TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/28 LVwG 46.24-2663/2017

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Veröffentlicht am 28.03.2018
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Entscheidungsdatum

28.03.2018

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §88e Abs1
WRG 1959 §97 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter HR Mag. Stocker über die Beschwerde der Marktgemeinde C, Ga, Ga, vertreten durch D, Rechtsanwälte GmbH, Hgasse, G, gegen den Schlichtspruch der Schlichtungsstelle des Abwasserverbandes A vom 11.08.2017, GZ: BHLI-61964/2014-18,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird aus Anlass der rechtzeitigen und zulässigen Beschwerde der Schlichtspruch der Schlichtungsstelle des Abwasserverbandes A vom 11.08.2017

behoben

und der Antrag des Abwasserverbandes A, vertreten durch den Obmann E F, vom 31.10.2016 mit welchem die Schlichtungsstelle zur Klärung des rechtmäßigen Aufteilungsschlüssels betreffend den Bereich Kläranlage B angerufen wurde, wird zurückgewiesen.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Beschwerdegegenstand:

Mit dem bekämpften Schlichtspruch der Schlichtungsstelle des Abwasserverbandes A vom 11.08.2017 hat die Schlichtungsstelle gemäß § 97 Abs 2 und
§ 88e Abs 6 WRG iVm § 19 der Satzungen des Abwasserverbandes A entschieden, dass der in § 7 der gültigen Satzungen vom 03.03.2015 festgelegte Aufteilungsschlüssel anzuwenden ist. Weiters wird ausgesprochen, dass die Anwendung dieses Aufteilungsschlüssels jedenfalls ab dem Rechnungsabschluss 2015 gilt.

Sodann wird im Spruch festgehalten:

„Die Schlichtungsstelle ist ebenfalls zur Rechtsauffassung gelangt, dass für die Abrechnung bis zum Rechnungsabschluss 2014 eine gültige zivilrechtliche Einigung über einen Aufteilungsschlüssel vorlag, die einstimmig zustande gekommen ist.“

Letztlich enthält der Schlichtspruch noch den Ausspruch, dass die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ausgeschlossen wird; dieser Ausspruch wurde vom Landesverwaltungsgericht Steiermark mit gesondertem Beschluss vom 25.01.2018, GZ: LVwG 40.24-183/2018-2, aufgehoben.

Gegen den Schlichtspruch vom 11.08.2017 richtet sich die zulässige und rechtzeitige Beschwerde der Marktgemeinde C. Ausdrücklich richtet sich die Beschwerde nur gegen den Schlichtspruch, dass der satzungsgemäße Aufteilungsschlüssel anzuwenden ist, nicht aber gegen den weiteren Ausspruch über das Vorhandensein einer zivilrechtlichen Einigung über einen Aufteilungsschlüssel.

Begründend wird dargelegt, die belangte Behörde habe den Sachverhalt zutreffend festgestellt, wobei in der Vorstandssitzung vom 09.10.2013 die Gemeinde B dem geänderten Aufteilungsschlüssel zugestimmt habe und im folgenden Jahrzehnt dieses Einvernehmen auch gelebt worden wäre. Damit sei abweichend von den Satzungen ein gemäß § 88d Abs 2 WRG zulässiges Übereinkommen über einen geänderten Aufteilungsschlüssel vereinbart worden, welches Vorrang gegenüber den Satzungen habe. Dies sei im bekämpften Schlichtspruch für die Jahre 2005-2014 auch bejaht worden. Unrichtig sei aber, dass dieses Übereinkommen nicht auch ab 2015 und für die Zukunft Geltung habe, weil es noch aufrecht sei und nur durch contrarius actus „einvernehmlich“ aufgehoben werden könne.
Das Gesetz (§ 88d Abs 2 WRG) ermögliche es, dass neben den Satzungsregelungen davon abweichende Aufteilungsschlüssel unbürokratisch vereinbart werden könnten. Begehrt wird in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Teil des Schlichtspruches dergestalt abzuändern, dass er (bei unverändertem Schlichtspruch im Umfange seiner Unangefochtenheit) dahingehend zu lauten habe, dass die Kosten der Kläranlage B auch ab dem Jahr 2015 und bis auf weiteres so aufzuteilen seien, dass auf die Stadtgemeinde B ein Prozentsatz von 77,37 % und auf die Marktgemeinde C einer von 22,63 % entfalle.

