Entscheidungsdatum
28.03.2018Index
41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
StbG 1985 §10 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter
Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerde des A B C, geb. am xx, vertreten durch D E, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. November 2017, GZ: ABT03-3.0-170096/2016-68,
z u R e c h t e r k a n n t:
A. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen.
B. Gemäß § 17 VwGVG und § 53b Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 76 Abs 1 AVG werden dem Beschwerdeführer die Kosten des Dolmetschers in der Höhe von € 74,00 bestimmten Barauslagen auferlegt. Die Kosten sind binnen 14 Tage bei sonstiger Exekution ab Erhalt des Erkenntnisses zu entrichten.
C. Gegen das Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Oktober 2016 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs 1 Z 6 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 BGBl.
Nr. 311/1985 idgF BGBl. I Nr. 68/2017 StbG abgewiesen. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Graz-West nach § 228 Abs 1 StGB rechtskräftig bestraft worden sei und aufgrund dieser Bestrafung nach ihrer Art und Schwere keine positive Zukunftsprognose zu stellen sei. Somit würde das Einbürgerungshindernis des § 10 Abs 1 Z 6 StbG entgegenstehen.
2. In der dagegen eingebrachten Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass eine Geldstrafe nicht dienlich sei, den Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abzuweisen, da bejahendenfalls der § 10 Abs 1 Z 2 StbG ohne Sinn sei. Vielmehr wäre eine Prüfung der Persönlichkeit des Antragstellers vorzunehmen gewesen und sei dies unterlassen worden, wodurch die belangte Behörde einen Verfahrensmangel zu vertreten habe. Der Beschwerdeführer habe gezeigt, dass aus dem bisherigen Verhalten nur ein einmaliges Vergehen zu erkennen sei, welches zu einer geringen Geldstrafe vor einem Bezirksgericht geführt habe. Das Gesamtverhalten, welches für die Beurteilung maßgebend sei, wäre tadellos. Es wurde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und die Erteilung bzw. Zusicherung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu geben.
II. Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer ist ghanaischer Staatsangehöriger und hält sich seit 2005 im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer gibt an, nach Österreich gekommen zu sein, um zu arbeiten. Derzeit ist er in einer Lederfabrik in der Nähe von H beschäftigt und verdiene monatlich netto etwa € 1.000,00.
Am 10. Oktober 2016 beantragte er die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, damit er in Österreich bleiben könne. Der Beschwerdeführer gibt an, dass er zwar einen unbefristeten Aufenthaltstitel habe, jedoch die österreichische Staatsbürgerschaft nur aus dem Grund haben wolle, damit er den Aufenthaltstitel nicht mehr benötige.
Im Rahmen des Verfahrens trat der Beschwerdeführer zur „Geschichteprüfung“ am 03. November 2016 an und war das Ergebnis negativ. Bei der Wiederholungsprüfung am 17. November 2016 trat im Namen des Beschwerdeführers eine andere Person an. Hiefür benützte diese Person einen amtlichen Ausweis, der für den Beschwerdeführer als Aufenthaltstitelkarte ausgestellt war. Der Beschwerdeführer wurde hiefür rechtskräftig mit Urteil des Bezirksgerichtes F vom 24. August 2017, GZ: XX, gemäß §§ 12 zweiter Fall, 228 Abs 1 Strafgesetzbuch (StGB) (Vergehen mittelbaren, unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung) zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagsätzen á € 4,00, Gesamtgeldstrafe € 720,00, im Uneinbringlichkeitsfall 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Im Urteil wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer „am 17.11.2016 I J K dazu bestimmt habe, beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung einen Einbürgerungstest in seinem Namen zu absolvieren, mithin bewirkt, dass gutgläubig ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache in einer inländischen öffentlichen Urkunde bewirkt wird, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtsverhältnisses gebraucht werde“.
Der Beschwerdeführer gibt als Grund hiefür an, dass er vor der Wiederholungsprüfung erfahren habe, dass seine Frau in Ghana einen Autounfall gehabt habe und sie in die Intensivstation aufgenommen worden sei. Er habe sich deshalb nicht auf den Test konzentrieren können und habe daher einen Freund zur Prüfung geschickt. Der Beschwerdeführer gab weiters an, den Termin am
17. November 2016 deshalb nicht verschieben habe lassen, da er sich nicht konzentrieren hätte können, weil seine Frau in Ghana in Folge des Unfalles schwer verletzt gewesen sei.
Außer dem Vorfall ist der Beschwerdeführer weder verwaltungsstrafrechtlich, noch strafgerichtlich in Erscheinung getreten. Nunmehr habe er auch vor, seine Familie von Ghana (Frau und drei Kinder) nachziehen zu lassen. Er habe bereits einen Antrag gestellt, wobei noch keine behördliche Entscheidung vorliege.
2. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, GZ: ABT03-3.0-170096/2016 sowie dem Inhalt der Einvernahme des Beschwerdeführers in der Verhandlung am 07. März 2018. Die getroffenen Feststellungen sind nachvollziehbar und werden auch von den Parteien nicht in Abrede gestellt.
III. Rechtliche Beurteilung:
§ 10 Abs 1 Z 6 StbG lautet:
Verleihung(1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn
…
6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.
