TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/14 W111 2007516-1

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Veröffentlicht am 14.06.2018
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Entscheidungsdatum

14.06.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
IntG §10 Abs2 Z5
IntG §9 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W111 2007516-1/16E

W111 2007518-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter in der Beschwerdesache von 1) XXXX , geb. XXXX , und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Russische Föderation und 2.) vertreten durch den XXXX , gegen die Spruchpunkte

I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 10.04.2014, Zln. 1.) 831382402-1723361 und 2.) 831382206-1723388, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.02.2018 beschlossen:

A) Die Verfahren werden insoweit wegen Zurückziehung der Beschwerde

gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter in der Beschwerdesache von 1) XXXX , geb. XXXX , und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Russische Föderation und 2.) vertreten durch den XXXX , gegen die Spruchpunkte

I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 10.04.2014, Zln. 1.) 831382402-1723361 und 2.) 831382206-1723388, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.02.2018 zu Recht erkannt:

A) I. In Erledigung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. wird

ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, auf Dauer unzulässig ist.

II. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm §§ 9 Abs. 4 iVm 10 Abs. 2 Ziffer 5 Integrationsgesetz, BGBl. I. Nr. 68/2017 idgF, wird 1) XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" sowie 2.) XXXX , der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" jeweils für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, welche infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 24.09.2013 um Gewährung internationalen Schutzes ansuchten. Die zum Zeitpunkt der Einreise minderjährig gewesene Erstbeschwerdeführerin ist die Tochter der Zweitbeschwerdeführerin, welche die Erstbeschwerdeführerin bis zur Volljährigkeit im Verfahren gesetzlich vertreten hat.

Anlässlich ihrer niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.09.2013 gab die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen an, dem christlich-orthodoxen Glauben sowie der ossetischen Volksgruppe anzugehören und zuletzt in XXXX wohnhaft gewesen zu sein. In Bezug auf ihren Fluchtgrund berief sich die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen darauf, dass ihr als Geschäftsmann tätiger Ehemann eines Tages verschwunden wäre, wenige Tage später sei es zu einer Entführung der damals minderjährigen Erstbeschwerdeführerin gekommen, deren Freilassung erfolgt wäre, nachdem die Zweitbeschwerdeführerin durch die Entführer zur Unterzeichnung von Dokumenten unbekannten Inhalts genötigt worden wäre.

Am 20.03.2014 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine niederschriftliche Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin statt (vgl. die Seiten 73 bis 93 des ihre Person betreffenden Verwaltungsakts). Die Zweitbeschwerdeführerin schilderte abermals das Verschwinden ihres Manens und die Entführung ihrer Tochter als fluchtauslösend. Die Zweitbeschwerdeführerin habe jene Umstände im Herkunftsstaat polizeilich zur Anzeige gebracht, woraufhin sie seitens der Entführer zu einer Zurückziehung der Anzeige genötigt worden wäre, wobei sie den Eindruck gewonnen hätte, dass diese mit den Behörden in Verbindung stünden. Die Täter hätten die Zweitbeschwerdeführerin sodann aufgefordert, das Land zu verlassen.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden jeweils vom 10.04.2014 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerinnen hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) sowie gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf deren Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkte II.) abgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die Beschwerdeführerinnen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Absatz 2 bis 3 FPG wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen festgelegt (Spruchpunkte III.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass sich die im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe aufgrund widersprüchlicher Darlegungen als unglaubwürdig erwiesen hätten und demnach nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerdeführerinnen im Herkunftsstaat von unbekannten Männern aufgesucht und bedroht worden wären. Eine relevante Rückkehrgefährdung habe ebensowenig festgestellt werden können, wie eine integrative Verfestigung der Beschwerdeführerinnen im Bundegebiet.

3. Gegen diese Bescheide wurde mit für die Beschwerdeführerinnen gleichlautendem Schriftsatz vom 28.04.2014 fristgerecht Beschwerde erhoben.

