Entscheidungsdatum
12.06.2018Norm
ASVG §410Spruch
W167 2014679-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt 3.) wie folgt lautet: "Der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Rückstandsausweises vom XXXX wird zurückgewiesen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom XXXX sprach die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden: WGKK) aus, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet sei für sechs Dienstnehmer Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 15.930,07 an die WGKK zu entrichten. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch.
2. Mit Bescheid vom XXXX des Amts der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 40, wurde der Einspruch des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
3. Mit Beschluss vom XXXX wies der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom 14.04.2014 zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof ab.
4. Am XXXX erstellte die WGKK einen Rückstandsausweis mit Forderungen gegen den Beschwerdeführer in Höhe von EUR 25.006,05 und stellte einen Exekutionsantrag beim zuständigen Bezirksgericht.
5. Mit Schriftsatz vomXXXX erhob der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten Einwendungen gegen den Rückstandsausweis vom XXXX, beantragte die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung, sowie die Einstellung des Exekutionsverfahrens und die Aussetzung der Einhebung.
Begründend führte er aus, dass die WGKK nicht zur Eintreibung der Forderungen zuständig sei, da der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in Niederösterreich habe. Dem Beschwerdeführer sei zudem nie ein Bescheid zugestellt worden, mit dem ihm die Zahlung von EUR 16.286,32 aufgetragen worden sei. Daher sei weder Vollstreckbarkeit noch Rechtskraft eingetreten. Die Forderungen der WGKK würden nicht bestehen und dem Schreiben der WGKK sei auch nicht zu entnehmen, um welche Art des Rückstandes es sich handle. Der Beschwerdeführer sei im Zeitraum von 01.01.2012 bis 31.01.2012 ausschließlich unselbstständig erwerbstätig gewesen und habe keine Dienstnehmer gehabt. Der Zinssatz von 7,88 % sei jedenfalls überhöht und seit dem 31.01.2012 könnten rein rechnerisch keine Verzugszinsen in Höhe von EUR 8.719,73 angefallen sein. Außerdem werde ausdrücklich geltend gemacht, dass diese Forderungen bereits verjährt seien.
6. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Revision des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom XXXX mit Erkenntnis vom
XXXX ab.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX stellte die WGKK fest, dass die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den Rückstandsausweis nicht gerechtfertigt seien, sowie dass auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers ein offener Rückstand in Höhe von EUR 16.286,32 bestehe und wies den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ab.
Begründend führte sie aus, dass über die Höhe der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben im Ausmaß von EUR 15.930,07 entschiedene Sache vorliege. Über den in der GPLA 1/12 enthaltenen Wohnbauförderungsbeitrag in Höhe von EUR 356,25 könne die WGKK keine bescheidmäßige Feststellung vornehmen. Betreffend die Höhe der Verzugszinsen wurde ausgeführt, dass sich Zinsen in Höhe von EUR 6.088,89 aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Meldung der Beiträge ab dem Zeitpunkt der ursprünglichen Fälligkeit bis zum Zeitpunkt der Feststellung ergeben hätten. Bis zur Ausstellung des Rückstandsausweises seien weitere Zinsen angefallen, sodass sich per 31.03.2014 Verzugszinsen in Höhe von EUR 8.719,73 ergeben hätten, sodass sich insgesamt Forderungen in Höhe von EUR 25.000,05 ergeben würden. Verjährung im Sinne des § 68 ASVG liege nicht vor.
8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten rechtzeitig Beschwerde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass den Einwendungen gegen den Rückstandsausweis und dem Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung vollinhaltlich stattgegeben werde, in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde.
Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die Feststellung des offenen Wohnbauförderungsbeitrags durch die WGKK mangels Zuständigkeit gesetzwidrig erfolgt sei. Die im Rückstandsausweis angeführten Zinsen seien nicht nachvollziehbar und dem Bescheid seien diesbezüglich auch keine nachvollziehbaren Angaben zu entnehmen. Die Forderungen seien zudem verjährt.
9. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der WGKK am
XXXX unter Anschluss einer Stellungnahme vorgelegt.
10. Diese Stellungnahme wurde dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer übermittelt und ihm eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.
Es erfolgte trotz zweimaliger Fristerstreckung keine Stellungnahme des Beschwerdeführers.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dass der Beschwerdeführer verpflichtet ist, Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 15.930,07 an die WGKK zu entrichten, wurde mit Bescheid vom 09.12.2013 des Amts der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 40, ausgesprochen. Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln an den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof wurde nicht Folge gegeben.
Die Summe der Forderungen des Kontos des Beschwerdeführers setzt sich wie folgt zusammen:
01/2012 Beitrag GPLA (01.01.2012-31.01.2012)
EUR
16.286,32
Summe der Beiträge
EUR
16.286,32
Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gerechnet bis 31.03.2014
EUR
8.719,73
Summe der Forderung
EUR
25.006,05
2. Beweiswürdigung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 64 Abs. 1 ASVG ist den Versicherungsträgern zur Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge die Einbringung im Verwaltungswege gewährt.
