Entscheidungsdatum
05.06.2018Index
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
WMG §1 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Beschwerde der Frau I. O. vom 23.2.2018 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum ..., vom 5.2.2018, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/..., betreffend Kostenersatz gemäß § 24a WMG für März bis Juli 2015, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
1. Die belangte Behörde verpflichtete die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch: BF) mit Bescheid vom 5.2.2018, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/..., die für den Zeitraum 1.3.2015 bis 31.7.2015 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von € 1.050,27 gemäß § 24a WMG zu ersetzen.
Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 23.2.2018.
2.0. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
2.1. § 24a Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) – Kostenersatz bei rückwirkender Zuerkennung von Ansprüchen – lautet wie folgt:
„Unterstützt das Land Wien als Träger der Mindestsicherung eine Bedarfsgemeinschaft für eine Zeit, für die eine oder mehrere Personen einen Anspruch auf Versicherungsleistungen nach dem ASVG, dem AlVG oder auf Leistungen nach dem KBGG haben, so sind alle anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die durch die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz in dieser Zeit entstanden sind. Der Kostenersatzanspruch besteht in voller Höhe der entstandenen Kosten, ohne Berücksichtigung eines Vermögensfreibetrages und unabhängig davon, ob Einkommen oder Vermögen vorhanden ist oder weiterhin eine Notlage besteht. Die Bestimmung des § 24 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.“
Voraussetzung für die Anwendung des § 24a WMG in sachlicher Hinsicht ist die rückwirkende Zuerkennung von Ansprüchen. In zeitlicher Hinsicht ist seine Anwendung auf jene Zeiträume beschränkt, für die die Zuerkennung (von Versicherungsleistungen bzw. nach dem KBGG) erfolgt.
2.2. Die BF bezieht laut Behördenakt seit 23.3.2015 Leistungen aus der Mindestsicherung. Zuletzt erkannte ihr die belangte Behörde mit Bescheid vom 23.8.2017 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum 21.7.2017 bis 30.6.2018 zu.
Am 28.12.2017 wurde der BF durch den Sozialversicherungsträger rückwirkend für den Zeitraum ab dem Tag der Geburt ihres dritten Kindes (25.9.2017) eine Leistung nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz in Höhe von € 29,93 (€ 23,87 KBG plus € 6,06 Beihilfe) täglich zuerkannt. Diese rückwirkende Zuerkennung nahm die belangte Behörde zum Anlass, auf der Grundlage von § 24a letzter Satz iVm § 24 Abs. 3 WMG den verfahrensgegenständlichen Bescheid über den Kostenersatz für den Zeitraum 1.3.2015 bis 31.7.2015 zu erlassen.
2.3. Dem angefochtenen Kostenersatzbescheid liegt ein fehlerhaftes Verständnis der Bestimmung des § 24a WMG zu Grunde. Der Zweck des Kostenersatzes bei rückwirkender Zuerkennung von Ansprüchen ist die nachträgliche Berichtigung von Leistungen aus der Mindestsicherung im Sinne ihres gemäß § 1 Abs. 3 WMG subsidiären Charakters. Diesem entsprechend erfolgt eine Zuerkennung von Leistungen der Mindestsicherung nur dann, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Kommt es insbesondere – wie im gegenständlichen Fall – zu einer Leistung Dritter, reduziert sich der Anspruch auf Mindestsicherung entsprechend der Höhe dieser Leistung. Die Kosten, die dem Land Wien dadurch entstehen, Mindestsicherung parallel zu den Leistungen Dritter zu gewähren, unterliegen dem Kostenersatz. Im Falle rückwirkender Zuerkennung kann jedoch nur für die Zeiträume, für die rückwirkend eine Leistung Dritter gewährt wird, von der genannten Parallelität gesprochen werden. Mögen jenseits dieser Zeiträume auch Leistungen der Mindestsicherung in Anspruch genommen worden sein, so kann daher deren Subsidiarität nicht nach § 24a WMG zum Tragen kommen. Im gegenständlichen Fall bezieht sich die rückwirkende Zuerkennung auf den Zeitraum ab 25.9.2017.
Ein Kostenersatz gemäß § 24a WMG für Leistungen der Mindestsicherung für den im angefochtenen Bescheid genannten Zeitraum 1.3.2015 bis 31.7.2015 aufgrund der von der belangten Behörde geltend gemachten, rückwirkenden Zuerkennung von Leistungen Dritter scheidet folglich aus, sodass der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist und daher spruchgemäß aufzuheben war.
3. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es waren im Wesentlichen einzelfallbezogene Fragen der Kostenersatzvorschreibung zu beantworten, denen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die aus dem Gesetz klar lösbar sind.
Schlagworte
Mindestsicherung; Subsidiarität; Mindestbedarf; Kostenersatz; Kinderbetreuungsgeld; rückwirkende Zuerkennung; zeitliche ParallelitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.141.002.3026.2018Zuletzt aktualisiert am
02.07.2018