TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/9 LVwG-AV-415/001-2018

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Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

WRG 1959 §32
WRG 1959 §39
WRG 1959 §50

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13.03.2018, ***, betreffend Abweisung eines Antrages nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten wies den Antrag des Beschwerdeführers vom 14.09.2017 auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes mit Bescheid vom 13.03.2018 ab.

Der Beschwerdeführer begehrte die Öffnung des Rohrdurchlasses östlich seines Grundstückes ***, KG ***, welcher sich unter der Landesstraße auf Grundstück ***, KG ***, befinde. Es könne im Hochwasserfall das Wasser nicht mehr ablaufen und würde seine Grundstücke, unter anderem Grundstück ***, überschwemmen. Das Rohr sei zugemacht worden. Mit Schreiben vom 13.02.2018 konkretisierte der Beschwerdeführer seinen Antrag und brachte vor, dass sich das zugeschüttete Rohr auf Grundstück ***, KG ***, befinde, welches im Eigentum des Landes NÖ sei. Der Rohrdurchlass sei im Jahr 2011 oder 2012 im Zuge der Verlegung einer neuen Stromleitung entlang der Landesstraße *** zugeschüttet worden. Dies sei eben erst im August 2017 im Zuge einer Enteignungsverhandlung aufgefallen. Das Rohr sei im Zuge des Baues der Landesstraße errichtet worden. Für das Zuschütten des Rohres bedürfe es einer behördlichen Bewilligung.

Gegen den Bescheid vom 13.03.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, es sei am 14.09.2017 falsch protokolliert worden. Der Bau der Landesstraße sei vor dem Jahr 1969 erfolgt, 1969 sei das Rohr noch offen gewesen, zugeschüttet sei es auf der östlichen Straßenseite vermutlich 1980 gewesen. Westlich der Landesstraße sei es bei Verlegen des Erdkabels im Jahr 2011 oder 2012 zugeschüttet worden. In unmittelbarer Nähe des Rohres befinde sich der Fluss ***, wäre das gegenständliche Abflussrohr noch in Funktion, würde zumindest ein Teil des durch die Landesstraße aufgestauten Wassers durch dieses Rohr in die *** abfließen können. Den Mühlbach gäbe es seit mindestens 60 Jahren nicht mehr. Das Rohr hätte in Mühlbach-Zeiten und auch heute vor dem Verschütten die Funktion gehabt, Wasser von den Grundstücken westlich der Landesstraße abzuleiten. Es liege jedenfalls Bewilligungspflicht nach
§ 32 Abs. 1 WRG vor, das Zuschütten eines Rohres könne als eigenmächtige Neuerung gewertet werden. Es treffe auch § 39 Abs. 2 WRG zu, das Rohr sei zum Nachteil der oberen Grundstücke zugeschüttet worden, das Hochwasser könne nun nicht mehr abfließen. Das östliche, gemeint sei wohl das westliche, Ende des Rohres befinde sich nicht auf seinem Grundstück, sondern auf Grundstück *** des Landes NÖ. Seine Grundstücke seien nur für die Bauarbeiten verwendet worden, wie etwa das Ablegen von Erdmaterial und die Durchführung von Rangierarbeiten. Es befinde sich zwischen dem Rohrende unter der Landesstraße und seiner Grundstücksgrenze noch ein Abstand von ca. 2 m. Die Aufhebung des Bescheides werde beantragt.

Folgender Sachverhalt wird anhand der klaren Aktenlage als erwiesen festgestellt:

Auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, befindet sich unter der Landesstraße eine Verrohrung. Die westliche Öffnung dieses Rohres liegt auf demselben Grundstück, die östliche auf dem Grundstück ***, KG ***. An das Grundstück *** grenzt im Westen das Grundstück des Beschwerdeführers, ***, KG ***, an. Ein Wasserbenutzungsrecht für die sogenannte „***“ und eine unter der Landesstraße durchführende Zuleitung zu dieser Anlage ist im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Amstetten nicht eingetragen. Ein Wasserrecht für das gegenständliche Rohr liegt nicht vor. In der Nähe befindet sich der ***. Der Mühlbach für die „***“ existiert seit ca. 60 Jahren nicht mehr. Der Rohrdurchlass ist seit einiger Zeit an beiden Enden zugeschüttet.

