TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/18 G314 1306221-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2018
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Entscheidungsdatum

18.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs3

Spruch

G314 1306221-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.08.2017,Zl.

XXXX, beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. und VII. des

angefochtenen Bescheids wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheids insoweit mit der Maßgabe bestätigt, dass es in Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids zu lauten hat: "Gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG hat der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab 26.01.2017 verloren."

C) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids

wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid insoweit aufgehoben und die Angelegenheit in diesem Umfang gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 24.11.2016 in Österreich internationalen Schutz. Das Verfahren wurde am 26.01.2017 zugelassen.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs 1 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen, dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt, gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs 1 Z 1 und 2 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG gegen den BF ein zehnjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.) und festgestellt, dass der BF sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG ab 17.10.2006 verloren habe (Spruchpunkt VII.).

Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF mit den Anträgen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und ihm Asyl zu gewähren, das Einreiseverbot ersatzlos aufzuheben, in eventu, den Bescheid zu beheben und die Angelegenheit an das BFA zurückzuverweisen, das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen und auf Österreich zu begrenzen, in eventu, dem BF subsidiären Schutz in Bezug auf Serbien zu gewähren sowie festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, in eventu, die Revision zulassen. Zusammengefasst bringt der BF vor, dass das BFA ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, nämlich mangelhafte Ermittlungen und Befragungen sowie mangelhafte Länderfeststellungen, durchgeführt habe und dass die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung des Bescheids mangelhaft bzw. falsch seien.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo diese am 06.09.2017 (und am folgenden Tag in der zuständigen Gerichtsabteilung) einlangten.

Am 19.10.2017 wurde der BF nach Serbien abgeschoben.

Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX in Serbien geboren, ist serbischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Bosniaken aus dem Sandžak und bekennt sich zum Islam. Er besuchte in seiner Heimat acht Jahre die Grundschule und danach die Berufsschule. Er ist ausgebildeter Kellner und erlernte auch die Berufe des Zimmermanns, Schalungstechnikers und Kranführers.

Der BF spricht Bosnisch und verfügt auch über gute Kenntnisse der deutschen Sprache.

Der BF verließ Serbien im Jahr 1989. Er stellte in den 1990er Jahren in Österreich und Deutschland erfolglos Asylanträge und wurde mehrfach strafgerichtlich verurteilt. 2004 wurde er nach der Verbüßung einer Haftstrafe in Deutschland nach Serbien abgeschoben.

Im Dezember 2005 reiste der BF nach Österreich, wo er am 16.12.2005 internationalen Schutz beantragte. Als Fluchtgrund gab er an, dass er nach seiner Abschiebung aus Deutschland als Leibwächter des Präsidenten der SDA (Stranka demokratske akcije, deutsch Partei der demokratischen Aktion), Sulejman UGLJANIN, gearbeitet habe und in seinem Herkunftsstaat deshalb von Anhängern der gegnerischen Partei SDP unter Rasim LJAJIC, die in kriminelle Aktivitäten verwickelt seien und von der Polizei geschützt würden, verletzt, bedroht und verfolgt worden sei.

Die Berufung des BF gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamts vom 18.09.2006 wurde mit dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 09.06.2008 in zweiter Instanz abgewiesen. Mit Beschluss vom 18.02.2011 lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde des BF dagegen mangels einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab.

Der BF verließ das Bundesgebiet trotz der abweisenden Entscheidung nicht. Er heiratete am XXXX.2006 in XXXX die österreichische Staatsbürgerin XXXX und nahm deren Nachnamen an. Die Ehe, der keine Kinder entstammen, wurde am XXXX.2008 einvernehmlich geschieden. Der BF verblieb auch nach der Scheidung in Österreich.

Der BF trat in Österreich nicht nur unter seinem Geburtsnamen XXXX (auch XXXX oder XXXX) und dem Namen XXXX, den er aufgrund seiner Eheschließung eine Zeitlang führte, auf, sondern gab sich auch als der kroatische StaatsangehörigeXXXXund der litauische Staatsangehörige XXXX (teilweise mit abweichenden Geburtsdaten) auf.

2012 wurde der BF aufgrund eines Haftbefehls aus Österreich in seinen Herkunftsstaat ausgeliefert, kehrte aber kurz darauf wieder in das Bundesgebiet zurück, nachdem er in Serbien gegen eine Kaution enthaftet worden war.

