TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/18 G301 2178157-1

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Veröffentlicht am 18.06.2018
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Entscheidungsdatum

18.06.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G301 2178157-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Ungarn, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2017, Zl. XXXX, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Oberösterreich, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 25.10.2017, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Mit dem am 21.11.2017 beim BFA, RD Oberösterreich, eingebrachten und mit 20.11.2017 datierten Schriftsatz erhob der BF Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe unter anderem beantragt, das Aufenthaltsverbot ersatzlos zu beheben oder in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes angemessen zu reduzieren.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 07.12.2017 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger von Ungarn.

Es konnte nicht festgestellt werden, wann der BF zuletzt in das österreichische Bundesgebiet einreiste. Der BF verfügte in Österreich über keinen gemeldeten Wohnsitz.

Der BF wurde am XXXX2017 wegen des Verdachts der Begehung strafbarer Handlungen festgenommen und befand sich in weiterer Folge durchgehend in Haft (zunächst Untersuchungshaft und sodann Strafhaft).

Der BF weist in Österreich folgende rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung auf:

01) LG XXXX vom XXXX2017 RK XXXX2017

§ 88 (3) (81 Abs. 2) StGB

§ 269 (1) 3. 4 Fall StGB

§ 15 StGB § 105 (1) StGB

§ 107 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 08.04.2017

Freiheitsstrafe 15 Monate

Festgestellt wird, dass der BF die mit dem oben genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das im Urteil jeweils näher umschriebene strafbare Verhalten gesetzt hat.

Der BF wurde mit dem oben angeführten Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX2017 wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt, des Vergehens der gefährlichen Drohung, des Vergehens der versuchten Nötigung und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der BF, nachdem er im alkoholisierten Zustand einen Verkehrsunfall mit mehreren Verletzten verursacht hatte, sowohl die eingetroffenen Rettungskräfte als auch Polizeibeamte bedrohte bzw. am Körper verletzte.

Mit Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX2017 wurde der Berufung des BF nicht Folge gegeben, hingegen in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft die vom Erstgericht ausgesprochene Freiheitsstrafe auf 15 Monate erhöht.

Der BF wurde am 07.02.2018 von der Justizanstalt XXXX nach Ungarn ausgeliefert.

Der BF verfügt über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbedenklichen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellung zur Entlassung aus der Strafhaft und Auslieferung nach Ungarn beruht auf der entsprechenden Auskunft der Justizanstalt XXXX vom 14.03.2018 (OZ 4).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Abweisung der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot:

Gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 67 Abs. 3 FPG kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche unbefristete Aufenthaltsverbot auf § 67 Abs. 1 und 2 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und der Schwere seines bisherigen Fehlverhaltens eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Letztlich liege auch eine negative Gefährdungsprognose vor.

In der Beschwerde wird den Gründen, die zum Aufenthaltsverbot geführt haben, nur dahingehend entgegengetreten, dass die Begründung der Behörde nicht nachvollziehbar sei und sie nur unzureichende Ermittlungstätigkeiten vorgenommen habe. Er sei in Österreich bei einer Firma angemeldet gewesen und könne dort jederzeit wieder arbeiten. Außerdem habe er eine Wohnung gemietet und würde schon sehr gut Deutsch sprechen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle daher eine unverhältnismäßige und beträchtliche Einschränkung des Privat- und Familienlebens dar.

Der BF ist EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG. Vorauszuschicken ist, dass sich der BF nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG (d.h. nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib im Bundesgebiet) nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Die Art und Schwere der vom BF in Österreich begangenen und oben dargestellten Straftaten, insbesondere der Umstand, dass der BF nicht nur gegenüber amtshandelnden Polizeibeamten sondern sogar gegenüber (freiwillig) hilfeleistenden Rettungskräften ein sehr hohes Maß an Aggressions- und Gewaltbereitschaft offenbarte, zeigen in einer Gesamtbetrachtung, dass das persönliche Verhalten des BF eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, zumal die zuletzt begangenen Straftaten noch nicht lange zurückliegen und auch der seit der letzten Tat verstrichene Zeitraum als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich von einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen. Letztlich wurde auch in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, aus dem nunmehr eine ernst zu nehmende Reue oder Besserungsabsicht des BF anzunehmen gewesen wäre.

All diese Umstände weisen auf ein schwerwiegendes persönliches Fehlverhalten des BF hin, was wiederum unter Bedachtnahme auf die Gefährdung der körperlichen Sicherheit von staatlichen Organwaltern und anderen Personen eine Erheblichkeit der Gefahr annehmen lässt.

Die Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von solchen gegen die Staatsgewalt und gegen die körperliche Unversehrtheit, stellt jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft dar. Zudem kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 09.03.2003, Zl. 2002/18/0293).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Es kann daher der belangten Behörde auch nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Aufenthaltsverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass der BF in seiner Beschwerde den Gründen, die zur Anordnung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes geführt haben, im Ergebnis nicht substanziiert entgegengetreten ist, sondern darin - neben allgemein gehaltenen rechtlichen Ausführungen - lediglich vorbrachte, dass das Aufenthaltsverbot wegen unverhältnismäßigen Eingriffs in sein Privat- und Familienleben nicht erlassen werden hätte dürfen. Nähere Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit werden in der Beschwerde aber nicht dargelegt.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass sich auch im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung nicht ergeben hat, dass allenfalls vorhandene familiäre oder private Bindungen in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden. So ist festzuhalten, dass der BF in Österreich bislang weder über einen Wohnsitz noch sonst über irgendwelche Anknüpfungspunkte verfügt hat. Die Familie des BF lebt in Ungarn.

Das von der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 1 FPG angeordnete Aufenthaltsverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht in Betracht kam und die Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen war.

Was die Dauer des von der belangten Behörde unbefristet erlassenen Aufenthaltsverbotes anbelangt, ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Ein Tatbestand des § 67 Abs. 3 FPG liegt hier nicht vor. Bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 2 FPG sind - in Abgrenzung zu den in § 67 Abs. 3 FPG angeführten besonders qualifizierten Straftaten - auch strafbare Handlungen mit hohem Unrechtsgehalt und Strafen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zu berücksichtigen.

Das dargestellte Verhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung strafbarer Handlungen zuwidergelaufen.

Im Vergleich zum grundsätzlich zulässigen Höchstausmaß von zehn Jahren steht die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes von sechs Jahren im Hinblick auf die im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängte Freiheitsstrafe und den konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe in angemessener Relation.

Da sich das angeordnete Aufenthaltsverbot als rechtmäßig und die Dauer des Aufenthaltsverbotes als angemessen erwiesen haben, war gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid weiters gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG der Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Der BF wurde am 07.02.2018 von Österreich nach Ungarn ausgeliefert und hält sich somit nicht mehr im Bundesgebiet auf.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abzuweisen und dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu entsprechen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Letztlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von dem - rechtlich vertretenen - BF auch nicht beantragt.

3.4. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, EU-Bürger,
Gefährdungsprognose, Gesamtbetrachtung, Körperverletzung, Nötigung,
öffentliches Interesse, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G301.2178157.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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