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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §289 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2010/13/0135 2010/13/0136 Serie (erledigt im gleichen Sinn):2013/13/0055 E 24. September 2014Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie den Senatspräsidenten Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerden 1.) des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 14. Juni 2010, Zl. RV/2509-W/06 (hg. Zl. 2010/13/0131; erstangefochtener Bescheid), betreffend Einheitsbewertung (Wertfortschreibung zum 1. Jänner 2003) und Grundsteuermessbescheid zur EW-AZ 01/030-2- 0867/0 (mitbeteiligte Partei: U AG in W, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Sterngasse 11/4), 2.) der U AG in W, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Sterngasse 11/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 14. Juni 2010, Zl. RV/2506- W/06 (hg. Zl. 2010/13/0135; zweitangefochtener Bescheid), betreffend Einheitswertfeststellung (Wertfortschreibung zum 1. Jänner 2000) und Grundsteuermessbescheid zur EW-AZ 01/030-2- 0207/9, sowie 3.) der U AG in W, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Sterngasse 11/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 14. Juni 2010, Zl. RV/2508- W/06 (hg. Zl. 2010/13/0136; drittangefochtener Bescheid), betreffend Einheitswertfeststellung (Wertfortschreibung zum 1. Jänner 2000) und Grundsteuermessbescheid zur EW-AZ 01/030-2- 0340/8, zu Recht erkannt:
Spruch
Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Beschwerden gegen den zweit- und gegen den drittangefochtenen Bescheid werden als unbegründet abgewiesen.
Die (Zweit- und Dritt-)Beschwerdeführerin hat dem Bund zum zweitangefochtenen Bescheid Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR und zum drittangefochtenen Bescheid Aufwendungen in der Höhe von 57,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Strittig ist in den Beschwerdefällen jeweils die Einheitswertfeststellung von bebauten Grundstücken (und der auf Basis dieser Einheitswerte berechnete Grundsteuermessbetrag) in Bezug auf die Anwendung der Kürzungsbestimmung nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG.
In den angefochtenen Bescheiden wird nach einer Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, in den Vorlageanträgen sei die Ansicht vertreten worden, nach den Bestimmungen des MRG, insbesondere dessen § 16, bestehe "kein Zweifel darüber, dass die gesetzlich zulässige Höhe des Mietzinses entweder durch die Grenze der 'Angemessenheit' (16 Abs 1 MRG), nach starren Ausstattungskriterien (16 Abs 2 MRG alte Fassung) oder mit dem Richtwert (16 Abs 2 MRG) begrenzt" sei. Auch der "angemessene Hauptmietzins" stelle eine gesetzliche Beschränkung des zulässig zu vereinbarenden Hauptmietzinses dar und sei daher ein "durch gesetzliche Vorschriften beschränkter" Mietzins im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG.