4. Die Beschwerdevorlagen langten am 02.05.2014 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Eingabe vom 08.02.2018 wurde das im Spruch ersichtliche Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben. Unter einem wurden ärztliche Unterlagen bezüglich einer komplikationslos verlaufenen Operation der Zweitbeschwerdeführerin im HNO-Bereich sowie ein Schreiben über eine Zulassung der Erstbeschwerdeführerin an einem Oberstufenrealgymnasium übermittelt.

Mit Eingabe vom 20.02.2018 wurden ärztliche Entlassungsberichte vom 01.07.2017 und vom 02.02.2017 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin sowie Unterstützungsschreiben aus dem sozialen Umfeld der Erstbeschwerdeführerin in Vorlage gebracht.

5. Am 22.02.2018 fand zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher die Beschwerdeführerinnen, deren bevollmächtigte Vertreterin sowie eine Dolmetscherin für die russische Sprache teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Vorgelegt wurden insbesondere die folgenden Unterlagen:

* Unterstützungsschreiben aus dem sozialen Umfeld der Beschwerdeführerinnen vom 16.02.2018 und vom 17.02.2018, Referenzschreiben der Klassenvorständin der Erstbeschwerdeführerin vom 30.06.2017;

* Bestätigung über den Besuch einer Polytechnische Schule sowie Schulnachricht für das Schuljahr 2016/2017 betreffend die Erstbeschwerdeführerin;

* Psychiatrischer Befundbericht betreffend die Zweitbeschwerdeführerin vom 19.02.2018 (Diagnose: schwere depressive Episode)

Die Verhandlung vernahm in ihren gegenständlich relevanten Teilen den folgenden Verlauf:

(BF1=Erstbeschwerdeführerin, BF2=Zweitbeschwerdeführerin,

BFV=Beschwerdeführervertreterin)

"(...) Die BFV gibt nach Rücksprache mit BF1 und BF2 bekannt, dass die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. zurückgezogen werden. Der R erteilt eine ausführliche rechtliche Belehrung. Die BF2 gibt im eigenen Namen sowie im Namen ihrer Tochter an, die Erläuterung verstanden zu haben und mit der Zurückziehung der Beschwerden gegen den Spruchpunkt I. einverstanden zu sein. Ausdrücklich aufrechterhalten werden die Beschwerden gegen die Spruchpunkte II. und III. der gegenständlichen Bescheide.

R: Möchten Sie Ihrem bisherigen Verfahren etwas hinzufügen oder korrigieren?

BF2: Ich möchte dem Verfahren nichts hinzufügen. Das Verfahren lief korrekt ab.

R: Bitte schildern Sie mir Ihre gesundheitliche Situation.

BF2: Mein Gesundheitszustand ist nicht sehr gut. Ich bin bei einem Psychologen in Behandlung, weil ich nicht gut schlafen kann und unter Angstzuständen leide. Vor einem Jahr hatte ich einen Herzinfarkt und ich werde im März 2018 eine medizinische Kontrolle haben. Ich fühle mich im Moment nicht sehr gut, weil ich mich sehr große Sorgen mache. Ich mache mir auch Sorgen um meine Tochter, da sie sich in Österreich sehr wohl fühlt und wir in Russland niemanden mehr haben. Ich habe Schmerzen am Bein und eine Elektrotherapie. Auch mit dem Blutdruck habe ich Probleme, da er ständig erhöht ist. Auf meiner Schilddrüse wurde ein Geschwulst festgestellt und ich wurde am 11.11.2015 operiert.

BF1: Ich bin gesund.

R: Gesetzt den Fall Sie müssten in Ihre Heimat zurückkehren, welche Lebensumstände würden Sie erwarten?

BF2: Wir haben dort niemanden und nichts mehr. Keine Wohnung, man hat uns alles weggenommen. Mein Mann ist 2013 verschwunden. Wir haben keinen Kontakt mehr zu ihm. Ich habe Angst. Ich denke, dass er uns gefunden hätte, wenn er noch am Leben wäre.