Die Stadtgemeinde B als mitbeteiligte Partei erstattete durch ihren ausgewiesenen Vertreter die Gegenäußerung vom 19.10.2017. Darin wird festgehalten, dass in der Vorstandssitzung vom 09.10.2013 kein Einvernehmen über einen geänderten Aufteilungsschlüssel zustande gekommen sei, und aus dem Protokoll über diese Vorstandssitzung auch keine Abstimmung über diesen Punkt ersichtlich sei. Vielmehr ergebe sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 28.07.2013, dass den Mitgliedern auch die Notwendigkeit einer Satzungsänderung zu diesem Thema bekannt gewesen war. Auch könne aus dem Vorgang der Genehmigung der Jahresabschlüsse mit einem geänderten Aufteilungsschlüssel nicht auf ein vorliegendes Übereinkommen geschlossen werden. Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass die Änderung des Maßstabes für die Kostenverteilung einer Zweidrittelmehrheit bedarf (§ 88c Abs 3 und Abs 5 WRG). Ein geänderter Satzungsschlüssel bedinge jedenfalls eine Satzungsänderung und auch die notwendige aufsichtsbehördliche Genehmigung; dies auch bei einem behaupteten „zivilrechtlichen Vertrag“ (OGH SZ 37/46) bzw. werde eine Vereinbarung als „öffentlich-rechtliches Übereinkommen“ erst nach Genehmigung wirksam (OG SZ 68/132). Seit 2003 seien aber mehrfach Satzungsänderungen bereits beschlossen und auch aufsichtsbehördlich genehmigt worden, wobei ein geänderter Aufteilungsschlüssel dabei nie thematisiert wurde.

Letztlich müsse darauf hingewiesen werden, dass bei einer behaupteten privatrechtlichen Vereinbarung der ordentliche Rechtsweg zu bestreiten wäre (OGH 31.03.2011, 1 Ob 30/11k).

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark führte am 14.03.2018 die öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung der Parteien und Beteiligten durch, bei welcher auch der Obmann des Abwasserverbandes A, Bürgermeister E F, als Zeuge einvernommen wurde.

II.               Sachverhalt:

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.03.2018, und des Aktes der belangten Schlichtungsstelle von nachstehendem relevanten Sachverhalt aus:

Dem Abwasserverband A als Körperschaft öffentlichen Rechtes gehören als Verbandsmitglieder die Stadtgemeinde H, die Gemeinde I, die Gemeinde J, die Stadtgemeinde B sowie die Marktgemeinde C (inklusive der seit der Gemeindestrukturreform per 01.01.2015 fusionierten Gemeinde K) an. Für den Abwasserverband A liegen die zuletzt mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 03.03.2015, GZ: ABT13-35.11-33/2008-57, genehmigten Satzungen vor.

Mit Schreiben vom 31.10.2016 des Obmannes des Abwasserverbandes A wurde die Schlichtungsstelle des Abwasserverbandes zur Klärung des rechtmäßigen Aufteilungsschlüssels betreffend den Bereich Kläranlage B angerufen, wobei im Schreiben Folgendes wörtlich festgehalten ist:

„Interne Schlichtungsversuche sind gescheitert, weshalb ich als Obmann des Abwasserverbandes A im Namen der betroffenen Gemeinden an das Schiedsgericht des Abwasserverbandes A auf Basis des § 19 „Schlichtungsstelle“ der Satzungen mit dem Ersuchen einer diesbezüglichen Klärung herantrete.“

