 2016; Statement of Preliminary Findings and Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/kazakhstan/229101?download=true, Zugriff 08.06.2016)

Sicherheitslage

Erstmals kam es im Jahre 2011 zu mehreren kleineren Terroranschlägen in Kasachstan mit ungeklärtem Hintergrund, hauptsächlich gegen Gebäude staatlicher Behörden. Im Zusammenhang damit wurde im Oktober 2011 ein neues Religionsgesetz verabschiedet, um die Verbreitung extremistischer religiöser Strömungen einzudämmen (AA 03.2016a; Anmerkung: Inhalt ident mit AA Innenpolitik März 2018).

Die kasachische Regierung ist weiterhin bestrebt, die Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus z.B. mit den Vereinigten Staaten auszuweiten. Die kasachische Regierung zeigt sich angesichts der Bedrohung durch den sog. Islamischen Staat und der Unsicherheit in Afghanistan besorgt. Im April 2015 schätzte der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitskomitees, Nurtai Abykaev, die Zahl der Kasachen in Syrien auf 350, wobei hiervon nur 150 an den Kämpfen beteiligt seien. Beim Rest handle es ich um Familienmitglieder (USDOS 02.06.2016). Insgesamt wird die Bedeutung des Islamismus aber für nicht sehr groß gehalten (GIZ 03.2016) [Anmerkung: Laut LIP/GIZ Juni 2018 hat das Jahr 2017 keine neuen islamistischen Anschläge gebracht]).

Kasachstan verfügt über eine umfassende Anti-Terrorismus-Gesetzgebung. Es gibt vier spezielle Anti-Terror-Einheiten beim Innenministerium sowie eine weitere beim Nationalen Sicherheitskomitee. Was den Umgang mit ehemaligen IS-Kämpfern anlangt, wird einerseits ein Rehabilitationsprogramm umgesetzt, andererseits werden ehemalige IS-Kämpfer auch verhaftet und gerichtlich verfolgt. Der gesetzliche Rahmen für die Terrorismusbekämpfung stand 2015 in Kritik, nachdem es zur Verhaftung und Strafverfolgung von Einzelpersonen und Gruppen kam, deren Vergehen nach internationalen Standards nicht als terroristische Handlungen betrachtet werden. Beispielsweise wurden Mitglieder verbotener religiöser Gruppen, wie der Tablighi Jamaat, verhaftet, die auf Gewalt verzichten. Während in der Vergangenheit die Gesetzesvollzugsorgane dafür kritisiert wurden, dass sie Mitglieder von verdächtigten Terrorgruppen eher erschießen als verhaften, geht die Tendenz in den letzten Jahren in Richtung Festnahme und Verhör. 2015 zählte die Generalstaatsanwaltschaft 280 Fälle von Extremismus und Terrorismus in Kasachstan. Die meisten Verhafteten waren Rekrutierer. Es gab nur wenige Fälle, bei denen es um beabsichtigte Terroraktionen oder Reisen in ausländische Kriegsgebiete ging. 2015 wurden 71 Personen wegen Terrorverdachts und 13 wegen der Teilnahme an bewaffneten Konflikten im Ausland verurteilt (USDOS 02.06.2016).

Am 05.06.2016 und am Folgetag kam es in der 400.000 Einwohner-Stadt Aqtobe zu Schießereien zwischen mutmaßlichen islamistischen Extremisten und Sicherheitskräften, bei denen laut Innenministerium 19 Tote gab. Zwei Dutzend junger Männer überfielen ein Waffengeschäft, dann ein zweites und schließlich eine Kaserne der Nationalgarde. Es wurde die oberste Terrorwarnstufe ausgerufen (FR 06.06.2016). Unter den Toten waren 13 Attentäter, drei Zivilisten und drei Nationalgardisten. Die Behörden machten militante Islamisten für die Angriffe verantwortlich (RFE/RL 07.06.2016). Während nachfolgender Polizeirazzien wurden fünf weitere vermeintliche Attentäter getötet, sodass sich die Zahl der Toten auf 25 erhöhte (RFE/RL? 10.06.2016 [Anmerkung: laut BMEIA 19.06.2018 kann die Sicherheitslage in Kasachstan im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden und laut EDA 26.04.2018 kann die politische und soziale Lage als stabil bezeichnet werden]).