…
§ 11 StbG lautet:
Bei Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz ist das Gesamtverhalten des Fremden im Hinblick auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß seiner Integration zu berücksichtigen. Zu dieser zählt insbesondere die Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie das Bekenntnis zu den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft.
Bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzung des § 10 Abs 1 Z 6 StbG vorliegen, ist das Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers zu berücksichtigen (VwGH 14.01.1987, 86/01/0280). Daraus ist eine Prognose anzustellen, ob der Verleihungswerber Gewähr dafür bietet, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt, noch andere in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen gefährdet (VwGH 26.05.2015, Ro 2014/01/0035). Außer der Verurteilung des Bezirksgerichtes F, GZ: 12 U 108/2017 t, nach § 12 zweiter Fall StGB iVm § 228 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe liegen keine Vormerkungen begangener Straftaten sowohl in verwaltungsrechtlicher als auch in strafgerichtlicher Hinsicht vor. Als positiv für den Beschwerdeführer ist auch zu werten, dass er sich nunmehr ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält und seit 2006 einer geregelten Beschäftigung nachgeht.
Die vom Beschwerdeführer gesetzte Straftat im November 2016 wurde im Rahmen des Verfahrens zur Verleihung der Staatsbürgerschaft gesetzt. Daraus ergibt sich, insbesondere für die Verleihung der Staatsbürgerschaft, eine besondere Schwere des Verstoßes und die negative Einstellung des Beschwerdeführers zur Einhaltung der Vorschriften zur Erlangung der Staatsbürgerschaft (VwGH 11.03.1998, 97/01/0898). Auch die vorsätzliche Begehungsweise der Tat ist hiebei zu berücksichtigen, in dem der Beschwerdeführer eine andere Person zur Ablegung des Eignungstestes im Rahmen des Staatsbürgerschaftserwerbes mit seiner Aufenthaltskarte legitimierte. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe deshalb eine andere Person zum Geschichtstest hingeschickt, da seine Frau in Ghana einen Verkehrsunfall hatte und in der Intensivstation lag und er sich daher nicht konzentrieren konnte, stellt eine nicht nachvollziehbare Schutzbehauptung des Beschwerdeführers dar. Es wäre für den Beschwerdeführer ohne weiteres möglich gewesen, aufgrund der Umstände eine Verschiebung des Termines zu beantragen und wenn der Beschwerdeführer hiezu angibt, er habe dies deshalb nicht getan, weil er sich aufgrund des Verkehrsunfalles seiner Frau nicht konzentrieren konnte, so wird dieser Verantwortung kein Glaube geschenkt.
Die vom Beschwerdeführer gesetzte strafbare Handlung ist zwar deutlich unter der Schwelle des § 10 Abs 1 Z 2 StbG und hatte keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zur Folge. Besonderes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass die Tat im Rahmen des Verleihungsverfahrens zur Staatsbürgerschaft gesetzt wurde. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers in dem Verfahren manifestiert sich seine Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung und hat er offensichtlich in Kauf genommen, die Staatsbürgerschaft unter Begehung eines strafgerichtlichen Deliktes zu erwerben. Dass die Straftat erst nach ca. zehnjährigem Aufenthalt in Österreich bei einem bis dorthin vorgelegenen Wohlverhalten gesetzt wurde, ist offensichtlich so zu sehen, dass sich die Persönlichkeit des Beschwerdeführers zum Schlechteren entwickelt hat. Daran ändert auch das Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit November 2016 nichts bzw. kommt dem geringes Gewicht zu.
Das Gericht geht somit davon aus, dass in der Gesamtpersönlichkeit des Beschwerdeführers derzeit ein Charakterbild vorherrscht, welches gerechtfertigt erscheinen lässt, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft die zur Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung erlassenen Vorschriften missachtet und somit eine Gefahr im Sinne des § 10 Abs 1 Z 6 StbG gegeben ist. Die Prognose ist auch im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu sehen, der eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer Übertretung des § 38 Abs 5 StVO iVm § 99 Abs 3 lit. a StVO als Verneinung des Wohlverhaltens im Sinne des § 10 Abs 1 Z 6 StbG gewertet hat (VwGH 12.05.1999, 99/01/0008). Die strafbare Handlung des Beschwerdeführers im Rahmen des Verfahrens zum Erwerb der Staatsbürgerschaft ist dem wohl mehr als gleichzuhalten und lässt für eine positive Prognose derzeit keinen Raum.
Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung bzw. Zusicherung der österreichischen Staatsbürgerschaft konnte daher keine Folge gegeben werden.
IV. Die Kosten der beigezogenen Dolmetscherin sind vom Beschwerdeführer zu tragen, da die Beiziehung eines Dolmetschers für die Verhandlung am 07. März 2018 notwendig war. Gemäß § 76 AVG – der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren heranzuziehen ist – hat der Beschwerdeführer für die Barauslagen aufzukommen, da dieser den verfahrenseinleitenden Antrag (Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft) gestellt hat.
V. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Staatsbürgerschaft, unrichtige Beurkundung, Verleihungsverfahren zur Staatsbürgerschaft, Verleihungshindernis, Einbürgerungshindernis, GeldstrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.70.3.297.2018Zuletzt aktualisiert am
02.07.2018