Aus der zeugenschaftlichen Aussage des Obmannes des Abwasserverbandes in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark am 14.03.2018 wird festgestellt, dass der Obmann des Abwasserverbandes aufgrund der Diskussionen mit den betroffenen Mitgliedern selbstständig mit diesem Schreiben vom 31.10.2016 an die Schlichtungsstelle herangetreten ist und nicht im Auftrag oder als Vertreter einer Mitgliedsgemeinde gehandelt hat. Weiters wird festgestellt, dass vor Einbringung des Anrufungsschreibens vom 31.10.2016 die letzte Entscheidung bzw. Verfügung des Vorstandes bzw. der Mitgliederversammlung des Abwasserverbandes der im Protokoll zur Sitzung der Mitgliederversammlung am 14.06.2016 dokumentierte und nur mehrheitlich beschlossene Rechnungsabschluss darstellt. Zwischen 05.07.2016 (letzte Information per E-Mail laut Beilage zum Anschreiben vom 31.10.2016) und dem Einbringen des Anschreibens vom 31.10.2016 wurden nur mehr informelle Schlichtungsversuche unternommen, offiziell gab es keine weiteren Beschlüsse der Mitgliederversammlung oder des Vorstandes.

Weiters wird festgestellt, dass den Rechnungsabschlüssen mit einem von den Satzungen abweichenden Aufteilungsschlüssel immer von allen Mitgliedern zugestimmt wurde, mit Ausnahme des Rechnungsabschlusses 2015, da bei der letzten Mitgliederversammlung am 14.06.2016 eine Gegenstimme der Stadtgemeinde B abgegeben wurde.

Der Niederschrift zur Sitzung des Verbandsvorstandes vom 28.07.2013 ist Folgendes zu entnehmen:

„Über einstimmigen Beschluss des Vorstandes wird der Mitgliederversammlung der Vorschlag unterbreitet, die Satzung dahingehend abzuändern, dass ab 01.01.2005 (Frist zur Fertigstellung aller Anlagen, zu diesem Zeitpunkt müsste das gesamte Ortsnetz B fertiggestellt sein) die Betriebskostenabrechnung in der Form durchgeführt wird, als ob alle Anlagenteile der Gemeinde B an die Verbandskläranlage angeschlossen wäre.“

Aus § 7 der genehmigten Satzungen des Abwasserverbandes A gehen die Aufteilungsschlüssel für Investitionen und für Betriebskosten betreffend die Kläranlagen H und B hervor. Für Investitionen sind unterschiedliche Prozentsätze je nach Bauabschnitt (getrennt nach Bauabschnitte 01 Hauptsammler und Kläranlage sowie 02 Hauptsammler und Kläranlage) zwischen 83,00 % und 91,45 % für B, zwischen 8,55 % und 16,12 % für C und zwischen 0,00 % und 0,88 % für K ersichtlich. Für die Betriebskosten der Kläranlage B ist ein satzungsgemäßer Aufteilungsschlüssel von 73,39 % für B, 26,05 % für C und 0,56 % für K ausgewiesen.

Seit der Beschlussfassung zum Voranschlag 2005 gelangt folgender Betriebskostenschlüssel für den Bereich der Kläranlage B zur Anwendung:

Für die Gemeinde B 77,27 (77,37) %, für die Gemeinde C 22,73 % (darin enthalten auch 1,66 % der fusionierten Gemeinde K). Seit 2005 erfolgte die Betragsvorschreibung an die Mitglieder durch den Abwasserverband nach dem angewendeten – von den genehmigten Satzungen abweichenden – Aufteilungsschlüssel.

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass sich die getroffenen Feststellungen aus den Dokumenten im Akt der belangten Schlichtungsstelle ergeben, sowie aus den Aussagen des als Zeugen einvernommenen Obmannes des Wasserverbandes. Widerstreitende Beweisergebnisse waren nicht zu lösen.

