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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVRAG 1993 §7b Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des J T in T, Polen, vertreten durch Mag. Günter Petzelbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 8/3a, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 31. Mai 2017, Zl. VGW-041/075/2114/2017-10, betreffend Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 31. Mai 2017 wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde des Revisionswerbers - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - ab und erkannte diesen damit in Bestätigung des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 20. Dezember 2016 als zur Vertretung nach außen berufenes Organ eines näher bezeichneten Unternehmens in Polen (in Folge: Auftragnehmerin) schuldig, er habe durch diese Gesellschaft am 6. April 2016 erfolgte Übertretungen des § 7d Abs. 1 iVm § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG (Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen) betreffend 13 näher genannte Arbeitnehmer zu verantworten. Über den Revisionswerber wurden deshalb jeweils Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt; ihm wurde zudem ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.
2 Unter einem sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht führte in seinem Erkenntnis begründend aus, es sei unstrittig, dass nicht sämtliche Lohnunterlagen vor Ort auf der Baustelle bereitgehalten wurden, sondern lediglich "die A1 Meldungen, die ZKO3 Meldungen und die Arbeitsverträge". Auf der Baustelle habe es eine Vielzahl von versperrbaren Containern gegeben und der Auftragnehmerin sei zumindest ein Mannschaftscontainer zur Verfügung gestellt worden. Da die im Straferkenntnis angeführten Lohnunterlagen der 13 entsandten Arbeiter nicht am Tag der Kontrolle auf der Baustelle zur Überprüfung bereitgehalten worden seien, liege der Tatbestand objektiv vor. Es sei dem Beschwerdeführer und seiner Gesellschaft auch zumutbar gewesen, die Unterlagen gemäß § 7d AVRAG auf der Baustelle vor Ort bereitzuhalten (wenn auch nur elektronisch). Die Unterlagen hätten im elektronischen Erfassungssystem auf der Baustelle erfasst werden (dass eine elektronische Erfassung nicht möglich gewesen wäre, sei nicht einmal vorgebracht worden) oder in einem versperrbaren Bürocontainer etwa der Generalunternehmerin oder der Auftraggeberin aufbewahrt werden können. Dass eine versperrbare Aufbewahrung vor Ort nicht möglich gewesen wäre, habe nicht nachgewiesen werden können, zumal den Kontrollorganen ein Teil der Unterlagen sehr wohl vor Ort bei der Kontrolle habe vorgezeigt werden können. Der Beschwerdeführer habe nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen können, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei. Von der Einvernahme der beantragten Zeugen habe abgesehen werden können, da unstrittig gewesen sei, dass nicht sämtliche Unterlagen auf der Baustelle zum Tatzeitpunkt vorgelegt worden seien.
4 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und vom 28.2.2015, Ra 2015/08/0008).
7 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen den Beschluss VwGH 20.2.2018, Ra 2018/11/0010 bis 0011, und die dort zitierte Vorjudikatur).
8 2.2.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe maßgebliche Verwaltungsvorschriften verletzt und ohne vollständige Beweisaufnahme Beweise vorgreifend gewürdigt, indem es unter Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundsätze Anträge auf die Einvernahme eines näher genannten Zeugen abgewiesen habe. Zudem sei die Bestimmung des § 45 in eventu § 20 VStG nicht rechtskonform angewendet worden. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG sei unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens eine Ermahnung auszusprechen.
9 2.2.2. Die Revision zeigt damit schon deshalb nicht auf, dass ihre Behandlung von der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, weil mit diesem Vorbringen die Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Es wird nämlich, soweit ein Abgehen von der hg. Rechtsprechung behauptet wird, nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. abermals VwGH 20.2.2018, Ra 2018/11/0010 bis 0011, mit Verweis auf VwGH 6.10.2015, Ra 2015/02/0187).
10 Soweit in den Ausführungen über die Zulässigkeit die Unterlassung der Einvernahme des beantragten Zeugen angeführt wird, genügt überdies der Hinweis darauf, dass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ebenfalls in der Zulässigkeitsbegründung darzulegen ist (vgl. VwGH 23.1.2017, Ra 2017/11/0001 mwN). Die Revision bringt aber in den Zulässigkeitsausführungen - und im Übrigen auch sonst - nicht konkret vor, was der nicht gehörte Zeuge vorgebracht hätte und weshalb sich aus diesem Vorbringen die Unzumutbarkeit der Bereithaltung der fehlenden Unterlagen an der Baustelle ergeben hätte.
11 Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht angesichts des von ihm festgestellten Sachverhalts eine unvertretbare Einzelfallbeurteilung vorgenommen hätte, wenn es das Nichtbereithalten der maßgeblichen Unterlagen an der verfahrensgegenständlichen Baustelle als zumindest fahrlässige und damit schuldhafte Übertretung der genannten Bestimmungen des AVRAG qualifizierte.
12 Auch ändert die Übermittlung von Sozialversicherungsdokumenten und Lohnunterlagen an die Abgabenbehörde kurze Zeit nach einer Kontrolle grundsätzlich nichts an der Verletzung der Bereithaltungspflicht gemäß § 7b Abs. 5 und § 7d Abs. 1 AVRAG (vgl. VwGH 4.5.2016, Ra 2016/11/0053).
13 Zum Vorbringen des Revisionswerbers dahin, der Revision wäre insofern Folge zu geben, als gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung zu erteilen bzw. die Strafe um die Hälfte zu mindern gewesen wäre, sei schließlich auf die hg. Rechtsprechung hingewiesen, nach welcher der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles eine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG bzw. eine Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG gerechtfertigt hätten, in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 12.1.2018, Ra 2017/08/0043, mwN).
14 2.2.3. In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017110224.L00Im RIS seit
03.07.2018Zuletzt aktualisiert am
19.07.2018