TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/17 99/18/0427

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Veröffentlicht am 17.02.2000
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §3;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
FrG 1997 §37;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des S D in Wien, geboren am 15. April 1959, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. Mai 1999, Zl. SD 194/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. Mai 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 12. Mai 1998 von einem Organ des Arbeitsinspektorates auf einer Baustelle in Wien XIV betreten worden. Der Beschwerdeführer sei in beschmutzter Arbeitskleidung auf einem Gerüst stehend angetroffen worden, als er mit dem Abklopfen von Verputz von der Außenfassade eines Gebäudes beschäftigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei jedoch weder im Besitz einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz noch im Besitz eines die Aufnahme einer Beschäftigung zulassenden Aufenthaltstitels gewesen. In der Niederschrift vom 11. Februar 1999 habe er bestätigt, dass ihm in einem Kaffeehaus die Beschäftigung angeboten und ein Stundenlohn von S 80,-- vereinbart worden wäre. Bereits am ersten Tag dieser Beschäftigung wäre er "erwischt" worden. Diese Angaben habe der Beschwerdeführer im Beisein einer von ihm mitgebrachten sprachkundigen Vertrauensperson gemacht. Auch in der Berufung habe der Beschwerdeführer zugegeben, gegen Entlohnung für eine Baufirma Arbeiten verrichtet zu haben. Dass er nach diesen Angaben zuvor lediglich mit dem Abladen eines Lastkraftwagens beschäftigt gewesen wäre, könne an der Richtigkeit der Feststellung der Organe des Arbeitsinspektorates und den daraus gezogenen rechtlichen Schlüssen nichts ändern. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es wäre weder ein Arbeitsverhältnis vorgelegen noch intendiert gewesen, müsse angesichts der vorliegenden Umstände als Schutzbehauptung und der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechend gewertet werden. Der Beschwerdeführer sei zur Ausführung von Arbeiten angeworben worden und habe dafür Lohn erhalten (zumindest sei ein solcher vereinbart gewesen). Der Umstand, dass diese Tätigkeit nicht einmal zwei Tage gedauert habe, sei von untergeordneter Bedeutung. Da der Sachverhalt nicht zuletzt aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers feststehe, sei auf die gestellten Beweisanträge nicht näher einzugehen gewesen. Es könne kein Zweifel bestehen, dass die Ausübung von "Schwarzarbeit" die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet eines geordneten Arbeitsmarktes in erheblichem Ausmaß beeinträchtige. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher im Grund des § 36 Abs. 1 FrG als gerechtfertigt. Die Familie des Beschwerdeführers lebe in Bosnien. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet seien nicht geltend gemacht worden. Der Beschwerdeführer habe sich lediglich im Zeitraum vom 25. August 1992 bis zum 10. Februar 1993 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- oder Familienleben liege daher nicht vor, weshalb weder zu überprüfen gewesen sei, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführen gewesen sei. Da auch sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens Abstand genommen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 6. Oktober 1999, B 1067/99-10, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie mit Beschluss vom 1. Dezember 1999, B 1067/99-12, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer für ein namentlich genanntes Bauunternehmen als Mithilfe für das Abladen eines Lastkraftwagens am 11. und 12. Mai 1998 vereinbarungsgemäß gegen eine stundenweise Abgeltung tätig geworden sei. Diese Vereinbarung habe sich zeitlich ausschließlich auf die genannten beiden Tage bezogen. Für die Höhe der Entlohnung seien Beträge von S 80,-- und S 100,-- je Stunde im Gespräch gewesen. Nach der Erinnerung des Beschwerdeführers sei schließlich ein Stundenlohn von S 80,-- vereinbart worden. Am 11. Mai 1998 habe er etwa neun Stunden beim Abladen eines Lastkraftwagens geholfen. Diese Tätigkeit habe er am 12. Mai 1998 bis etwa 9.00 Uhr neuerlich aufgenommen. Da er schon an der Baustelle zugegen gewesen sei und die ursprünglich vereinbarte Tätigkeit viel früher als angenommen, nämlich bereits um 9.00 Uhr zum Abschluss habe gebracht werden können, habe der Beschwerdeführer an Ort und Stelle mit dem Bauunternehmen vereinbart, zum vereinbarten Stundensatz noch bis zum "Auffüllen" auf neun Arbeitsstunden dieses Tages beim Abschlagen einer Mauer mitzuhelfen.

1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 2 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz erfordert die Beschäftigung eines Ausländers im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eine Bewilligung. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses iS dieser Bestimmung ist mit dem des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertragsrecht ident und erfordert die Verrichtung von Arbeitsleistungen gegen ein von der Arbeitszeit abhängiges Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Beschäftigten von einem Arbeitgeber mittels Weisungsgebundenheit (vgl. Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz4, 1998, RZ 2 zu § 2).

Die vom Beschwerdeführer zugestandene Tätigkeit für ein Bauunternehmen im Rahmen dessen Unternehmensgegenstandes an zwei Tagen im vereinbarten Ausmaß von jeweils neun Stunden gegen ein Entgelt von S 80,-- je Stunde erfüllt diese Voraussetzungen. Die kurze Dauer dieser Tätigkeit kann daran nichts ändern. Da es sich hiebei um Hilfstätigkeiten handelte, besteht - mangels dies in Frage stellender konkreter Beschwerdebehauptungen - kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit an die Weisungen seines Arbeitergebers gebunden war.

Soweit der Beschwerdeführer auf Arbeitnehmerrechte, wie z.B. Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung, als notwendige Bestandteile eines Arbeitsverhältnisses verweist, ist ihm zu entgegnen, dass sich diese Rechte auch ohne ausdrückliche Vereinbarung aus zwingenden gesetzlichen Bestimmungen ergeben und eine allfällige Verletzung dieser Bestimmungen keinesfalls dazu führen kann, dass für das Arbeitsverhältnis keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderlich ist.

1.3. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass für seine Beschäftigung - im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - keine Bewilligung ausgestellt worden ist und er weder über eine Arbeitserlaubnis noch über einen Befreiungsschein verfügte. Da er diese Beschäftigung somit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen und von einem Organ des Arbeitsinspektorates betreten worden ist, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

1.4. Dies ergibt sich - wie dargestellt - bereits aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde. Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, die Relevanz der in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen.

2. Da der Beschwerdeführer ohne die hiefür erforderliche Bewilligung eine Beschäftigung ausübte und überdies - die diesbezügliche Feststellung im angefochtenen Bescheid blieb unbestritten - über keinen eine Beschäftigung zulassenden Aufenthaltstitel verfügte, kann es angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 98/18/0226) und an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtete.

3. Der Gerichtshof pflichtet der belangten Behörde auch in der Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 FrG zu. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, keine familiären Interessen im Bundesgebiet zu haben und sich nur im Zeitraum vom 25. August 1992 bis 10. Februar 1993 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben. Selbst wenn man - anders als die belangte Behörde - aufgrund des vorgebrachten Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer überdies im Rahmen seiner Tätigkeit als "Busbegleiter ... immer wieder im Bundesgebiet aufhielt", einen relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annehmen wollte, wäre das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes und des Fremdenwesens) - dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Angesichts der auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens jedenfalls nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung dieser Maßnahme (§ 37 Abs. 2 FrG).

4. Auf dem Boden dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte.

5. Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 17. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999180427.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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