Entscheidungsdatum
13.06.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W208 2197527-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER im Verfahren über die Beschwerde von XXXX, Staatsangehörigkeit AFGHANISTAN, vertreten durch ARGE RECHTSBERATUNG DIAKONIE, 1170 WIEN, Wattgasse 48/3.Stock, gegen den Bescheid des BUNDESAMTES FÜR FREMDENWESEN UND ASYL, Regionaldirektion OBERÖSTERREICH, vom 26.04.2018, Zl. 1088081410/151360075, beschlossen:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP) ist afghanischer Staatsbürger und stellte nach schlepperunterstützter und unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 15.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).
2. Das BFA hat mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 26.04.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der bP gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach AFGHANISTAN zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AslyG ausgesprochen, dass sie das Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde gegen die bP ein Einreiseverbot von 5 Jahren verhängt (Spruchpunkt VII.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt IX.).
3. Gegen den am 27.04.2018 zugestellten Bescheid wurde von der gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG der bP zur Seite gestellten und im Spruch genannte Rechtsberatungsorganisation (Vollmacht und Zustellvollmacht vom 17.05.2018) am 25.05.2018 beim BFA Beschwerde eingebracht.
4. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 07.06.2018 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
Zu Spruchteil A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 18 Abs 5 erster Satz BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zu Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. § 18 Abs 7 BFA-VG schließt die Anwendung der §§ 13 Abs 2-5 und 22 VwGVG aus. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist in § 18 Abs 5 BFA-VG nicht vorgesehen.
In Folge der Rechtsprechung des VwGH vom 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 20.09.2017, 2017/19/0284 hat das BVwG über eine Beschwerde, soweit sie jene Aussprüche betrifft, mit denen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde förmlich zu entscheiden.
Aus dem Verwaltungsakt sowie der Beschwerde geht hervor, dass sich die bP in Österreich wiederholt in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden hat. Zuletzt war dies von 30.04.2018 bis 17.05.2018 nach einem Suizidversuch der Fall. Mit Beschluss vom 11.05.2018 des zuständigen Bezirksgerichtes (AS 809) wurde die Unterbringung der bP in einer psychiatrischen Klinik für vorläufig zulässig erklärt und eine mündliche Verhandlung für den 25.05.2018 anberaumt. Laut Entlassungsbrief vom 17.05.2018 (AS 865) leidet die bP ua an einer Depression mit gegenwärtig schwerer Episode (F32.2).
Die Frage der psychischen Gesundheit spielt vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen zu Afghanistan (vgl. Punkt 22., Staatendokumentation vom 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018, wonach es in der Praxis nur unter bestimmten Bedingungen Zugang zu psychiatrischen Kliniken und Medikamenten gibt) eine zentrale Rolle bei der Beurteilung einer Gefährdung der bP im Sinne des § 18 Abs 5 BFA-VG (vgl VwGH 26.02.2015, Ra 2014/22/0198, 21.02.2017, Ro 2016/18/0005). Die zur Verfügung stehende Aktenlage bedarf daher einer näheren Überprüfung, um eine solche Gefährdung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können. Dies erfordert insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Darlegung der belangten Behörde, welche konkreten Maßnahmen zur Betreuung der bP bei einer Abschiebung getroffen werden.
Es kann somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, dass durch eine Außerlandesbringung die bP nicht in ihren in Art 2 und Art 3 EMRK geschützten Rechten verletzt würde.
Der Beschwerde ist daher gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG entfallen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Spruchpunkt
A) angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird
verwiesen.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung derEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2197527.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.06.2018