Nachgefragt gebe ich an, dass ich niemanden mehr habe. Da ich in einem Kinderheim aufgewachsen bin, habe ich auch kein Verwandten.

BF1: Auch ich sehe keine Perspektive, müsste auf der Straße leben. Ich spreche kaum Russisch, weil ich schon einige Jahre in Österreich lebe.

BFV: Im Falle einer Abschiebung nach Russland wäre die Familie in ihrer Existenz gefährdet. Es wäre sehr schwierig, das Leben in Russland wieder aufzubauen. Zum einen haben die BF keine Wohnmöglichkeit, die Unterstützung durch die russischen Behörden wird sich im Wesentlichen in der Zuweisung eines Platzes für Obdachlose erstrecken. Hinsichtlich der BF2 möchte ich festhalten, dass sie zwar russisch spricht, aber da sie nicht richtig schreiben kann, wird sie sich im Alltag sehr schwer tun.

R: Bitte schildern Sie mir Ihr Privat- und Familienleben in Österreich.

BF2: Ich glaube, dass ich bereits integriert bin, weil ich die Bräuche in Österreich kenne und schätze. Wenn ich die Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme habe, werde ich diese Möglichkeit nutzen. Aufgrund meiner Krankheit war dies bisher leider nicht möglich.

BFV: Verstehen Sie Deutsch?

BF2: Ein wenig.

BFV: Aufgrund der Aufregung traut sich die BF2 nicht Deutsch zu sprechen. Nach meiner Ansicht spricht die BF2 Deutsch auf Niveau A2, jedoch hat sie noch keine Prüfung abgelegt. Englisch spricht sie allerdings fließend.

R: Haben Sie einen Freundes- oder Bekanntenkreis in Österreich?

BF2: Ja, ich habe Kontakt zu den Eltern der Freunde meiner Tochter. Auch mit dem Unterkunftsgeber Herrn XXXX bin ich fast täglich in Kontakt.

R: Gesetzt den Fall, Sie hätten eine Arbeitsgenehmigung. Hätten Sie schon einen potentiellen Arbeitgeber im Auge?

BF2: Ja, unser Unterkunftgeber hat eine Tischlerei und er könnte uns sicher eine Arbeit geben.

R: Bitte beschreiben Sie Ihren Alltag in Österreich?

BF2: Ich begleite meine Tochter zur Schule. Ich treffe mich regelmäßig mit einer Bekannten namens XXXX . Ich gehe auch hie und da in die Kirche. Ich bin orthodoxen Glaubens, gehe aber in die röm.-katholische Kirche. Die Ärzte haben angeordnet, dass ich viel spazieren gehe. Ich nehme Arzneimittel ein. Ich möchte anmerken, dass ich vorhabe, eine Deutschprüfung abzulegen und eine Arbeitsplatzzusage nachzureichen.

R: Zur Nachreichung der angekündigten Unterlagen wird eine Frist bis 16.04.2018 eingeräumt.

R an BF1: Bitte schildern Sie mir Ihr Privat- und Familienleben:

BF1: Ich habe in Österreich sehr viele Freunde. In Russland hatte ich nur im Rahmen der Schule einige Bekannte. Ich möchte vieles in meinem Leben erreichen. Dafür brauche ich die Matura, die ich gegenwärtig anstrebe. Dazu besuche ich die Maturaschule XXXX . Ich spreche Russisch. Aber ich will nicht russisch sprechen, da ich mit Russland schlechte Erfahrungen verbinde. In Russland war in der Schule eine Aussenseiterin und hatte keine Freunde weil ich nicht ethnische Russin bin. Hier ist es anders. Ich habe mich noch nie so normal gefühlt, wie in Österreich. Alle sind sehr nett zu mir. In meiner Freizeit bin ich viel mit Freunden in XXXX unterwegs. Dort wohnen meine Freunde. Meine Freunde machen auch Ausbildungen.

R: Haben Sie noch Kontakte nach Russland?

