TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/21 I412 2015023-2

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Veröffentlicht am 21.06.2018
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Entscheidungsdatum

21.06.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs2

Spruch

I412 2015023-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2014, GZ W144 1417503-2/3E, rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 Abs 2 VwGVG idgF als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt:

Der Antragsteller reiste im Jahr 2010 in das Bundesgebiet ein und wurde sein erster Antrag auf internationalen Schutz in Österreich mit Bescheid des Bundesasylamtes am 16.12.2010 abgewiesen und diese Entscheidung mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 21.06.2012, Zl. A2 417.503-1/2011/9E, bestätigt, welche dem Beschwerdeführer am 08.07.2012 zugestellt wurde.

Am 05.02.2013 stellte der Beschwerdeführer einen seinen zweiten (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz und stützte diesen Antrag auf seine bereits im ersten Verfahren behauptete Homosexualität und der damit in Zusammenhang stehenden Bedrohungssituation in Nigeria. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.02.2013, ZI. XXXX, wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen {Spruchpunkt II). Die gegen den Bescheid vom 19.02.2013 an den Asylgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des - zwischenzeitlich dem Asylgerichtshof nachgefolgten - Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2014, GZ W144 1417503-2/3E, hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft. Betreffend Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das - zwischenzeitlich dem Bundesasylamt nachgefolgten - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2014, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde am 21.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Darin wird (zusammengefasst) ausgeführt, dass der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2014 zu GZ W144 1417503-2/3 rechtskräftig entschieden wurde und darin die Entscheidung des Bundesasylamtes, mit dem der (Folge-)Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde, bestätigt worden ist. In Anbetracht der genannten abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2014 über den (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz stehe dem Beschwerdeführer jedenfalls kein weiteres ordentliches Rechtsmittel hinsichtlich Spruchpunkt I zur Geltendmachung seines Rechtsstandpunktes zur Verfügung.

Angeführt wird im weiteren, dass der Antragsteller mit seinem homosexuellen Freund in Österreich zusammenlebe. Diese Beziehung bestehe seit dem Jahr 2015 und seien im Verfahren den Antragsteller betreffend seit dem Jahr 2014 keine weiteren Schritte mehr gesetzt worden, sodass er diesen Umstand nicht schon früher hätte vorbringen können. Die Rechtsberaterin habe von diesem Umstand erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 erfahren und daher umgehend, jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Frist den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und der zu den Feststellungen erhobene Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie der nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakten zu den GZ 2015023-1 und 2015023-2.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 32 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 2/2017, regelt dabei die Wiederaufnahme des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten.

Laut § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist (Z1) oder neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruches anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten (Z2), oder das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde (Z3), oder nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte (Z4).

§ 32 Abs. 2 VwGVG normiert, dass der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen ist. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG kann unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 VwGVG die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen (Abs 4 leg. cit.).

§ 32 VwGVG entspricht dabei weitgehend - mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit - den diesbezüglichen Bestimmungen des AVG (Fister/Fuchs/Sachs, VwGVG § 32, ErläutRV 2009 BlgNr. 24. GP, S 171). Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) zu § 69 AVG ist daher auch für das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung maßgebend, ob der Antrag auf Wiederaufnahme innerhalb der gesetzlich vorgesehenen objektiven Frist von 3 Jahren gestellt wurde.

Dem Antragsteller wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2014, GZ W144 1417503-2/3E, nachweislich am 20.05.2014 zugestellt. Der Antragsteller hat durch seine Rechtsvertreterin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens am 21.12.2017 gestellt. Die im oben dargestellten § 32 Abs. 2 VwGVG normierte objektive Antragsfrist von 3 Jahren wurde daher nicht eingehalten und der Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers verspätet eingebracht.

Wird der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht innerhalb der im Gesetz bestimmten Frist gestellt, so ist er als verspätet zurückzuweisen (VwGH vom 23.06.1995, Zl. 95/17/0149).

Weitere Ermittlungen zur Rechtzeitigkeit konnten unterbleiben, da aus der Aktenlage offensichtlich hervorgeht, dass die objektive Frist von 3 Jahren bereits verstrichen ist. Sowohl der Zeitpunkt der Erkenntniserlassung als auch jener der Antragstellung können - wie bereits dargestellt - eindeutig aus dem Akteninhalt entnommen werden.

Gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG kann ein Verfahren auch von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 leg. cit. wiederaufgenommen werden. Aber auch diesfalls ist die objektive Frist von 3 Jahren, außer beim Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes des § 32 Abs. 1 Z. 1 VwGVG, vom Bundesverwaltungsgericht einzuhalten. Der Antragsteller macht in seinem Antrag einen Grund nach Z. 2 geltend und kann das Bundesverwaltungsgericht das gegenständliche Verfahren auch nicht mehr von Amts wegen aufnehmen.

Aus den dargestellten Erwägungen ergibt sich, dass der gegenständliche Antrag vom 21.12.2017 als verspätet zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Frist, mangelnder Anknüpfungspunkt, Wiederaufnahmsantrag,
Zeitablauf, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I412.2015023.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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