Entscheidungsdatum
21.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I412 2015023-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD NÖ Außenstelle St. Pölten, vom 23.10.2014, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass der erste Satz des Spruchs zu lauten hat:
"Eine 'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.07.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.12.2010, ZI. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz vom 04.07.2010 gemäß § 3 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I) und ihm wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Das Bundesasylamt begründete seine Entscheidung mit der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.6.2012, Zl. A2 417.503-1/2011/9E, gemäß §§ 3, 8, und 10 AsylG abgewiesen. Begründend wurde unter Darlegung umfassender Erwägungen zur Beweiswürdigung unter anderem ausgeführt, dass sich die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Homosexualität und zur damit im Zusammenhang stehenden Bedrohungssituation als unglaubwürdig darstellen.
4. Am 05.02.2013 stellte der Beschwerdeführer einen (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz und stützte diesen Antrag auf seine bereits im ersten Verfahren behauptete Homosexualität und der damit in Zusammenhang stehenden Bedrohungssituation in Nigeria.
5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.02.2013, ZI. XXXX, wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen {Spruchpunkt II).
6. Die gegen den Bescheid vom 19.02.2013 an den Asylgerichtshof erhobene Beschwerde
wurde mit Erkenntnis des - zwischenzeitlich dem Asylgerichtshof nachgefolgten - Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2014, ZI. W144 1417503-2/3E, hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids als unbegründet abgewiesen. Betreffend Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das - zwischenzeitlich dem Bundesasylamt nachgefolgten - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
7. Am 23.09.2014 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er vor, dass er unter einer konkret genannten Adresse eines Freundes wohne, dort aber nicht gemeldet sei. Man teile sich die Miete der Wohnung. Die im Melderegister ersichtliche Anmeldung sei nur eine Scheinadresse. Er sei ledig und fühle sich wohl. Er habe keine Angehörigen in Österreich. Befragt zu seinem sozialen Umfeld gab er an, dass er einen (namentlich genannten) Priester kenne und er Mitglied einer für Nigerianer in seinem Wohnort gegründeten Organisation sei. In einem sonstigen Verein sei er nicht tätig. Auch spiele er mit Freunden Fußball und gehöre er einer christlichen Gemeinde an. Gelegentlich verkaufe er eine Straßenzeitung. Ab und zu werde er von seinen Freunden unterstützt. Er habe in Nigeria 12 Jahre die Schule besucht. Zeugnisse habe er leider keine mehr. Im Jahr 2011 habe er für drei Monate in Österreich einen Deutschkurs besucht und er spreche ein bisschen Deutsch. Im Alltag komme er mit seinen Deutschkenntnissen nicht sehr gut zurecht, das Sprechen falle ihm schwer, er verstehe aber die Leute. Zu seinem Alltag in Österreich gab er an, dass er meistens zwischen 10 oder 12 Uhr aufstehe und danach Zeitungen verkaufe. Sonntags gehe er in die Kirche. Ansonsten spiele er Fußball mit Flüchtlingen verschiedener Nationen, aber auch mit Österreichern. Er fühle sich mit Nigeria verbunden. Seine Mutter fehle ihm. Er habe keinen Kontakt zu ihr. Derzeit besuche er einen weiteren Deutschkurs.
8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.10.2014 entschied die belangte Behörde Folgendes:
"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestelit, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist."
Begründend wurde im Rahmen der Feststellungen im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit 04.07.2010 in Österreich aufhalte und seine Asylanträge negativ entschieden worden seien. Die Einreise sei illegal erfolgt, er habe keine Verwandten im Bundesgebiet und führe keine Lebensgemeinschaft. Er besuche regelmäßig eine Kirche, arbeite dort als Reinigungskraft und verkaufe Straßenzeitungen. Er verfüge über Grundkenntnisse der deutschen Sprache und er habe kein Sprachdiplom vorgelegt. Er sei unbescholten und leider an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen.
Die belangte Behörde traf Feststellungen zur Lage in Nigeria und führte in der Beweiswürdigung aus, dass der Sachverhalt vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2014 und den niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vom 23.09.2014 als geklärt anzusehen sei.
