TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/21 G311 2193223-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2018
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Entscheidungsdatum

21.06.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G311 2193223-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am

XXXX, Staatsangehörigkeit: Polen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2018, Zahl XXXX, betreffend

Aufenthaltsverbot zu Recht:

A) Der Beschwerde wird insofern stattgegeben als das Aufenthaltsverbot auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.03.2018, vom Beschwerdeführer am 26.03.2018 im Stande der Strafhaft persönlich übernommen, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers verwiesen. Der Beschwerdeführer halte sich seit 2013 im Bundesgebiet auf, sei behördlich gemeldet und lebe bei seiner Lebensgefährtin. Es würden noch Onkel und Tante im Bundesgebiet leben. Eine besondere Integration sei nicht erkennbar. Ebenso wenig würden verfahrensrelevante familiäre oder berufliche Bindungen bestehen. Die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung würden die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Es hätten sich trotz der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit keine Hinweise auf die Notwendigkeit der Aberkennung des Durchsetzungsaufschubes ergeben.

Dagegen wurde mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 19.04.2018, beim Bundesamt am 20.04.2018 einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner (namentlich genannten) Lebensgefährtin, einer seit zehn Jahren im Bundesgebiet lebenden polnischen Staatsangehörigen, im gemeinsamen Haushalt. Es liege daher ein schützenswertes Familienleben vor. Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit Sommer 2013 im Bundesgebiet auf und sei sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Es handle sich um seine erste strafgerichtliche Veurteilung und sei von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen, zumal keine Wiederholungsgefahr bestehe, weil der Beschwerdeführer nicht suchtmittelabhängig sei bzw. gewesen sei. Die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes stehe außer Verhältnis zum persönlichen Verhalten des Beschwerdeführers. Nach Entlassung aus der Strafhaft könne er Unterkunft bei seiner Lebensgefährtin nehme, er verfüge über eine Einstellungszusage und bereue die von ihm begangene Straftat. Weiters spreche der Beschwerdeführer aufgrund eines langjährigen Aufenthalts in Deutschland sehr gut Deutsch und schreite seine Integration in Österreich durch die vielen Kontakte ständig voran. Der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet über ein schützenswertes Privat- und Familieleben iSd Art. 8 EMRK. Ein derartiger Eingriff durch ein Aufenthaltsverbot sei unzulässig.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 23.04.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Polen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, Zahl XXXX, rechtskräftig am XXXX.2018, erging über den Beschwerdeführer (M.M.B.) folgender Schuldspruch:

"M.M.B. ist schuldig, er hat

I./ zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt, rund vier Monate vor dem XXXX.12.2017 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus Polen aus- und über Tschechien nach Österreich eingeführt, indem er 200 Extasytabletten (mit insgesamt 30g des Wirkstoffes MDMA), 150 Gramm Cannabiskraut (in durchschnittlicher Straßenqualität von 9,2 % THCA sowie 0,8 % Delta-9-THC) und 100 g Amphetamin (mit 8-%iger Reinheit und dadurch 8g des Wirkstoffes Amphetamin), aus Polen aus- und über Tschechien in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingeführt hat, wobei er an Suchtmittel, nämlich Amphetamin, gewöhnt ist und die Straftat vorwiegend deshalb beging um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel zu verschaffen;

II./ am XXXX.12.2017 in W. vorschriftswidrig Suchtgift besessen

1./ 1193,48 g Amphetamin (mit insgesamt 25 g des Wirkstoffes Amphetamin)

2./ 6,24 g Kokain (Wirkstoff Cocain).

Strafbare Handlungen:

zu I./ das Vergehen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, SMG

zu II./ das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: § 26 Abs 1 StGB, § 34

SMG

Strafe: unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 28a Abs 3 SMG

Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten teilbedingt

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Angerechnete Vorhaft: Gemäß 3 38 Abs. 1 Z 1 StBG wird die Vorhaft vom XXXX.12.2017, 16:15 Uhr, bis XXXX.01.2018, 8:00 Uhr, sowie vom XXXX.01.2018, 19:00 Uhr, bis XXXX.02.2018, 12:15 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Kostenentscheidung: Gemäß § 389 Abs. 1 StPO wird der Angeklagte zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt.