III.             Rechtsgrundlagen:

Für den Gegenstandsfall sind folgende relevante Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG) maßgebend:

§ 88c:

„(1) Die Satzungen haben die Tätigkeit des Wasserverbandes zu regeln; sie sind von den Mitgliedern eines freiwilligen Wasserverbandes zugleich mit der freien Vereinbarung, von den Mitgliedern eines Wasserverbandes mit Beitrittszwang vor dem Antrag auf Beiziehung der widerstrebenden Minderheit zu beschließen.

(2) Satzungen von Zwangsverbänden sind, sofern sie nicht vom Verband innerhalb der eingeräumten Frist (§ 88b Abs. 1) vorgelegt werden und genehmigt werden können, durch die Behörde zu erlassen.

(3) Die Satzungen haben Bestimmungen zu enthalten über

         a)       den Namen, Sitz, Zweck und Umfang des Verbandes,

         b)       die Mitgliedschaft und Grundsätze für die Ermittlung der auf die einzelnen Mitglieder entfallenden Stimmen,

         c)       die Rechte und Pflichten der Mitglieder und die Art der Ausübung des Stimmrechtes,

         d)       die Ermittlung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten, über die Festsetzung der Mitgliedsbeiträge und ihre Einhebung,

         e)       die Zusammensetzung, die Wahl, die Beschlußfassung, die Funktionsdauer und den Wirkungskreis der Verbandsorgane,

         f)       die Vertretung des Verbandes nach außen und die Fertigung von Urkunden, durch die rechtliche Verpflichtungen des Verbandes begründet werden,

         g)       jene Angelegenheiten einschließlich Satzungsänderungen, hinsichtlich derer eine Beschlußfassung nur mit besonderer Mehrheit erfolgen kann,

         h)       die Dauer der Geschäftsperioden, den Voranschlag und die Rechnungsprüfung,

         i)       die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und dem Verband aus dem Verbandsverhältnis entstandenen Streitigkeiten,

         j)       die Auflösung des Verbandes, die Regelung seiner Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die Liquidierung seines Vermögens,

         k)       sonstige für den Verband bedeutsame Fragen.

(4) In den Satzungen kann auch eine örtliche oder sachliche Gliederung des Wasserverbandes sowie gegebenenfalls unter Wahrung des Beitragsverhältnisses die stärkere Heranziehung bestimmter Mitglieder oder Gruppen von Mitgliedern zu besonderen Maßnahmen und Leistungen geregelt werden.

(5) Änderungen der Satzungen nach Abs. 3 lit. g oder des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten bedürfen wenigstens der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der bei einer hierüber einberufenen Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder, im Falle eines Umlaufbeschlusses der Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller Mitglieder. Änderungen der Satzungen werden erst nach behördlicher Genehmigung wirksam. Bei Zwangsverbänden findet Abs. 2 sinngemäß Anwendung; § 88b Abs. 3 bleibt unberührt.

(6) Haben sich die für die Aufteilung der Kosten maßgeblichen Verhältnisse geändert oder erscheint der Maßstab für die Verteilung der Kosten unbillig und wird innerhalb zumutbarer Frist keine Änderung nach Abs. 5 beschlossen, so hat die Behörde auf Antrag eines Mitgliedes eine der Änderung entsprechende angemessene Kostenaufteilung festzusetzen.

(7) Wird eine Schlichtung (Abs. 3 lit. i) nicht innerhalb von sechs Monaten durchgeführt, ist eine Anrufung der Behörde zulässig. Dies gilt auch bei Untätigkeit der Schlichtungsstelle.