In den Erwägungsteilen sind die angefochtenen Bescheide - gleich lautend - wie folgt begründet:
Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 53 Abs. 7 lit. a BewG ergebe sich, dass für das Ausmaß des Abschlages gemäß § 53 Abs. 7 lit. a BewG maßgeblich sei, ob zum Bewertungsstichtag tatsächlich ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet werde (vgl. "Twaroch-Frühwald-Wittmann, Kommentar zum BewG/1, S. 273"). Im Berufungsverfahren stelle sich die Frage, für welche nutzbaren Flächen ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet werde und somit mit welchem Prozentsatz die Kürzung nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG vorzunehmen sei. Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich entgegen der Meinung des Finanzamtes auch beim "Richtwertmietzins" im Sinne des § 16 Abs. 2 bis 4 MRG um einen "durch gesetzliche Vorschriften beschränkten Mietzins". Das MRG enthalte in seinem § 16 Feststellungen über die Höhe des Hauptmietzinses. Abs. 1 lege fest, für welche Mietgegenstände ohne Beschränkungen der Abs. 2 bis 5 ein zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessener Betrag als Miete zulässig sei. "Im Gegensatz" dazu bestimme Abs. 2 leg. cit.: "Liegen die Voraussetzungen des Absatz 1 nicht vor, so darf der zwischen dem Vermieter und dem Mieter für eine gemietete Wohnung der Ausstattungskategorie A, B oder C vereinbarte Hauptmietzins je m2 der Nutzfläche und Monat den angemessenen Betrag nicht übersteigen, der ausgehend vom Richtwert unter Berücksichtigung allfälliger Zuschläge und Abschläge zu berechnen ist… ." Das durch das Mietrechtsgesetz (MRG) 1981 geschaffene "duale System" von "Angemessenheit" gemäß § 16 Abs. 1 MRG und "Kategoriemietzins" gemäß § 16 Abs. 2 MRG habe durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz (WÄG) eine weitere Differenzierung durch die Schaffung einer "Hauptmietzinstrias", bestehend aus "Angemessenheit" gemäß § 16 Abs. 1 MRG, "Richtwertmietzins" gemäß § 16 Abs. 2 bis 4 MRG und "Kategorie D" gemäß § 16 Abs. 5 MRG erfahren. Die rechtspolitischen Zielsetzungen der Mietzinsregelungen des 3. WÄG seien eine "Mietzinsbegrenzung" durch Neudefinition der "Angemessenheit" durch den "Richtwertmietzins" gewesen. Da das Konzept der Richtwertmietzinse in der Verknüpfung des Angemessenheitskonzepts mit einem aus dem geförderten Wohnbau abgeleiteten Preisniveau und einem dem Nutzwertfestsetzungsverfahren im Wohnungseigentumsrecht nachgebildeten System von Zuschlägen und Abstrichen bestehe (vgl. "Schuster, Ausgewählte Rechtsfragen der Mietzinsbildung nach dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz 1994 (3. WÄG), WoBl 1996, 85 ff"), sei die Mietzinsbildung im Richtwertsystem nach Ansicht der belangten Behörde durchaus mit jenem im Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht vergleichbar. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lägen auch bei gesetzlichen Beschränkungen auf Grund des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und der hiezu erlassenen Durchführungsverordnung die Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmung des § 53 Abs. 7 lit. a BewG vor ("vgl. ua. VwGH 14.12.1978, 2147/77"). Wegen des Richtwertsystems spielten die Faktoren, die ansonsten die Höhe des Mietentgelts und damit die Ertragsfähigkeit eines Gebäudes beeinflussten (wie die Lage oder die Ausstattung), nur bei den Zu- und Abschlägen eine Rolle. Die Basis für die Mietzinsbildung bilde aber der Richtwert, sodass es dadurch zu einer gesetzlich vorgegebenen Beschränkung des Mietzinses komme. Aus diesen Erwägungen seien nach Ansicht der belangten Behörde Flächen, für die ein Entgelt nach dem "Richtwertsystem" entrichtet werde, als von der Mietzinsbeschränkung betroffene nutzbare Flächen zu betrachten.
Im "gegenständlichen Fall" sei entscheidend, für welche Flächen zum maßgeblichen Stichtag tatsächlich ein "durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins" entrichtet worden sei. Aus den "im Berufungsfall" vorgelegten Unterlagen lasse sich nicht feststellen, inwieweit "nun tatsächlich Mietzinse nach dem Richtwertsystem (bzw. für vor dem Inkrafttreten des 3. WÄG vermietete Wohnungen nach den seinerzeitigen Bestimmungen des MRG) entrichtet wurden und inwieweit auf Grund der Bestimmung des § 16 Abs. 1 MRG Hauptmietzinse ohne die Beschränkungen der Abs. 2 bis 5 entrichtet wurden". Gemäß § 289 Abs. 1 BAO könne die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des vor ihr bekämpften Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen worden seien, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Im weiteren Verfahren seien die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden.