(AA - Auswärtiges Amt (03.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 08.06.2016

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 19.06.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

FR - Frankfurter Rundschau (06.06.2016): Terroranschlag in Kasachstan,

http://www.fr-online.de/politik/kasachstan-terroranschlag-in-kasachstan,1472596,34332014.html, Zugriff 08.06.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (03.2016a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 08.06.2016

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Juni 2018, abgefragt am 19.06.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (10.06.2016): Kazakh Security Forces Kill Five Suspected Militants In Aqtobe, http://www.rferl.org/content/kazakhstan-aqtobe-militant-suspects-killed/27789949.html, Zugriff 14.06.2016

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (08.06.2016): Kazakh Officials: Death Toll From Aqtobe Attacks Reaches 19, http://www.rferl.org/content/krygyzstan-high-alert-attacks-kazakhstan/27783461.html, Zugriff 08.06.2016

USDOS - US Department of State (02.06.2016): Country Report on Terrorism 2015 - Chapter 2 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/324728/464426_de.html, Zugriff 08.06.2016

EDA, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Department für Auswärtige Angelegenheiten, Reisehinweise für Kasachstan publiziert am 22.03.2017, gültig am 19.06.2018, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/kasachstan/reisehinweise-fuerkasachstan.html

BMEIA, Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Reiseinformation Kasachstan, Sicherheit und Kriminalität, unverändert gültig seit 25.04.2018, Stand 19.06.2018, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kasachstan)

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Justiz wird von der Exekutive eingeschränkt. Überdies dominiert generell der Staatspräsident die Justiz (USDOS 13.04.2016, vgl. BTI 2016 [Anmerkung: auch laut USDOS 20.04.2018 sehen die Gesetze sehen keine unabhängige Justiz vor. Die Exekutive beschränkt stark die richterliche Unabhängigkeit]).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes und jene der lokalen Gerichte sowie die Mitglieder des Obersten Justizrates. Zwar sieht die Verfassung die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit des Gerichtswesens vor, doch in der Praxis ist sie der Exekutive dienlich und schützt die Interessen der herrschenden Eliten (FH 12.04.2016).

Nach wie vor kommen Korruption und politische Intervention im Rechtsbereich vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Reformanstöße von innen und außen werden zögernd angenommen und umgesetzt (AA 03.2016a; Anmerkung: Inhalt ident mit AA Innenpolitik März 2018).

Obgleich es den Gerichten obliegt, Haftbefehle zu bewilligen oder zu verweigern, werden solche auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ausgestellt. Die Staatsanwälte haben die Macht, Untersuchungen und Festnahmen zu autorisieren (USDOS 13.04.2016).

Das Anti-Folter-Komitee (CAT) der Vereinten Nationen befand im November 2015, dass es immer noch eine mangelnde Ausgewogenheit zwischen der Rolle des Staatsanwaltes, der Verteidigung und der Richter gäbe. Die dominante Rolle des Staatsanwaltes im Gerichtsverfahren besteht weiterhin ebenso wie der Mangel der gerichtlichen Kontrolle der Handlungen der Staatsanwälte. Denn die Richter sind infolge ihrer Abhängigkeit von der Regierung allzu sehr den Staatsanwälten untergeben. So können Verteidiger weiterhin keine Beweise sammeln und vorlegen (OMTC 25.02.2016).

(AA - Auswärtiges Amt (03.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 09.06.2016

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 19.06.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf, Zugriff 09.06.2016

FH - Freedom House (12.04.2016): Nations in Transit 2016 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/325004/464791_de.html, Zugriff 09.06.2016

OMCT World Organisation Against Torture, IPHR; Koalitsiya Protiv Pytok (25.02.2016): Follow-up to the United Nations Committee Against Torture's Concluding Observations on Kazakhstan, (veröffentlicht von OMCT),

http://www.omct.org/monitoring-protection-mechanisms/reports-and-publications/kazakhstan/2016/02/d23634/, Zugriff 09.06.2016

USDOS - US Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html, Zugriff 09.06.2015

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.html)

Sicherheitsbehörden

Die Zentralregierung hält das Gewaltmonopol inne. Das Nationale Sicherheitskomitee (KNB) ist weiterhin die Hauptinstitution, die für die nationale Sicherheit verantwortlich ist und eng mit dem Innenministerium zusammenarbeitet. Dem KNB steht mit Nurtay Abykaev ein enger Vertrauter des Präsidenten vor (BTI 2016).

Das kasachische Innenministerium beaufsichtigt die Polizei, die vor allem für die nationale Sicherheit verantwortlich ist. Weiters gibt es die Agentur für Wirtschaftsverbrechen und Korruption (Finanzpolizei) und das erwähnte KNB. Das KNB spielt eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Gesetze, bei der Grenzsicherheit, der inneren Sicherheit, bei Anti-Terror-Maßnahmen und bei der Ermittlung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische, militaristische, politische, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Das KNB, Syrbar (Auslandsgeheimdienst), die Agentur für die Angelegenheiten des Öffentlichen Dienstes und Anti-Korruption berichten dem Präsidenten direkt (USDOS 13.04.2016; Anmerkung: sinngemäße inhaltliche Übereinstimmung mit USDOS 20.04.2018).