BF1: Nein, ich habe überhaupt keine Kontakte.

R: Wann haben Sie mit der Maturaschule begonnen und was haben Sie nach der Polytechnischen Schule gemacht?

BF1: Ich wollte mich für bereits für das letzte Semester anmelden, habe aber einen Anmeldetermin versäumt. Zwischenzeitig war ich daheim und habe mein Deutsch zu perfektionieren versucht. Ich bin vier Tage/Woche - außer Freitag - ganztags in der Schule. Ich arbeitete vor Weihnachten ehrenamtlich im XXXX Museum. Dort sagte man mir, dass ich einen Nebenjob haben könne, sobald ich einen Aufenthaltstitel habe. Ich habe berufspraktische Tage im Kindergarten und in einer Tierarztpraxis absolviert. Ich war auch in XXXX in einem Schmuckgeschäft als Schnupperlehrling. Ich habe auch einen Tag in einem Restaurant als Kellnerin gearbeitet. Manchmal helfe ich auch unserem Vermieter.

R: Gesetzt den Fall, Sie hätten eine Arbeitsgenehmigung. Hätten Sie schon einen potentiellen Arbeitgeber im Auge?

BF1: Ja, ich könnte in einem neuen Gasthaus in XXXX als Kellnerin arbeiten oder in XXXX als Kellnerin.

R: Zur Nachreichung von weiteren Integrationsunterlagen wird ebenfalls eine Frist bis 16.04.2018 eingeräumt.

R: Vorgelegt wird das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend die Russische Föderation (Stand 21.07.2017). Ein Exemplar wird der BFV übergeben. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?

Die BFV ersucht um eine Frist zur Stellungnahme bis 16.04.2018. Diese wird gewährt.

R: Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

BF2: Natürlich will ich das. Ich werde alles machen, um in diesem Land bleiben zu können. Ich bitte Sie wegen meiner Tochter und sie wird auf jeden Fall ein Gewinn für Österreich.

BF1: Ich möchte meine Freunde nicht verlieren. Hier kann ich leben und arbeiten.

R: Festgehalten wird das die BF1 fließend Deutsch spricht.

BFV: Ich gebe bekannt, dass ich im Namen meiner Mandantschaft auch die Beschwerden gegen die Spruchpunkte II. zurückziehen möchte, da aufgrund der vorliegenden Länderinformationen eine Gewährung von subsidiären Schutz aussichtslos scheint. Ausdrücklich aufrechterhalten werden die Spruchpunkte III.

Der R erteilt eine ausführliche rechtliche Belehrung. BF1 und BF2 geben an, sie verstanden zu haben. BF2 ist im eigenen sowie im Namen ihrer Tochter mit der Zurückziehung einverstanden. (...)"

6. Mit Eingabe vom 16.04.2018 erstatteten die Beschwerdeführerinnen eine schriftliche Stellungnahme, im Rahmen derer zusammenfassend ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerinnen im Falle einer Rückkehr keine Unterstützung durch Verwandte erhalten könnten und ihre Existenz gefährdet wäre, da sie keine Wohnmöglichkeit oder Unterstützung durch staatliche Behörden erhalten würden. Die Beschwerdeführerinnen würden bereits seit viereinhalb Jahren in Österreich leben und hätten hier viele Freunde und Bekannte. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Anfang März 2018 eine Deutschprüfung auf den Niveau A2 positiv absolviert, beide Beschwerdeführerinnen würden über - beiliegend übermittelte - Arbeitsplatzzusagen verfügen, welche die von ihnen angestrebte Selbsterhaltungsfähigkeit untermauern würden. Die Erstbeschwerdeführerin werde in Kürze die Volljährigkeit erreichen, spreche fließend Deutsch, habe die Polytechnische Schule positiv abgeschlossen und könne in nächster Zeit eine Arbeit als Kellnerin aufnehmen. Die Beschwerdeführerinnen seien sozial integriert und strafgerichtlich unbescholten.