In Österreich weist der BF fünf Eintragungen im Strafregister auf. Er wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 12.10.2006, XXXX, wegen §§ 223 Abs 2, 224 StGB und § 50 Abs 1 Z 1 WaffG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, die 2010 endgültig nachgesehen wurde. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13.07.2010, XXXX, wurde er wegen § 50 Abs 1 Z 3 WaffG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, die (nach einer Verlängerung der Probezeit von drei auf fünf Jahre) 2016 endgültig nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 14.02.2013, XXXX, wurde der BF wegen § 50 Abs 1 Z 1 und Z 3 WaffG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten und einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen á EUR 4 verurteilt. Die Geldstrafe wurde im Oktober 2013 vollzogen. Die Probezeit der bedingten Strafnachsicht wurde 2014 auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des Landesgerichts für XXXX vom 22.09.2014, XXXX, wurde der BF wegen des Verbrechens des versuchten Einbruchsdiebstahles gemäß §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB (idF BGBl Nr. 60/1974) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 14.09.2015, XXXX, wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren Einbruchsdiebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (idF BGBl Nr. 60/1974), des Vergehens der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nach § 89 StGB (idF BGBl I Nr. 130/2001), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (idF BGBl I Nr. 56/2006) und des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Die zu XXXX des Landesgerichts XXXX gewährte bedingte Strafnachsicht wurde widerrufen.

Der BF verbüßte die Freiheitsstrafen ab April 2015 in den Justizanstalten XXXX und XXXX. Am XXXX.2016 wurde er bedingt entlassen.

Kurz vor seiner Haftentlassung, am 24.11.2016, beantragte der BF neuerlich internationalen Schutz. Er gab dabei weitgehend dieselben Fluchtgründe wie im vorangegangenen Asylverfahren an. Er sei Mitglied der SDA und würde von den Anhängern der gegnerischen SDP, die an der Macht sei, verfolgt. Mehrere Anhänger seiner Partei seien getötet worden. Er habe Serbien verlassen, weil er Leibwächter des Präsidenten der SDA gewesen sei und daher in seinem Herkunftsstaat von der SDP verfolgt werde. Es gebe seit den 1990er Jahren Drohungen. 2004, bevor er nach Österreich gekommen sei, sei er persönlich bedroht worden. Serbien habe wegen seiner Parteimitgliedschaft einen internationalen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. Außerdem könne er als Moslem in Serbien seine Religion nicht ausüben, nicht als Polizist arbeiten, werde beschimpft und angepöbelt und müsse beispielsweise für die Ausstellung einer Geburtsurkunde EUR 100 zahlen. Er stelle deshalb erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, weil er sich unbefristet in Österreich aufhalten und hier arbeiten wolle, weil seine minderjährigen Töchter hier lebten und er einen Kredit habe. Die wirtschaftliche Situation im Sandžak habe sich erheblich verschlechtert.

Der BF hat zwei in Österreich lebende minderjährige Töchter, die am XXXX geborene XXXX und die am XXXX geborene XXXX, die jeweils bei ihren Müttern in XXXX bzw. in XXXX leben. Der BF lebte mit ihnen auch vor seiner Verhaftung im April 2015 und seiner Abschiebung im Oktober 2017 nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Er ist für seine Töchter unterhaltspflichtig, leistet jedoch - abgesehen von gelegentlichen Zuwendungen und Geschenken - keinen Unterhalt. Er hat weder regelmäßigen Kontakt noch ein enges Verhältnis zu seinen Töchtern, die er zuletzt 2015 sah. Zwischen seiner Haftentlassung im Oktober 2016 und seiner Einvernahme vor dem BFA am 23.01.2017 bestand keinerlei Kontakt.

In Österreich leben auch noch weitere Verwandte des BF (Bruder, Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins). Ein bereits volljähriger Sohn des BF lebt in Deutschland. Der BF hat auch in der Schweiz und in Luxemburg Verwandte. Zahlreiche Verwandte des BF leben in Serbien, darunter seine Mutter, die eine Pension bezieht, ein weiterer volljähriger Sohn des BF und seine Brüder, die als Saisonarbeiter in Österreich und Deutschland arbeiten. Der BF hat regelmäßig telefonischen Kontakt mit seiner Mutter.

Der BF leidet an Typ-2-Diabetes mellitus, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten, chronischen Rückenschmerzen nach mehreren Bandscheibenvorfällen, chronischer Gastritis, Reizdarm, Fettleber, Atemstörungen im Schlaf (Schlafapnoesyndrom), chronischen Kopfschmerzen sowie einem depressiven Zustandsbild mit Somatisierungstendenz. Bei ihm besteht ein (unauffälliger) Zustand nach einer Enddarmoperation im Mai 2017 und ein Zustand nach Alkohol-, Drogen- und Nikotinmissbrauch. Zur Behandlung seiner Beschwerden nimmt er regelmäßig Schmerzmittel und Medikamente zum Schutz der Magenschleimhaut ein. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme ist er arbeitsfähig und strebt eine Erwerbstätigkeit bei einem Bauunternehmen an.

Der BF war in Österreich immer wieder - zum Teil ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung und ohne Anmeldung zur Sozialversicherung - erwerbstätig. Er hat Bankschulden von ca. EUR 6.000 und Unterhaltsrückstände von über EUR 20.000. Er wird von seinen in Österreich lebenden Angehörigen finanziell unterstützt. Er lebt allein in XXXX und hat eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die er nach der Haftentlassung einging.

