TE Vwgh Beschluss 2018/6/11 Ra 2017/17/0388

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Veröffentlicht am 11.06.2018
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Index

E6J;
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

61989CJ0213 Factortame VORAB;
GSpG 1989 §53;
VStG §39 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der U G s.r.o. in B, S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 30. März 2017, LVwG-S-26/001-2017, betreffend aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 23. November 2016 wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei die Beschlagnahme eines in ihrem Eigentum stehenden Glücksspielgerätes gemäß § 53 Abs. 3 iVm § 53 Abs. 1 Z 1 lit a Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die revisionswerbende Partei fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und beantragte unter anderem der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie die Entfernung der Versiegelungsplankette bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung anzuordnen.

3 Eine Entscheidung über diese Beschwerde liegt derzeit noch nicht vor.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ab. Begründend führte es aus, dass Beschwerden gegen Beschlagnahmebescheide gemäß § 53 Abs. 1 GSpG keine aufschiebende Wirkung zukomme. Zwar stelle § 53 GSpG eine von § 39 VStG abweichende Regelung dar. Da jedoch der Materiengesetzgeber keine von § 39 Abs. 6 VStG abweichende Regelung geschaffen habe, sei § 39 Abs. 6 VStG auch im Beschlagnahmeverfahren nach dem Glücksspielgesetz anzuwenden. Bei Beschlagnahmen nach § 53 Abs. 1 GSpG könne aber, weil in dieser Bestimmung im Gegensatz zu § 39 Abs. 1 VStG die Wendung "zur Sicherung des Verfalls" nicht enthalten sei, die Prüfung, ob die Sicherung des Verfalls überhaupt geboten sei, entfallen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa zuletzt VwGH 27.3.2018, Ro 2017/17/0025, mwN).

9 Dies ist hinsichtlich der von der revisionswerbenden Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfenen Rechtsfragen, ob der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung für Beschwerden gemäß § 39 Abs. 6 VStG im Beschlagnahmeverfahren nach dem Glücksspielgesetz anzuwenden sei, bzw. sich die aufschiebende Wirkung der Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Beschlagnahmebescheid auch unmittelbar aus dem Unionsrecht ergebe, zu denen es keine oder zumindest uneinheitliche hg. Rechtsprechung gebe, der Fall.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2016/17/0304, betreffend Abweisung eines Antrags auf Ausfolgung eines beschlagnahmten Glücksspielgerätes bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid unter anderem eingehend mit der Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 39 Abs. 6 VStG auf Beschlagnahmen nach dem GSpG auseinandergesetzt. Demnach gilt § 39 VStG ausschließlich in solchen Fällen, in denen eine Verwaltungsvorschrift den Verfall von Gegenständen zumindest auch als Strafe vorsieht. Da § 53 GSpG den Verfall - zumindest auch - als Strafe vorsieht, wenngleich die Beschlagnahme nach § 53 GSpG schon nach der Stammfassung des GSpG nicht an die Voraussetzungen gebunden war, dass sie der Sicherung des Verfalls dienen müsse, gilt der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des § 39 Abs. 6 VStG auch im Beschlagnahmeverfahren nach dem GSpG.

11 Überdies hat der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2016/17/0304, ausführlich - unter anderem auch unter Bedachtnahme auf das von der revisionswerbenden Partei zitierte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. Juni 1990, Factortame u.a., C-213/89 - die Rechtsfrage, ob unmittelbar aus dem Unionsrecht eine aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid ableitbar sei, behandelt und dazu zusammengefasst ausgeführt, dass bei Rechtsstreitigkeiten vor nationalen Gerichten, in denen eine Person eine Verletzung von aus dem Unionsrecht resultierenden Rechten geltend macht, aufschiebende Wirkung jedenfalls nicht zwingend zuzuerkennen ist, sondern - neben anderen Voraussetzungen - nur dann, wenn anders die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte nicht sichergestellt werden kann. Dies trifft jedoch im Falle einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid nach dem GSpG nicht zu, weil im Fall der Stattgabe der Beschwerde die beschlagnahmten Gegenstände auszufolgen sind.

12 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 11. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170388.L00

Im RIS seit

03.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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