Da auch Einwendungen und Behauptungen zum Sachverhalt, die erstmals im Zuge des Verfahrens vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz gemacht würden, einer entsprechenden Prüfung und Würdigung im Sinne des § 115 Abs. 1 BAO zu unterziehen seien, erscheine es "durchaus zweckmäßig", diese von der Abgabenbehörde erster Instanz "vorweg prüfen bzw. neu würdigen zu lassen". Bei Durchführung weiterer noch ausständiger Ermittlungen durch die belangte Behörde müssten die Ergebnisse und Einwendungen den Parteien des Verwaltungsverfahrens zur Stellungnahme übermittelt werden und "umgekehrt Erklärungen und Einwendungen der Berufungswerberin der Amtspartei zur Gegenäußerung zugestellt werden". Deshalb würde die Durchführung der noch ausständigen Ermittlungen durch die belangte Behörde zu "weiteren zeitlichen Verzögerungen führen". Da die fehlenden Sachverhaltsermittlungen einen anders lautenden Bescheid nach sich ziehen könnten, die Sache somit nicht entscheidungsreif sei, "war der angefochtene Wertfortschreibungsbescheid (unter Einbeziehung der Berufungsvorentscheidung) gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufzuheben". Diese Ausführungen "gelten auch hinsichtlich des mitangefochtenen Grundsteuermessbescheides, da gemäß § 21 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) im Falle einer Fortschreibung des Feststellungsbescheides über einen Einheitswert der neuen Veranlagung des Steuermessbetrages (Fortschreibungsveranlagung) der Einheitswert zugrunde zu legen (ist), der auf den Fortschreibungszeitpunkt (§ 21 Abs. 4 BewG 1955) festgestellt worden ist".
Die vom Finanzamt gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobene Amtsbeschwerde richtet sich gegen die darin von der belangten Behörde vertretene Rechtsanschauung, wonach auch "Richtwertmietzinse" im Sinne des § 16 Abs. 2 bis 4 MRG als "durch gesetzliche Vorschriften beschränkte Mietzinse" im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG zu werten seien. Auch sei die Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz gemäß § 289 Abs. 1 BAO zu Unrecht erfolgt.
In den Beschwerden gegen den zweit- sowie den drittangefochtenen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin jeweils in ihrem subjektiven öffentlichen Recht verletzt, "dass im Zuge der Ermittlung des Einheitswertes bei der Bewertung von bebauten Grundstücken nutzbare Flächen iSd § 53 Abs 5 BewG, für die zum Feststellungszeitpunkt den Bestimmungen über die Entrichtung eines angemessenen Hauptmietzinses (§ 16 Abs 1 MRG in der zum Feststellungszeitpunkt geltenden Fassung) entsprechende Hauptmieten entrichtet wurden/werden, nicht als solche nutzbare Flächen eingestuft wurden, für die ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet wird, wodurch bei der Ermittlung der nach § 53 Abs 7 lit. a BewG vorzunehmenden Kürzung dieser Kürzung nur ein geringerer Anteil von Mietzinsbeschränkung betroffenen nutzbaren Flächen zugrunde gelegt wird". Bei der Darstellung der Rechtsansicht der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden zur Beurteilung des Richtwertmietzinses als "gesetzliche Mietzinsbeschränkung" im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG habe diese nämlich auch angedeutet, dass ein angemessener Hauptmietzins gemäß § 16 Abs. 1 MRG keine "gesetzliche Mietzinsbeschränkung" darstellen würde (weshalb auch insoweit Bindungswirkung im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO eingetreten sei).
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften seitens der mitbeteiligten Partei (zum erstangefochtenen Bescheid) und der belangten Behörde (nur zum erst- und zum zweitangefochtenen Bescheid) erwogen:
Gemäß § 53 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung von bebauten Grundstücken (Grundstücke, deren Bebauung abgeschlossen ist, und Grundstücke, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden) vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.