Zur allgemeinen Lage in Serbien:

Seit 19.12.2009 können serbische Staatsangehörige für Kurzzeitaufenthalte visumfrei in den Schengen-Raum einreisen. Im März 2012 wurde Serbien offiziell der Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen. Am 21.01.2014 begannen Beitrittsverhandlungen zwischen Serbien und der Europäischen Union. Serbien wird in mehreren EU-Staaten als "sicherer Herkunftsstaat" geführt. In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

Die serbische Verfassung postuliert das Prinzip der Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz. Dennoch bleiben Gerichte für Korruption und politischen Einfluss anfällig.

Der Ombudsmann der Republik Serbien ist eine unabhängige und autonome Behörde, die damit beauftragt ist, die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Vorgänge der Behörden in Bezug auf die Ausübung der individuellen und kollektiven Rechte der Bürger zu kontrollieren und die Menschen- und Minderheitenrechte und Freiheiten zu schützen und zu fördern.

Die Behörden üben wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Die Effektivität der Polizei variiert. Als Polizeibeamte sind auch Angehörige von Minderheiten tätig, wobei die Regierung versucht, die Unterrepräsentation von Minderheiten in der Polizei in multiethnischen Gemeinden zu minimieren. Die Regierung hat wirksame Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption. Korruption und Straflosigkeit sind ein Problem innerhalb der Polizei, dennoch stellten Vertreter der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der internen Untersuchungen weiter verbesserte.

Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden. Es liegen keine Anzeichen für staatliche Repressionen vor. Die Polizei geht nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vor.

Über Verschleppungen oder Folter von Gefangenen durch den Staatssicherheitsdienst wurde seit 2000 nicht mehr berichtet. Die Todesstrafe ist in Serbien für alle Straftaten abgeschafft.

Korruption im öffentlichen und privaten Sektor steht unter Strafe. Sie gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden negativen Auswirkungen auf das Funktionieren des politischen Systems, der staatlichen Institutionen und der serbischen Wirtschaft. Systematische Korruption heute findet sich vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Bis Ende 2014 verharrte die Korruptionsbekämpfung bei der anfänglichen spektakulären Verhaftung einzelner Tycoons und der Verabschiedung von Strategien und Aktionsplänen. Der wahre Bewährungstest steht der serbischen Regierung daher noch bevor.

Die politische Opposition kann sich frei betätigen.

Die Lage in vielen Gefängnissen und Haftanstalten entspricht nicht internationalen Standards und ist durch Überbelegung, schlechte Sanitäreinrichtungen und schlecht ausgebildetes Personal gekennzeichnet. Dabei gibt es jedoch große Unterschiede zwischen den einzelnen Gefängnissen. Es gibt Berichte über Misshandlungen durch das Wachpersonal. Der Ombudsmann hat das Recht und Menschenrechtsgruppen ist es möglich, unabhängige Kontrollen durchzuführen und Empfehlungen zur Verbesserung der Gefängnisbedingungen abzugeben. Insassen dürfen Besucher empfangen und ihre Religion frei ausüben. Der stellvertretende Bürgerbeauftragte stellte im Juni 2014 fest, dass trotz der jüngsten Verbesserungen die Haftbedingungen immer noch nicht zufriedenstellend sind und dass das Land es versäumt hat, alle EU-Standards zu erfüllen.

Die serbische Verfassung garantiert allen in Serbien lebenden Menschen (insbesondere Minderheiten) alle Rechte im Einklang mit den höchsten internationalen Standards. Sie enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalem Standard. Ein allgemeines Antidiskriminierungsgesetz stärkt ua auch die Rechte nationaler Minderheiten. Probleme ergeben sich immer wieder bei der Implementierung. In der serbischen Öffentlichkeit sind Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Roma, Albaner, Bosniaken, LGBT-Personen) unverändert weit verbreitet. In bestimmten Bereichen sind allerdings auch Fortschritte zu verzeichnen (z.B. Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen). Laut OSZE bezeichnen die meisten Minderheitenvertreter ihre eigene Situation als grundsätzlich zufriedenstellend. Seit 2003 bestehen nationale Minderheitenräte, die die Interessen ihre Volksgruppen vertreten. Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften (z.B. Muslime und Juden, Mitglieder evangelischer Freikirchen, manchmal auch Katholiken) sind mitunter Opfer gesellschaftlicher Vorurteile bzw. gewalttätiger Angriffe nationalistischer Organisationen (Skinheads). Serbien ist trotz der Folgen der ethnischen Kriege der 1990er Jahre und des Verlusts des mehrheitlich albanisch besiedelten Kosovo ein Vielvölkerstaat geblieben. Gut 82 % der Bevölkerung bezeichneten sich als Serbien. Der überwiegende Teil des Rests bezeichnet sich als zu einer der Minderheiten zugehörig. Die Bosniaken (va in der Region Sandžak) gehören mit 1,82 % der Bevölkerung zu den zahlenmäßig größten darunter.