Mit Eingabe vom 30.04.2018 wurde das Zertifikat über die seitens der Zweitbeschwerdeführerin bestandene Deutschprüfung auf dem Niveau A2 nachgereicht.

Mit Eingabe vom 11.06.2018 wurden Zeugnisse über den Abschluss der Hauptschule und einer Polytechnischen Schule durch die Erstbeschwerdeführerin nachgereicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, der vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.02.2018 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der im Laufe des Verfahrens vorgelegten und amtswegig beschafften Beweismittel wird Folgendes festgestellt:

Die Beschwerdeführerinnen, deren präzise Identität nicht feststeht, sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der ossetischen Volksgruppe und dem christlich-orthodoxen Glauben an. Die Zweitbeschwerdeführerin ist die Mutter der zum Zeitpunkt der Einreise minderjährig gewesenen Erstbeschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerinnen gelangten illegal in das Bundesgebiet und stellten am 24.09.2013 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, seit diesem Zeitpunkt halten sie sich durchgehend im Bundegebiet auf. Die aus XXXX stammenden beschwerdeführenden Parteien verfügen über keine verwandtschaftlichen Bindungen mehr im Herkunftsstaat.

Die unbescholtenen Beschwerdeführerinnen leben in einem gemeinsamen Haushalt in Niederösterreich, führen untereinander ein Familienleben und bestreiten ihren Lebensunterhalt aktuell im Rahmen der Grundversorgung. Sie haben sich während ihres mehr als vierjährigen Aufenthalts um eine umfassende Integration im Bundesgebiet bemüht gezeigt.

Die XXXX jährige Erstbeschwerdeführerin spricht fließend Deutsch, absolvierte im Bundesgebiet eine Polytechnische Schule und bereitet sich aktuell auf die Matura vor. Sie verfügt über eine Einstellungszusage als Kellnerin, war ehrenamtlich im XXXX Museum beschäftigt und hat berufspraktische Tage in einem Kindergarten und einer Tierarztpraxis sowie eine Schnupperlehre in einem Schmuckgeschäft absolviert. Die im Alter von XXXX Jahren ins Bundesgebiet eingereiste Erstbeschwerdeführerin hat enge Freundschaften im Bundesgebiet geknüpft und sieht Österreich mittlerweile als ihre Heimat an, demgegenüber hat sie keine Kontakte mehr zu ihrem Herkunftsstaat.

Die Zweitbeschwerdeführerin zeigte sich ebenfalls um die Erlernung der deutschen Sprache bemüht und legte zuletzt eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 ab. Sie verfügt über eine Arbeitsplatzzusage für eine Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft und hat sich einen Freundes- und Bekanntenkreis in ihrer Wohngemeinde aufgebaut.

Die Zweitbeschwerdeführerin befindet sich aufgrund kardiologischer sowie psychischer Erkrankungen (insb. ausgeprägt diffuse Coronarsklerose, essentielle primäre Hypertonie, schwere depressive Episode) in regelmäßiger fachärztlicher und medikamentöser Behandlung.

Aufgrund der seitens der beschwerdeführenden Parteien gesetzten Integrationsschritte, der Verwurzelung der Erstbeschwerdeführerin im Bundesgebiet, sowie des aufrechten Familienlebens zwischen den Beschwerdeführerinnen, würde eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in deren Privat- und Familienleben darstellen.

Die gewillkürte Vertretung zog anlässlich der Beschwerdeverhandlung vom 22.02.2018 nach umfassender Belehrung ihrer Mandanten die Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide vom 10.04.2014, mit welchen die Anträge auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Spruchpunkte I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkte II.) jeweils abgewiesen wurden, zurück, womit diese Spruchpunkte in Rechtskraft erwuchsen.

