Entscheidungsdatum
20.06.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I403 2154130-2/3E
BESCHLUSS
Im Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2018, Zl. 11085171100 - 80086970, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den "MigrantInnenverein St. Marx" hat das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2018, Zl. 588305110 wird aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund nannte er eine Verfolgung durch einen Geheimbund, welchem der Beschwerdeführer hätte beitreten sollen.
2. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 30.03.2017 bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens, wonach er einer privaten Verfolgung durch einen Geheimbund ausgesetzt gewesen sei.
3. Mit dem Bescheid vom 05.04.2017, Zl. 1085171100-1511237184, wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise gewährte das BFA dem Beschwerdeführer nicht (Spruchpunkt IV.), darüber hinaus wurde einer Beschwerde gegen die Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Des Weiteren stellte das BFA fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat (Spruchpunkt VI.).
4. Mit Schriftsatz seiner Rechtsberatung vom 18.05.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides.
5. An der am 31.05.2017 anberaumten mündlichen Verhandlung nahm der Beschwerdeführer krankheitsbedingt nicht teil.
6. Zu der am 25.07.2017 anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung blieb der Beschwerdeführer unentschuldigt fern.
7. Die Beschwerde wurde mittels Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2017 als unbegründet abgewiesen.
8. Am 25.01.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. In seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer nunmehr an, er sei Mitglied einer Oppositionspartei in Nigeria, und fürchte aufgrund dessen von der nigerianischen Regierung im Falle seiner Rückkehr inhaftiert zu werden.
9. Mit Verfahrensanordnung vom 31.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seitens des BFA beabsichtigt werde, seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG).
10. Mit Verfahrensanordnung vom 31.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer darüber hinaus die Verpflichtung auferlegt, bis 16.02.2018 ein Rückkehrgespräch in Anspruch zu nehmen.
11. Am 12.06.2018 wurde der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge einer Personenkontrolle im öffentlichen Raum aufgegriffen und im Auftrag des BFA-Journaldienstes auf Grundlage des § 40 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG festgenommen, in Schubhaft genommen und in das PAZ Hernalser Gürtel überstellt.
12. Am 13.06.2018 wurde der Beschwerdeführer im PAZ Hernalser Gürtel von einem Organ des BFA niederschriftlich zu seinem Folgeantrag auf internationalen Schutz einvernommen. Im Zuge dessen wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid hinsichtlich der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gem § 12a Abs. 2 AsylG mündlich verkündet. Der Beschwerdeführer wurde am Ende der Niederschrift explizit befragt, ob er Beschwerde gegen den mündlich verkündeten Bescheid des BFA erheben wolle. Der Beschwerdeführer bejahte dies.
13. Der Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 19.06.2018 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger; seine Identität steht fest.
Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 01.09.2015 wurde hinsichtlich der Frage der Gewährung von Asyl bzw. subsidiärem Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2017, GZ: I417 2154130-1/18E gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Auch die Beschwerde gegen die mit Bescheid des BFA vom 05.04.2017 erlassene Rückkehrentscheidung wurde abgewiesen; diese erwuchs in Rechtskraft.
Das Fluchtvorbringen im ersten Asylverfahren bezog sich auf eine behauptete Verfolgung durch einen Geheimbund.
Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer allerdings auf eine Verfolgung aus politischen Gründen, da er Angehöriger einer Oppositionspartei sei und in Nigeria der Gefahr einer Inhaftierung ausgesetzt sei. Dieses Fluchtvorbringen weist keinen glaubhaften Kern auf bzw. bestand die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgungsgefahr jedenfalls bereits seit September 2017 und damit vor Abschluss des ersten Asylverfahrens.
Nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens sowie nach Stellung des Folgeantrages am 25.01.2018 reiste der Beschwerdeführer am 28.03.2018 über Frankreich nach Lagos und verblieb dort bis zum 04.05.2018, ehe er nach Österreich zurückkehrte.
Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist in den letzten 6 Monaten und damit seit Abschluss des ersten Asylverfahrens eine maßgebliche Änderung eingetreten.
Der Beschwerdeführer machte keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme geltend.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine italienische Aufenthaltsberechtigungskarte aus humanitären Gründen, gültig vom 29.06.2016 bis zum 29.06.2018. In Italien leben seine Geschwister.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des Vorliegens eines nigerianischen Reisepasses fest.
Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten.
Das Fluchtvorbringen im ersten Asylverfahren bezog sich auf eine behauptete Verfolgung durch einen "Geheimbund"; dies ergibt sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2017, GZ: I417 2154130-1/18E.
Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer allerdings auf eine angebliche politische Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Oppositionspartei. Er erklärte, im September 2017 an einer Demonstration vor der nigerianischen Botschaft teilgenommen zu haben und deswegen eine Verfolgung zu befürchten. Dies ergibt sich aus der Erstbefragung vom 25.01.2018 und der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 13.06.2018.