Die Lage im Sandžak ist weitgehend stabil. Die Lage der ethnischen Bosniaken (Muslime), die überwiegend in der südwestserbischen Region Sandžak leben, entwickelt sich im Hinblick auf Rechtslage und politische Repräsentanz positiv. Hinwiese auf gezielte staatliche Repressionen gegen Bosniaken gibt es nicht. Der neue bosniakische Minderheitenrat wurde gewählt und hat seine Arbeit aufgenommen. Die bosnische Kommune beklagte jedoch ihre immer noch bestehende Unterrepräsentation in den Lokalverwaltungen, bei der Polizei und im Gerichtswesen. In diesem Gebiet ist eine konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten erforderlich. Darüber hinaus ist die Region von hoher Arbeitslosigkeit und mangelnden Investitionen gekennzeichnet und gehört zu den am wenigsten entwickelten Regionen Serbiens.

Serbiens Wirtschaft befindet sich auf dem Weg der Transformation und Modernisierung. Heute ist Serbien eine liberale Marktwirtschaft, die damit kämpft, sich der historischen Altlasten (politische Einflussnahme in der Wirtschaft, wirtschaftliche Regression und Modernisierungsblockade) zu entledigen. In den zurückliegenden Jahren wurde eine Vielzahl von Gesetzen an EU-Standards angepasst. Ein weiterhin ungelöstes Strukturproblem liegt in der hohen Arbeitslosigkeit und der ungünstigen Beschäftigungsstruktur. Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Während in der Hauptstadt Belgrad und in Teilen der Wojwodina die Durchschnittseinkommen deutlich über dem nationalen Mittelwert liegen, befinden sie sich in Südserbien und im Sandžak darunter. Flüchtlinge, bestimmte Minderheiten (namentlich Roma) und Rückkehrer sind stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung. Vielen Bürgern Serbien gelingt es nur durch Schwarzarbeit, ihre Existenz zu sichern. Ungefähr 10 % der Bevölkerung leben in Armut.

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausgezahlt. Seit Oktober 2000 kann der Staat Ansprüche auf Sozialbeihilfe wieder erfüllen; das System stabilisierte sich nachhaltig.

Die Gesundheitssituation in Serbien ist stabil; es bestehen keine größeren epidemiologischen Besorgnisse. Das Gesundheitssystem des Landes leidet unter einem Mangel an finanziellen Mitteln und Investitionen, bietet den Bürgern jedoch die Möglichkeit einer medizinischen Basisversorgung. Es gibt eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung, für deren Inanspruchnahme eine Registrierung notwendig ist. Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Die Behandlung bestimmter Krankheitsbilder (z.B. Psychosen und Diabetes), Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz, lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen, bestimmte Impfungen und gezielte präventive Untersuchungen sind kostenlos. Außerhalb der größeren Städte ist die medizinische Versorgung nicht überall gewährleistet. Der Standard der Krankenhäuser ist oft sehr bescheiden.

Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. In der Regel kehren Rückkehrer an den Ort zurück, der ihr letzter Wohnsitz war, weil Kranken- und Sozialversicherungsschutz nur gewährleistet werden kann, wenn man über einen melderechtlich erfassten Wohnsitz verfügt.

Ein gültiger Personalausweis ist die Voraussetzung zur Inanspruchnahme jeglicher Berechtigungen (medizinische Versorgung, Arbeit, Bildung etc). Ein Rückkehrer kann, unter Vorlage des Dokuments über den Status einer Person in "Wiederzulassung" (Reisedokument), das 30 bis maximal 60 Tage gültig ist, nach der Ankunft in Serbien ohne Entrichtung der entsprechenden Beteiligungsgebühr medizinische Notfallhilfe in Anspruch nehmen. Darüber hinaus ist die Person verpflichtet, innerhalb von 30 bis maximal 60 Tagen nach der Rückkehr einen Antrag auf allgemeine Krankenversicherung zu stellen. Nach Ablauf dieser Zeit muss der Rückkehrer einen Versicherungsantrag gestellt haben, ansonsten besteht kein Versicherungsschutz und alle in Anspruch genommene Leistungen müssen selbst bezahlt werden.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Die Feststellung, dass der BF in seinen Herkunftsstaat abgeschoben wurde, beruht auf der Bekanntgabe des BFA vom 20.10.2017.

Die Feststellungen basieren ebenfalls auf dem Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere auf den weitgehend plausiblen Angaben des BF bei seinen Einvernahmen.

Die Feststellungen zur Identität des BF und zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf seinen Angaben bei der Erstbefragung und bei seinen Einvernahmen vor dem BFA, die durch die eingeholten Registerauskünfte untermauert werden. Der BF bezeichnete Bosnisch als seine Muttersprache. Dies steht im Einklang mit seiner Herkunft und Volksgruppenzugehörigkeit. Der BF stellte seine Deutschkenntnisse des BF bei den Vernehmungen vor dem BFA unter Beweis.

Der BF erklärte am 09.08.2017 gegenüber dem BFA, er habe Serbien 1989 verlassen (AS 184). Aus seiner Darstellung und aus dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 09.06.2008 ergibt sich, dass er sich danach in Österreich und Deutschland aufhielt, erfolglose Asylanträge stellte, strafgerichtlich verurteilt und 2004 nach Serbien abgeschoben wurde. Die Abschiebung aus Deutschland und die Einreise nach Österreich im Jahr 2005 schilderte der BF bei seinem vorangegangenen Asylverfahren am 27.01.2006.