In der rechtlichen Würdigung verwies die belangte Behörde auf die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich und darauf, dass weder ein Familienleben noch ein schützenswertes Privatleben vorliege. Die Rückkehrentscheidung wurde mit einer zu Lasten des Beschwerdeführers ausgehenden Interessensabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK begründet. Ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 57 AsylG sei nicht zu erteilen. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria verletze nicht Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder bringe für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich. Die Abschiebung nach Nigeria sei sohin als zulässig zu erachten.
9. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer bei der belangten Behörde am 06.11.2014 persönlich ausgefolgt.
10. Mit dem, auf den 20.11.2014 datierten und am 24.11.2014 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz erhob der vertretene Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Im Beschwerdeschriftsatz wurde - auf das Wesentliche zusammengefasst - vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen gewesen wäre. Die Integrationsleistung des Beschwerdeführers sei unzureichend berücksichtigt worden. Sein Privatleben in Österreich sei höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens. Kritisch sei auch, dass sich die belangte Behörde wesentliche Feststellungen - teils wortident - dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2014 entnommen habe. Die Abschiebung nach Nigeria sei jedenfalls unzulässig, dies aufgrund der momentan bestehenden Ansteckungsgefahr des Ebola-Virus in der Region. Dem bekämpften Bescheid sei die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden, falls das Bundesverwaltungsgericht zur Ansicht gelange, dass der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukomme, werde ausdrücklich der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.
Schließlich wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) eine mündliche Verhandlung durchführen; 2.) den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben, aussprechen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG erteilen;
3.) in eventu, aussprechen, dass die Abschiebung des BF nach Nigeria gemäß § 46 FPG nicht zulässig ist. 4.) für den Fall, dass es zum Schluss kommt, dass der gegenständlichen Beschwerde nicht schon von Gesetztes wegen die aufschiebende Wirkung zukommt, der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen."
11. Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2014 zur Entscheidung vorgelegt. Im Begleitschreiben führte die belangte Behörde aus, dass auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet werde.
12. Mit Eingabe per Fax vom 17.02.2015 brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Rechtsberatung, die Teilnahmebestätigung für einen Deutschkurs sowie eine Bestätigung die Ablegung einer Deutschprüfung auf dem Niveau A2 zur Vorlage.
13. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I412 neu zugewiesen und fand am 13.12.2017 eine mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertreterin und eine Dolmetscherin für die englische Sprache erschienen. Die belangte Behörde hat ihr Fernbleiben bereits im Vorfeld bekannt gegeben.
14. Am 21.12.2017 langte eine Stellungnahme zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria des Beschwerdeführers ein und wurde ihm mit Schreiben vom 06.06.2018 neuerlich Gelegenheit geboten, seine aktuellen Lebensumstände darzulegen und wurde darauf hingewiesen, dass andernfalls eine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens getroffen werde. Eine weitere Stellungnahme langte innerhalb der gewährten Frist nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang zu den Feststellungen erhoben.
1.1. Zur Person und Integration des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und kinderlos, er ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Er bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Ibo an. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.
Er weist in Österreich einen Wohnsitz in XXXX auf und bewohnt dort mit einem weiteren nigerianischen Staatsangehörigen, XXXX, geb. am XXXX, ein Zimmer. Die beiden führen keine Beziehung, vielmehr ist von einer Wohngemeinschaft auszugehen.
Der Beschwerdeführer bezog bisher Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und finanziert sich seinen Lebensunterhalt derzeit mit dem Verkauf von Straßenzeitungen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer hält sich illegal in Österreich auf, da er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt über einen regulären österreichischen Aufenthaltstitel verfügt und war nur während der Dauer seines Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, er weist eine mehrjährige Schulbildung auf und verdiente sich in seinem Herkunftsstaat seinen Lebensunterhalt als Hilfsarbeiter. In seinem Herkunftsstaat lebten nach wie vor seine Mutter und ein jüngerer Bruder.
Der Beschwerdeführer weist keine maßgeblichen integrativen Verfestigungen in sprachlicher, sozialer oder beruflicher Hinsicht in Österreich auf.