Gemäß § 26 Abs 1 StGB iVm § 34 SMG wird das sichergestellte Suchtgift, nämlich 167 Ecstasytabletten, 6,24 g Kokain, 1.193,4 g Amphetamin sowie 140,38 g Cannabiskraut eingezogen.

Strafbemessungsgründe:

mildernd: bisher ordentlicher Lebenswandel; überschießendes, reumütiges Geständnis; teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes

erschwerend: das Zusammentreffen mehrerer Vergehen; die Überschreitung der Grenzmenge um ein Mehrfaches

[...]"

Aufgrund des zitierten Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die im genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und je das umschriebene Verhalten gesetzt hat (vgl aktenkundiges Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, AS 27 ff Verwaltungsakt).

Der Beschwerdeführer wurde am 18.05.2018 aus der Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren entlassen (vgl Strafregisterauszug und ZMR-Auszug vom 30.05.2018).

Der Beschwerdeführer weist im Zentralen Melderegister die folgenden Meldungen eines Wohnsitzes im Bundesgebiet auf:

10.07.2009-23.10.2009

Nebenwohnsitz

16.05.2011-30.05.2011

Nebenwohnsitz

30.05.2011-26.03.2012

Hauptwohnsitz

26.03.2012-25.03.2015

Hauptwohnsitz

15.02.2016-17.05.2016

Hauptwohnsitz

14.06.2016-laufend

Hauptwohnsitz

19.12.2017-03.04.2018

Nebenwohnsitz (Justizanstalt XXXX)

03.04.2018-18.05.2018

Nebenwohnsitz (Justizanstalt XXXX)

Der Beschwerdeführer weist darüber hinaus die folgenden Sozialversicherungsdaten im Bundesgebiet auf:

28.11.2011-21.12.2012

Arbeiter

03.01.2013-31.01.2013

Arbeitslosengeldbezug

01.02.2013-01.02.2013

Krankengeldbezug

02.02.2013-13.02.2013

Arbeitslosengeldbezug

01.03.2013-30.06.2013

Arbeitslosengeldbezug

01.07.2013-25.07.2013

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

26.07.2013-29.07.2013

Krankengeldbezug

10.09.2013-21.10.2013

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

26.11.2013-04.03.2014

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

26.03.2014-07.05.2014

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

24.06.2014-13.08.2015

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

21.08.2014-30.09.2014

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

27.08.2015-25.11.2015

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

27.11.2015-03.12.2015

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

18.12.2015-24.12.2015

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

01.01.2016-30.10.2016

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

03.11.2016-18.11.2016

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

23.11.2016-17.02.2017

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

20.02.2017-31.03.2017

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

04.04.2017-08.05.2017

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

12.05.2017-17.05.2017

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

22.05.2017-05.07.2017

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

06.07.2017-31.10.2017

Arbeiter

13.11.2017-18.12.2017

Nostandshilfe, Überbrückungshilfe

Es wird daher festgestellt,

dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet bisher wie folgt beschäftigt war oder Leistungen aus der Arbeitslosen- bzw. Krankenversicherung bezogen hat:

-

Vollversicherter Arbeiter 1 Jahr und 140 Tage

-

Geringfügig beschäftigter Arbeiter 40 Tage

-

Krankengeldbezug 5 Tage

-

Arbeitslosengeldbezug 161 Tage

-

Notstandshilfe/Überbrückungshilfe 3 Jahre und 189 Tage

Es konnte nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer konkret erstmals in das Bundesgebiet einreiste.

Es wird festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer seit über fünf Jahren im Wesentlichen ununterbrochen im Bundesgebiet aufhält.

Der Beschwerdeführer verfügte bisher über keine Anmeldebescheinigung im Bundesgebiet (vgl Fremdenregisterauszug vom 30.05.2018).

Der Beschwerdeführer führt im Bundesgebiet eine Lebensgemeinschaft mit XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Polen, die sich laut Zentralem Melderegister bereits seit 03.08.2007 ununterbrochen im Bundesgebiet aufhält (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 30.05.2018). Der Beschwerdeführer hat mit seiner Lebensgefährtin auch im gemeinsamen Haushalt gewohnt (vgl Feststellungen im angefochtenen Bescheid, AS 53 Verwaltungsakt; Beschwerdevorbringen, AS 71 ff Verwaltungsakt).