Die Feststellungen zum ersten Antrag des BF auf internationalen Schutz, zu seinem damaligen Fluchtvorbringen und zum Ausgang dieses Verfahrens basieren auf dem unbedenklichen Inhalt der Akten zu Zl. XXXX des Unabhängigen Bundesasylsenats.

Der fortgesetzte Aufenthalt des BF im Bundesgebiet ergibt sich aus seinen Angaben, die durch das Zentrale Melderegister (ZMR) untermauert werden, in dem ab 1990 immer wieder Meldungen des BF aufscheinen.

Die Feststellungen zur Ehe des BF ergeben sich aus dem Scheidungsbeschluss (AS 171). Die Änderung seines Familiennamens aufgrund der Eheschließung ergibt sich ebenfalls aus dem Scheidungsbeschluss und steht im Einklang mit den Angaben des BF dazu (AS 63). Die vom BF sonst verwendeten Identitäten sind aus dem Strafregister, dem Fremdenregister und dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 09.06.2008 ersichtlich.

Die Feststellungen zur Auslieferung des BF nach Serbien, seiner Enthaftung und der Rückkehr nach Österreich ergeben sich aus seinen Angaben bei der Einvernahme am 27.01.2017 (AS 65), die durch eine entsprechende Eintragung im Fremdenregister untermauert werden. Damit im Einklang steht, dass der BF laut ZMR im August 2012 in der Justizanstalt XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet war.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Österreich werden anhand der Eintragungen im Strafregister festgestellt. Ausfertigungen der Strafurteile, aus denen die konkreten Tathandlungen, Tatzeiträume und Strafzumessungsgründe ersichtlich wären, liegen nicht vor. Der Strafvollzug und die bedingte Entlassung ergeben sich aus dem Strafregister und den damit übereinstimmenden Wohnsitzmeldungen des BF in Justizanstalten.

Die vom BF bei seinem Folgeantrag auf internationalen Schutz angegebenen Fluchtgründe ergeben sich aus seinem Vorbringen im Folgeantragsverfahren (AS 3 ff, AS 51 ff, AS 181 ff). Bei der Erstbefragung gab der BF auf die Frage nach den Änderungen zu seinen Fluchtgründen im Vergleich zum Erstantrag an: "Es sind noch dieselben Gründe wie beim letzten Asylantrag. Ich höre die letzten Monate immer mehr von Ermordungen von Leuten meiner Partei." (AS 7). In der Einvernahme vor dem BFA am 23.01.2017 gab er an, dass er Mitglied einer Partei (SDA) sei, die gegnerische Partei an die Macht gekommen sei und angefangen habe, Mitglieder seiner Partei zu töten. Die gegnerische Partei mache Drogengeschäfte in ganz Europa. Er habe Angst um sein Leben, da er Leibwächter des Präsidenten der SDA gewesen sei (AS 66 und AS 185). Auf die Frage, was sich bezüglich der Fluchtgründe geändert habe, gab er an, dass sich nach Auskunft seiner Mutter und Verwandter die Situation in Serbien nicht gebessert habe (AS 67). In der Beschwerde wurde kein darüber hinausgehendes Fluchtvorbringen erstattet.

Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Töchtern des BF sowie zu den Kontakten und zur Intensität der Vater-Kind-Beziehung beruhen auf seinen Angaben vor dem BFA (AS 184) in Zusammenschau mit den dazu vorgelegten Urkunden (Unterhaltstitel AS 81 und AS 191 ff; Geburtsurkunden AS 203 und AS 205). Der BF gab selbst an, dass er seine Töchter im Jänner 2017, innerhalb der drei Monate nach seiner Haftentlassung, nicht gesehen habe und dass der letzte Kontakt 2015 gewesen sei. Ferner erklärte er, dass er für die "achtjährige Tochter zahlen müsse" und sie besuchen werde, "wenn er wieder Geld habe" (AS 62). Gegen eine enge Beziehung zwischen dem BF und seinen Töchtern spricht beispielsweise auch, dass er bei der Einvernahme am 23.01.2017 ihre Geburtsdaten nicht auswendig angeben konnte, sondern von einem Zettel ablas (AS 59). Bei der Erstbefragung schätzte er die Geburtsdaten und gab an, dass seine ältere Tochter Jahrgang 2007 und seine jüngere Tochter am XXXX.2012 (statt richtig 2011) geboren sei (AS 7).

Die Feststellungen zu den in und außerhalb von Österreich lebenden Verwandten des BF wurden aufgrund seiner Angaben am 23.01.2017 getroffen (AS 59 und AS 63). Der BF machte keine konkreten Angaben zu diesen Personen oder zu seinem Verhältnis zu ihnen; es gibt auch keine anderen Hinweise auf ein besonderes Naheverhältnis zu oder eine Abhängigkeit von ihnen.