Infolge der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. ist gegenständlich lediglich über die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. abzusprechen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der belangten Behörde, Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Sichtung der im Laufe des Verfahrens in Vorlage gebrachten bzw. vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Beweismittel.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

Mangels Vorlage von Original-Identitätsdokumenten konnte die präzise Identität der Beschwerdeführerinnen nicht festgestellt werden. Die Feststellungen hinsichtlich deren Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionsbekenntnis sowie zu deren familiären Verhältnissen ergeben sich aus ihren dahingehend glaubhaften Angaben.

Der gemeinsame Wohnsitz der Beschwerdeführerinnen ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung sowie einer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell eingeholten ZMR-Auskunft. Dass die Beschwerdeführerinnen derzeit von der Grundversorgung des Bundes unterstützt werden, ergibt sich aus einem aktuell eingeholten GVS-Auszug und den eigenen Angaben der Beschwerdeführerinnen. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerinnen in Österreich strafgerichtlich unbescholten sind, ergibt sich aus aktuell eingeholten Strafregisterauszügen.

Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben der Beschwerdeführerinnen ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens, aus den vorgelegten Bestätigungen und Schreiben, insbesondere den Einstellungszusagen der Beschwerdeführerinnen, dem A2-Zertifikat der Zweitbeschwerdeführerin, den zahlreichen Unterstützungserklärungen durch Freunde und Bekannte, den Schulbesuchsbestätigungen und Zeugnissen der Erstbeschwerdeführerin, sowie insbesondere aus dem im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gewonnenen persönlichen Eindruck.

Die vorgelegten Beweismittel sind in ihrer Gesamtschau schlüssig und nachvollziehbar und waren in Zusammenschau mit dem im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Bild der Familie als Nachweis der Integration der beschwerdeführenden Parteien anzuerkennen.

Zu betonen ist nochmals, dass die beschwerdeführenden Parteien die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 22.02.2018 durch ihre rechtsfreundliche Vertretung zurückgezogen haben. Die Spruchteile I. und II. der im Spruch angeführten Bescheide sind damit in Rechtskraft erwachsen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes ? BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ? VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z. 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.

Zu 1.)

Zu A)

3.2. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss. In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluss vom 29.04.2015, Zl. 2014/20/0047, klar, es sei gesetzlich geboten, dass das Bundesverwaltungsgericht bei ihm anhängige Verfahren über Beschwerden infolge rechtswirksam erklärter Beschwerdezurückziehung mit Beschluss einstelle.

Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerdepunkte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.02.2018 sind die verwaltungsbehördlichen (im Spruch genannten) Bescheide vom 10.04.2014 hinsichtlich deren Spruchpunkten I. und II. (Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der subsidiär Schutzberechtigten) rechtskräftig geworden und waren daher die diesbezüglichen Verfahrensteile mit Beschluss einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im gegenständlichen Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Zu 2.)

Zu A)

3.4. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Im Hinblick auf § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 bzw. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. etwa VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR 27. 10. 1994, Kroon u.a. gg. die Niederlande, ÖJZ 1995, 296; siehe auch VfGH 28. 6. 2003, G 78/00).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8. 4. 2008, Nnyanzi gg. das Vereinigte Königreich, Appl. 21.878/06; 4. 10. 2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9. 10. 2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16. 6. 2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen ist insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. 3. 2005, G 78/04, zu erwähnen. Demnach ist das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den privaten Interessen bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern/ Asylwerberinnen, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen.

Beim Topos des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da ? abseits familiärer Umstände ? erst nach einigen Jahren eine Integration im Aufenthaltsstaat anzunehmen sein wird, die von Art. 8 EMRK geschützt ist (Vgl. Thym, EuGRZ, 2006, 541 ff).

Wie schon erwähnt, mindert die Tatsache, dass der Aufenthalt nur aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren. Mit Zunahme der Aufenthaltsdauer tritt aber auch der Aspekt des aufenthaltsrechtlichen Status zunehmend in den Hintergrund, sodass in diesem Zeitraum entstandene persönliche oder gar familiäre Bindungen sich auf die Interessenabwägung mitunter entscheidend zugunsten einer Abstandnahme von der Ausweisung auswirken können. Dies setzt naturgemäß voraus, dass keine besonderen Umstände zulasten des/der Asylwerbers/Asylwerberin hinzukommen, wie z.B. strafgerichtliche Verurteilungen.