Im Bundesgebiet leben weiters eine Tante und ein Onkel des Beschwerdeführers. Die zwei Schwestern sowie die Mutter des Beschwerdeführers leben noch in Polen. Der Vater ist bereits verstorben (vgl Feststellungen im angefochtenen Bescheid, AS 51 ff Verwaltungsakt).

Der Beschwerdeführer befand sich im Bundesgebiet von XXXX.12.2017 bis XXXX.01.2018 sowie von XXXX.01.2018 bis XXXX.02.2018 in Untersuchungshaft und von XXXX.02.2018 bis XXXX.05.2018 in Strafhaft (vgl Auszug aus dem Strafregister und dem Zentralen Melderegister vom 30.05.2018; Strafurteil, AS 29 Verwaltungsakt).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Das genannte strafgerichtliche Urteil ist aktenkundig und wird der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und holte einen Sozialversicherungsdatenauszug ein. Auch hinsichtlich der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wurde Einsicht in das Zentrale Melderegister genommen.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufhält, ergibt sich insbesondere aus den festgestellten gemeldeten Hauptwohnsitzen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie seinen Sozialversicherungszeiten. Der Beschwerdeführer verfügte von 30.05.2011 bis 25.03.2015 sowie von 15.02.2016 bis 17.05.2016 und seit 14.06.2016 ununterbrochen über gemeldete Hauptwohnsitze im Bundesgebiet. Auch wenn der Beschwerdeführer Lücken in den Zeiten seiner Wohnsitzmeldungen aufweist, so bestehen beim Beschwerdeführer in diesen Zeiträumen jedoch ununterbrochen Sozialversicherungszeiten durch den Bezug der Notstandshilfe. Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung werden jedoch nur ausgezahlt, wenn sich der Beschwerdeführer tatsächlich im Inland aufhält. Auch wenn es sich bei Wohnsitzmeldungen nur um Indizien handelt, so ergibt sich in Zusammenschau mit den Sozialversicherungszeiten des Beschwerdeführers und auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens, dass sich der Beschwerdeführer erst seit "Sommer 2013" ununterbrochen im Bundesgebiet aufhält, jedenfalls zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes, dass die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zumindest fünf Jahre beträgt, zumal der Beschwerdeführer sich laut seinen Angaben vor dem Bundesamt und den Feststellungen im angefochtenen Bescheid in den Zeiten fehlender Wohnsitzmeldungen bei seiner im Bundesgebiet lebenden Lebensgefährtin gewohnt hat (vgl Feststellungen im angefochtenen Bescheid, AS 53 Verwaltungsakt).

Die familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie in Polen ergeben sich aus den Angaben in der Beschwerde und den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts" betitelte § 9 NAG lautet:

"§ 9. (1) Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate werden auf Antrag ausgestellt:

1. eine "Anmeldebescheinigung" (§ 53) für EWR-Bürger, die sich länger als drei Monate in Österreich aufhalten, und

2. eine "Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers" (§ 54) für Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind.

(2) Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts werden auf Antrag ausgestellt:

1. eine "Bescheinigung des Daueraufenthalts" (§ 53a) für EWR-Bürger, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, und

2. eine "Daueraufenthaltskarte" (§ 54a) für Drittstaatsangehörige, die Angehörige eines EWR-Bürgers sind und das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben.

(3) Inhabern von Anmeldebescheinigungen (Abs. 1 Z 1) oder Bescheinigungen des Daueraufenthalts (Abs. 2 Z 1) kann auf Antrag ein "Lichtbildausweis für EWR-Bürger" mit fünfjähriger Gültigkeitsdauer ausgestellt werden. Der Lichtbildausweis für EWR-Bürger, die Aufenthaltskarte und die Daueraufenthaltskarte gelten als Identitätsdokumente. Form und Inhalt der Anmeldebescheinigung, der Bescheinigung des Daueraufenthalts, des Lichtbildausweises für EWR-Bürger, der Aufenthaltskarte und der Daueraufenthaltskarte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest."

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:

"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."