Die Feststellungen zu den gesundheitlichen Problemen des BF basieren auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen (AS 37 ff, 199, 201, 213 ff, 307 ff). Daraus ist nicht ersichtlich, dass noch konkrete Beschwerden aufgrund der im Mai 2017 durchgeführten Darmoperation bestünden. Die Feststellungen zur aktuellen Behandlung mit Schmerz- und Magenschutzpräparaten beruhen auf den Angaben des BF dazu am 09.08.2017 ("Schmerzmittel nehme ich zwei verschiedene Sorten zwei Mal am Tag. Sucralan und Partoloc" [AS 183]). Die weiteren, bei der vorangegangenen Einvernahme noch angegebenen Medikamente erwähnte der BF bei seiner letzten Einvernahme vor dem BFA trotz einer ausdrücklichen Frage nicht mehr, sodass davon auszugehen ist, dass er sie nicht mehr einnimmt. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass er nach wie vor die weiteren im Arztbrief vom 07.07.2017 empfohlenen Arzneimittel (AS 215) einnimmt, zumal sich aus diesem Arztbrief eine fragliche Compliance bezüglich der Medikamenteneinnahme ergibt.

Die Arbeitsfähigkeit des BF ergibt sich daraus, dass er nach eigenen Angaben "schwarz" arbeitete, vorhat, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, und eine Einstellungszusage des Bauunternehmens XXXX GmbH vorlegte (AS 207).

Der BF erklärte gegenüber dem BFA, er arbeite in Österreich "schwarz" bzw. habe "gepfuscht" (AS 184 f). Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihm je eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung erteilt wurde, ist davon auszugehen, dass er ohne eine solche und ohne Anmeldung zur Sozialversicherung erwerbstätig war. Die Feststellungen zu seiner finanziellen Situation ergeben sich aus seinen Angaben, dem Schreiben der XXXX GmbH (AS 209) und dem E-Mail der XXXX über die Höhe des Unterhaltsrückstands (AS 189).

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der BF in Österreich mit jemandem zusammenlebt. Die Feststellungen zu seiner Beziehung mit einer Österreicherin werden anhand seiner Schilderung am 23.01.2017 getroffen.

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien beruhen auf den vom BF nicht konkret beanstandeten Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurde. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Die Feststellung, dass in Serbien keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und auf der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage dort.

Die Feststellung, dass sich die politische Opposition in Serbien frei betätigen kann, wird auch dadurch untermauert, dass die SDA, als deren Mitglied der BF behauptet, verfolgt zu werden, eine politische Partei ist, die die bosnische Minderheit im Sandžak vertritt. Es handelt sich um eine Schwesterpartei der gleichnamigen bosniakisch dominierten Partei in Bosnien und Herzegowina. Ihr Präsident Sulejman UGLJANIN ist Mitglied der serbischen Nationalversammlung, in der die SDA nach den Parlamentswahlen 2016 über insgesamt zwei Sitze verfügt (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Stranka_demokratske_akcije und https://en.wikipedia.org/wiki/Party_of_Democratic_Action_of_Sandžak).

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Da über den ersten Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 16.12.2005 bereits endgültig entschieden wurde, liegt nunmehr ein Folgeantrag nach § 2 Abs 1 Z 23 AsylG vor.

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention, kurz GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).

Soweit der BF seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz auf die Behauptung einer Verfolgung aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der SDA stützt, liegt eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs 1 AVG vor, zumal dieser Umstand bereits Gegenstand des vorangegangenen Asylverfahrens war. Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). Eine allfällige Verfolgung der BF wegen seines parteipolitischen Engagements wurde bereits im vorangegangenen Verfahren geprüft und kann im Verfahren über den Folgeantrag nicht mehr neu aufgerollt werden.

Der BF macht als neuen Fluchtgrund geltend, dass Serbien einen internationalen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt habe. In der staatlichen Strafverfolgung ist aber im Allgemeinen keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn zu erblicken. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann vorliegen, wenn das den nationalen Normen zuwiderlaufende Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt (vgl VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0126).

Voraussetzung für die Auslieferung des BF von Österreich nach Serbien war ua, dass die strafbare Handlung, derentwegen die Auslieferung begehrt wurde, von Österreich nicht als eine politische oder als eine mit einer solchen zusammenhängende strafbare Handlung angesehen wurde (Art 3 Abs 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens) und dass keine ernstlichen Gründe für die Annahme vorlagen, dass das Auslieferungsersuchen gestellt wurde, um den BF aus rassischen, religiösen, nationalen oder auf politischen Anschauungen beruhenden Erwägungen zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass er der Gefahr einer Erschwerung der Lage aus einem dieser Gründe ausgesetzt wäre (Art 3 Abs 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens).