Gemäß § 64 Abs. 2 ASVG hat der Versicherungsträger, der nach § 58 Abs. 6 berufen ist, die Beitragsforderung rechtlich geltend zu machen, zur Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge einen Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser Ausweis hat den Namen und die Anschrift des Beitragsschuldners, den rückständigen Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, den Beitragszeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren sowie den Vermerk des Versicherungsträgers zu enthalten, daß der Rückstandsausweis einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung. Im Rückstandsausweis können, wenn dies aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung angezeigt erscheint, die Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie alle sonstigen von den Krankenversicherungsträgern einzuhebenden Beiträge und Umlagen als einheitliche Summe und die darauf entfallenden Verzugszinsen und Nebengebühren ebenfalls als einheitliche Summe ausgewiesen werden.
Gegen einen solchen Rückstandsausweis kann der Verpflichtete Einwendungen erheben, über die der Sozialversicherungsträger mittels Bescheid entscheidet und dabei über den zugrunde liegenden Anspruch, also über die rückständige Beitragsforderung, abzusprechen hat (vgl. Faber in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 64 ASVG, Rz 52).
Vorauszuschicken ist, dass die Höhe der zu entrichtenden Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 15.930,07 mit Bescheid vom 09.12.2013 bereits rechtskräftig festgestellt wurde.
Die im Rückstandsausweis angeführte Summe ergibt sich durch Hinzurechnung von EUR 356,25 Wohnbauförderungsbeitrag und EUR 8.719,73 Verzugszinsen.
Betreffend das Beschwerdevorbringen, wonach die Feststellung der Höhe des Wohnbauförderungsbeitrags mangels Zuständigkeit der WGKK gesetzwidrig sei, ist folgendes auszuführen:
Die WGKK ist gemäß § 8 Bundesgesetz über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages nicht zur Feststellung der Höhe des Wohnbauförderungsbeitrags berechtigt, da diese Zuständigkeit dem Landeshauptmann zukommt. Jedoch ist gemäß § 5 Abs. 1 Bundesgesetz über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages, soweit für die nach diesem Bundesgesetze beitragspflichtigen Dienstnehmer Beiträge zu einer gesetzlichen Kranken- oder Pensionsversicherung zu leisten sind, der Wohnbauförderungsbeitrag gemeinsam mit den Beiträgen zur Kranken- oder Pensionsversicherung von dem für die Einhebung zuständigen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung einzuheben.
Gemäß § 5 Abs. 3 Bundesgesetz über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages gelten für den Wohnbauförderungsbeitrag die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über die Einhebung, Einbringung und Rückzahlung der Krankenversicherungsbeiträge entsprechend.
Die Einhebung des Wohnbauförderungsbeitrags durch die WGKK im Wege des § 64 ASVG erfolgte daher zu Recht.
Betreffend die Höhe der Verzugszinsen ist anzuführen, dass die WGKK auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides nachvollziehbar dargelegt hat, wie sich die Verzugszinsen zusammensetzen. Die Beschwerde enthält demgegenüber kein konkretes Vorbringen, inwieweit die Berechnung nicht zutreffend sein sollte. Anzumerken ist zudem, dass die Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG bereits ab dem Tag der Fälligkeit zu berechnen sind und somit nicht erst ab 31.01.2012, wie der Beschwerdeführer in seinen Einwendungen gegen den Rückstandsausweis angab.
Der Beschwerdeführer brachte zudem vor, dass sich die WGKK nicht mit der Verjährung nach § 68 ASVG auseinandergesetzt habe, legte jedoch nicht dar, weshalb seiner Meinung nach Verjährung vorliege. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Höhe der Beiträge bereits mit Bescheid vom 09.12.2013 rechtskräftig festgestellt wurde und daher eine Feststellungsverjährung nach § 68 Abs. 1 ASVG nicht mehr eintreten kann. Gemäß § 68 Abs. 2 ASVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung, sodass auch keine Einforderungsverjährung eingetreten ist. Betreffend die Verjährung von Verzugszinsen ist darauf hinzuweisen, dass eine Maßnahme, die zur Unterbrechung der Verjährungsfrist für die Feststellung der Beiträge führt, grundsätzlich auch hinsichtlich der Frist für die - in der Regel nicht gesondert erfolgende - Feststellung der Verzugszinsen verjährungsunterbrechend wirkt, dienen doch Maßnahmen zum Zweck der Feststellung der Beiträge mittelbar auch der Feststellung der allenfalls anfallenden Verzugszinsen (vgl. VwGH 11.12.2013, 2012/08/0287).
Zum Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist anzuführen, dass ein Abspruch über die - rechtlich gar nicht mögliche - Aufhebung der Vollstreckbarkeit eines Rückstandsausweises nicht zulässig ist (vgl. VwGH 24.04.2014, Ro 2014/08/0013 mwN). Der Antrag des Beschwerdeführers wäre daher von der Behörde zurückzuweisen (anstatt abzuweisen) gewesen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides war daher entsprechend zu korrigieren.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall stellte der Beschwerdeführer zwar einen Antrag auf eine mündliche Verhandlung, allerdings ergab sich der Sachverhalt zweifelsfrei aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde. Es wurden lediglich Rechtsfragen aufgeworfen, welche zudem bereits vom VwGH beantwortet sind. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter 3. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragsrückstand, Rückstandsausweis, Verjährung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W167.2014679.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.06.2018