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L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;Norm
B-VG Art133 Abs6 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der L GmbH in W, vertreten durch die Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl-Lueger-Platz 5, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. Juli 2016, Zl. VGW-221/008/7004/2015/A-7, betreffend Versagung einer Gebrauchserlaubnis (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der von Höhe EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).
5 Ferner ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen nicht ausreicht. Ebenso reicht die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).
6 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) vom 27. April 2015 wurde das (mit 11. Juni 2014 datierte und mit Schreiben vom 17. Juni 2014 an den Magistrat vorgelegte) Ansuchen der Revisionswerberin um Erteilung der Erlaubnis, den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Haus R.-Straße 15 im Ausmaß von 7,15 m Länge (an der Hausfront) und 4,57 m Länge (straßenseitig) und einer Maximalbreite von 2,27 m (in Form eines Hexagons) benutzen zu dürfen, gemäß § 1 iVm § 2 Abs. 2 Gebrauchsabgabegesetz 1966 (im Folgenden: GAG) sowie § 82 Abs. 1 und 5 Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960 abgewiesen und die beantragte Gebrauchserlaubnis versagt. Mit diesem Ansuchen hatte die Revisionswerberin die Erteilung der Gebrauchserlaubnis "für das Jahr 2015, sowie Folgejahre", jeweils für die Zeit vom 1. März bis 30. November, beantragt.
7 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde (unter Spruchpunkt I.) die von der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid an das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) erhobene Beschwerde gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.
8 Dazu führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, eine Genehmigung für die Ausmaße, wie sie dem angefochtenen Versagungsbescheid zugrunde lägen, sei zuletzt mit Bescheid vom 11. April 2013 (für den Zeitraum 30. April 2013 bis 30. November 2013) erteilt worden. Der in der Augenscheinsverhandlung vom 2. April 2014 abgeänderte Antrag sei mit Bescheid vom 17. April 2014 (für den Zeitraum bis 30. November 2014) bewilligt worden, und für die Genehmigungszeiträume bis 30. November 2015 bzw. 30. November 2016 seien die mit diesem Bescheid (ansonsten) inhaltlich deckungsgleichen Bescheide vom 6. März 2015 bzw. 2. März 2016, mit denen jeweils über Antrag der Revisionswerberin die Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei, rechtskräftig erlassen worden.
9 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, nach der hg. Judikatur sei die Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses im Bescheidbeschwerdeverfahren immer dann zu verneinen, wenn die in der Bescheidbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur (mehr) theoretische Bedeutung besäßen (Hinweis auf VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0043). Der angefochtene Beschluss, nach dem das Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf eine versagte Bewilligung bereits dann fehle, wenn eine andere Bewilligung vorliege, selbst wenn sich diese vorliegende Bewilligung materiell von der begehrten Bewilligung zum Nachteil der Revisionswerberin unterscheide, weiche von dieser Rechtsprechung insoweit ab, als es auf den objektiven Nutzen für die Revisionswerberin offenbar nicht mehr ankomme.
10 Nach der (zum Betriebsanlagenrecht der GewO 1994 ergangenen, insoweit übertragbaren) hg. Rechtsprechung folge aus dem Prozesshindernis der (rechtskräftig) entschiedenen Sache nicht, dass pro Standort grundsätzlich nur eine Betriebsanlagengenehmigung erteilt werden dürfe (Hinweis auf VwGH 20.9.1994, 93/04/0082). Die angefochtene Entscheidung weiche von dieser Rechtsprechung insofern ab, als sie allein aus dem Vorliegen einer bestehenden Gebrauchserlaubnis ableite, dass ein Antrag auf eine weitere Gebrauchserlaubnis unzulässig sei. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung VwGH 13.11.2000, 99/10/0018, betreffend Apothekenkonzessionen (Verbot der Konzessionenkumulierung) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
11 Soweit das Verwaltungsgericht unabhängig von der Prozessvoraussetzung der noch nicht entschiedenen Sache davon ausgehe, die Erteilung mehrerer Gebrauchsbewilligungen für denselben Standort sei unzulässig, stütze es diese Auffassung nicht auf eine positivrechtliche Bestimmung, sondern allein auf (unzutreffende und insbesondere § 4 Abs. 4 GAG außer Acht lassende) teleologische bzw. rechtspolitische Erwägungen (in Bezug auf ein mögliches Wahlrecht des Begünstigten zwischen mehreren Bewilligungen und die Kontrollier- und Sanktionierbarkeit auf Seite der Behörde), und es könne sich dabei nicht auf eine hg. Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage stützen. Soweit die Beantwortung der Rechtsfrage durch das Verwaltungsgericht insoweit nicht bereits von der oben zitierten hg. Judikatur abweiche, fehle (soweit ersichtlich) einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
12 Indem das Verwaltungsgericht die Revisionswerberin zu den entscheidungserheblichen Sachverhaltselementen kein Parteiengehör eingeräumt habe, "obwohl diese nicht Gegenstand des bisherigen Verfahrens waren", weiche es schließlich auch von der hg. Rechtsprechung zum Überraschungsverbot ab (Hinweis auf VwGH 24.2.2016, Ra 2015/09/0125, und VwGH 30.3.2016, Ra 2015/09/0075).
13 Im weiteren Revisionsverfahren brachte die Revisionswerberin in Beantwortung einer diesbezüglichen hg. Anfrage (Verfügung vom 12. März 2018) mit Schriftsatz vom 15. März 2018 (u.a.) vor, dass, soweit sich ihr Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis auf den Zeitraum zwischen der Erlassung des angefochtenen Beschlusses und der zu treffenden Entscheidung über die Revision beziehe, diese gegenstandslos geworden sei. Hingegen bestehe weiterhin ein rechtliches Interesse bzw. Rechtsschutzbedürfnis an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, soweit sich der Antrag auf das Jahr, in dem die Entscheidung über die Revision getroffen werde, sowie die Folgejahre beziehe (nach § 2 Abs. 7 GAG sei die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis auf sieben Jahre zulässig).
14 Das Rechtsschutzbedürfnis eines Rechtsmittelwerbers ist dann zu verneinen, wenn der Zeitraum, für den eine Bewilligung erreicht werden sollte, im Zeitpunkt der Entscheidung über den Bewilligungsantrag bereits abgelaufen ist (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 5.5.2014, 2013/03/0077, und VwGH 20.5.2015, Ro 2015/10/0021).
15 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa VwGH 27.3.2018, Ra 2018/06/0039, mwN).
16 Daraus ergibt sich für den vorliegenden Revisionsfall Folgendes:
17 Seit 30. November 2016 liegt unbestritten keine als deckungsgleich angesehene Bewilligung für eine Gebrauchserlaubnis mehr vor. Die Revisionszulässigkeitsgründe beziehen sich ausschließlich auf die Annahme des Vorliegens derartiger Bewilligungen. Diese Annahme des Verwaltungsgerichtes betraf in der Vergangenheit gelegene Zeiträume, für die die Gebrauchserlaubnis nicht erteilt worden war. Damit haben die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochenen Rechtsfragen nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung (vgl. dazu nochmals VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).
18 Im Hinblick darauf war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 leg. cit. gebildeten Senat - zurückzuweisen.
19 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 23. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016050106.M00Im RIS seit
27.06.2018Zuletzt aktualisiert am
26.07.2018