Gemäß § 53 Abs. 7 BewG ist zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Ertragsfähigkeit bebauter Grundstücke die gemäß Abs. 1 bis 6 der genannten Gesetzesstelle ermittelte Summe aus dem Bodenwert und aus dem Gebäudewert um die in lit. a bis d festgesetzten Hundertsätze zu kürzen. Die Kürzung darf sich jedoch hinsichtlich des Bodenwertes nur auf eine Fläche bis zum Zehnfachen der bebauten Fläche erstrecken; dies gilt nicht für Geschäftsgrundstücke, auf denen sich ein Fabriksbetrieb befindet. Das Ausmaß der Kürzung beträgt
"a) bei bebauten Grundstücken, soweit ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet wird, entsprechend dem Anteil der von der Mietzinsbeschränkung betroffenen nutzbaren Flächen an der gesamten nutzbaren Fläche (Abs. 5), bei einem Anteil von
100 v. H. bis 80 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 60 v. H.,
weniger als 80 v. H. bis 60 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 55 v. H.,
weniger als 60 v. H. bis 50 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 50 v. H.,
weniger als 50 v. H. bis 40 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 45 v. H.,
weniger als 40 v. H. bis 30 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 40 v. H.,
weniger als 30 v. H. bis 20 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 35 v. H.,
weniger als 20 v. H. bis 10 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 30 v. H.
und weniger als 10 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 25 v. H.,
bei der Ermittlung des Anteiles der von der Mietzinsbeschränkung betroffenen nutzbaren Fläche sind die Wohnräume mit ihrer tatsächlichen nutzbaren Fläche, die gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienenden Räume jedoch nur mit ihrer halben nutzbaren Fläche anzusetzen."
Die belangte Behörde hat mit den angefochtenen Bescheiden jeweils die mittels Berufung bekämpften Bescheide des Finanzamtes gemäß § 289 Abs. 1 BAO (idF vor dem FVwGG 2012) unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben. Der Begründung der angefochtenen Bescheide ist dazu zu entnehmen, dass dafür die Rechtsanschauung der belangten Behörde maßgeblich war, dass es sich beim "Richtwertzins" nach § 16 Abs. 2 bis 4 MRG um einen durch gesetzliche Vorschriften beschränkten Mietzins nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG handle, dies allerdings - entgegen dem ausdrücklichen Begehren etwa im Vorlageantrag - nicht für den angemessenen Mietzins nach § 16 Abs. 1 MRG gelte. Diese zuletzt angesprochene Rechtsansicht wird zwar in den angefochtenen Bescheiden nicht explizit ausgeführt, geht allerdings doch in eindeutiger Weise daraus hervor, dass die belangte Behörde im Rahmen der Begründung zur Zurückverweisung nach § 289 Abs. 1 BAO der Abgabenbehörde erster Instanz getrennte Feststellungen in Bezug auf die "Mietzinse nach dem Richtwertsystem" sowie die "auf Grund der Bestimmung des § 16 Abs. 1 MRG" (ohne "die Beschränkungen der Abs. 2 bis 5") entrichteten Hauptmietzinse auftrug. Die Beschwerden der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin sind damit zwar unter dem Gesichtspunkt der auch in den Beschwerden angesprochenen Beschwerdelegitimation zulässig, aber - wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt - nicht begründet.
Nach § 16 Abs. 1 MRG sind (unter den dort näher genannten Voraussetzungen der Z. 1 ff) Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses für einen in Hauptmiete gemieteten Mietgegenstand ohne die Beschränkungen der Abs. 2 bis 5 bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig.