1.2. Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria verwiesen, welches dem Beschwerdeführer mittels Parteiengehör zur Kenntnis gebracht wurde. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.
In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.
Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.
Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.
In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.
Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.
Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.
Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.
Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.
Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.
Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.
Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.
Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend den Anträge auf internationalen Schutz zu GZ W144 1417503-2 und des Asylgerichtshofes, in die Akten der belangten Behörde bzw. vormals BAA, in den bekämpften Bescheid und den Beschwerdeschriftsatz, in die Stellungnahmen des Beschwerdeführers insbesondere im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie das Zentrale Melderegister, den Strafregisterauszug der Republik Österreich und in das Betreuungsinformationssystem. Des Weiteren wurde Einsicht genommen in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu GZ I417 2014580, betreffend das Asylverfahren des XXXX, der vom Beschwerdeführer als sein Partner angegeben wurde.
Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und stützt seine Entscheidung darüber hinaus auf eigene Ermittlungen und insbesondere auf die Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2017.
2.2. Zur Person und Integration des Beschwerdeführers:
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keinerlei identitätsbezogene Dokumente vorlegte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Es handelt sich um eine bloße Verfahrensidentität.
Sein bereits rechtkräftig abgeschlossenes Asylverfahren sowie das Verfahren nach dem Folgeantrag ergeben sich aus der Einsichtnahme in die diesbezüglichen Akten des BAA, der belangten Behörde, des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes. Mittels Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ist belegt, dass der Beschwerdeführer einen gemeldeten Wohnsitz in Österreich hat und dort mit einem weiteren nigerianischen Staatsangehörigen zusammenlebt (Verhandlungsprotokoll Seite 4).
Die Feststellung, dass diese keine Beziehung führen, ergibt sich ebenso aus den vorliegenden Akten betreffend die rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers, in denen dessen Vorbringen betreffend seine Homosexualität als unglaubwürdig festgestellt worden sind.
Nicht zuletzt besteht auch nach Einsichtnahme in den Akt des vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten XXXX keine Veranlassung, an diesen Feststellungen zu zweifeln.
Es ist zwar belegt, dass beide an derselben Adresse wohnen, ein diesbezügliches Familienleben wird von XXXX in dessen Verfahren jedoch nicht behauptet. Unter der GZ I417 2014580-2/4E wurde dessen (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz behandelt und wurde im Erkenntnis vom 05.09.2017 zu seinem Privatleben festgestellt: "Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich und er hat ein solches auch nicht behauptet. [...]".
Dieser gab zwar in dem genannten Verfahren ebenso an, homosexuell zu sein und eine Beziehung mit dem Beschwerdeführer zu führen, wobei wie auch im Falle des Beschwerdeführers diesem Vorbringen nicht Glauben geschenkt wurde. Die abweisende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über dessen Beschwerde wurde mittlerweile vom Verwaltungsgerichtshof insofern bestätigt, als die dagegen erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.02.2018, GZ Ra 2018/01/0044, zurückgewiesen wurde.
Weitere familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich wurden vom Beschwerdeführer im Übrigen nicht vorgebracht.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit und der bisherige Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich und in den Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 06.06.20118.
Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte verfügt und in Nigeria noch Familienmitglieder leben leiten sich aus dem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsprotokoll Seite 7) ab.
Ebenso ergeben sich Feststellungen zu seinen bisherigen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfähigkeit aus dem Verfahren betreffend den Antrag auf internationalen Schutz vor dem Bundesverwaltungsgericht und seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Zum Nachweis seiner sprachlichen, sozialen und integrativen Verfestigung brachte der Beschwerdeführer eine Kursteilnahmebestätigung in Vorlage und konnte sich die erkennende Richterin von den geringen Deutschkenntnissen in der mündlichen Verhandlung einen Eindruck gewinnen. Der Beschwerdeführer konnte nur einfachste Fragen in deutscher Sprache beantworten und war sonst während der gesamten Verhandlung auf die Dolmetscherin angewiesen. Auch können seine Freizeitaktivitäten mit österreichischen Freunden, ein Empfehlungsschreiben des Dompfarrers, Engagement in der Kirche und der Verkauf von Straßenzeitungen nicht als außerordentliche Bemühungen, sich in Österreich zu integrieren, gewertet werden.
2.3. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Dem Beschwerdeführer wurden die Länderberichte im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung und auch im Wege eines Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und hatte er jeweils die Möglichkeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Er trat diesen Quellen und deren Kernaussage zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen und zitiert eine Reisewarnung des BMEIA für Nigeria, Zugriff am 21.12.2017, welche mittlerweile am 08.03.2018 aktualisiert wurde und Nigeria unter der Rubrik "Partielle Reisewarnung / Region" eingestuft wurde (https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nigeria/; Zugriff: 06.06.2018). Eine derartige Reisewarnung nimmt keinerlei Bezug auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers und stellt eine allgemeine Information dar, die mit den Quellen und Kernaussagen des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation nicht im Widerspruch steht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 55 und 57 Asylgesetz 2005 (erster Spruchteil):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Im ersten Satz des Spruchpunktes im angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde unter anderem aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.
Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.
Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Asylgesetz 2005.
Jedoch hat der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/21/0174, mwN, ausgesprochen, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 Asylgesetz 2005 abzusprechen.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war der erste Spruchteil des Spruchpunktes entsprechend abzuändern.
3.2. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (zweiter und dritter Spruchteil):
3.3.1. Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 gestützt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Das vorliegende Verfahren erreichte, gerechnet von der Stellung des Folgeantrages am 05.02.2013 bis zum Datum der hg. Entscheidung zwar eine Dauer von über fünf Jahren. Der seit seiner Einreise im Jahr 2010 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann und wurde das erste Asylverfahren bereits mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes am 21.06.2012 rechtskräftig negativ abgeschlossen.
Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie schon die belangte Behörde zu Recht ausführte - keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Er lebt zwar mit einem Mann zusammen in einer Wohngemeinschaft, nicht aber in einer homosexuellen Lebensgemeinschaft. Es fehlen weitere Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines mittlerweile rund 8-jährigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen).
Auch wenn der Beschwerdeführer teilweise Bemühungen zu seiner sozialen Integration zeigte, kommt seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gesamtbetrachtend vor dem Hintergrund der unten angeführten Judikatur kein allzu großes Gewicht zu, zumal die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens in Österreich aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt überwiegend auf im Ergebnis nicht berechtigte Asylanträge gestützt hat, wesentlich gemindert wird.
Im Besonderen ist in diesem Zusammenhang auf die folgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, in denen selbst nach langjährigem Aufenthalt und erfolgten Integrationsschritten seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bejaht wurde: VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 ua. (Familie; siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine staatliche Unterstützung), VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit;
Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (siebeneinhalbjähriger Aufenthalt;
Berufstätigkeit; ein Jahr lang Ehe mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; drei Jahre Berufstätigkeit; gute Deutschkenntnisse; engen Kontakt zu Freundes- und Bekanntenkreis sowie Bruder in Österreich; Unbescholtenheit; kaum Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert als Zeitungsausträger, Sportverein), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Grundversorgung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (knapp achtjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit;
Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat;
arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit;
unbescholten; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse;
Vereinsmitglied).
Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat (bis zu seinem 27. Lebensjahr), sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.
Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er trotz mehrfacher rechtkräftiger Ausweisung aus dem Bundesgebiet, Österreich nicht verlassen hat und seinen Aufenthalt nur durch Stellung eines weiteren (Folge-)Antrages legitimierte.
Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Betreffend die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellenden Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. den Herkunftsstaat, ist auszuführen, dass keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.
Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er weist eine mehrjährige Schulbildung auf und verdiente sich bisher beispielsweise durch Annahme von Hilfstätigkeiten auf Baustellen seinen Unterhalt in Nigeria. Er wird sich auch künftig durch die Ausübung derartiger Tätigkeiten eine Existenz sichern können.
Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtlichen Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich der Rückkehrentscheidung gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm §§ 57 AsylG, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 FPG abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Interessenabwägung, öffentliches Interesse, Resozialisierung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I412.2015023.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.07.2018