Korruption unter den Gesetzesvollzugsorganen ist weit verbreitet. Personen, die verhaftet, festgehalten oder beschuldigt werden, ein Verbrechen begangen zu haben, haben von Anfang an das Recht auf einen Anwalt. Seit 1.1.2016 ist die Polizei gesetzlich verpflichtet, die Verhafteten über ihre Rechte aufzuklären. Weiters erlaubt das Gesetz der Polizei, einen Gefangenen bis zu 72 Stunden vor der Anklage festzuhalten. Menschenrechtsbeobachter kritisieren diese Zeitperiode als zu lange und sie sind der Meinung, dass diese Zeit genutzt wird, um Druck auszuüben und ein Geständnis zu erpressen. Anwälte berichten über bestehende Probleme mit willkürlichen Verhaftungen (USDOS 13.04.2016; Anmerkung: sinngemäße inhaltliche Übereinstimmung mit USDOS 20.04.2018).

(BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf, Zugriff 09.06.2016

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html, Zugriff 09.06.2015

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.html)

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet Folter; dennoch existieren Berichte, dass Häftlinge von Polizei- und Strafvollzugsbeamten gefoltert und missbraucht worden wären; meistens um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 13.04.2016). Straffreiheit für Folter und andere Formen der Misshandlung werden größtenteils nicht in Frage gestellt (AI 24.02.2016).

Das neue Strafgesetzbuch und das Strafverfahrensrecht beinhalten positive Zusätze. Hierzu gehört die Bestimmung, dass Foltervorwürfe als Straftat automatisch registriert und untersucht werden sollten, und zwar von einer anderen Behörde als jener, welcher der Tatbeschuldigte angehört. Die Verjährungsfrist für Folterfälle wurde abgeschafft und jene, die wegen Folter angeklagt oder verurteilt wurden, wurden von möglichen Amnestien ausgenommen. Die Höchststrafe für Foltervergehen wurde auf zwölf Jahre heraufgesetzt. Rechtsanwälte berichten jedoch, dass zwar die Registrierung von Folteranschuldigungen und Misshandlungen erfolgt, aber eine angemessene Untersuchung immer noch ausbleibt (AI 24.02.2016).

2014 trat der Nationale Präventionsmechanismus gegen Folter (NPM) in Kraft. Manche Beobachter meinen, dass es dem NPM an ausreichend qualifizierten und ausgebildeten Personal mangelt. Der NPM ist Teil der Ombudsmannstelle und somit kein von der Regierung unabhängiges Organ (USDOS 13.04.2016; Anmerkung: ident mit USDOS 20.04.2018).

2014 erreichten 96 Beschwerden und Einsprüche in Bezug auf Folter und grausame Behandlung die Ombudsmannstelle. 73 Beschwerden betrafen Fälle des Strafvollzuges, wobei hiervon 35 im Rahmen der NPM-Tätigkeiten kundig wurden. Laut Ombudsmann hat sich seit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zur Anti-Folterkonvention im Jahr 2008 die Zahl der Beschwerden, Untersuchungen und Verurteilungen von Gesetzesvollzugsorganen vervielfacht. 2008 sind lediglich drei Untersuchungen initiiert worden und ein Polizeibeamter verurteilt worden. 2013 waren es 35 Untersuchungen und 31 Verurteilungen (HRC 2015a). Amnesty International berichtet hingegen, dass zwischen 1.1.2015 und 30.11.2015 119 Beschwerden wegen Folter registriert und 465 Fälle abgeschlossen wurden. Elf Fälle kamen vor Gericht und fünf Personen wurden schuldig gesprochen, von denen eine Person eine Gefängnisstrafe erhielt. Diese Zahlen zeigten nicht das tatsächliche Ausmaß des Problems, da viele Opfer zu viel Angst hätten, eine Beschwerde einzulegen (AI 24.02.2016).