§ 16 Abs. 1 MRG sieht eine grundsätzlich freie Mietzinsvereinbarung nach dem Angemessenheitsprinzip vor (vgl. z.B. Mayrhofer, Mietrechtsgesetz, Wien 1982, 10), wobei die Angemessenheit im Sinne einer Orts- oder Marktüblichkeit zu verstehen ist (vgl. dazu beispielsweise Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22, § 16 Rz 10, mwN, sowie etwa OGH 14. Juli 2008, 5Ob137/08w, MietSlg. 60.267). Eine solcherart nur an den Marktgegebenheiten orientierte Angemessenheitsprüfung des Mietzinses stellt noch keine gesetzliche Beschränkung des Mietzinses im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG dar (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1975, 1021, 1220, 1225/75, ÖStZB 1976, 140, wonach ganz allgemeine Beschränkungen des Mietzinses nicht als gesetzliche Beschränkung im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG anzusehen sind).
Anderes gilt allerdings für den so genannten "Richtwertmietzins" nach § 16 Abs. 2 bis 4 MRG, wie dies die belangte Behörde im Ergebnis auch richtig erkannt hat. Das mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz (WÄG), BGBl. Nr. 800/1993, eingeführte Richtwertsystem (vgl. in diesem Zusammenhang weiters das Richtwertgesetz) trat zwar an die Stelle des bisherigen Kategoriesystems (vgl. z.B. Stabentheiner, Das Richtwertsystem, WoBl 1994, 81 ff), gibt aber doch auch nach Art einer Preisregelung konkrete (Richtlinien-)Werte (ergänzt durch ein Zuschlags- und Abstrichverfahren) vor, wobei die Richtwertzinse dem öffentlichen Interesse an erschwinglichem Wohnraum dienten (vgl. z.B. OGH 11. Februar 2010, 5Ob271/09b, MietSlg. 62.281, mit Hinweis auf den AB zum 3. WÄG, 1268 BlgNR 18. GP 11 ff). Diesen Werten kann auch typischerweise eine die Ertragsfähigkeit mindernde Wirkung nicht abgesprochen werden. Die Regelungen über den "Richtwertmietzins" stellen damit den Mietzins beschränkende Vorschriften im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG dar.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerden gegen den zweit- und drittangefochtenen Bescheid, in denen die Rechtsverletzung lediglich in der unterbliebenen Wertung des angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs. 1 MRG als Mietzinsbeschränkung nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG gesehen wird, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.
Auch der Amtsbeschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid kommt insofern kein Erfolg zu, als sie sich gegen die Qualifikation des "Richtwertmietzinses" als den Mietzins beschränkende Vorschrift gemäß § 53 Abs. 7 lit. a BewG wendet. In der Beschwerde des Finanzamtes wird allerdings auch gesondert die gemäß § 289 Abs. 1 BAO erfolgte (kassatorische) Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz bekämpft (so fehle die für eine Ermessensentscheidung erforderliche Abwägung). Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hatte der unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz grundsätzlich in der Sache zu entscheiden (reformatorische Entscheidung), die bloß kassatorische Erledigung nach § 289 Abs. 1 BAO (idF vor dem FVwGG 2012) sollte nur die Ausnahme darstellen (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2006, 2004/14/0059, VwSlg. 8135/F, vom 28. Juni 2007, 2006/16/0220, und vom 2. Februar 2010, 2009/15/0206). Mit im Wesentlichen nur allgemein gehaltenen Hinweisen auf befürchtete zeitliche Verzögerungen bei Durchführung der noch als notwendig erachteten Ermittlungen durch die belangte Behörde selbst (wozu die Amtsbeschwerde im Übrigen auch auf ohnedies aktenkundige Zinslisten mit den notwendigen Informationen zu den Mietzinsen hinweist) wird die Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz (vor allem die dazu erforderliche Ermessensübung) noch nicht gesetzmäßig begründet (vgl. z.B. Sutter in Holoubek/Lang (Hrsg), Das Verfahren vor dem BVwG und dem BFG, 267 ff (270 f), mwN). Der erstangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 24. September 2014
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2010130131.X00Im RIS seit
03.07.2018Zuletzt aktualisiert am
03.07.2018