TE Vwgh Beschluss 2018/5/23 Ra 2018/05/0057

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Veröffentlicht am 23.05.2018
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der G GmbH in W, vertreten durch die Jirovec & Partner Rechtsanwalts-GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 26. April 2017, Zl. VGW- 211/026/31732/2014/VOR-40, betreffend einen Entfernungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).

5 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) vom 27. Februar 2014 wurde gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) der Revisionswerberin als Eigentümerin von drei näher beschriebenen, ohne Erwirken einer baubehördlichen Bewilligung an den Straßenschauflächen eines in einer Schutzzone in Wien gelegenen Hauses jeweils senkrecht zur Wand hergestellten Werbezeichen - nämlich eines Steckschildes im Ausmaß von ca. 1,70 m Länge, 1,20 m Höhe, mit einem Vorsprung von ca. 1,75 m und einem Bodenabstand von ca. 6,00 m mit der Aufschrift "Z..." an der Front L., eines Steckschildes im Ausmaß von ca. 1,70 m Länge, 1,20 m Höhe, mit einem Vorsprung von ca. 1,75 m und einem Bodenabstand von ca. 5,00 m mit der Aufschrift "Z..." an der Front R. sowie eines Steckschildes im Ausmaß von ca. 1,70 m Länge, 0,40 m Höhe, mit einem Vorsprung von ca. 1,75 m und einem Bodenabstand von ca. 4,50 m mit der Aufschrift "G..." an der Front R. - der Auftrag erteilt, diese Steckschilder binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides entfernen zu lassen.

6 Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) traf darin (u.a.) die Feststellungen, dass das von der Revisionswerberin betriebene (in dem genannten Haus befindliche) Lokal, nachdem sie dieses im Jahr 1994 (u.a.) mit zwei Leuchtkästen (diese je 2 m lang, 2,70 m hoch, mit einem Vorsprung von 2,00 m und einem Bodenabstand von 7,00 m) von ihrem Rechtsvorgänger M. übernommen habe, im Jahr 1996 umgebaut worden sei. Damals habe sich an der Front L. an der Stelle der beiden heutigen (auftragsgegenständlichen) Schilder ein einziges längliches Schild mit einer Uhr befunden. Das an der Front R. befindliche Schild habe einen anderen Schriftzug als ursprünglich getragen, wenn auch dessen Form seit 1969 gleich geblieben sei. Im Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bauauftrages seien die im oben genannten Bescheid angeführten drei Steckschilder an den Hausfronten angebracht gewesen. Für diese drei Werbeschilder sei keine Baubewilligung erwirkt worden. Das bis zum Jahr 1996 an der Front L. angebrachte Werbeschild (mit Uhr) unterscheide sich von dem an dieser Front nunmehr befindlichen (auftragsgegenständlichen) Werbeschild in den Ausmaßen und der Herstellung.

7 In rechtlicher Hinsicht vertrat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen (u.a.) nach Hinweis auf § 60 Abs. 1 lit. c und e BO die Auffassung, es könne dahingestellt bleiben, ob für die vom ursprünglichen Lokalbetreiber M. angebrachten Werbeschilder ein Baubewilligungsbescheid bestanden habe, weil mit deren Entfernung im Jahr 1996 ein Konsens jedenfalls untergegangen sei.

8 Die Revision tritt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) den oben wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen nicht entgegen, sodass von diesen auszugehen ist (§ 41 erster Satz VwGG). Sie wendet sich jedoch gegen die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass durch die Entfernung der Werbeschilder im Jahr 1996 ein dafür bestandener Konsens untergangen sei, und bringt vor, dass sich das vom Verwaltungsgericht hiezu zitierte Erkenntnis VwGH 15.11.2011, 2011/05/0041, wonach durch die Entfernung eines Werbeschildes ein (allenfalls auch nur vermuteter) Konsens für dieses Schild untergehe, auf das Erkenntnis VwGH 14.10.2005, 2005/05/0176, stütze, das jedoch den Fall des Abbruches eines Gebäudes betreffe, sodass sich diese beiden Erkenntnisse in einem wesentlichen Punkt voneinander unterschieden. Eine Begründung für die Gleichsetzung dieser beiden Sachverhalte sei nicht gegeben, und es sei zwischen Abriss und Neuerrichtung sowie dem baugleichen Austausch von untergeordneten Nebenbestandteilen einer Baulichkeit zu unterscheiden, sodass eine bisher uneinheitlich gelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

9 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

10 § 60 Abs. 1 BO, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 25/2009 (vgl. Art. IV Abs. 1 der Bauordnungs-Novelle 2014, LGBl. Nr. 25, wonach für alle zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren - mit Ausnahme von Art. 1 Z 117 (betreffend § 129 Abs. 4 fünfter Satz) - die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen gelten) lautet auszugsweise:

"§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Baubewilligung der Behörde zu erwirken:

...

c) Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn

diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektivöffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; ...

..."

11 Gemäß § 129 Abs. 10 erster und zweiter Satz BO in der Fassung LGBl. Nr. 41/2005 und LGBl. Nr. 24/2008 ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben und ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, zu beseitigen.

12 Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 leg. cit. ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt (vgl. etwa VwGH 6.9.2011, 2011/05/0132, mwN).

13 Die Revisionswerberin zieht in der Zulässigkeitsbegründung der Revision die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass die nach der Entfernung der früheren Steckschilder im Zuge des Lokalumbaues im Jahr 1996 angebrachten gegenständlichen Werbezeichen einer baubehördlichen Bewilligung bedürften, nicht in Zweifel, sondern wendet sich allein gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass ein allenfalls damals vorhandener baubehördlicher Konsens für die unbestritten im Jahr 1996 entfernten Werbezeichen aufgrund der Entfernung jedenfalls untergegangen sei.

14 Von dieser Rechtsfrage hängt jedoch die Entscheidung über die Revision nicht ab. Wie sich aus den oben wiedergegebenen, in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes ergibt, unterscheiden sich die drei auftragsgegenständlichen Werbeschilder sowohl im Aussehen als auch zum Teil in den Ausmaßen von den im Jahr 1996 entfernten Schildern.

15 Die Anbringung der im Vergleich zu den vormals angebrachten Schildern geänderten Werbezeichen hätte daher - auch bereits im Jahr 1996 - einer Bewilligung der Behörde gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO bedurft, wurde doch durch die Anbringung das äußere Ansehen des Gebäudes verändert (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 15.11.2011, 2011/05/0041). Eine Bewilligung nach § 60 Abs. 1 lit. c BO für diese "neuen" Werbezeichen lag jedoch unbestrittenermaßen nicht vor, und eine (allenfalls) für die bis zum Jahr 1996 angebrachten Schilder erteilte Bewilligung konnte die erforderliche Bewilligung für die Änderung des Gebäudes durch die Anbringung der oben beschriebenen, auftragsgegenständlichen Werbezeichen nicht ersetzen.

16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050057.L00

Im RIS seit

28.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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