Am 25.02.2016 präsentierten die Weltorganisation gegen Folter (OMTC) und kasachische Menschenrechtsorganisationen ein Follow-Up zu den Schlussfolgerungen des UN-Anti-Folter-Komitees (CAT). Demgemäß wurden die Empfehlungen des CAT hinsichtlich der wirksamen Untersuchung von Foltervorwürfen nicht erfüllt: Gesetze und politische Maßnahmen hinsichtlich des staatlichen Schutzes von Menschenrechten und der Folterprävention würden weiterhin nicht konsistent in die Praxis umgesetzt. Die meisten Foltervorwürfe und jene von Misshandlungen würden für vorläufige Untersuchungen jenen Abteilungen übertragen, in denen die Beschuldigten arbeiten. Eine umfassende sowie aufgeschlüsselte Datensammlung von Beschwerden, Untersuchungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen durch die Gesetzesvollzugsorgane, das Sicherheits- und Gefängnispersonal fehlen weiterhin (OMCT 25.02.2016).

(AI - Amnesty International (24.02.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/319824/459020_de.html, Zugriff 09.06.2016

HRC - Human Rights Commissioner in the Republic of Kazakhstan (2015a): REPORT on the activities of the Human Rights Commissioner in the Republic of Kazakhstan in 2014, http://www.ombudsman.kz/upload/file/otchet_2014_en.pdf, Zugriff 09.06.2016

OMCT World Organisation Against Torture, IPHR; Koalitsiya Protiv Pytok (25.02.2016): Follow-up to the United Nations Committee Against Torture's Concluding Observations on Kazakhstan, (veröffentlicht von OMCT),

http://www.omct.org/monitoring-protection-mechanisms/reports-and-publications/kazakhstan/2016/02/d23634/, Zugriff 09.06.2016

USDOS - US Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html, Zugriff 09.06.2016

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.html)

Korruption

Korruption ist allgemein verbreitet und reicht in alle Bereiche der Regierung hinein (BTI 2016). Nach wie vor kommen Korruption und politische Interventionen im Rechtsbereich vor (AA 03.2016a, vgl. BTI 2016).

Korruption ist in der Exekutive, in verschiedenen Strafverfolgungsbehörden, in lokalen öffentlichen Verwaltungen, im Bildungssystem und in der Justiz verbreitet. Das Innenministerium, das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) und die Disziplinarkommission für den Staatsdienst sind für die Bekämpfung der Korruption verantwortlich. Das Gesetz sieht Strafen für Korruption bei Beamten vor, jedoch hat die Regierung das Gesetz nicht effektiv implementiert, und Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. Die Generalstaatsanwaltschaft vermeldete hingegen für die ersten zehn Monate des Jahres 2015, das über 1.000 Beamte wegen Korruptionstatbeständen verurteilt wurden und in über 3.000 Fällen Untersuchungen eingeleitet wurden. Das neue Strafrecht hat die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Sanktionierung von Straftaten in Verbindung mit Korruption verschärft, u.a. lebenslange Sperre für den Öffentlichen Dienst und das Streichen von Verjährungsfristen (USDOS 13.04.2016).

Im Corruption Perceptions Index 2014 von Transparency International lag Kasachstan auf Platz 126 von 175 bewerteten Ländern (TI 2014). 2015 befand sich das Land praktisch unverändert auf Rang 123 von 168 Ländern (TI 2015 [Anmerkung: auch diesbezüglich keine Veränderung, das da im Corruption Perceptions Index 2016 auf Platz 131 von 176 und im Index 2017 auf Platz 122 von 180 bewerteten Ländern (TI Index 2016 und 2017).

(AA - Auswärtiges Amt (03.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 09.06.2016

BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf, Zugriff 09.06.2016

TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index 2014, https://www.transparency.org/country/#KAZ, Zugriff 09.06.2016

TI - Transparency International (2014): Corruption Perceptions Index 2014, http://www.transparency.org/cpi2014/results, Zugriff 09.06.2016

USDOS - US Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html, Zugriff 09.06.2016

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2016, http://www.transparency.org/country/KAZ

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, http://www.transparency.org/country/KAZ)

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Nichtregierungsorganisationen gibt es im ganzen Land; Schwerpunkt ist Almaty. Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus dem Ausland (z.B. Freedom House, Soros-Stiftung) oder durch die kasachische Regierung. NGOs erhalten nur dann staatliche Zuwendungen, wenn sie von den Behörden gestellte Aufgaben erfüllen (AA 03.2016a; Anmerkung: inhaltliche Übereinstimmung mit AA Innenpolitik März 2018).