(8) Einer Satzung (Satzungsänderung) ist die Genehmigung zu versagen, soweit sie mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in Widerspruch steht, oder wenn sie nicht satzungsgemäß zustandegekommen ist. Auf sonstige Mängel kann der Wasserverband hingewiesen werden.“

§ 88d Abs 2:

„Soweit die Kosten, die dem Verband aus der Erfüllung seiner Aufgaben erwachsen, nicht anderweitig gedeckt werden können, sind sie nach dem durch die Satzungen oder durch besondere Übereinkommen festgesetzten Maßstab auf die Mitglieder umzulegen, wobei auch zu bestimmen ist, wieweit die Beiträge in Geld-, Dienst- oder Sachleistungen zu bestehen haben. Bei der Umlegung können auch jene Kosten berücksichtigt werden, die in der der jeweiligen Geschäftsperiode folgenden Geschäftsperiode voraussichtlich anfallen.“

§ 88e Abs 1 und Abs 6:

„(1) Verbandsorgane sind insbesondere die Mitgliederversammlung, der Vorstand, der Obmann und die Schlichtungsstelle. Die Zahl der Mitglieder des Vorstandes und der Schlichtungsstelle ist durch die Satzungen zu bestimmen. Wenn die Satzungen nichts anderes bestimmen, bestehen Vorstand und Schlichtungsstelle jeweils aus drei Personen. Vorstandsmitglieder müssen zur Vertretung eines Verbandsmitgliedes nach außen berufen sein oder dem willensbildenden Organ eines Verbandsmitgliedes angehören; sie sind in dieser Funktion an keine Weisungen des Verbandsmitgliedes gebunden.

(2) …

(3) …

(4) …

(5) ...

(6) Der Schlichtungsstelle obliegt es, Streitigkeiten aus dem Verbandsverhältnis gütlich beizulegen oder in bestimmten Fällen (§ 97 Abs. 2) zu entscheiden. Eine vorzeitige Abberufung ist nur mit Zustimmung der Behörde zulässig. Die Voraussetzungen für die Bestellung als Mitglied der Schlichtungsstelle und für ein Erlöschen der Mitgliedschaft sind unter Bedachtnahme auf persönliche Eignung und Unbefangenheit in den Satzungen festzulegen.“

§ 97 Abs 2:

„Gegen Entscheidungen und Verfügungen (Beschlüsse) des Vorstandes und der Mitgliederversammlung können die betroffenen Verbandsmitglieder binnen zwei Wochen nach erlangter Kenntnis die Schlichtungsstelle (§ 88e Abs. 6) schriftlich anrufen; diese hat eine gütliche Beilegung anzustreben und, wenn dies nicht gelingt, einen Schlichtspruch zu fällen. Gegen diese Entscheidungen können die betroffenen Verbandsmitglieder Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben.“

Gemäß § 19 der derzeit gültigen Satzung des Abwasserverbandes A obliegt es der Schlichtungsstelle, Streitigkeiten aus dem Verbandsverhältnis gütlich beizulegen oder in bestimmten Fällen (§ 97 Abs 2 WRG 1959) zu entscheiden. Gegen Entscheidungen und Verfügungen (Beschlüsse) des Vorstandes und der Mitgliederversammlung können die betroffenen Verbandsmitglieder binnen zwei Wochen nach erlangter Kenntnis die Schlichtungsstelle schriftlich anrufen. Diese hat eine gütliche Beilegung anzustreben und wenn dies nicht gelingt, einen Schlichtspruch zu fällen. Gegen diese Entscheidungen können die betroffenen Verbandsmitglieder Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben.

IV.      Erwägungen:

Eingangs ist festzuhalten, dass die vom Verbandsmitglied Marktgemeinde C erhobene Beschwerde gegen den bekämpften Schlichtspruch gemäß
§ 97 Abs 2 letzter Satz WRG zulässig ist; sie ist auch rechtzeitig eingebracht.

Gemäß § 97 Abs 2 WRG (gleichlautend § 19 der derzeit gültigen Satzung des Abwasserverbandes A) können (nur) die betroffenen Verbandsmitglieder die Schlichtungsstelle anrufen. Das Ermittlungsverfahren hat aber demgegenüber ergeben, dass nicht ein Verbandsmitglied die Schlichtungsstelle angerufen hat, sondern der Abwasserverband A, vertreten durch seinen Obmann.
Dem Abwasserverband A fehlt es aber an einer gesetzlichen Anspruchsberechtigung zu Anrufung der Schlichtungsstelle. Schon aus diesem Grunde hätte die Schlichtungsstelle nicht in der Sache selbst entscheiden dürfen.