Private Interessen am Verbleib im Bundesgebiet können facettenreich sein. Tendenziell ist eine (regelmäßige) Erwerbstätigkeit und vor allem die damit verbundene Selbsterhaltungsfähigkeit ein wichtiger Aspekt. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. 4. 2006, 2005/18/0560, dürfte mitentscheidend gewesen sein, dass der Beschwerdeführer seit fast fünf Jahren ununterbrochen, noch dazu beim selben Dienstgeber, legal beschäftigt war. Für die wirtschaftliche Integration ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine qualifizierte Tätigkeit handelt. Hingegen erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Integration als stark gemindert, wenn Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen oder bloße Gelegenheitsarbeiten den Unterhalt gewährleisten oder erst gegen Ende des mehrjährigen Aufenthalts die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter ins Treffen geführt werden kann und bis dahin Sozialhilfe bezogen wurde (vgl. VwGH 11. 10. 2005, 2002/21/0124; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 5. 7. 2005, 2004/21/0124 u.a.).

Als eine berufliche und soziale Verfestigung, die eine "gelungene Integration" erkennen lässt, wertete der Verwaltungsgerichtshof den Fall eines als Fliesenleger tätigen (ehemaligen) Asylwerbers, der über gute Deutsch-Kenntnisse, einen großen Freundes- und Kollegenkreis verfügte und mit einer Österreicherin im gemeinsamen Haushalt wohnte, wobei auch seine Schwester, eine österreichische Staatsbürgerin, mit ihrer Familie im Bundesgebiet lebte. Aspekte zugunsten des/der Fremden können daher neben Verwandten und Freunden im Inland auch Sprachkenntnisse, ausreichender Wohnraum und die Teilnahme am sozialen Leben sein. In Anbetracht der meistens nicht sehr langen Aufenthaltsdauer und des "abgeschwächten" Aufenthaltsrechts werden strafgerichtliche Verurteilungen die Interessenabwägung erheblich zuungunsten der privaten Interessen verschieben. Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 5. 7. 2005, 2004/21/0124 u.a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).

Zugunsten minderjähriger Asylwerber/Asylwerberinnen beziehungsweise minderjähriger Familienangehöriger ist der Schulbesuch und ein besonderer Schulerfolg oder eine Berufsausbildung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl. VfSlg 16.657/2002; VwGH 19. 10. 1999, 99/18/0342 u.a.).

Der Aspekt der Bindungen zum Heimatstaat steht in direkter Beziehung zur Integration im Bundesgebiet: Je länger der Aufenthalt im Gastland, desto stärker wird der Verlust an Bindungen zum Heimatland sein. Mit der Abnahme von Bindungen zum Herkunftsstaat wird in der Regel auch der Integrationsgrad im Bundesgebiet zunehmen. Das Fehlen jeglicher Verwandter und sonstiger Bezugspersonen im Heimatland wird ebenso wie der zwischenzeitlich eingetretene Verlust der Sprache des Heimatlandes für die Frage der Zumutbarkeit einer Reintegration maßgebliche Bedeutung erlangen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 858 f.).

3.5. Vor dem Hintergrund der in § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist in der gegenständlichen Rechtssache der Eingriff in das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:

Die beschwerdeführenden Parteien sind unbescholten und leben seit knapp fünf Jahren im Bundesgebiet in einem gemeinsamen Haushalt. In dieser Zeit entwickelte die Familie ein schützenswertes Privatleben in Österreich, von welchem sich das erkennende Gericht insbesondere im Rahmen der abgehaltenen mündlichen Beschwerdeverhandlung zu überzeugen vermochte. Die beschwerdeführenden Parteien haben ihre Aufenthaltsdauer nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern waren deren einzige Verfahren auf internationalen Schutz seit September 2013 anhängig, ohne dass den beschwerdeführenden Parteien diese lange Verfahrensdauer zur Last gelegt werden kann.