Im September 2015 verabschiedete das Parlament neue Gesetzesbestimmungen hinsichtlich der Finanzierung, Registrierung und Buchführung von NGOs. NGOs, deren Zweigstellen und Vertretungsbüros zu ausländischen und internationalen nichtkommerziellen Organisationen gehörensind, sind aufgefordert, Informationen über ihre Aktivitäten inklusive ihrer Gründer, Finanzquellen und Ausgaben zu liefern. Nicht näherbestimmte "autorisierte Institutionen" können eine Überprüfung der übermittelten Informationen einleiten, wenn Berichte in Massenmedien oder Beschwerden von Individuen oder Einheiten oder anderen subjektiven Quellen vorliegen. Verspätete oder unrichtige Informationen im Bericht einer NGO, die während der Prüfung entdeckt werden, stellen ein Verwaltungsvergehen dar und können mit bis zu 184 US-Dollar geahndet werden oder zu einer Suspendierung von drei Monaten führen. Bei einer Einschätzung als Straftat kann die betreffende Organisation sogar geschlossen werden. Das Gesetz verbietet zudem die unrechtmäßige Einmischung von öffentlichen Vereinigungen in die Arbeit der Regierung, was zu einer Geldbuße in der Höhe von bis zu 2.200 US-Dollar oder einer Haft von bis zu 75 Tagen führen kann. Für den Vorsitzenden einer Organisation ist das Strafausmaß höher. Der Begriff "illegale Einmischung" ist im Gesetz nicht klar definiert. Überdies wird keine klare Grenze bezüglich potentieller Sanktionen gezogen, nämlich im Falle, dass NGO-Mitglieder als Teil der Organisation oder als Privatpersonen Handlungen setzen (USDOS 13.04.2016).

Das EU-Parlament brachte im April 2016 seine tiefe Besorgnis hinsichtlich des Gesetzes über NGOs zum Ausdruck, da es die Unabhängigkeit unterminiert oder gar das Bestehen der NGOs selbst gefährdet. Das EU-Parlament rief Kasachstan zur Revision des Gesetzes auf (EP 13.04.2016).

Einige internationale und heimische Menschenrechtsgruppen arbeiteten im Allgemeinen effektiv mit einem gewissen Grad an Freiheit, Untersuchungen bei Menschenrechtsverletzungen durchzuführen und Ergebnisse zu veröffentlichen. Doch einige Restriktionen bleiben bestehen. Internationale und lokale Menschenrechtsgruppen berichten, die Regierung überwacht die NGO Aktivitäten bei sensiblen Themen, und es gibt Belästigungen, inklusive Besuche durch die Polizei (USDOS 13.04.2016; Anmerkung: inhaltlich ident mit USDOS 20.04.2018).

(AA - Auswärtiges Amt (03.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.06.2016

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 19.06.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

EP - European Parliament (13.04.2016): Implementation and review of the EU-Central Asia Strategy, European Parliament resolution of 13 April 2016 on implementation and review of the EU-Central Asia Strategy (2015/2220(INI)) [P8_TA-PROV(2016)0121], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2016-0121+0+DOC+PDF+V0//EN, Zugriff 10.6.2016

USDOS - US Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html, Zugriff 10.06.2016

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.html)

Allgemeine Menschenrechtslage

Die aktuelle Menschenrechtslage in Kasachstan ist nicht zufriedenstellend und bleibt hinter internationalen Standards und Verpflichtungen zurück (Anmerkung: ident mit AA Innenpolitik März 2018). Die Meinungs- und Medienfreiheit wird rechtlich und faktisch erheblich eingeschränkt. Der Großteil der Medien wird direkt oder indirekt staatlich finanziert. Dadurch kommt es häufig, trotz verfassungsmäßig garantierter Pressefreiheit, zu Selbstzensur. Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt. Die Religionsfreiheit ist für traditionelle und nicht traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Im Rechtsbereich kommen nach wie vor Korruption und politische Intervention vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Seit 2004 gilt ein Moratorium für die Todesstrafe. Frauen sind in Spitzenpositionen von Politik und Wirtschaft trotz ihrer relativ hohen Bildungs- und Erwerbstätigkeitsquote selten anzutreffen (AA 03.2016a).

Kasachstan hat wenige Schritte unternommen, um der verschlechterten Menschenrechtslage entgegenzuwirken. Die Behörden schließen weiterhin Zeitungen, Inhaftieren oder Bestrafen Menschen wegen der Abhaltung von friedlichen Demonstrationen, verbieten die friedliche Religionsausübung und missbrauchen den vagen und breit formulierten Tatbestand der "Anstiftung zu sozialen, nationalen, religiösen, Klan-, Rassen-, Klassenzwietracht". ArbeiterInnenrechte sind eingeschränkt, und das seit 2014 eingeführte Gesetz über die Gewerkschaften machte es manchen Gewerkschaften unmöglich, sich zu registrieren (HRW 27.01.2016).

Im April 2016 zeigte sich das EU-Parlament wegen der Verschlechterungen im Bereich der Medien-, Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zutiefst besorgt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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