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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §45;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des M O P in P, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 20. April 2018, Zl. LVwG-411-17/2018-R17, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Februar 2018 wurde die Lenkberechtigung des Revisionswerbers für näher bezeichnete Klassen gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab der Zustellung dieses Bescheides, entzogen. Weiters wurde gemäß § 24 Abs. 3 FSG eine Nachschulung und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet. Einer allfällig dagegen erhobenen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde keine Folge gegeben. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht nach durchgeführter Verhandlung fest, der Revisionswerber habe am 30. Dezember 2017 an näher umschriebener Örtlichkeit ein Kraftfahrzeug gelenkt und sei um 02:13 Uhr wegen seines Geruches nach Alkohol von Polizeibeamten zur Überprüfung des Alkoholgehalts der Atemluft aufgefordert worden. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass eine 15-minütige Wartezeit bis zur Durchführung des Alkotests eingehalten werden müsse, und dass er während dieser Zeitspanne nichts essen und trinken und auch sonst nichts zu sich nehmen dürfe.
4 Die Bedienungsanleitung des Atemalkoholmessgerätes sehe ausdrücklich vor, dass die Messung erst durchgeführt werden dürfe, "wenn sichergestellt ist, dass die Testperson in einer Zeitspanne von mindestens 15 Minuten keine Flüssigkeiten, Nahrungsmittel
und/oder .... zu sich genommen hat".
5 Da der Revisionswerber auf dem Weg zum Polizeifahrzeug, in welchem sich das Atemalkoholmessgerät befunden habe, nach einem Glas Wasser gefragt und auch versucht habe, Schnee zu schöpfen, sei er explizit darauf hingewiesen worden, dass während der Wartezeit auch das Essen von Schnee nicht erlaubt sei. Dennoch habe der Revisionswerber etwa nach der Hälfte der Wartezeit mit einer Hand in den Schnee gegriffen, zum Mund geführt und den Schnee in den Mund genommen.
6 Die Atemalkoholmessung wurde beim Revisionswerber in der Folge nicht durchgeführt, ein Grad der Alkoholisierung habe bei ihm nicht festgestellt werden können.
7 Der Revisionswerber habe, indem er entgegen den Anordnungen den Schnee in den Mund genommen habe (diese strittige Feststellung beruht einerseits auf einer Würdigung der Aussagen der in der Verhandlung vernommenen Zeugen und andererseits auf der diesbezüglichen unterschiedlichen Verantwortung des Revisionswerber am Tatort und in der Verhandlung), ein Verhalten gesetzt, welches zu einer Verfälschung des Ergebnisses der beabsichtigten Atemluftmessung habe führen können, und das Zustandekommen eines rechtmäßigen Testergebnisses verhindert. Dies sei gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, zu werten (Hinweis u.a. auf VwGH 25.11.2005, 2005/02/0254, wonach für die Verweigerung des Atemalkoholtests ein Verhalten ausreicht, das zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann) und führe zwingend zu der im Spruch genannten Entziehung der Lenkberechtigung (§ 26 Abs. 2 Z 1 FSG) samt daran anknüpfenden Rechtsfolgen.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001 und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, es gehe im vorliegenden Fall "einzig und allein" um die Frage, ob der Revisionswerber anlässlich der Anhaltung am 30. Dezember 2017 Schnee gegessen und dadurch den Alkoholtest verweigert habe. Mit dem (durch detaillierte Darstellung der Angaben des Revisionswerbers und der Zeugen untermauerten) Vorbringen, das Verwaltungsgericht sei vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung iSd § 45 AVG und der dazu ergangenen Judikatur abgewichen, weil es nicht auf den inneren Wahrheitsgehalt der Beweisergebnisse abgestellt habe, wird in Anbetracht der mehrseitigen, im Kern bereits erwähnten Beweiswürdigung, die das Verwaltungsgericht auf die Ergebnisse der von ihm durchgeführten Verhandlung gestützt hat, eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende, in unvertretbarer Weise vorgenommene Beweiswürdigung und damit eine über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. aus vielen VwGH 19.4.2016, Ra 2016/11/0033, sowie VwGH 18.8.2017, Ra 2017/11/0218) nicht aufgezeigt.
13 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110103.L00Im RIS seit
03.07.2018Zuletzt aktualisiert am
19.07.2018