Gemäß § 14 des subsidiär anzuwendenden ARHG ist eine Auslieferung wegen politischer strafbarer Handlungen und wegen anderer strafbarer Handlungen, denen politische Beweggründe oder Ziele zugrunde liegen, unzulässig, es sei denn, dass unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Art der Begehung, der angewendeten oder angedrohten Mittel oder der Schwere der eingetretenen oder beabsichtigten Folgen, der kriminelle Charakter der Tat den politischen überwiegt. Gemäß § 19 ARHG ist eine Auslieferung auch dann unzulässig, wenn zu besorgen ist, dass das Strafverfahren im ersuchenden Staat den Grundsätzen der Art 3 und 6 EMRK nicht entspricht, die im ersuchenden Staat verhängte oder zu erwartende Strafe oder vorbeugende Maßnahme in einer den Erfordernissen des Art 3 EMRK nicht entsprechenden Weise vollstreckt werden würde, oder die auszuliefernde Person im ersuchenden Staat wegen ihrer Abstammung, Rasse, Religion, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volks- oder Gesellschaftsgruppe, ihrer Staatsangehörigkeit oder wegen ihrer politischen Anschauungen einer Verfolgung ausgesetzt wäre oder aus einem dieser Gründe andere schwerwiegende Nachteile zu erwarten hätte.

Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist keine asylrelevante Verfolgung des BF wegen des von Serbien ausgestellten Haftbefehls zu befürchten, weil seine Auslieferung sonst nicht zulässig gewesen wäre. Gegen eine asylrelevante Verfolgung des BF aus diesem Grund spricht auch, dass er in Serbien gegen eine Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt wurde.

Schließlich behauptet der BF noch eine ethnische Verfolgung als bosniakischer Moslem aus dem Sandžak, wobei er in diesem Zusammenhang keine konkreten, individuell gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen angibt; sein Vorbringen beschränkt sich vielmehr auf die Behauptung einer allgemeinen Diskriminierung seiner Volksgruppe in Serbien. Aus den allgemein gehaltenen Ausführungen des BF kann aufgrund der allgemeinen Lage der Bosniaken in Serbien, insbesondere im Sandžak, ebenfalls keine asylrelevante Verfolgung abgeleitet werden, zumal die serbischen Behörden in Bezug auf allfällige Probleme dieser Minderheit durchwegs als schutzfähig und schutzwillig anzusehen sind.

Zwar sind in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegen Bosniaken weit verbreitet und Muslime werden mitunter Opfer gesellschaftlicher Vorurteile oder gewalttätiger Angriffe. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann aber nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Gemäß Art 7 Abs 2 der Statusrichtlinie (vgl § 2 Abs 1 Z 9 AsylG), die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, muss der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden wirksam sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn etwa der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat. Die Statusrichtlinie sieht daher einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber andererseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

Grundsätzlich hindert es die Asylgewährung, wenn der Asylwerber nicht einmal versucht hat, bei seinem Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch nicht staatliche Verfolger zu finden (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141), außer wenn von vornherein klar ist, dass die staatlichen Stellen vor der Verfolgung nicht schützen können oder wollen (VwGH 11.06.2002, 98/01/0394).

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der serbischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt sich, dass dort grundsätzlich ein staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die serbischen Behörden entgegen den Länderfeststellungen Übergriffe gegen bosniakische Muslime systematisch tolerierten oder nicht ernsthaft behandelten und verfolgten. Der BF hat auch nicht dargelegt, dass speziell er keinen Zugang zu dem in Serbien grundsätzlich eingerichteten wirksamen System der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hätte. Er hat nicht einmal behauptet, dass er sich wegen der behaupteten Diskriminierung überhaupt an die serbischen Behörden gewandt hätte, obwohl sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt, dass der Versuch, dort Schutz zu suchen, nicht von vornherein aussichtslos gewesen wäre.

Den vom BF in seinem Folgeantrag neu angegebenen Fluchtgründen kommt daher im Ergebnis keine Asylrelevanz zu. Da auch sonst keine aktuelle oder zu dem Zeitpunkt, als der BF Serbien zuletzt verließ, bestehende asylrelevante Verfolgung hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist die Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (Abschaffung der Todesstrafe) bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Prognose anzustellen, die eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob exzeptionelle Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0133). Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der BF in seinem Herkunftsstaat solchen Gefahren ausgesetzt sein würde; die bloße Möglichkeit genügt nicht. Außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Umstände im Herkunftsstaat führen nur bei außergewöhnlichen Umständen dazu, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden Art 3 EMRK verletzt (EGMR 02.05.1997, D. gg Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid gg Vereinigtes Königreich, Zl. 44599/98).

Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Es wurde bereits dargelegt, dass hier von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des serbischen Staats in Bezug auf die Volksgruppe des BF auszugehen ist. Er hat keine anderen Gründe vorgebracht, die konkret für eine ihm aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechen. Es besteht somit keine reale Gefahr, dass er bei der Rückkehr nach Serbien in eine Art 3 EMRK widersprechende Lage geraten würden. Er ist in einem erwerbsfähigen Alter und hat keine schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen, die eine Arbeitsaufnahme oder eine Befriedigung existentieller Grundbedürfnisse unmöglich machen würden. Er verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung und Berufserfahrung in verschiedenen Tätigkeitsfeldern. Er wird daher auch in Serbien in der Lage sein, sich mit Tätigkeiten wie den bislang ausgeübten oder ähnlichen ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Außerdem ist davon auszugehen, dass er dort im Familienverband wirtschaftliche und soziale Unterstützung erfahren wird, zumal namentlich zu seiner Mutter ein gutes Verhältnis besteht. Daneben besteht auch die Möglichkeit, karitative Hilfsleistungen oder Sozialhilfe zu erhalten. Die Verwandten des BF können ihn auch in Serbien weiterhin finanziell unterstützen.