Die beschwerdeführenden Parteien verfügen sowohl in sprachlicher, als auch in gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht über eine fortgeschrittene Integration. Die Erstbeschwerdeführerin absolvierte im Bundesgebiet die Hauptschule sowie eine Polytechnische Schule, aktuell bereitet sie sich auf die Matura vor. Die Erstbeschwerdeführerin spricht bereits fließend Deutsch, hat enge Freundschaften im Bundesgebiet geknüpft und Berufspraktika in verschiedenen Bereichen absolviert. Aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben ergibt sich, dass diese sich rasch in den Klassenverband integrieren konnte und als hilfsbereite Mitschülerin geschätzt wurde, welche unter anderem als Dolmetscherin für SchülerInnen ohne Deutschkenntnisse ausgeholfen hat. Die Genannte gelangte im Alter von XXXX Jahren ins Bundesgebiet und betrachtet Österreich mittlerweile als ihre Heimat, wohingegen sie sich zu ihrem Herkunftsstaat nicht mehr verbunden fühlt. Dabei ist hervorzuheben, dass die Verwurzelung von Kindern, insbesondere auch durch den Schulbesuch, in Österreich schneller erfolgt als bei Erwachsenen, wobei auch im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer bei Minderjährigen schon aufgrund der Relation zum Gesamtlebensalter eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausschlaggebend sein wird (vgl. auch AsylGH vom 12.12.2012, D19 307.392-3/2008). Die Zweitbeschwerdeführerin bemühte sich ebenfalls um eine Erlernung der deutschen Sprache und absolvierte zuletzt eine Sprachprüfung auf dem Niveau A2. Auch sie hat sich einen Freundes- und Bekanntenkreis im Bundesgebiet aufgebaut. Die Beschwerdeführerinnen zeigten sich überdies um eine berufliche Integration bemüht und streben eine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit an. In diesem Sinne legten beide Beschwerdeführerinnen Einstellungszusagen über eine Anstellung in einem Gastronomiebetrieb vor. Aufgrund der in Vorlage gebrachten Beschäftigungszusagen sowie der sozialen Vernetzung der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet, ist davon auszugehen, dass es der Familie möglich sein wird, künftig weitgehend unabhängig von staatlichen Leistungen zu leben. Darüber hinaus weisen die beschwerdeführenden Parteien eine umfassende soziale Verankerung im Bundesgebiet auf, was durch die vorgelegten Unterstützungsschreiben und -erklärungen österreichischer Mitbürger, welche die gute Integration und Hilfsbereitschaft der Beschwerdeführerinnen betonen und sich für den Verbleib der Familie in Österreich aktiv einsetzen, untermauert wird.

Demgegenüber verfügen die Beschwerdeführerinnen über vergleichsweise schwach ausgeprägte Beziehungen zu ihrem Herkunftsstaat, wo sie über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte mehr verfügen.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 1. 7. 2009, U992/08 bzw. VwGH 17. 12. 2007, 2006/01/0216; 26. 6. 2007, 2007/01/0479; 16. 1. 2007, 2006/18/0453; 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22. 6. 2006, 2006/21/0109; 20. 9. 2006, 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung aller Umstände dennoch die privaten bzw. familiären Interessen der beschwerdeführenden Parteien an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründeten Rechtfertigungen erkennen lassen (vgl. VwGH 22. 2. 2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 26. 3. 2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005). Die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden verfügten Rückkehrentscheidungen in die Russische Föderation sind angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Insgesamt kann im Falle der beschwerdeführenden Parteien von einer guten Integration ausgegangen werden. Wie dargestellt, beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

3.6. Da somit das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der beschwerdeführenden Parteien im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, erfüllen diese die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005.

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2017, lautet:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, als erfüllt anzusehen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 12 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet "Deutsch - Kommunikation und Gesellschaft" im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,

6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,

7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land-

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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