Der mit "Anmeldebescheinigung" betitelte § 53 NAG lautet:

"§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;

2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;

3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;

4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;

6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;

7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechs für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen."

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Wie bereits in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt, hält sich der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt zwar ohne maßgebliche Unterbrechungen im Sinne des § 53a Abs. 2 NAG seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Dennoch hat der Beschwerdeführer bisher kein Recht auf Daueraufenthalt im Sinne des

§ 53a NAG erworben:

Aus dem oben angeführten § 53a Abs. 1 NAG ergibt sich, dass einem EWR-Bürger das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach §§ 51 und 52 NAG für zumindest fünf Jahre zukommen muss, damit er sich in dieser Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Erst nach Ablauf des fünfjährigen und rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet erwirbt der EWR-Bürger - unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzugnen gemäß §§ 51 und 52 NAG - das Recht auf Daueraufenthalt.

Wie bereits in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt, geht das erkennende Gericht aufgrund der dort angeführten Erwägungen davon aus, dass sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhält. Als Unionsbürger ist er gemäß § 51 NAG - in Umsetzung der Freizügigkeitsrichtlinie RL 2004/38/EG - dazu berechtigt, sich länger als drei Monate in Österreich aufzuhalten. Dies jedoch nur soweit, als er die gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehört gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG, dass er in Österreich Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist, oder dass er gemäß § 51 Abs. 1 Z 2 NAG für sich - und allfällige Familienangehörige - über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügt, sodass er während seines Aufenthaltes weder Sozialleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen muss.

Ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht für mehr als drei Monate setzt also voraus, dass der Beschwerdeführer in Österreich als Arbeitnehmer beschäftigt ist oder als Selbstständiger erwerbstätig ist. Übt er diese Erwerbstätigkeit nicht mehr aus, so bleibt die erwerbstätige Eigenschaft nur unter den alternativen Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 NAG erhalten.

Wie sich aus den festgestellten Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers ergibt, war der Beschwerdeführer während seines gesamten Aufenthaltes im Bundesgebiet insgesamt lediglich ein Jahr und 140 Tage vollversicherungspflichtig beschäftigt, 40 Tage geringfügig beschäftigt und bezog sonst fünf Tage Krankengeld, für 161 Tage Arbeitslosengeld und drei Jahre und 189 Tage Notstandshilfe oder Überbrückungshilfe.

Hinsichtlich des Erfordernisses der Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit für die Ausübung des Freizügigkeitsrechtes nach der Freizügigkeitsrichtlinie RL 2004/38/EG ist Folgendes auszuführen:

Nicht jede, auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts entfaltet Relevanz (VwGH vom 23.02.2012, 2010/22/0011). Vielmehr ist es erforderlich, dass mit einer gewissen Nachhaltigkeit von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht wird. Was die Festlegung der Nachhaltigkeitsgrenze anlangt, so liegt es nahe, auf die Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerbegriff abzustellen. Der EuGH verlangt für die Qualifikation als Arbeitnehmer im Sinne von Art. 45 AEUV (ex Art. 39 EGV) jenseits des Erfordernisses einer abhängigen Beschäftigung gegen Entgelt in einem anderen Mitgliedsstaat einschränkend eine "tatsächliche und echte" Tätigkeit, die keinen so geringen Umfang hat, dass es sich um eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit handelt (Mayer/Stöger, Kommentar EUV/AEUV, Art. 45 AEUV). Dieser Maßstab lässt sich allgemein dergestalt auf alle Freizügigkeitsrechte übertragen, dass eine "tatsächliche und effektive" Ausübung derselben vorliegen muss. In der erwähnten Rechtsprechung zum Arbeitnehmerbegriff hat der EuGH zum Ausdruck gebracht, dass die Höhe der Vergütung, die der Arbeitnehmer erhält, ebenso wenig von alleiniger Bedeutung ist, wie das Ausmaß der Arbeitszeit und die Dauer des Dienstverhältnisses (VwGH vom 23.09.2011, 2009/21/0386; vom 17.04.2013, 2013/22/0019).

