TE Vwgh Erkenntnis 2018/6/8 Ra 2017/17/0358

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.06.2018
beobachten
merken

Index

34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des PS in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. März 2017, LVwG-S-2289/001-2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 26. Juni 2015 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten GmbH der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) mit zwei näher beschriebenen Glücksspielgeräten zum Tatzeitpunkt des 3. Juli 2014 schuldig erkannt; es wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,- sowie im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 48 Stunden verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Spruchpunkt 1. die Beschwerde mit Maßgabe ab, dass "hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe (24 Stunden je Gerät) hinzuzufügen ist". Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht mit Spruchpunkt 2. aus, dass der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG EUR 400,- als Kostenbeitrag zu entrichten habe. Mit Spruchpunkt 3. sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Eigentümerin der gegenständlichen Geräte eine näher bezeichnete s. r.o. sei. Der Revisionswerber sei handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten GmbH, die einen "Automatenraum" in einer näher bezeichneten Tankstelle gemietet habe. In einem Nebenraum dieser Tankstelle seien am 3. Juli 2014 im Zuge einer Kontrolle zwei Glücksspielautomaten vorgefunden worden. Rechtlich folgerte das Landesverwaltungsgericht ohne nähere Begründung, dass die GmbH als Veranstalterin gemäß § 2 Abs. 4 GSpG aufgetreten sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die vorliegende Revision erweist sich im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, da aus dem Spruch nicht hervorgehe, worin die Tathandlung des "Veranstaltens" bestanden habe, als zulässig. Die Revision ist auch berechtigt:

6 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, kommt als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 leg cit veranstaltet, in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl. VwGH 14.7.2017, Ra 2016/17/0264; 26. März 2015, Ra 2014/17/0033, und 1.2.2018, Ra 2017/17/0854).

7 Wenn der Revisionswerber weiters vorbringt, der Spruch des Straferkenntnisses sei nicht eindeutig und es könne aus der angeführten Tathandlung keine Verletzung des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall GSpG abgeleitet werden, ist anzuführen, dass § 44a Z 1 VStG nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann entsprochen wird, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden und gleichzeitig der Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, eine rechtliche Prüfung vorzunehmen. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem einzelnen Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht, mithin ob die erfolgte Umschreibung der Tat im konkreten Fall im Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Das an die Umschreibung der Tat zu stellende Genauigkeitserfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wieder gegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. VwGH 18.5.2016, Ra 2015/17/0029, mwN).

8 Im vorliegenden Fall erfolgte die Bestrafung des Revisionswerbers durch die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde, da dieser verbotene Glücksspiele und Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet habe. Das Landesverwaltungsgericht ging davon aus, dass die näher bezeichnete GmbH, dessen Geschäftsführer der Revisionswerber ist, Veranstalterin gewesen sei. Es begründete allerdings nicht, weshalb es zu der rechtlichen Beurteilung gelangte, dass die GmbH Veranstalterin gewesen sei. Weder aus dem Spruch noch aus dem festgestellten Sachverhalt geht hervor, auf wessen Gefahr und Rechnung das Glücksspiel durchgeführt wurde. Zumal die Glücksspielautomaten im Eigentum einer anderen Gesellschaft stehen, ist daher aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu schließen, dass die GmbH hier als Veranstalterin aufgetreten sei.

9 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher schon auf Grund der mangelhaften Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch gemäß § 44a Z 1 VStG als inhaltlich rechtswidrig.

10 Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 8. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170358.L00

Im RIS seit

03.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten