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L44003 Feuerwehr Niederösterreich;Norm
B-VG Art120a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache der Freiwilligen Feuerwehr Vösendorf, vertreten durch Mag. Harald Hajek, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Grabengasse 21, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. Februar 2018, Zl. LVwG-AV-1569/001-2017, betreffend Ausschluss aus der Feuerwehr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Vösendorf; mitbeteiligte Partei: G S in V, vertreten durch Dr. Manfred Sommerbauer und DDr. Michael Hermann Dohr, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Babenbergerring 5a/3. OG), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 A. Mit Bescheid vom 23. November 2017 schloss der Feuerwehrkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Vösendorf den Mitbeteiligten mit sofortiger Wirkung aus der Freiwilligen Feuerwehr Vösendorf aus (Spruchpunkt 1.). Ferner wurde der Mitbeteiligte aufgefordert, sämtliche Ausrüstungsgegenstände sowie Dienst- und Einsatzbekleidung der Freiwilligen Feuerwehr Vösendorf binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides zu retournieren und dazu mit dem Feuerwehrkommandanten unter einer näheren angegebenen Telefonnummer einen Termin zu vereinbaren (Spruchpunkt 2.). Dem wurde im Wesentlichen zu Grunde gelegt, dass der Mitbeteiligte seit 18. Mai 2016 weder an Einsätzen noch an Übungen oder sonstigen Ausbildungsveranstaltungen der Freiwilligen Feuerwehr Vösendorf teilgenommen habe.
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht mit der in Revision gezogenen Entscheidung gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge und behob die Entscheidung ersatzlos (Spruchpunkt 1.), die Erhebung einer ordentlichen Revision wurde als nicht zulässig qualifiziert (Spruchpunkt 2.).
3 B. Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision erweist sich als nicht zulässig.
4 B.1. Nach § 76 Abs. 1 des NÖ Feuerwehrgesetzes 2015 (FG) begeht ein Feuerwehrmitglied, das schuldhaft gegen Dienstvorschriften und Befehle verstößt oder durch sein Verhalten im Dienst oder außerhalb des Dienstes die Interessen und das Ansehen des Feuerwehrwesens beschädigt, ein Disziplinarvergehen. Als Disziplinarstrafe ist unter anderem der Ausschluss aus der Feuerwehr vorgesehen (§ 76 Abs. 2 Z 6 FG).
5 Ein Feuerwehrmitglied kann auch aus sonstigen wichtigen Gründen aus der Feuerwehr ausgeschlossen werden, ohne dass ein disziplinärer Tatbestand vorliegt, wenn es an den Aktivitäten der Feuerwehr (Ausbildung, Einsatz, Übungen) über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr (soweit nicht wichtige persönliche oder berufliche Gründe vorliegen) nicht teilnimmt (§ 76 Abs. 4 Z 2 FG). Ein Ausschluss gemäß § 76 Abs. 4 leg. cit. erfolgt durch Bescheid des Feuerwehrkommandanten nach Beratung in der Chargensitzung (§ 76 Abs. 5 FG).
6 Bei einer Freiwilligen Feuerwehr wie der revisionswerbenden Partei handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Rechtspersönlichkeit (vgl. § 33 Abs. 2 FG) und - wie sich aus der aufsichtsrechtlichen Bestimmung des § 83 FG und der Bildung ihrer Organe nach demokratischen Grundsätzen erschließen lässt (vgl. § 41 FG ("Organe und Funktionäre der Freiwilligen Feuerwehr") und §§ 63 ff FG (im 4. Teil des FG mit dem Titel "Wahlen")) - um eine Selbstverwaltungseinrichtung, die dem Bereich der "Sonstigen Selbstverwaltung" iSd Art. 120a ff B-VG zuzuordnen ist. Außerdem hat die Gemeinde ihre im FG geregelten Aufgaben (mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens) im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen (§ 84 FG).
7 B.2. Für den vorliegend auf § 76 Abs. 5 iVm § 76 Abs. 4 Z 4 FG gestützten Bescheid hat der Landesgesetzgeber dem Feuerwehrkommandanten - nicht jedoch der Freiwilligen Feuerwehr - die Zuständigkeit übertragen, ein Feuerwehrmitglied aus der Feuerwehr auszuschließen. Damit ist der Feuerwehrkommandant als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht anzusehen, dem auch die Befugnis zugekommen wäre, gegen das angefochtene Erkenntnis Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Eine Berechtigung zur Erhebung einer Amtsrevision iSd Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG kann der Freiwilligen Feuerwehr selbst als Rechtsträger der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde nicht zukommen, weil sie den angefochtenen Bescheid nicht erlassen hat und folglich nicht als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht zu behandeln ist (vgl. näher die Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 27. November 2014, Ra 2014/03/0039, VwSlg. 18.978 A, auf die nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
8 Die revisionswerbende Freiwillige Feuerwehr Vösendorf vermag im vorliegenden Fall eine Revisionslegitimation auch nicht aus Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG herzuleiten, zumal sich dem FG keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass dort ein subjektivöffentliches Recht der Freiwilligen Feuerwehr auf einen Ausschluss ihrer Mitglieder iSd § 76 Abs. 4 Z 4 iVm Abs. 5 FG ausgeprägt wäre (vgl. wiederum VwSlg. 18.978 A). Vielmehr begründet § 76 Abs. 5 FG (wie erwähnt) eine Zuständigkeit des Feuerwehrkommandanten, einen Ausschluss gemäß § 76 Abs. 4 FG vorzunehmen. Schließlich stellt die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichts für sich keine aufsichtsbehördliche Maßnahme dar, mit der in das Recht einer Selbstverwaltungseinrichtung auf Selbstverwaltung iSd Art. 120b Abs. 1 B-VG eingegriffen werden könnte (vgl. nochmals VwSlg. 18.978 A).
9 C. Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Wien, am 8. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030058.L00Im RIS seit
29.06.2018Zuletzt aktualisiert am
23.07.2018