Außergewöhnliche Umstände, die dazu führen, dass der BF in Serbien keine Lebensgrundlage vorfinden und existentielle Grundbedürfnisse nicht decken kann, hat er nicht vorgebracht. Es ist nicht anzunehmen, dass ihm im Fall der Rückkehr nach Serbien dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass in Serbien ein so hohes Maß an willkürlicher Gewalt herrscht, dass für den BF alleine durch seine Anwesenheit dort ein reales Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben besteht.

Dem BF droht in Serbien somit weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte. Es bestehen angesichts der stabilen Sicherheitslage in Serbien keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückführung dorthin für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Daher ist auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wird, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt des BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG; außerdem wurde er wegen Verbrechen verurteilt. Anhaltspunkte dafür, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde, wurden nicht behauptet und sind auch nicht hervorgekommen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs 1 AsylG liegen daher nicht vor, zumal sich der BF seit 19.10.2017 nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder

9 Abs 2 AsylG vorliegt. Eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 AsylG ist hier ebensowenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 3a AsylG.

Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Die Rückkehrentscheidung greift zwar in das Privat- und Familienleben des BF ein, ist aber ausgehend von diesen Grundsätzen insbesondere wegen seiner Verstöße gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften, seiner strafgerichtlichen Verurteilungen sowie seiner von Schulden, Einkommens- und Vermögenslosigkeit gekennzeichneten finanziellen Lage nicht korrekturbedürftig.

Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der BF ein erhebliches Interesse an einem Verbleib in Österreich hat, weil er sich seit vielen Jahren im Bundesgebiet aufhält, einen Arbeitsplatz in Aussicht hat und seine beiden minderjährigen Kinder hier leben, zu denen allerdings nur unregelmäßige Besuchskontakte bestehen. Seinem Interesse an einer Fortsetzung dieses Privat- und Familienlebens steht aber das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen, am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und an einem geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber. Das Gewicht das Privat- und Familienlebens des BF wird dadurch entscheidend gemindert, dass es zu einer Zeit entstand, zu der sich die Beteiligten seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zumal sein Aufenthalt nur während seines ersten Asylverfahrens aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Der BF spricht zwar gut Deutsch, weitere Integrationsbemühungen sind aber nicht erkennbar. Insbesondere ist er am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert.

Demgegenüber hat der BF nach wie vor ausreichende Bindungen an seinen Herkunftsstaat Serbien, wo er einen großen Teil seines Lebens, insbesondere die prägenden Jahre der Kindheit und Jugend, verbrachte. Mehrere Familienangehörige leben nach wie vor dort. Der BF ist mit den Gepflogenheiten in Serbien vertraut, sprachkundig und erlernte mehrere Berufe unterschiedlicher Branchen. Er wird daher in Serbien trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation dort in der Lage sein, wieder für seinen Lebensunterhalt aufzukommen und sich ohne größere Probleme in die dortige Gesellschaft zu integrieren.

Bei der Interessenabwägung ist auch das Interesse des BF an einer Fortsetzung der Behandlung seiner gesundheitlichen Probleme in Österreich zu berücksichtigen. Im Allgemeinen hat aber kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105). Es ist nicht erkennbar, warum die Erkrankungen des BF nicht auch in Serbien behandelt werden können, zumal es sich durchwegs um weitverbreitete Beschwerden handelt, die mit gängigen Medikamenten behandelt werden können. Es sind keine Umstände ersichtlich, die einer Wiederaufnahme des BF in das öffentliche serbische Krankenversicherungssystem nach seiner Rückkehr entgegenstehen, und er wird somit voraussichtlich auch Zugang zu den von ihm benötigten Arzneimitteln haben. Akute Gesundheitsgefährdungen, deren Behandlung in Serbien nicht gewährleistet wäre, wurden nicht vorgebracht, ebenso wenig eine Beziehung zu konkreten Ärzten oder Therapeuten im Inland.

Entscheidend zum Nachteil des BF wirken sich die von ihm begangenen Straftaten und die Wirkungslosigkeit mehrere strafgerichtlicher Sanktionen aus. Nach zwei kurzen bedingten Freiheitsstrafen, die endgültig nachgesehen wurden, und einer Strafenkombination (Geldstrafe und bedingte Freiheitsstrafe) wurde im Jahr 2014 eine einjährige bedingte Freiheitsstrafe verhängt. Anlässlich der Folgeverurteilung 2015, bei der der BF zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde, musste die zuletzt gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen werden. Der BF war zwischen April 2015 und November 2016

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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