Aus mehreren Vorabentscheidungsurteilen des EuGH, die zur Frage der Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft ergangen sind, lässt sich entnehmen, dass die Tatsache, dass das Einkommen des Arbeitnehmers aus einer geringfügigen Beschäftigung nicht den Lebensunterhalt deckt bzw. unter dem Existenzminimum liegt oder dass die Arbeitszeit selbst zehn Stunden pro Woche nicht übersteigt, ihm nicht die Eigenschaft als Erwerbstätiger bzw. Arbeitnehmer nimmt. Diese Umstände können zwar Anhaltspunkte dafür sein, dass die ausgeübten Tätigkeiten nur untergeordnet und unwesentlich sind, schließen aber nicht aus, dass die Tätigkeiten aufgrund einer Gesamtbewertung der betreffenden Arbeitsverhältnisse von den nationalen Stellen als solche angesehen werden, die es ermöglichen, dem Beschäftigten die Arbeitnehmereigenschaft zuzuerkennen. Der EuGH kann in diesem Zusammenhang nur eher abstrakt und allgemein die ihm gestellten Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts beantworten, während dem nationalen Gericht unter Berücksichtigung der vom EuGH dargelegten Gesichtspunkte die Prüfung der Folgen, die sich aus der Gesamtheit der ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte im konkreten Fall ergeben, obliegt. Bei der Gesamtbewertung der Arbeitsverhältnisse sind laut EuGH nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe des Entgelts zu berücksichtigten, sondern auch solche Aspekte wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrages auf den Arbeitsvertrag sowie der Umstand, ob ein Arbeitsverhältnis mit demselben Dienstgeber über längere Zeit bestanden hat (vgl. insbesondere das Urteil des EuGH vom 04.02.2010, C-14/09, Genc gegen Land Berlin; 04.06.2009, C-22/08 und C-23/08, Vatsouras und Koupatantze; 14.12.1995, C-444/93, Megner und Scheffel; 06.11.2003, C-413/01, Ninni-Orasche).

Hinsichtlich der im Versicherungsdatenauszug ausgewiesenen Tätigkeiten als unselbständiger Erwerbstätiger von 28.11.2011 bis 21.12.2012 (ein Jahr und 23 Tage) als vollversicherter Arbeiter, von 21.08.2014 bis 30.09.2014 (40 Tage) als geringfügig beschäftigter Arbeiter sowie von 06.07.2017 bis 31.10.2017 (117 Tage) als vollversicherter Arbeiter ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes - insbesondere im Verhältnis zum sonst erfolgten Bezug von Arbeitslosengeld für 161 Tage sowie Nostandshilfe bzw. Überbrückungshilfe im Ausmaß von drei Jahren und 189 Tagen - von untergeordneten und unwesentlichen Tätigkeiten auszugehen. Insgesamt liegt im maßgeblichen Zeitraum von zumindest 30.05.2011 (erstmalige Meldung eines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet) bis zum Entscheidungszeitpunkt (somit über sieben Jahren) lediglich, auch unter Berücksichtigung der geringfügigen Beschäftigung des Beschwerdeführers, eine Zeit der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet von einem Jahr und 180 Tagen vor. Eine solche Tätigkeit kann daher nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht die durchgehende Eigenschaft als Arbeitnehmer im Sinne der Unionsbürgerrichtlinie verschaffen.

Zum Entscheidungszeitpunkt liegt zudem weder eine selbstständige noch eine unselbstständige Tätigkeit des Beschwerdeführers vor und bezieht der Beschwerdeführer auch keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbstständiger bleibt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 NAG erhalten. Diese liegen im konkreten Fall nicht vor.

Der Beschwerdeführer erfüllte daher während seines bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht durchgehend die Voraussetzungen des § 51 NAG bzw. der Freizügigkeitsrichtlinie, sodass er sich zwar über fünf Jahre im Bundesgebiet aufhält, dies aber (mangels durchgehender Erfüllung der Voraussetzungen des § 51 NAG) nicht durchgehend rechtmäßig getan hat.

Dafür spricht weiters auch, dass dem Beschwerdeführer bisher keine Anmeldebescheinigung nach § 53 NAG ausgestellt wurde.

Der Beschwerdeführer hat daher trotz seines über fünfjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet kein Recht auf Daueraufenthalt nach § 53a NAG erworben.

Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG in der Fassung des FRÄG 2017 lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

Gemäß § 70 Abs. 1 FPG werden die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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