Weiters ergibt sich aus § 97 Abs 2 WRG, dass die Anrufung der Schlichtungsstelle nur binnen zwei Wochen nach erlangter Kenntnis vom Anfechtungsobjekt (Entscheidungen und Verfügungen des Vorstandes und der Mitgliederversammlung) angerufen werden kann. In diesem Punkt hat das Ermittlungsverfahren aber ergeben, dass das letzte taugliche Anfechtungsobjekt der Beschluss über den Rechnungsabschluss 2015, gefasst in der Sitzung der Mitgliederversammlung am 14.06.2016, darstellt. Dieser ist allen Mitgliedern bereits am 14.06.2016 bekannt gewesen, weshalb die Anrufung des Schiedsgerichtes mit 31.10.2016 erst nach Ablauf der gesetzlich normierten zweiwöchigen Frist vorgenommen wurde.
Auch aus diesem Grunde war eine Sachentscheidung durch die Schlichtungsstelle nicht zu treffen.

Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, aufgrund der bloß teilweisen Anfechtung des Schlichtungsspruches sei der Ausspruch des Bestehens einer Vereinbarung für die Zeiträume vor 2015 in Teilrechtskraft erwachsen und gehöre mangels Anfechtung auch nur durch eine der Parteien weiterhin dem Rechtsbestand an, so ist auf Folgendes hinzuweisen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, hat das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag auch zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.01.2018, Ra 2016/01/0127). § 28 VwGVG gebietet es dem Verwaltungsgericht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 130 Abs 4 B-VG die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages zum Inhalt seiner Sachentscheidung zu machen, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorkommt, dass es schon bei Bescheiderlassung durch die belangte Behörde an einer Prozessvoraussetzung mangelte.

Der Beschwerdeführerin ist zwar darin zuzustimmen, dass grundsätzlich nicht angefochtene Teile eines Bescheides in Teilrechtsrechtskraft erwachsen können. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, darf nämlich auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechtes und der Rechtsicherung über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen grundsätzlich nicht mehr in merito entschieden werden. „Sache“ einer rechtskräftigen Entscheidung ist dabei stets der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2014/06/0041).

Eine Entscheidung „in merito“ liegt aber hier nicht vor, da aufgrund des Fehlens von Prozessvoraussetzungen (Antragslegitimation und Fristablauf) eine Sachentscheidung der belangten Schlichtungsstelle gar nicht mehr ergehen hätte dürfen.

Dazu kommt noch, dass dem Ausspruch über das Zustandekommen einer gültigen zivilrechtlichen Einigung über einen Aufteilungsschlüssel im Schlichtspruch vom 11.08.2017 kein normativer Gehalt zu entnehmen ist. Der Ausspruch gibt nämlich nur wieder, dass die Schlichtungsstelle zu einer bestimmten Rechtsauffassung gelangt ist, nämlich, dass für die Abrechnung eine gültige zivilrechtliche Einigung über einen – im Ausspruch selbst nicht näher definierten - Aufteilungsschlüssel zustande gekommen ist. Ein normativer Gehalt ist aus dieser Formulierung nicht erkennbar und kann auch nicht aus der Begründung erschlossen werden. Dieser Ausspruch ist daher auch nicht teilrechtskraftfähig.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Der angefochtene Schlichtspruch war zu beheben und der Antrag mangels Anspruchsberechtigung und in Folge Verfristung als unzulässig zurückzuweisen.

V.                Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abwasserverband, Verbandsmitglieder, Verbandsorgane, Obmann, Anrufung, Schlichtungsstelle

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.46.24.2663.2017

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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