Es handelt sich daher um eine behauptete Sachverhaltsänderung. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss allerdings einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt, anderenfalls ist ein neuer Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer sich aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen vor einer Festnahme durch die nigerianischen Sicherheitsbehörden fürchtet, entbehrt aber eines glaubhaften Kerns, da der Beschwerdeführer am 28.03.2018, nachdem er seinen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hatte, aus freien Stücken in sein Heimatland Nigeria zurückgeflogen war, dort über einen Monat zubrachte, und erst am 04.05.2018 wieder nach Österreich zurückkehrte. Dies ist den Visa-Stempeln in seinem nigerianischen Reisepass mit der Nr. XXXX zu entnehmen.
Die von ihm behauptete Sachverhaltsänderung ist zudem bereits im September 2017 eingetreten (so etwa seine Aussage in der Erstbefragung: "Im September 2017 habe ich vor der nigerianischen Botschaft in Wien gegen die Regierung in Nigeria protestiert und Mitarbeiter der Botschaft haben mich fotografiert und an die Regierung in Nigeria geschickt. Die nigerianische Behörde würde mich im Fall einer Rückkehr sofort erkennen und mich in Haft nehmen. Aus diesem Grund stelle ich erneut einen Asylantrag.").
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
Zu A) Aufhebung der Entscheidung über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes
Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:
§12a (2) AsylG 2005:
Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
Art. 8 EMRK
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Zu den Voraussetzungen des § 12 a Abs. 2 AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:
Das Verfahren über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 01.09.2015 wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 14.12.2017 abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 25.01.2018 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005. Es liegt kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.
Aufrechte Rückkehrentscheidung
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005.
Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Gegenständlich liegt daher eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.
Res iudicata
Der Antrag vom 25.01.2018 ist voraussichtlich zurückzuweisen, da das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers erstens keinen glaubhaften Kern aufweist und es sich zweitens um einen Sachverhalt handeln würde, der bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens des Beschwerdeführers bestanden hatte, weshalb diesbezüglich eine neue Sachentscheidung ausgeschlossen ist. Der Asylfolgeantrag stützt sich somit auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt, dem die Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz entgegensteht.
Auch die Situation in Nigeria hat sich seit dem Erstverfahren nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Beschwerdeführers. Ebenso wenig ist eine entscheidungsrelevante Änderung der Rechtslage gegeben. Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
Verletzungen der EMRK
Im ersten Verfahrensgang hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).
In der Begründung des mündlich verkündeten Bescheides des BFA wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Daher ist dem BFA zuzustimmen, wenn es eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verneint.
Eine Rückkehr nach Nigeria könnte aber eine Verletzung seines durch Art 8 EMRK geschützten Privat- und Familienlebens bedeuten. Der Beschwerdeführer verfügt in Italien über Familie und ist er in Besitz eines gültigen italienischen Aufenthaltstitels. Ob eine Abschiebung nach Nigeria eine reale Verletzung eines in Italien geführten Privat- und Familienlebens darstellen würde bzw. ob sich aus diesem eine andere Beurteilung des in Österreich geführten Privat- und Familienlebens ergeben würde, kann aufgrund der bestehenden Aktenlage vom Bundesverwaltungsgericht nicht beurteilt werden. Die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG ist daher gegenständlich nicht gegeben.
Geht man - aufgrund der gegen den Beschwerdeführer rechtskräftig erlassenen Rückkehrentscheidung aus dem Vorverfahren - trotz des Vorliegens eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels (§ 31 Abs. Z 3 FPG) davon aus, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich unrechtmäßig aufgehalten hat, blieb vom BFA zudem die Bestimmung des § 52 Abs. 6 FPG unberücksichtigt, wonach sich ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger, sofern dieser im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedsstaates ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet jenes Staates zu begeben hat. Nur sofern der Drittstaatsangehörige dieser Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder es aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, ist eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG zu erlassen. Das BFA unterließ es aufzuzeigen, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt und forderte ihn auch nicht zur Ausreise nach Italien auf, obwohl er in der Einvernahme erklärt hatte, nach Italien zurückkehren zu wollen.
Es wird von der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer seinen italienischen Aufenthaltstitel erst im Zuge des gegenständlichen Verfahrens offenlegte. Dennoch kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass im Zuge der (prognostizierten) Entscheidung des BFA, mit der der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtmäßig wäre, da dem die Bestimmung des § 52 Abs. 6 FPG entgegenstehen könnte.
Da daher insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht vorgelegen sind, wird der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2018, Zl. 588305110, aufgehoben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Schlagworte
bestehendes Familienleben, faktischer Abschiebeschutz - AufhebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2154130.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.06.2018