Diese Feststellungen basieren auf der vorliegenden und unbedenklichen Aktenlage.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständlichen Fall relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

„§ 32.

(1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

a)

die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,

b)

Einwirkungen auf Gewässer durch ionisierende Strahlung oder Temperaturänderung,

c)

Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

d)

die Reinigung von gewerblichen oder städtischen Abwässern durch Verrieselung oder Verregnung,

e)

eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung.

f)

das Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung 175 kg Stickstoff je Hektar und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoffzehrenden Fruchtfolgen 210 kg Stickstoff je Hektar und Jahr übersteigt. Dabei ist jene Menge an Stickstoff in feldfallender Wirkung anzurechnen, die gemäß einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen § 55p) in zulässiger Weise durch Wirtschaftsdünger ausgebracht wird.

(Anm.: lit. g aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2005)

(3) Einer Bewilligung bedarf auch die ohne Zusammenhang mit einer bestimmten Einwirkung geplante Errichtung oder Änderung von Anlagen zur Reinigung öffentlicher Gewässer oder Verwertung fremder Abwässer.

(4) Einer Bewilligung bedarf auch die künstliche Anreicherung von Grundwasser für Zwecke der öffentlichen Grundwasserbewirtschaftung.

(5) Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung.

(6) Genehmigungen oder Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften befreien nicht von der Verpflichtung, die nach diesem Bundesgesetz zur Reinhaltung erforderlichen Vorkehrungen und die von der Wasserrechtsbehörde vorgeschriebenen Maßnahmen durchzuführen.

(7) Als ordnungsgemäß (Abs. 1) gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt.

§ 39.

(1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluß der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern.

(2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.

§ 50.

(1) Sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, haben die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

(2) …

§ 138.

(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)

eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b)

        …“

Begehrt wird vom Beschwerdeführer, dass ein Rohrdurchlass östlich seines Grundstückes ***, KG ***, geöffnet wird.

Voraussetzung für einen gewässerpolizeilichen Auftrag ist das Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung. Dies setzt voraus, dass ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiger Tatbestand vorliegt, jedoch eine entsprechende Bewilligung nach dem WRG 1959 fehlt oder sonst gegen Bestimmungen des WRG verstoßen wird.

Gegenständlich liegt eine Verrohrung vor, für welche jedoch keine wasserrechtliche Bewilligung existiert. Eine Veränderung an einer wasserrechtlich nicht bewilligten Anlage wie der gegenständlichen Verrohrung, die einer Beseitigung dieser Anlage gleichkommt, kann keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht auslösen.

Daher ist ein Anwendungsfall des § 32 WRG 1959 nicht gegeben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich im Nahebereich ein Fließgewässer befindet.

Da vom Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung für die gegenständliche Verrohrung auszugehen ist, kommt auch § 50 betreffend die Instandhaltungsverpflichtung von vorneherein nicht zur Anwendung.

Ebensowenig trifft § 39 WRG 1959 hier zu. Eine Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, dass die natürlichen Abflussverhältnisse zum Nachteil anderer Grundstücke verändert werden. Von einem natürlichen Abfluss kann aber bei Vorliegen einer Verrohrung nicht ausgegangen werden. Daher ist auch die Verschließung der Verrohrung nicht als eine Änderung der Abflussverhältnisse iSd
§ 39 WRG 1959 zu beurteilen.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.

Allfällige nachteilige Folgen durch ein Verschließen der Verrohrung könnten nach zivilrechtlichen Regelungen Relevanz haben und ist dazu der Zivilrechtsweg zu beschreiten.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß
§ 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder
Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, Seite 389, entgegenstanden. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.06.2014, 2014/05/0059 ua).

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; gewässerpolizeilicher Auftrag; Bewilligung; eigenmächtige Neuerung; Instandhaltung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.415.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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